OFD Nordrhein-Westfalen - S 2706 - 2014/0016 - St 152

Rückwirkende Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG bei unzulässiger Zusammenfassung von Tätigkeiten in Eigengesellschaften

Durch das JStG 2009 ( BGBl 2008 I, Seite 2794) wurde der steuerliche Querverbund gesetzlich geregelt.

Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG sind bei Betrieben gewerblicher Art die Rechtsfolgen der vGA nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft i. S. des § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG ausüben. Bei Kapitalgesellschaften gilt dies unter der Voraussetzung, dass die mehrheitlichen Stimmrechte bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts liegen und nur diese die Verluste aus dem Dauerverlustgeschäft tragen (§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG). Die Neufassung ist nach § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG bereits für Veranlagungszeiträume vor 2009 anzuwenden.

Flankiert wird diese Regelung für Kapitalgesellschaften durch § 8 Abs. 9 KStG n. F., der eine sog. Spartentrennung vorsieht, damit es nicht zur unzulässigen Verlustverrechnung zwischen Gewinn- und Verlusttätigkeiten kommt, wenn diese entgegen den Zusammenfassungsgrundsätzen des § 4 Abs. 6 KStG n. F. in einer Kapitalgesellschaft oder in vergleichbaren Gestaltungen (z. B. organschaftliche Holding) zusammengefasst werden. § 8 Abs. 9 KStG ist gem. § 34 Abs. 6 Satz 9 KStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden.

Wurden in einer Kapitalgesellschaft oder in vergleichbaren Gestaltungen in Veranlagungszeiträumen vor 2009 Gewinn- und Verlusttätigkeiten zusammengefasst, die in einem Betrieb gewerblicher Art nicht hätten zusammengefasst werden dürfen, ist die steuerliche Ergebnisverrechnung entsprechend den Ausführungen unter Punkt 4 meiner weiterhin durch den Ansatz einer vGA zu versagen (zur Höhe der vGA vgl. Rz. 52 des BStBl 2009 I, 1303).

R 7 Abs. 2 KStR 2004 sowie die Grundsätze des BStBl 2007 I S.905, sind insoweit weiter anzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der Verlusttätigkeit um ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft gem. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG handelt.

§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG hindert den Ansatz einer vGA nicht. Aus dem Gesetzgebungsverfahren und der Systematik des § 8 Abs. 7 KStG ergibt sich, dass § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG vor der zeitlichen Anwendung des § 8 Abs. 9 KStG nur

  • Eigengesellschaften, die eine Tätigkeit ausüben und

  • Eigengesellschaften, die Tätigkeiten ausüben, die zulässigerweise nach der bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2008 geltenden Verwaltungsauffassung (vgl. R 7 Abs. 2 KStR 2004) zusammengefasst werden dürfen,

erfasst.

Nur in diesen Fällen werden die Rechtsfolgen der vGA aus der Übernahme einer Verlusttätigkeit in Veranlagungszeiträumen vor 2009 nicht gezogen (vgl. dazu Punkt 1 und 3 meiner Verfügung vom ).

Die Frage der rückwirkenden Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG war bereits Gegenstand mehrerer Finanzgerichtsverfahren ( EFG 2010, 1345, EFG 2010, 1443).

Vor dem FG Niedersachsen war zu der Rechtsfrage, inwieweit die rückwirkende Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG die Rechtsfolgen der vGA auch bei einer unzulässigen Zusammenfassung von begünstigten Dauerverlustgeschäften mit Gewinntätigkeiten in Veranlagungszeiträumen vor 2009 verhindert, ein Klageverfahren (Az. 6 K 176/09) anhängig. Das Verfahren wurde zwischenzeitlich nach Klagerücknahme eingestellt.

Zuletzt hat das Sächsische , die Rechtsfolgen der vGA in den Veranlagungszeiträumen 2000 bis 2003 bei einer nach den o. g. Grundsätzen unzulässigen Zusammenfassung einer begünstigten dauerdefizitären Tätigkeit (Betrieb von Straßenbeleuchtungsanlagen) mit einer gewinnträchtigen Versorgungstätigkeit aufgrund der rückwirkend anwendbaren gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KStG verneint. Gegen das Urteil hatte das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die vom BFH/NV 2012 S. 1003, als unbegründet verworfen wurde, weil das Finanzamt als beklagte Behörde der Einlassung der Klägerin, sie habe zu keinem Zeitpunkt vertreten, dass die Verluste aus dem Bereich Straßenbeleuchtung mit den Gewinnen aus der Versorgungssparte verrechnet werden könnten, nicht entgegengetreten sei.

Die gegen ein weiteres Urteil des Sächsischen Finanzgerichts () vom Finanzamt eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH angenommen (I R 58/11). Das Revisionsverfahren wurde durch Rücknahme der Klage 2 Tage vor der mündlichen Verhandlung beendet, so dass das ursprüngliche FG-Urteil als nicht ergangen gilt.

Einspruchsverfahren zu der Problematik, die auf Grundlage dieses BFH-Verfahrens bisher gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhten, sind wieder aufzunehmen.

Zu der Problematik bereits anhängige Klageverfahren bitte ich mir zu berichten.

Auf Antrag der Steuerpflichtigen kann in den o. g. Fällen der unzulässigen Zusammenfassung von Gewinntätigkeiten und begünstigten Dauerverlusttätigkeiten in einer Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder durch vergleichbare Gestaltungen (z. B. Organschaft) auch bereits in Veranlagungszeiträumen vor 2009 „allein” auf die Ergebnisverrechnung verzichtet werden und vom Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttung abgesehen werden. Die Verluste aus den Dauerverlusttätigkeiten erhöhen dann zwar nicht als verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der Gesellschaft und es ist auch kein Zufluss der verdeckten Gewinnausschüttung bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts als Anteilseignerin anzunehmen. Eine Verrechnung der Verluste mit den Ergebnissen der Gewinntätigkeit(en) findet gleichwohl nicht statt.

Die Ergebnisse aus den Gewinntätigkeiten unterliegen der Körperschaftsteuer.

Die Verluste aus den Dauerverlusttätigkeiten sind gem. § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen und finden Eingang in den Verlust-Anfangsbestand der entsprechenden Sparte(n) gem. § 34 Abs. 6 Satz 10 KStG für den Veranlagungszeitraum 2009.

Die Verlustfeststellung ist personell durchzuführen.

Diese Verfügung ersetzt die gemeinsame und .

OFD Nordrhein-Westfalen v. - S 2706 - 2014/0016 - St 152

Fundstelle(n):
DB 2015 S. 279 Nr. 6
FR 2015 S. 191 Nr. 3
GmbH-StB 2015 S. 38 Nr. 2
GmbHR 2015 S. 167 Nr. 3
StBW 2015 S. 131 Nr. 4
WAAAE-82934