Realisierungszeitpunkt eines Auflösungsverlusts bei Durchführung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer AG
Leitsatz
1. Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem ein Veräußerungs- bzw. Auflösungsverlust i. S. d. § 17 Abs. 4 EStG realisiert
ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes
nicht mehr zu rechnen ist. Hierfür muss das Fehlen von Aktiva, die auch für eine Verteilung unter den Gesellschaftern ausreichen
würden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen.
2. Hat ein Startup-Unternehmen in der Rechtsform einer AG in der Anlaufphase erheblichen Programmier- und Hardwareentwicklungsaufwand
zur gemeinsamen Entwicklung eines neuen Produkts mit einem Kooperationspartner geleistet, gelangen die Entwicklungen jedoch
nicht zur Marktreife und haben sie deshalb keinen greifbaren Vermögenswert, übersteigen deswegen bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens
die Verbindlichkeiten das vorhandene Aktivvermögen um ein Vielfaches und ist eine Unternehmensfortführung nach Einschätzung
bereits des vorläufigen Insolvenzverwalters nur bei einer exorbitant hohen Kapitalzuführung möglich und völlig unrealistisch,
so ist davon auszugehen, dass der Auflösungsverlust der Aktionäre nach § 17 Abs. 4 EStG schon in der Zeit der Insolvenzeröffnung
und nicht erst sieben Jahre später bei Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten deckenden Masse der AG
gem. § 207 InsO entstanden ist. Das gilt auch dann, wenn die Entwicklungen sowie vermeintliche Schadensersatzansprüche der
AG gegen den ehemaligen Kooperationspartner nach Meinung des ehemaligen Vorstands der AG einen über dem Betrag der Verbindlichkeiten
liegenden Wert hatten, diese Werthaltigkeit aber objektiv nicht belegt werden kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2015 S. 390 Nr. 5 EStB 2015 S. 326 Nr. 9 GmbH-StB 2015 S. 102 Nr. 4 UAAAE-83509
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