Instanzenzug: S 22 R 394/07
Gründe:
1Mit Urteil vom 30.4.2014 hat das LSG Berlin-Brandenburg einen Anspruch des Klägers auf Feststellung der Zeit vom 9.1.1989 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) einschließlich der dabei erzielten Arbeitsentgelte verneint.
2Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
4Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
5Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
6Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
7Der Kläger hält für grundsätzlich bedeutsam,
(1) "ob die Beurteilung als 'Produktionsbetrieb der Industrie' des § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz außerhalb 'einheitlichen Maßstäben' der Tätigkeitsbereiche nach einer quantitativen Betrachtung auch einer 'realitätsgerechten Bewertung' nach der Bedeutung unterliegt."
(2) "ob bei der Bewertung des Betriebes als 'Produktionsbetrieb der Industrie' im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB auch eine Bewertung nach der 'Bedeutung' zu erfolgen hat, welche demnach zu Gunsten oder zu Lasten der einzelnen Tätigkeitsbereiche ausfallen kann."
8Der Kläger hat es jedoch versäumt, die Klärungsbedürftigkeit und die Klärungsfähigkeit darzulegen.
9Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 183 mwN).
10Liegen bereits höchstrichterliche Entscheidungen zu dem angesprochenen Problemkreis vor, hat der Beschwerdeführer darzutun, dass trotz dieser noch oder wieder Klärungsbedürftigkeit besteht. Hierzu hat er aufzuzeigen, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der Rechtsprechung widersprochen werde bzw die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten sei (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51). Dasselbe gilt für die Behauptung, dass neue erhebliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien, die zu einer über die bisherige Erörterung hinausgehenden Betrachtung der grundsätzlich bereits entschiedenen Rechtsfrage führen könnten und die Möglichkeit einer anderweitigen Entscheidung nicht offensichtlich ausschlössen (vgl hierzu BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 mwN; s auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 8b). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
11Im Zusammenhang mit der og Frage erwähnt die Beschwerdebegründung selbst das -. Dort hat das BSG ua entschieden, dass unter den Begriff des volkseigenen Produktionsbetriebs der Industrie oder des Bauwesens nur Produktionsdurchführungsbetriebe fallen, die ihr Gepräge durch die Massenproduktion erhalten haben. Feststellungen zum Gepräge könnten schlüssig nur durch Feststellung der Tätigkeitsbereiche eines Betriebs, ihrer jeweiligen Zugehörigkeit zur industriellen Produktion oder einem anderen Bereich und ihres quantitativen Verhältnisses zueinander nach einem einheitlichen Maßstab erfolgen. Insoweit biete sich insbesondere ein Vergleich nach dem jeweiligen Anteil an Aufwand und Umsatz bzw Ertrag an. Schon dass nicht bereits hiervon eine Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage möglich wäre, legt die Beschwerdebegründung nicht schlüssig dar. Die im Wesentlichen bloße Wiedergabe von Sätzen aus dem Urteil vom 19.7.2011 genügt hierfür unter Hinweis auf eine (fehlende) "realitätsgerechte Bewertung nach der tatsächlichen Bedeutung", bezogen auf den Beschäftigungsbetrieb des Klägers, jedenfalls nicht.
12Des Weiteren hat der Kläger auch die Klärungsfähigkeit, dh Entscheidungserheblichkeit der angesprochenen Problematik - Bedeutung des Begriffs "Produktionsbetrieb der Industrie" iS von § 1 Abs 1 der 2. DB zur VO-AVItech - nicht aufgezeigt.
13Entscheidungserheblichkeit bedeutet, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3 mwN). Ein Beschwerdeführer hat daher den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt darzustellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfragen notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Hierzu enthält die Beschwerdebegründung keine schlüssigen Ausführungen.
14Ob eine Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig ist, kann generell nur auf der Grundlage bereits getroffener Feststellungen beantwortet werden. Dagegen kann die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache, die für die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfragen erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit derzeit nur die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann ( - Juris).
15Zwar trägt der Kläger vor, dass "das Berufungsgericht die Entscheidung allein auf die fehlende Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung durch den Kläger zum 30. Juni 1990 gestützt" habe. Die Frage der Entscheidungserheblichkeit ist indes nicht unter Zugrundelegung des Beteiligtenvortrags zu beantworten, sondern allein auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen. Ob das Berufungsgericht festgestellt hat, dass der Kläger die persönliche und sachliche Voraussetzung erfüllt, gibt die Beschwerdebegründung nicht an. Soweit diese eine Sachverhaltsschilderung enthält, fehlt es an der Darlegung, dass die entsprechenden Ausführungen dem Berufungsgericht zuzuordnen sind.
16Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Abs 2 SGG). Über den Antrag auf Wiedereinsetzung musste der Senat unter diesen Umständen nicht mehr entscheiden.
17Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstelle(n):
CAAAE-84030