BMF - IV C 1 - S 2252/08/10004: 014

Zweifelsfragen zum ( BStBl 2012 I S. 953);
Ihre E-Mail vom sowie das Schreiben vom zu „Einzelfragen zur Abgeltungsteuer”

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit o. a. Schreiben haben Sie eine Reihe von Fragen zur Behandlung von Stiftungen bei Kontoeröffnung, Depotübertragungen – auch im Rahmen der Randziffer 165 des o. g. BMF-Schreibens – und zu Nachlassmandaten bei Steuerausländern gestellt. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich hierzu wie folgt Stellung. Zur besseren Verständlichkeit habe ich den Text Ihrer Fragen wiedergegeben und um meine Antworten ergänzt.

1. Ausländische Stiftung mit deutschem Stifter bzw. Begünstigten als Inhaber eines inländischen Kontos bzw. Depots

Laut Angaben der Stiftung und des Stifters/Begünstigten ist diese für steuerliche Zwecke transparent. Es ist davon auszugehen, dass ein KESt-Abzug vorzunehmen ist, wie in anderen Treuhandfällen entsprechend der Zurechnung nach § 39 AO. Nur bleibt fraglich, ob nicht doch die (ausländische) Rechtsform maßgebend sein kann. Daher sollte klargestellt werden, welche Prüfungen die Bank vornehmen muss, um festzustellen, ob es sich materiell-rechtlich um eine transparente oder eine intransparente Stiftung handelt.

Vorschlag: Mangels einer eigenständigen steuerlichen Prüfung durch die Bank als konto-/depotführende Stelle kann nur in den Fällen der KESt-Abzug wie bei einer Treuhandschaft erfolgen, in denen der Stifter/Begünstigte sowie die Stiftung bzw. deren steuerlicher Berater eine Erklärung abgeben, nach der die Erträge der Stiftung in der Steuererklärung erklärt und veranlagt werden. In allen anderen Fällen, in denen die Bank als konto-/depotführende Stelle keine entsprechende Kenntnis hat, sollte sich der KESt-Abzug allein nach der Rechtsform des Konto-/Depotinhabers richten. Eine Nachforschungspflicht, die über die Grundsätze zur Geldwäscheprävention hinausgeht, besteht nicht.

BMF:

In diesen Fällen ist entsprechend der für Treuhandkonten geltenden Regelungen ein Steuerabzug (vgl. Rz. 152 – 154 des   BStBl 2012 I S. 953) vorzunehmen. Im Übrigen gelten die Regelungen der Rz. 312 – 315 des a. a. O.

2. Ausländische Gesellschaft mit deutschem Gesellschafter (und ggf. weiteren Gesellschaftern) als Inhaber eines inländischen Kontos bzw. Depots

Laut Angaben der Gesellschaft und des deutschen Gesellschafters handelt es sich aus deutscher Sicht um eine so genannte Basisgesellschaft/Briefkastengesellschaft. Im Rahmen der Steuererklärung werden daher die Erträge der Gesellschaft (anteilig) entsprechend § 42 AO in der Steuererklärung des deutschen Gesellschafters erklärt. Daher muss hier der KESt-Abzug nach den Regeln für eine ausländische Gesellschaft erfolgen. Anders als in den Fällen von § 39 AO stellt § 42 AO keine Basis für eine abweichende KESt-Erhebung dar.

Vorschlag: Auch wenn eine ausländische Gesellschaft als Basisgesellschaft/Briefkastengesellschaft für steuerliche Zwecke anzusehen ist, erfolgt der KESt-Abzug nicht wie bei einer Treuhandschaft. Für den KESt-Abzug ist auf die Regeln für eine ausländische Gesellschaft abzustellen.

BMF:

In diesen Fällen ist entsprechend der für Treuhandkonten geltenden Regelungen ein Steuerabzug (vgl. Rz. 152 – 154 des   BStBl 2012 I S. 953) vorzunehmen. Im Übrigen gelten die Regelungen der Rz. 312 – 315 des a. a. O.

3. Zur Rz. 165 Depotüberträge aus dem EU-Ausland, EWR-Staaten bzw. Vertragsstaaten nach Artikel 17 Absatz 2 Ziffer I der Richtlinie 2003/48/EG vom im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (nachfolgend: „EU/EWR/ZIV-Ausland”)

Fallbeispiel (nachfolgend „Stiftungsfall”):

Eine ausländische (steuerlich transparente) Stiftung überträgt Wertpapiere aus einem auf ihren Namen lautenden Depot im EU/EWR/ZIV-Ausland auf ein inländisches Depot des Stifters (materiell-rechtlich der wirtschaftlich Berechtigte).

BMF:

Bei Depotüberträgen von ausländischen Depots in das Inland ist eine Übernahme der Anschaffungsdaten nur unter den Voraussetzungen des § 43a Absatz 2 Satz 3 und 5 EStG möglich. Die Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da es sich um eine Depotübertragung mit Gläubigerwechsel handelt. Das übernehmende Kreditinstitut hat im Falle der späteren Veräußerung die Ersatzbemessungsgrundlage nach § 43a Absatz 2 Satz 6 ff. EStG anzuwenden.

Anschaffungskostenübernahme

In diesen Fällen sollte eine Anschaffungskostenübernahme auch bei Depotüberträgen aus dem EU/EWR/ZIV-Ausland analog § 43a Absatz 2 Satz 5 EStG zulässig sein, da materiell-rechtlich weder ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft, noch ein sonst steuerrelevanter Vorgang vorliegt.

Diese Frage stellt sich auch im Zusammenhang mit der Übertragung von Wertpapieren aus einem im EU/EWR/ZIV-Ausland befindlichen Nachlassdepot. Diese Sachverhalte sind laut Rz. 165 des als unentgeltliche Depotüberträge mit Gläubigerwechsel zu behandeln. Auch hier sollte die Übernahme der Anschaffungskosten möglich sein.

VORSCHLÄGE:

  • Im Falle eines (unentgeltlichen) Depotübertrags mit Gläubigerwechsel (z. B. Erbfall, Stiftungsfall) erfolgt eine Übernahme der Anschaffungskosten von einem im EU/EWR/ZIV-Ausland ansässigen Institut analog § 43a Absatz 2 Satz 5 EStG, soweit eine entsprechende Bescheinigung des ausländischen Instituts vorliegt.

  • Grundsätzlich bestehen sowohl im Falle eines Depotübertrags ohne Gläubigerwechsel als auch im Falle eines unentgeltlichen Depotübertrags mit Gläubigerwechsel für die die Wertpapiere aufnehmende Bank bei der Übernahme der Anschaffungsdaten von einem im EU/EWR/ZIV-Ausland ansässigen Institut nach § 43a Absatz 2 Satz 5 EStG keine besonderen Prüfungspflichten, z. B. hinsichtlich der Bescheinigung und der darin bescheinigten Anschaffungsdaten.

BMF:

Bei einem unentgeltlichen Depotübertrag mit Gläubigerwechsel kommt eine unmittelbare oder analoge Anwendung des § 43a Absatz 2 Satz 5 EStG nicht in Betracht. Dies gilt auch für Depotüberträge bei Erbfällen.

Die inländische Bank kann die Anschaffungsdaten übernehmen, wenn sich aus der Bescheinigung des ausländischen Institutes nach § 43a Absatz 2 Satz 5 EStG ergibt, dass es sich um einen Depotübertrag ohne Gläubigerwechsel handelt.

Meldung nach § 43 Absatz 1 Satz 6 EStG

Für Depotüberträge in das EU/EWR/ZIV-Ausland sollte zudem klargestellt werden, ob eine Meldung nach § 43 Absatz 1 Satz 6 EStG erforderlich ist. Für die offene Treuhand ist u. E. eine Meldung bereits nach Rz. 165 des nicht erforderlich.

Für alle anderen Fällen sollte eine entsprechende Meldung aus unserer Sicht zumindest bei Vorliegen einer entsprechenden Berufsträgerbescheinigung ebenfalls nicht erforderlich sein.

VORSCHLAG: Rz. 165 sollte um folgenden Satz ergänzt werden: „Für Depotüberträge in das EU/EWR/ZIV-Ausland ist bei Vorlage einer entsprechenden Berufsträgerbescheinigung keine Meldung nach § 43 Absatz 1 Satz 6 EStG erforderlich.”

BMF:

Auch Depotübertragungen ins Ausland erfüllen die Voraussetzungen des § 43 Absatz 1 Satz 2 ff. EStG und unterliegen damit grundsätzlich dem Kapitalertragsteuerabzug. Ein Verzicht auf den Abzug ist nur unter den Voraussetzungen von § 43 Absatz 1 Satz 5 und 6 EStG möglich. Die Bank kann den Depotübertrag nur dann als unentgeltliche Übertragung behandeln, wenn die Daten nach § 43 Absatz 1 Satz 6 EStG mitgeteilt werden können (vgl. Rz. 166 des   BStBl 2012 I S. 953). Bei Treuhanddepots ist eine Meldung nicht erforderlich, wenn dem Kreditinstitut die Person des Treuhänders und des Treugebers bekannt ist und ein offenes Treuhandverhältnis vorliegt (vgl. Rz. 166 des a. a. O.). Andernfalls ist von einem entgeltlichen Depotübertrag auszugehen.

4. Nachlassmandate bei Steuerausländern

Aus dem BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer ergibt sich nicht, wie Nachlasskonten bzw. Nachlassdepots zu behandeln sind, bei denen es sich bei dem Verstorbenen um einen Steuerausländer gehandelt hat. Sollten diese „standardmäßig” als Konten bzw. Depots mit inländischer Inhaberschaft weitergeführt werden, hätte dies zur Folge, anfallende Erträge mit KESt zu belasten. Zweckmäßiger wäre es, davon ausgehen zu dürfen, dass diese Konten auch Steuerausländern zufallen werden (Erbe).

VORSCHLAG: Es sollte nach dem Ableben des ausländischen Kunden das Konto bzw. Depot als ausländisches Nachlass-Konto bzw. Depot weitergeführt werden können, also mit anzunehmender ausländischer Konto- bzw. Depotinhaberschaft.

BMF:

Randziffer 314 des BMF-Schreiben „Einzelfragen zur Abgeltungsteuer” gibt vor, wie die Steuerausländereigenschaft eines Kunden festgestellt werden kann. Sind dem Kreditinstitut nach dem Tod des Kontoinhabers die Erben nicht bekannt, ist eine Abstandnahme vom Steuerabzug nicht zulässig.

Mit freundlichen Grüßen

BMF v. - IV C 1 - S 2252/08/10004: 014

Fundstelle(n):
DB 2015 S. 588 Nr. 11
IAAAE-86118