Leitsatz
1. Eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH von ihrem Geschäftsführer erteilte Prozessvollmacht
wirkt weder für noch gegen die Insolvenzschuldnerin.
2. Das Insolvenzverfahren hindert die Wirksamkeit von Prozesshandlungen im Namen des Insolvenzschuldners nicht.
3. Bei Auftreten einer in § 62 Abs. 2 S. 1 FGO bezeichneten Person oder Gesellschaft ist die Anforderung einer schriftlichen
Prozessvollmacht ermessensgerecht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die in § 62 Abs. 6 S. 4 FGO genannte
Person oder Gesellschaft tatsächlich nicht oder nicht wirksam bevollmächtigt ist.
4. Die Rücknahme der Klage durch den vollmachtlosen Vertreter ist wirksam, wenn das Gericht ihn durch die Aufforderung, eine
Vollmacht vorzulegen, vorläufig zur Prozessführung zugelassen hat.
5. Leiten die angeblich Prozessbevollmächtigten ihre Bevollmächtigung von dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und gerade
nicht von dem Insolvenzverwalter ab, so ergeht die Entscheidung über das Rechtsmittel gegen die Gemeinschuldnerin.
6. Tritt ein Rechtsanwalt unter dem Namen einer GbR auf, so sprechen die äußeren Umstände dafür, dass sein Handeln als ein
solches im eigenen Namen und zugleich in Vertretung der übrigen Gesellschafter zu verstehen ist.
7. Unterlässt es ein Rechtsanwalt, wenn nicht das Handelsregister, so zumindest die Internetseite des Unternehmensregisters
oder aber die Insolvenzbekanntmachungen im Internet im Hinblick auf ein etwaiges Insolvenzverfahren über das Vermögen desjenigen,
für den er vor Gericht auftritt, einzusehen, so lässt er die ihm obliegende Sorgfalt außer Acht, handelt somit nicht in gutem
Glauben und hat die Kosten des von ihm ohne Vertretungsmacht angestrengten Verfahrens zu tragen.
8. § 62 Abs. 6 S. 4 FGO hindert das Gericht nicht daran, in der Kostengrundentscheidung das Fehlen einer wirksamen Prozessvollmacht
zu berücksichtigen, wenn das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die Vorlage der Vollmacht nicht verzichtbar ist.
9. Der Geschäftsführer einer GmbH, der von der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters weiß, muss damit rechnen,
dass das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Es obliegt ihm, sich darüber zu informieren. Unterlässt er dies, muss er sich die
mangelnde Kenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurechnen lassen.