Steuerliche Behandlungen von Einzahlungen und Leistungen aus Schweizer Pensionskassen nach dem Alterseinkünftegesetz
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1. | Einordnung der
Pensionskassen | 2 |
2. | Pensionskassen, die vor dem
gegründet wurden | 3 |
3. | Einkäufe in die
Pensionskasse | 4 |
4. | Behandlung von Auszahlungen im
Freizügigkeitsfall | 4 |
5. | Steuerermäßigung nach
§ 34 EStG | 7 |
6. | Begünstigte Verwendung von
Einmalauszahlungen | 7 |
7. | Rückzahlung des Vorbezugs an die
Pensionskasse | 8 |
8. | Schuldrechtlicher
Versorgungsausgleich | 8 |
9. | Öffnungsklausel | 10 |
10. | Vertrauensschutzregelung | 11 |
11. | Anwendungsregelung | 11 |
AltEinkG
Die Besteuerung von Altersbezügen hat sich durch das Alterseinkünftegesetz ab dem VZ 2005 grundlegend geändert. Seit dem VZ 2005 ist zwischen Einzahlungen bzw. Auszahlungen aus der sog. Basisversorgung einerseits und Einzahlungen bzw. Auszahlungen aus anderen Vorsorgeeinrichtungen zu unterscheiden.
Ergänzend zu der , der und der Verfügung zur Niederschrift über die Dienstbesprechung zu Fragen der Besteuerung von Grenzgängern (korrigiert mit Verfügung vom , DB-GG CH 2006), bitte ich bei der steuerlichen Behandlung von Ein- und Auszahlungen in eine Schweizer Pensionskasse ab dem VZ 2005 Folgendes zu berücksichtigen:
1. Einordnung der Pensionskassen
Schweizer Pensionskassen sind nach bundeseinheitlich abgestimmter Auffassung „wie” eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung zu behandeln. Folgende Gründe sprechen für diese Zuordnung:
Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben pflichtgemäß Beiträge in die Schweizer Pensionskasse zu leisten. Zwar wird begrifflich zwischen obligatorischer und überobligatorischer Absicherung unterschieden. Aber auch die Beiträge für die überobligatorische Absicherung sind im Reglement der Schweizer Pensionskasse pflichtgemäß vereinbart, so dass sich weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer insoweit der Beitragspflicht entziehen kann. Aufgrund der Ausgestaltung der Beiträge als Pflichtbeiträge besteht eine Vergleichbarkeit mit Beiträgen in eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung.
Mit der Einführung des § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG für die Schweizer Grenzgänger hat die Finanzverwaltung beginnend mit dem VZ 1978 die Arbeitgeberbeiträge größtenteils steuerfrei gestellt. Dies ist auch dokumentiert durch Ausgestaltung der Anlagen N-Gre 1978 ff. Im Ergebnis wurden die vom Arbeitgeber einbezahlten Beiträge in die Schweizer Pensionskasse mindestens in Höhe der Beiträge eines Arbeitgebers in eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung steuerfrei behandelt (§ 3 Nr. 62 Satz 1 und Satz 4 EStG). Mit dem ; EFG 1993 S. 136) wurde die Auffassung, dass nicht zwischen obligatorischer und überobligatorischer Versorgung zu trenne ist, auch finanzgerichtlich bestätigt. Seitdem werden 50 v. H. der Gesamtbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge) in die Schweizer Pensionskasse – bis zur Beitragsbemessungsgrenze – steuerfrei belassen. Das Finanzgericht stellte auch klar, dass die Arbeitgeberbeiträge auch soweit sie auf die überobligatorische Versorgung entfallen, bis zur Beitragsbemessungsgrenze der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung als Pflichtbeiträge anzusehen sind. Dass die Beiträge des Arbeitgebers bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei bleiben, ist ein weiterer Umstand dafür, dass eine Vergleichbarkeit mit Beitragszahlungen an eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung besteht.
Die Arbeitnehmerbeiträge und der nicht steuerfreigestellte Teil der Arbeitgeberbeiträge waren bereits bislang als Sonderausgaben abziehbar. Seit dem VZ 2005 sind diese Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (Beiträge in die Basisversorgung) berücksichtigungsfähig. Auch insoweit besteht eine Vergleichbarkeit mit Beitragszahlungen an eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung.
Hieraus folgt des Weiteren, dass Leistungen (Rentenzahlungen als auch Einmalauszahlungen) aus einer Schweizer Pensionskasse ab dem VZ 2005 grundsätzlich mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil bei den sonstigen Einkünften (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) anzusetzen sind.
Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 EStG ist nicht auf Leistungen aus Schweizer Pensionskassen anwendbar, da die Leistungen keine mit einer Kapitalabfindung der deutschen Rentenversicherung i. S. des § 3 Nr. 3 EStG vergleichbare Leistung sind (, BStBl 2013 II S. 103).
2. Pensionskassen, die vor dem gegründet wurden
Das Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) wurde im Jahr 1984 eingeführt. Damit bestand eine gesetzliche Grundlage für die Einrichtung und Führung von Pensionskassen sowie gesetzliche Regelungen für Einzahlungen und Auszahlungen. Mit Inkrafttreten des BVG ab dem war eine Fortführung der Pensionskassen, die zuvor gegründet wurden, nicht mehr möglich. Bereits bestehende Pensionskassen mussten entweder in eine Pensionskasse nach dem BVG überführt werden oder schließen und neu nach den Vorschriften des BVG aufmachen.
Folglich ist zu unterscheiden, zwischen Pensionskassen, die 1984 geschlossen wurden, und solchen, die ins BVG überführt wurden.
2.1 Die Pensionskasse wurde 1984 geschlossen.
In diesem Fall gilt sowohl für die Bestandsrentner als auch die bisherigen Arbeitnehmer, die bis zur Schließung Beiträge einbezahlt haben und Leistungen aus dieser geschlossenen Pensionskasse erhalten, dass die spätere Rentenauszahlung nicht unter das BVG fällt. Diese Pensionskassen sind nicht als Pflichtversicherungen wie eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung einzustufen. Für Rentenauszahlungen aus einer solchen 1984 geschlossenen Pensionskasse erfolgt auch nach dem VZ 2005 weiterhin eine Besteuerung mit dem Ertragsanteil (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG).
2.2 Die Pensionskasse wurde 1984 ins BVG überführt.
Wurde die Pensionskasse – und damit das Vermögen der Versicherten sowie der Bestandsrentner – ins BVG überführt, gilt ab dem VZ 2005 insgesamt die Besteuerung mit dem Besteuerungsanteil (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Es hat keine Aufteilung danach zu erfolgen, ob die Leistungen auf Beiträgen beruhen, die vor oder nach dem geleistet wurden.
Aufgrund der Überführung des Vermögens (der Ansprüche) und der Bestandsrentner in eine Pensionskasse nach dem BVG ist eine Vergleichbarkeit mit einer deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (Basisversorgung) gegeben. Seit 1997 gibt es für Pensionskassen nach dem BVG einen Sicherungsfonds, der immer dann einspringt, wenn die Pensionskasse nicht mehr zahlungsfähig sein sollte. Die Ansprüche sind also in jedem Fall bis zum gesetzlichen Höchstbetrag gesichert, was ebenfalls für die vorstehende Einstufung spricht.
Der unbeschränkt Steuerpflichtige B erhält seit Januar 2006 eine monatliche Rente aus einer Schweizer Pensionskasse. Sein Schweizer Arbeitgeber und er haben seit 1980 Beiträge in die Pensionskasse einbezahlt. Zum wurde die Pensionskasse in eine Pensionskasse nach dem BVG überführt.
Lösung
Da die Pensionskasse zum in das BVG überführt wurde, liegt eine Rente aus der Basisversorgung vor. B hat die Rente im VZ 2006 grundsätzlich mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil (vorliegend also 52 v. H.) bei den sonstigen Einkünften anzusetzen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Bei Vorliegen der Voraussetzungen und der entsprechenden Nachweise kommt auf Antrag ggf. die Anwendung der Öffnungsklausel in Betracht (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG).
3. Einkäufe in die Pensionskasse
Hat sich der Steuerpflichtige bei einer Schweizer Pensionskasse, bei der er pflichtversichert ist, zusätzlich mit einem Einmalbeitrag „eingekauft”, kann der Einmalbeitrag im Jahr der Einzahlung bei den Sonderausgaben i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG berücksichtigt werden. Die späteren Rentenzahlungen unterliegen grundsätzlich der Besteuerung mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Durch Anwendung der Öffnungsklausel können Teile der Rente mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG besteuert werden.
Bei Anwendung der Öffnungsklausel war der Einmalbeitrag bisher nur in dem Jahr anzusetzen, in dem er geleistet wurde („In-Prinzip”). Nach dem , BStBl 2011 II S. 567, kommt es dagegen darauf an, für welche Jahre der Steuerpflichtige die Leistung gezahlt hat („Für-Prinzip”). Der Einmalbeitrag ist danach den Jahren zuzurechnen, in denen er nach dem Reglement der Pensionskasse anspruchsbegründend wirkt. Weitere Angaben dazu sowie eine zeitliche Anwendungsregelung enthält die nachfolgende Tz 8.
4. Behandlung von Auszahlungen im Freizügigkeitsfall
4.1 Rechtslage in der Schweiz
Für Grenzgänger in die Schweiz besteht grundsätzlich die Möglichkeit, bei Erreichen der Altersgrenze oder bei Verlassen der Schweiz (Aufgabe der Arbeit) die bis dahin angesammelten Versorgungsansprüche als Einmalkapitalauszahlung zu erhalten (sog Freizügigkeitsleistung). Dabei erfolgt die Auszahlung regelmäßig nicht direkt von der Pensionskasse an den Grenzgänger, sondern das Guthaben wird zunächst auf eine Freizügigkeitseinrichtung gezahlt. Dies ist im Regelfall ein bei einer Versicherung, Bank oder Stiftung geführtes Konto, das gewissen Beschränkungen unterliegt. Insbesondere sind Auszahlungen an den Grenzgänger nur unter bestimmten, im BVG genannten Gründen möglich. Der Grenzgänger kann also über das Freizügigkeitsguthaben nicht nach Belieben verfügen. Sind die Voraussetzungen für eine Auszahlung nicht erfüllt oder stellt der Grenzgänger keinen Antrag auf Barauszahlung, wird das Guthaben bei Erreichen der Altersgrenze (derzeit das 65. Lebensjahr) in Form einer Rente oder einer Einmalkapitalauszahlung ausbezahlt.
Alle Freizügigkeitseinrichtungen gehören zur gebundenen Vorsorge und damit zur Schweizer Grundversorgung. Werden Ansprüche aus einer Schweizer Pensionskasse auf eine Freizügigkeitseinrichtung übertragen, liegt nach Schweizer Recht grundsätzlich noch kein Zufluss vor. Ein Zufluss wird erst angenommen, wenn das Freizügigkeitsguthaben an den Versicherten ausbezahlt wird (z. B. im Alter oder bei Begründung einer Selbständigkeit). Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss der Steuerpflichtige der Schweizer Pensionskasse schriftlich mitteilen, was mit seinem Freizügigkeitsguthaben geschehen soll. Macht er keine Mitteilung, ist das Guthaben von der Schweizer Pensionskasse in eine Schweizer Freizügigkeitseinrichtung (Säule 2 des Schweizer Vorsorgesystems) einzuzahlen.
Folgende Fälle sind zu unterscheiden:
Bei erneuter Arbeitsaufnahme in der Schweiz wird das Guthaben entweder direkt von der alten Schweizer Pensionskasse auf die neue Schweizer Pensionskasse oder von der Freizügigkeitseinrichtung in die neue Schweizer Pensionskasse eingezahlt (so z. B. bei Mutterschaft, Erziehungsurlaub, Wechsel des Arbeitgebers). Die Schweizer Finanzbehörden besteuern diesen Vorgang nicht.
Erfolgt keine erneute Arbeitsaufnahme in der Schweiz hat der Grenzgänger zwei Möglichkeiten:
aa)Macht der Steuerpflichtige keine Mitteilung an die Schweizer Pensionskasse, was mit seinem Freizügigkeitsguthaben geschehen soll, bleibt das Guthaben in der Freizügigkeitseinrichtung (noch Säule 2 des Schweizer Vorsorgesystems) stehen, bis der Rentenfall eintritt (regelmäßig mit Vollendung des 65. Lebensjahres). Die Schweizer Finanzbehörden besteuern diesen Vorgang in Form einer Quellensteuer grundsätzlich erst bei Renteneintritt.
bb)Wird die Schweiz endgültig verlassen – d. h. der Steuerpflichtige steht dem schweizerischen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung – hat er Anspruch auf Barauszahlung seiner Versorgungsansprüche aus der Schweizer Pensionskasse bzw. dem Verwahrer des Freizügigkeitskontos. Hierzu bedarf es einer entsprechenden Anzeige gegenüber der Schweizer Pensionskasse, welche die Anzeige prüft und der Auszahlung zustimmen muss. Erst zum Zeitpunkt der Mitteilung wird der Anspruch auf Barauszahlung begründet. Auch die Besteuerung in der Schweiz (Schweizer Quellensteuer) erfolgt erst zu diesem Zeitpunkt.
Ab dem kann der Schweizer Grenzgänger – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – lediglich den überobligatorischen Teil seines Guthabens bei der Schweizer Pensionskasse bzw. dem Verwahrer des Freizügigkeitskontos beanspruchen. Nach Art. 25f des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (FZG) können Grenzgänger nach Art. 5 Abs. 1a FZG nur noch Barauszahlungen für den Teil verlangen, der über dem Obligatorium (Art. 15 BVG) versichert ist. Eine Auszahlung des obligatorischen Teils ist dann grundsätzlich nur noch frühestens fünf Jahre vor Erreichen des AHV-Alters möglich. Eine vorherige Auszahlung ist aber dann möglich, wenn der Grenzgänger
eine selbständige Tätigkeit aufnimmt (Art. 4 Abs. 1b FZG),
die Leistung für Wohneigentum (bei über 50 Jährigen nur zu 50 v. H. des Kapitals) verwendet oder
eine Invalidenrente (bei dauernder Erwerbslosigkeit) bezieht.
4.2 Behandlung nach dem Einkommensteuergesetz
Die Auszahlungen bzw. Austrittsleistungen sind wie folgt zu behandeln:
Erneute Arbeitsaufnahme in der Schweiz:
In diesem Fall ist bei Übertragung der Ansprüche aus der alten Schweizer Pensionskasse auf eine neue Schweizer Pensionskasse kein Zufluss i. S. des § 11 EStG anzunehmen. Die übertragenen Ansprüche sind – auch im Falle eines Zwischenparkens auf einem Freizügigkeitskonto – nicht zu besteuern. Folglich können die übertragenen Ansprüche auch nicht als Sonderausgaben abgezogen werden.
Keine erneute Arbeitsaufnahme in der Schweiz:
aa)Der Steuerpflichtige hat keine Mitteilung über die Barauszahlung gegenüber der Schweizer Pensionskasse bzw. dem Verwahrer des Freizügigkeitskontos abgegeben. Spätester Zeitpunkt für die Annahme des Zuflusses und die Besteuerung der Auszahlung ist damit das Erreichen des 65. Lebensjahres mit der Auszahlung von Rentenbeträgen oder einer Einmalzahlung. Die Renten aus der Schweizer Pensionskasse sind erst dann mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil anzusetzen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG).
bb)Hat der Steuerpflichtige gegenüber der Schweizer Pensionskasse bzw. dem Verwahrer des Freizügigkeitskontos seinen Anspruch auf Barauszahlung aufgrund der Erklärung, die Schweiz endgültig verlassen zu wollen, geltend gemacht, liegt ein Zufluss i. S. des § 11 EStG vor. Der Steuerpflichtige hat den Auszahlungsbetrag nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu versteuern. Dies gilt selbst dann, wenn er das Guthaben weiterhin auf dem Freizügigkeitskonto belässt. Aufgrund der Auszahlungsmitteilung hat er wirtschaftlich über das Guthaben verfügt. Das Belassen auf dem Freizügigkeitskonto basiert folglich auf einem anderen Rechtsgrund (sog. Novation). In diesen Fällen wird das Freizügigkeitskonto zur Säule 3 des Schweizer Vorsorgesystems und gehört damit nicht mehr zur Schweizer Grundversorgung (Säulen 1 und 2 des Schweizer Vorsorgesystems).
Diese Ausführungen gelten bezüglich des obligatorischen Teils nur, soweit der Steuerpflichtige die unter Tz. 4.1 Buchst. c) genannten Voraussetzungen erfüllt und über das Guthaben verfügen kann.
Soweit das Guthaben auf dem Freizügigkeitskonto indessen weiterhin den besonderen Bindungen nach dem Schweizer BVG unterliegt, liegt hinsichtlich dieses Teils kein Zufluss vor. Der Fall ist vom Finanzamt zu überwachen.
4.3 Praktische Umsetzung
Mit Abgabe der Mitteilung, die Schweiz endgültig zu verlassen, besteht die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Auszahlungsguthaben. In dem betreffenden VZ hat eine Besteuerung mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil zu erfolgen. Ein Indiz hierfür ist die Erhebung der Schweizer Quellensteuer, da diese von der Schweiz erst erhoben wird, wenn das Guthaben die Schweizer Grundversorgung verlässt. Hiervon erfährt das Finanzamt regelmäßig dadurch, dass der Steuerpflichtige die Erstattung der Schweizer Quellensteuer beantragt. Der Steuerpflichtige ist aufzufordern, die Erklärung, die er gegenüber der Schweizer Pensionskasse bzw. dem Verwahrer des Freizügigkeitskontos abgegeben hat, vorzulegen. Rechtsgrundlage hierfür sind § 25 Abs. 2 EStG, § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG in Verbindung mit § 88 AO.
Hat er gegenüber der Schweizer Pensionskasse bzw. dem Verwahrer des Freizügigkeitskontos keine Erklärung abgegeben und erfolgt die Zahlung in eine Freizügigkeitseinrichtung, ist der Fall vom Finanzamt zu überwachen. Jährlich mit der Einkommensteuererklärung ist ein Kontoauszug der Freizügigkeitseinrichtung anzufordern, um überprüfen zu können, dass über das Guthaben noch nicht verfügt wurde. Die Besteuerung erfolgt dann, wenn der Steuerpflichtige das endgültige Verlassen der Schweiz gegenüber der Schweizer Pensionskasse bzw. dem Verwahrer des Freizügigkeitskontos erklärt hat bzw. spätestens mit den Rentenzahlungen ab dem 65. Lebensjahr.
5. Steuerermäßigung nach § 34 EStG
Einmalauszahlungen aus Schweizer Pensionskassen können nach § 34 Abs. 1 i. V. mit Abs. 2 Nr. 4 EStG als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit durch die Fünftelregelung ermäßigt besteuert werden (, BStBl 2013 II S. 103).
6. Begünstigte Verwendung von Einmalauszahlungen
Vom Grundsatz her hat eine Besteuerung der Einmalauszahlung zu erfolgen, sobald der Steuerpflichtige über das Guthaben verfügt hat. In Deutschland ist eine steuerfreie Übertragung des Guthabens von einem auf einen anderen Rürup-Rentenversicherungsvertrag möglich (z. B. Anbieterwechsel), wenn das Guthaben unmittelbar auf den neuen Anbieter/Vertrag übertragen wird (Rdnr. 106 des ; BStBl. 2008 I Seite 390). Diese Grundsätze sind auf Auszahlungen aus Schweizer Pensionskassen übertragbar. Verwendet der Steuerpflichtige das Auszahlungsguthaben aus der Schweizer Pensionskasse dergestalt, dass er anschließend den Auszahlungsbetrag zeitnah in eine Einrichtung der sog. Basisversorgung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG) einbezahlt, kann eine Besteuerung des Auszahlungsguthabens im Billigkeitswege unterbleiben. Die berufsständischen Versorgungswerke haben offenbar ein Abkommen mit der Schweiz abgeschlossen, dass Auszahlungen aus der Pensionskasse direkt an die berufsständischen Versorgungswerke überwiesen werden.
Die Anwendung der Billigkeitsregelung setzt einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus (i. d. R. durch Abgabe der Steuererklärung mit dem Hinweis, dass eine Besteuerung der Auszahlung nicht erfolgen soll). Außerdem hat er nachzuweisen, dass er das Auszahlungsguthaben innerhalb von drei Monaten seit Abgabe der Mitteilung über die Auszahlung in eine Einrichtung der sog. Basisversorgung einbezahlt hat.
Bei Anwendung der Billigkeitsregelung scheidet ein Sonderausgabenabzug in Bezug auf den Einzahlungsbetrag aus (keine Doppelbegünstigung).
7. Rückzahlung des Vorbezugs an die Pensionskasse
Nach dem BVG ist es in der Schweiz möglich, von der Schweizer Pensionskasse oder einem Kapitalsparplan im Sinne des BVG einen sogenannten Vorbezug für die Finanzierung von Wohneigentum zu erhalten. Diese Auszahlung wegen Vorbezug stellt einen steuerlich relevanten Vorgang dar. Der Auszahlungsbetrag ist daher zum Zeitpunkt der Auszahlung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern.
Die Rückzahlung des Vorbezugs stellt kein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar. Es gilt das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Der Vorbezug in der Schweiz führt zu einer Minderung des Auszahlungsanspruchs. Es besteht grundsätzlich keine gesetzliche Verpflichtung zur Rückzahlung. Durch die Rückzahlungsbeträge werden neue Ansprüche erworben, die ab diesem Zeitpunkt in die Ermittlung des Versorgungsanspruchs einbezogen werden. Es wird nicht eine Lücke wieder aufgefüllt, es werden also keine Ansprüche zurückerworben). Die Rückzahlungsbeträge stellen deshalb (neue) Beiträge dar, die im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigungsfähig sind.
8. Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich
8.1 Rechtslage in der Schweiz
Mit den Einzahlungen in eine Schweizer Pensionskasse erwirbt nicht nur der betreffende Arbeitnehmer-Ehegatte, sondern auch der andere Ehegatte einen eigenen Anspruch gegenüber der Schweizer Pensionskasse. Nach Art. 22 des schweizerischen BVG i. V. mit Art. 122 des schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZVG) und Art. 22 FZG werden die für die Ehedauer zu ermittelnden Austrittsleistungen aus der Schweizer Pensionskasse geteilt. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wird die Hälfte des Guthabens dem ausgleichsberechtigten Ehegatten zugeordnet (quasi Rentensplitting). Der ausgleichsberechtigte Ehegatte erwirbt damit einen eigenen und direkten Anspruch gegenüber der Schweizer Pensionskasse, zumindest wenn dies ein Gericht feststellt. Damit erwirbt der ausgleichsberechtigte Ehegatte einen originären Anspruch gegenüber der Pensionskasse. Beantragt der ausgleichberechtigte Ehegatte die Auszahlung seines Anspruchs, ist Schuldner der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Auszahlung in diesem Fall nicht der ausgleichsverpflichtete Ehegatte, sondern die Pensionskasse.
Der Betrag, der sich aus der Teilung der Ansprüche ergibt, wird entweder auf die Pensionskasse des ausgleichsberechtigten Ehegatten (z. B. wenn beide Ehegatten Schweizer Grenzgänger sind) oder auf eine Freizügigkeitseinrichtung übertragen. Eine Barauszahlung zum Zeitpunkt des Versorgungsausgleichs ist nur möglich, wenn die weiteren Voraussetzungen für eine Barauszahlung des Freizügigkeitsguthabens vorliegen (z. B. wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte freiberuflich tätig ist).
8.2 Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz
Die Übertragung der Ansprüche im Rahmen des Versorgungsausgleichs auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten vollzieht sich auf der privaten Vermögensebene und führt noch nicht zu einer Besteuerung im Zeitpunkt des Versorgungsausgleichs. Erst die späteren Leistungen an den jeweiligen Ehegatten werden besteuert. Dabei richtet sich die Art der Besteuerung danach, von welchem Versorgungsträger der jeweilige Ehegatte seine Leistungen bezieht bzw. wie das Auszahlungsguthaben verwendet wird.
Hieraus ergeben sich folgende steuerliche Behandlungen:
Behandlung beim ausgleichsverpflichteten Ehegatten
Der an den ausgleichsberechtigten Ehegatten fließende Versorgungsausgleichsbetrag ist vom ausgleichsverpflichteten Ehegatten nicht zu versteuern. Soweit der ausgleichsverpflichtete Ehegatte im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich Einmaleinzahlungen leistet, um eine Minderung seiner Ansprüche zu verhindern, sind diese beim Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigungsfähig.
Behandlung beim ausgleichsberechtigten Ehegatten
Die Auszahlung der Ansprüche aus einer Schweizer Pensionskasse an den ausgleichsberechtigten Ehegatte stellt grundsätzlich einen steuerlich relevanten Vorgang dar. Folglich hat der ausgleichsberechtigte Ehegatte das Ausgleichsguthaben im Zeitpunkt des Zuflusses mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) zu versteuern ist. Die Öffnungsklausel (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG) bleibt auf Antrag zu prüfen.
Überführt der ausgleichsberechtigte Ehegatte das Auszahlungsguthaben indessen zeitnah (d. h. innerhalb von drei Monaten ab Beantragung der Auszahlung) in eine deutsche Einrichtung der sog. Basisversorgung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a oder b EStG), wird im Billigkeitswege von einer Besteuerung abgesehen. In diesem Fall sind erst die späteren Auszahlungen aus der deutschen Basisversorgung mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Ein Sonderausgabenabzug für den Einzahlungsbetrag scheidet aus (keine Doppelbegünstigung).
Ebenso ist zu verfahren, wenn das aus dem Versorgungsausgleich resultierende Guthaben auf die Schweizer Pensionskasse des ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen wird. Auch hier sind erst die späteren Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil zu erfassen. Ein Sonderausgabenabzug für den Einzahlungsbetrag scheidet aus (keine Doppelbegünstigung).
BeispielDer unbeschränkt Steuerpflichtige M hat im Jahr 2006 im Rahmen eines Versorgungsausgleichs die Hälfte seines Guthabens aus seiner Schweizer Pensionskasse (100.000 Euro) an seine geschiedene Ehefrau F zu übertragen.
F zahlt das Auszahlungsguthaben innerhalb eines Monats in einen Rentenversicherungsvertrag ein, mit folgender Prämisse:
Alternative 1: Der Rentenversicherungsvertrag erfüllt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG (sog. Rürup-Rentenversicherungsvertrag).
Alternative 2: Der Rentenversicherungsvertrag erfüllt nicht die Voraussetzungen der sog. Basisversorgung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Lösung
Es ist zwischen der Übertragung des Guthabens aus der Schweizer Pensionskasse im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs des ausgleichsverpflichteten Ehegatten einerseits und der Verwendung des Guthabens durch den ausgleichsberechtigten Ehegatten andererseits zu unterscheiden.
a) Übertragung durch den ausgleichsverpflichteten Ehegatten
Die Übertragung im Rahmen des Versorgungsausgleichs vollzieht sich für M (ausgleichsverpflichteter Ehegatte) auf der nicht steuerbaren Vermögensebene. In beiden Alternativen hat er nichts zu versteuern.
b) Verwendung durch den ausgleichsberechtigten Ehegatten
Im Falle der Alternative 1 ist ein steuerneutraler Vorgang zu sehen. Das Auszahlungsguthaben wurde zeitnah in eine Einrichtung der Basisversorgung überführt. Folglich ist das Auszahlungsguthaben von F (ausgleichsberechtigter Ehegatte) nicht zu versteuern. Ein Sonderausgabenabzug für den Einzahlungsbetrag scheidet aus (keine Doppelbegünstigung).
Im Falle der Alternative 2 wird das Auszahlungsguthaben nicht für die sog. Basisversorgung verwendet. Folglich ist das Auszahlungsguthaben bei Zufluss im Jahr 2006 mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil, also mit 52 v. H. × 100.000 Euro = 52.000 Euro, von F (ausgleichsberechtigter Ehegatte) zu versteuern (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG).
9. Öffnungsklausel
9.1 Grundsätze
Der Steuerpflichtige kann auf Antrag zumindest teilweise eine Besteuerung mit dem Ertragsanteil erreichen (sog. Öffnungsklausel, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG). Voraussetzung für die Anwendung der Öffnungsklausel ist, dass er grundsätzlich in allen Jahren die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge nachweist und in mindestens zehn Jahren bis zum Beiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat. Der Gesetzgeber hat insoweit dem Steuerpflichtigen die Beweislast auferlegt. Das Finanzamt hat keine Nachweispflicht.
Bei Anwendung der Öffnungsklausel kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass laufende Beiträge dem Jahr anspruchsbegründend zuzurechnen sind, in dem sie gezahlt wurden („In-Prinzip”). Sofern die Beiträge nach dem Reglement der Pensionskasse in einem anderen Jahr wirksam werden, wie dies bei Einmalbeiträgen regelmäßig der Fall ist (vgl. dazu die Tz 3.), sind die Beiträge den Jahren zuzurechnen, in denen sie rentenbegründend wirksam werden. In diesen Fällen gilt also das „Für-Prinzip”, anstatt des bisher geltenden „In-Prinzips” ( BStBl 2010 I S. 681, Anhang 1a II ESt-Handbuch, Rz 179).
9.2 Zeitliche Anwendungsregelung
Eine Neuberechnung der Öffnungsklausel nach dem „Für-Prinzip” hat, insbesondere bei Einmalbeiträgen, ab dem Veranlagungszeitraum 2011 zu erfolgen. Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann die Neuberechnung zudem in allen offenen Fällen erfolgen.
Bei der Neuberechnung ist der mit dem Ertragsanteil zu besteuernde Teil der Rente nach dem „Für-Prinzip” zu ermitteln. Dies gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2011 auch in den Fällen, in denen sich das „Für-Prinzip” nachteilig für den Steuerpflichtigen auswirkt und er ggf. die Voraussetzungen für die Anwendung der Öffnungsklausel nicht mehr erfüllt. Eine Neuberechnung kann auch dann erforderlich sein, wenn eine andere Versicherung (z. B. ein berufsständisches Versorgungswerk) die Beiträge aufgrund der BFH-Rechtsprechung neu zugeordnet hat.
Aus Vertrauensschutzgründen kann das „In-Prinzip” auf Einmalbeiträge letztmals im Veranlagungszeitraum 2010 angewendet werden ( a. a. O., Rz 186 in entsprechender Anwendung).
9.3 Hinweise zum selbstrechnenden Vordruck
Der selbstrechnende Vordruck ist in TVS eingestellt (vgl. dazu die Einführungsverfügung in FAIR/IStR/Grenzgänger-CH).
10. Vertrauensschutzregelung
In Fällen, in denen die Auszahlungsmitteilung gegenüber der Schweizer Pensionskasse vor dem abgegeben wurde und die Auszahlung erst im Jahr 2005 erfolgt ist, bitte ich, von einer Besteuerung der Einmalauszahlung im Jahr 2005 abzusehen. Entsprechenden Einsprüchen kann abgeholfen werden.
Eine darüber hinaus gehende Vertrauensschutzregelung ist nach bundeseinheitlicher Abstimmung nicht geboten. Eventuelle Zweifelsfälle können im Einzelfall mit Herrn Schustek abgestimmt werden.
11. Anwendungsregelung
Die Grundsätze dieser Verfügung sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Soweit dieser Verfügung Aussagen in früheren Verfügungen der Oberfinanzdirektion Karlsruhe zu Ungunsten des Steuerpflichtigen entgegen stehen, sind die „strengeren” Regelungen dieser Verfügung erst ab dem VZ 2007 anzuwenden.
Ich bitte, diese Verfügung zum Gegenstand von Sachgebietsbesprechungen mit den zuständigen Bearbeitern zu machen, damit eine einheitliche Rechtsanwendung gewährleistet ist.
Diese Verfügung ergeht nicht in Papierform. Sie ist im FAIR/IStR/Grenzgänger-CH eingestellt. Die Verfügung ist auch auf den Internetseiten der Oberfinanzdirektion Karlsruhe abrufbar.
OFD
Karlsruhe v. - S
2255 - St 133
Fundstelle(n):
FAAAE-84243