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Sächsisches FG Urteil v. - 2 K 44/12 EFG 2015 S. 182 Nr. 3

Gesetze: AO § 87 Abs. 1AO § 257 Abs. 1 Nr. 3AO § 258AO § 232EG-BeitrG § 4 Abs. 1EG-BeitrG § 8 EU-BeitrG RL 76/308/EWG Art. 7 Abs. 1 RL 76/308/EWG Art. 7 Abs. 2a RL 76/308/EWG Art. 17 RL 76/308/EWG Art. 5 RL 76/308/EWG Art. 2e RL 76/308/EWG Art. 2g RL 2008/55/EG Art. 7 Abs. 1 RL 2008/55/EG Art. 7 Abs. 2a RL 2008/55/EG Art. 17 RL 2008/55/EG Art. 5 RL 2008/55/EG Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 RL 2008/55/EG Art. 15 Abs. 1 RL 2008/55/EG Art. 25 RL 2010/24/EU Art. 14

Zulässigkeit der Vollstreckung eines tschechischen Vollstreckungstitels aufgrund eines Beitreibungsersuchens

Formelle Voraussetzungen des Beitreibungsersuchens

Ordnungsgemäße Bekanntgabe des Vollstreckungstitels

Direktzustellung des Vollsteckungstitels durch die tschechische Behörde

Prüfungskompetenz des Gerichts des ersuchten Mitgliedstaates nur hinsichtlich eines Verstoßes gegen den ordre public

Verjährung der Forderung

Leitsatz

1. Die Vollstreckung eines Zahlungsbescheids aufgrund eines Beitreibungsersuchens der Tschechischen Republik ist wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EG-BeitrG rechtwidrig und unzulässig, wenn die ersuchende Behörde den Vollstreckungstitel nicht in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorlegt (entsprechende Formvorschriften: Art. 7 Abs. 1 RL 76/308/EWG und 2008/55/EG). Der Mangel ist heilbar, so dass die Rechtswidrigkeit entfällt, sobald die ersuchende Behörde einen den gesetzlichen Formvorschriften genügenden Vollstreckungstitel vorlegt bzw. übermittelt.

2. Der Vollstreckung eines angefochtenen Bescheids steht weder das EG-Beitreibungsgesetz noch die Abgabenordnung entgegen.

3. Hat nicht die ersuchte Behörde im Auftrag der ersuchenden Behörde die Zustellung des Vollstreckungstitels gem. Art. 5 Abs. 1 der RL 76/308/EWG bzw. 2008/55/EG vorgenommen, sondern die um Beitreibung ersuchende Behörde den Vollstreckungstitel auf dem Postweg per Einschreiben mit Rückschein zugestellt, ist diese Maßnahme grundsätzlich durch die Behörden bzw. Gerichte des ersuchenden Mitgliedstaates nach Maßgabe der dortigen Rechtsvorschriften zu überprüfen. Das in Art. 5 der Richtlinien 76/308/EWG bzw. 2008/55/EG geregelte Zustellungsverfahren hat keinen abschließenden Charakter.

4. Eine Prüfung der vom tschechischen FA, als der um Beitreibung ersuchenden Behörde vorgenommenen Bekanntgabe des Vollstreckungstitels durch ein Gericht des ersuchten Mitgliedstaates hat grundsätzlich nicht zu erfolgen. Eine Prüfungsbefugnis der Behörde oder des Gerichts des ersuchten Mitgliedstaates besteht nur bezüglich eines Verstoßes gegen den ordre public (Verstoß gegen die öffentliche Ordnung).

5. Eine Vollstreckung in Deutschland würde die öffentliche Ordnung beeinträchtigen, wenn der Vollstreckungstitel der um Beitreibung ersuchenden Behörde eines Mitgliedstaats in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zu grundlegenden Prinzipien der deutschen Rechtsordnung stünde, so dass das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts nach deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen untragbar erschiene. Dies ist nicht der Fall, wenn die Bekanntgabe des Vollstreckungstitels nicht in deutscher, sondern in tschechischer Sprache und durch eine Kopie statt durch ein Original erfolgt.

6. Im Rahmen der von den Beitreibungsrichtlinien (76/308/EWG bzw. 2008/55/EG, 2010/24/EU) bzw. EG-BeitrG/EU-BeitrG) vorgesehenen Kompetenzverteilung sind Einwände gegen die Forderung und auch die Frage deren Erlöschens durch Verjährung vom der Behörde oder dem Gericht des ersuchten Mitgliedstaats grundsätzlich nicht zu prüfen. Dies ist vielmehr Sache der ersuchenden Behörde.

Fundstelle(n):
EFG 2015 S. 182 Nr. 3
IWB-Kurznachricht Nr. 6/2015 S. 195
HAAAE-81257

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