BSG Beschluss v. - B 13 R 363/14 B

Instanzenzug: S 14 R 107/12

Gründe:

1Das die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Darmstadt vom als unzulässig (verfristet) verworfen.

2Die Klägerin macht mit ihrer beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss sinngemäß eine Rechtsprechungsabweichung sowie einen Verfahrensmangel geltend.

3Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung ihres durch Vollmachtsurkunde vom legitimierten Prozessbevollmächtigten vom genügt nicht der vorgeschriebenen Form, da sie weder eine Divergenz noch einen Verfahrensmangel ordnungsgemäß bezeichnet (dazu sogleich unter 1. und 2.). Das von der Klägerin nach Ablauf der zweimonatigen Begründungsfrist (§ 160a Abs 2 S 1 SGG) persönlich verfasste Schreiben vom sowie die von ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen können schon wegen des Vertretungszwangs vor dem BSG (§ 73 Abs 4 S 1 SGG) keine Berücksichtigung finden.

41. Eine Rechtsprechungsabweichung ist nicht formgerecht dargelegt (§ 160 Abs 2 Nr 2 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

5Hierzu sind entscheidungstragende Rechtssätze aus dem Berufungsurteil sowie aus einer höchstrichterlichen Entscheidung einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4, Nr 13 RdNr 17). Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 91; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f).

6Diesen Anforderungen wird die Klägerin nicht gerecht. Sie trägt über ihren Prozessbevollmächtigten vor, das LSG habe ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist abgelehnt, weil keine ausreichenden Gründe für eine unverschuldete Versäumnis bestanden hätten. Denn sie sei lediglich am "wegen einer Reise nach Düsseldorf nach einer lang andauernden ärztlichen Behandlung an diesem Tag" nachvollziehbar zur Einlegung der Berufung nicht in der Lage gewesen. An den beiden Folgetagen habe diese Möglichkeit jedoch für sie bestanden; im Übrigen habe sie auch vor der vorhersehbaren ärztlichen Behandlung Berufung einlegen können. Damit habe das LSG gegen die Entscheidung des - SozR 4-1500 § 67 Nr 11 RdNr 16) verstoßen, denn dort habe der Senat festgestellt, dass gesetzliche Fristen bis zum letzten Tag ausgeschöpft werden dürften.

7Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin keinen abstrakt-generellen Rechtssatz aus dem Beschluss des LSG benannt, der dem von ihr wiedergegebenen Rechtssatz aus der Senatsentscheidung vom im Rechtsgrundsätzlichen widerspricht. Vielmehr ist offenkundig, dass der Hinweis des LSG, die Klägerin habe auch noch am 6. und Berufung einlegen können, mit den Ausführungen des Senats zur Möglichkeit der Ausschöpfung gesetzlich eingeräumter Fristen "grundsätzlich bis zum letzten Tag" übereinstimmt (zu erhöhten Sorgfaltspflichten im Falle des Ausschöpfens einer Frist bis zuletzt s aber BSGE 72, 158, 160 = SozR 3-1500 § 67 Nr 7 S 18 mwN; Senatsbeschluss vom - B 13 R 519/09 B - Juris RdNr 8).

82. Die Klägerin hat auch einen Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

9Dazu müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 202 ff). Zu beachten ist aber, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG).

10Die Klägerin rügt insoweit, das LSG habe den von ihr im Schriftsatz vom angebotenen Zeugenbeweis "über die Schwere ihrer Erkrankung" nicht erhoben, beanstandet mithin sinngemäß eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG). Eine Beschwerdebegründung muss hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s Senatsbeschluss vom - BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN). Demgegenüber trägt die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten lediglich vor, das Gericht habe "den Beweis nicht erhoben", den sie bereits im Schriftsatz vom angeboten habe. Das reicht für eine formgerechte Sachaufklärungsrüge nicht aus.

11Soweit sie darüber hinaus ausführt, das LSG sei nach heutigem Erkenntnisstand bei seiner Entscheidung von einer "falschen Annahme" hinsichtlich des bei ihr Anfang März 2014 bestehenden Erschöpfungszustands ausgegangen, greift sie die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) an. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann hierauf ein Verfahrensmangel nach ausdrücklicher Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG jedoch nicht gestützt werden.

12Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

13Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

14Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Fundstelle(n):
LAAAE-83590