Instanzenzug: ArbG Rostock Az: 4 Ca 527/11 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Az: 5 Sa 275/11 Urteil
Tatbestand
1Der Kläger begehrt Vergütung der am für das Umkleiden sowie das Auf- und Abrüsten von Arbeitsmitteln aufgewendeten Zeit.
2Die Beklagte ist ein Unternehmen des Personennahverkehrs innerhalb des Konzerns der D AG. In ihrem Betrieb Nord-Ost ist der Kläger als Triebfahrzeugführer beschäftigt. Der Kläger ist der Regeleinsatzstelle P zugeordnet, erbringt seine Arbeitsleistung aber - entsprechend einer Absprache der Beklagten mit dem Betriebsrat - auch vom Bahnhof N aus.
3Für die bei der Beklagten beschäftigten Triebfahrzeugführer gilt der Tarifvertrag für die Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen (LfTV), der ua. bestimmt:
4Aufgrund einer Konzernbetriebsvereinbarung über die Ausstattung mit Unternehmensbekleidung (KBV Ubk), die im Streitzeitraum in der Fassung vom galt, war das Fahrpersonal (Kundenbetreuer und Triebfahrzeugführer) zum Tragen von besonderer Dienstkleidung verpflichtet. Die Beklagte verlangte von ihren Beschäftigen, dass sie bereits vollständig umgekleidet zum Arbeitsantritt in der Meldestelle erscheinen. Dabei stellte sie ihnen frei, den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstelle in Dienstkleidung zurückzulegen.
5Die Beklagte hat ihrem Fahrpersonal für dienstliche Zwecke Mobiltelefone überlassen. Diese können mit einer zweiten SIM-Karte von den Arbeitnehmern für Privatgespräche genutzt werden. Dem Fahrpersonal steht es frei, ob sie Arbeitsmittel nach Dienstende mit nach Hause nehmen oder an die Arbeitgeberin zurückgeben. Die Schichtplanung geht davon aus, dass die Arbeit mit dem Eintreffen des Beschäftigten in der Meldestelle beginnt, wobei für den Aufenthalt dort und die Kenntnisnahme des Tagesplans bzw. dessen Änderungen drei Minuten vorgesehen sind (sog. Teilarbeit AU).
6An der Regeleinsatzstelle P steht dem Kläger ein Spind zur Verfügung, in dem er Arbeitskleidung und -mittel lagern kann.
7Im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens schlossen die Beklagte und der Betriebsrat am eine Betriebsvereinbarung (im Folgenden BV), dessen § 2 lautet:
8Mit der am eingereichten Klage hat der Kläger für den , an dem er seine Arbeitsleistung vom Bahnhof N aus erbrachte, (weiteres) Entgelt für 14 Minuten verlangt und geltend gemacht, Umkleide- und Rüstzeiten seien vergütungspflichtig. Er hat vorgetragen, (auch) an diesem Tag vor Schichtbeginn und an dessen Ende folgende Tätigkeiten ausgeübt zu haben: Spind aufschließen und öffnen, Dienstanweisungen entnehmen und zur Kenntnis nehmen, Smartphone entnehmen und Betriebsbereitschaft herstellen, Tasche oder Rucksack entnehmen und diesen mit Arbeitsmitteln (Ersatz-Akkus und dienstliche Unterlagen) bestücken, Tasche oder Rucksack mit persönlichen Sachen (Brotdose, Getränk) bestücken, persönlich zugeteilte, mitzuführende Ausrüstungsgegenstände auf Vollständigkeit und Funktionalität prüfen, Ablegen der privaten Bekleidung und verstauen, Bluse/Hemd/Poloshirt/Strickjacke anziehen, bei Hemd Schlips binden, Hose anziehen, Weste anziehen, Arbeits- Sicherheitsschuhe putzen/reinigen und anziehen, Wetterschutzjacke/Parker anziehen, private Kleidung in Spind hängen, Spind verschließen. Bei Schichtende sei „der rückläufige Sachverhalt abzuwickeln“ gewesen. Zur Dauer der geschilderten Vorgänge hat er sich auf § 2 Satz 1 BV berufen.
9Der Kläger hat zuletzt - nach Anregung eines Hilfsantrags durch das Landesarbeitsgericht - beantragt,
10Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, Umkleide- und Rüstzeiten seien nicht vergütungspflichtig. Sie hat bestritten, dass der Kläger am die geschilderten Tätigkeiten verrichtet habe. Am Bahnhof N stehe ihm kein Spind zur Verfügung, der Kläger müsse bereits in Dienstkleidung zur Arbeit gekommen sein.
11Das Arbeitsgericht hat die Klage - unter Zulassung der Berufung - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Gründe
12Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsurteil ist im Ergebnis richtig. Die Klage ist unbegründet. Die mit Haupt- und Hilfsantrag erhobenen Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.
13I. Streitgegenständlich ist eine weitere Vergütung (hilfsweise Zeitgutschrift) für den , die der Kläger darauf stützt, er habe an diesem Tag im Betrieb die in der Klage geschilderten Umkleide- und Rüsttätigkeiten entfaltet.
141. Ob diese zu den - bei Fehlen einer anderweitigen Vereinbarung - vergütungspflichtigen „versprochenen Diensten“ iSv. § 611 Abs. 1 BGB gehören (vgl. - Rn. 28, BAGE 143, 107; - 5 AZR 954/12 - Rn. 18), tariflich aber - etwa durch die Regelung zu Beginn und Ende der Arbeitszeit in § 53 Abs. 1 Satz 1 LfTV - deren Vergütung ausgeschlossen ist, kann der Senat im vorliegenden Revisionsverfahren nicht entscheiden. Denn der Kläger ist am unstreitig nicht von seiner Regeleinsatzstelle P, sondern vom Bahnhof N aus tätig geworden. Dort steht ihm aber - was unstreitig ist - kein Spind zur Aufbewahrung von Arbeitskleidung und -mitteln zur Verfügung. Dem entsprechend hat das Landesarbeitsgericht, ohne dass der Kläger einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands (§ 320 ZPO) gestellt oder die Revision einen entsprechenden Angriff (§ 559 Abs. 2 ZPO) erhoben hätte, festgestellt, dass der Kläger bei einem Einsatz ab N seine Dienstkleidung und die Geräte bzw. Materialen nicht an seinem Spind in P angelegt und aufgerüstet habe. Jedenfalls hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen weder behauptet noch unter Beweis gestellt, er habe sich am zunächst zum Umkleiden von seiner Wohnung in den Bahnhof P begeben und sei erst von dort zum Arbeitsantritt nach N weitergefahren.
152. Die erhobenen Ansprüche folgen auch nicht aus § 2 BV. Diese Bestimmung begründet keine Vergütungspflicht unabhängig davon, ob die genannten Verrichtungen tatsächlich anfallen.
16II. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Fundstelle(n):
NJW 2015 S. 36 Nr. 25
PAAAE-85871