BSG Beschluss v. - B 4 AS 232/14 B

Instanzenzug: S 47 AS 2220/10

Gründe:

I

1Streitig sind die an den Vater der 2006 und 2008 geborenen Kläger als gesetzlichen Vertreter gerichteten Aufhebungen von SGB II-Leistungen und Erstattungsforderungen gegenüber den minderjährigen Klägern zu 1 und 2 wegen der Nichtangabe des Bezugs von Kindergeld für die Zeit vom bis . Der Beklagte hob die Bewilligungen vom , , , , , und insofern teilweise "in Höhe von 100,00 Euro" auf. Die Erstattungsforderungen gliederte er nach Monaten sowie Personen und führte aus, dass sich "eine Gesamtforderung iHv 4.040,53 Euro" ergebe (Bescheid vom ). In den genannten Bescheiden sei kein Kindergeld für die Klägerin zu 1 in der Zeit vom bis sowie für den Kläger zu 2 im Januar 2010 nur Kindergeld in Höhe von 164 Euro anstelle von 184 Euro berücksichtigt worden. Eine Rückforderung für den Zeitraum Dezember 2007 bis Januar 2008 werde nicht mehr geltend gemacht; im Zeitraum vom bis seien Leistungen indes in übergesetzlicher Höhe erbracht worden. Für den Zeitraum bis gelte § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X als Rechtsgrundlage, anschließend § 45 Abs 2 S 3 SGB X, weil der Vater der Kläger habe erkennen können, dass das Kindergeld nicht berücksichtigt worden sei. Es seien SGB II-Leistungen in Höhe von 3866 Euro zu erstatten (Widerspruchsbescheid vom ).

2Das LSG hat das zusprechende Urteil des SG aufgehoben (). Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom sei nicht wegen fehlender oder nicht ausreichender Benennung der Daten der aufgehobenen Bewilligungsbescheide unbestimmt, weil er die jeweils letzten Bescheide für alle Bewilligungszeiträume im Wesentlichen korrekt bezeichne. Für die Zeit ab sei dem Vater der Kläger als deren Vertreter, dessen Handeln diese sich zurechnen lassen müssten (§ 278 BGB), ein grob fahrlässiges Verhalten iS von § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 und 3 SGB X vorzuwerfen. Auch die Anhörung sei in ausreichender Weise erfolgt.

3Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, für deren Durchführung sie die Bewilligung von PKH beantragt haben.

II

4Die Beschwerden sind nicht zulässig, weil die als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerden sind daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.

5Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdeführer haben deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

6Mit ihrem Vorbringen werden die Kläger diesen Erfordernissen nicht gerecht, weil sie eine Klärungsbedürftigkeit und Entscheidungserheblichkeit der von ihnen formulierten Rechtsfragen nicht in der von § 160a Abs 2 S 3 SGG geforderten Weise vorgetragen haben. Sie machen zunächst geltend, die Entscheidung beruhe auf der Rechtsfrage, "ob ein Bescheid, der nach § 45 oder § 48 SGB X aufgehoben wird und der eine Regelung im Verfügungssatz enthält, die eklatant im Widerspruch zu einer weitergehenden Verfügung hinsichtlich der Erstattungsentscheidung ist, noch hinreichend bestimmt nach § 33 SGB X ist, weil der Verfügungssatz nach § 38 SGB X berichtigt werden kann." Diese Rechtsfrage enthält eine Auslegung der angefochtenen Bescheide, die das Berufungsgericht so nicht vorgenommen hat. Das LSG hat keinen eklatanten Widerspruch in Teilen des Bescheides angenommen. Vielmehr ist das Berufungsgericht - dies haben die Kläger auch wiedergegeben - davon ausgegangen, dass sich bereits aus dem Gesamtzusammenhang des Ausgangsbescheides "der keineswegs auf 100 Euro beschränkte Rückforderungsbetrag in hinreichender Klarheit und Deutlichkeit" ergebe. Weiter hat das LSG ausgeführt, es "wird für jeden verständigen Leser deutlich, dass es sich bei dem Einschub 'in Höhe von 100 Euro' nur um ein behördliches Versehen handeln" könne. Zudem sei nach der Rechtsprechung des BSG der Rückforderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids maßgebend, der nochmals deutlich mache, dass eine Begrenzung der Forderung auf 100 Euro nicht beabsichtigt gewesen sei. Das LSG hat somit in einer vom Revisionsgericht nicht überprüfbaren einzelfallbezogenen Auslegung eine ausreichende Bestimmtheit der angefochtenen Bescheide angenommen, ohne der Frage und insbesondere Reichweite einer Berichtigung nach § 38 SGB X eine entscheidungserhebliche Bedeutung beizumessen.

7Auch soweit die Kläger weiter formulieren, die Entscheidung des LSG beruhe "auf der Rechtsfrage, ob eine Berichtigung des Verwaltungsaktes nach § 38 SGB X auch durch das Gericht erfolgen kann, obwohl lt Gesetz dieses Recht der Behörde zusteht", ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht ausreichend dargetan. Ihr Vortrag gibt insofern keinen ausreichenden Anhalt dafür, dass das Berufungsgericht eine "Berichtigung" der Bescheide vorgenommen hat. Dies findet sich schon nicht im Tenor der Entscheidung des LSG. Zudem wird eine Berichtigungsmöglichkeit der angefochtenen Bescheide vom LSG schon nicht als tragender Grund in seinem Urteil behandelt. Die von den Klägern beanstandeten Aspekte in den Entscheidungsgründen betreffen im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht überprüfbare tatrichterliche Würdigungen (§ 163 SGG).

8Unabhängig hiervon fehlt für den weiteren Vortrag der Kläger, es bestehe "im Bereich der Aufhebung und Erstattung von Leistungen, insb. auch in Bezug auf die Voraussetzungen des § 33 SGB X immer noch eine Rechtsunsicherheit", eine Auseinandersetzung mit der jüngeren Rechtsprechung des BSG hierzu (vgl zuletzt - BSGE 114, 188 f = SozR 4-4200 § 11 Nr 62).

9Den Klägern steht PKH nicht zu, weil ihre Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG). Aus diesem Grund entfällt auch die Beiordnung der von ihnen beauftragten Rechtsanwältin.

10Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
LAAAE-84027