Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein - VI 3011 - S 2745 - 075

Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG;
Rechtsbehelfsverfahren

Das Finanzgericht Hamburg hat mit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob § 8c Satz 1 KStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom (BGBl 2007 I S. 1912) mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem daraus abgeleiteten Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (in Gestalt des sog. objektiven Nettoprinzips) vereinbar ist. Nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg verstößt § 8c Satz 1 KStG insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, als bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 Prozent (im Streitfall 48 %) des gezeichneten Kapitals an einer Körperschaft an einen Erwerber (schädlicher Beteiligungserwerb) insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar sind. Das Normenkontrollverfahren beim BVerfG trägt das Az. 2 BvL 6/11.

Die Vorlagefrage betrifft zwar unmittelbar nur § 8c Satz 1 KStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 bzw. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) vom (BGBl 2008 I S. 1672; → schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 25 % und bis zu 50 % des gezeichneten Kapitals). Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG (→ schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals; im Streifall 67 %) ist unter dem Aktenzeichen I R 31/11 allerdings beim BFH ein Revisionsverfahren gegen das Urteil des Sächsischen anhängig. Das Revisionsverfahren hat der bis zur Entscheidung des BVerfG in dem Verfahren ausgesetzt. Nach Ansicht des BFH sind die vom Finanzgericht Hamburg im in Bezug auf § 8c Satz 1 KStG dem BVerfG gestellten Vorlagefragen zur Vereinbarkeit der Norm mit dem sog. objektiven Nettoprinzip und dem sog. Trennungsprinzip in Bezug auf § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG in gleicher Weise relevant.

Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom (BGBl 2009 I S. 3950) sind dem § 8c Abs. 1 KStG die Sätze 5 ff. angefügt worden, die – mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 – Ausnahmen vom Verlustuntergang vorsehen.

1. Ruhen von Einspruchsverfahren

a) § 8c KStG in der für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 geltenden Fassung

Sowohl Einspruchsverfahren, in denen es um die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 8c Satz 1 bzw. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG (schädlicher Beteiligungserwerb bis zu 50 %) geht, als auch Einspruchsverfahren, in denen es um die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 8c Satz 2 bzw. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 50 %) geht, ruhen jeweils unter den weiteren Voraussetzungen des § 363 Abs. 2 Satz 2 AO im Hinblick auf das beim BVerfG anhängige Verfahren 2 BvL 6/11 bzw. das beim BFH anhängige Verfahren I R 31/11 kraft Gesetzes.

b) § 8c KStG in der für Veranlagungszeiträume ab 2010 geltenden Fassung

Solange zur Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG in der für Veranlagungszeiträume ab 2010 geltenden Fassung kein Verfahren beim BFH oder beim BVerfG anhängig geworden ist, kommt als Rechtsgrundlage für eine Verfahrensruhe nur § 363 Abs. 2 Satz 1 AO (einvernehmliche Verfahrensruhe aus Zweckmäßigkeitsgründen) in Betracht. Es bestehen keine Bedenken, mit Zustimmung des Einspruchsführers sowohl Einspruchsverfahren, in denen es um die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG geht, als auch Einspruchsverfahren, in denen es um die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG geht, nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO ruhen zu lassen.

2. Aussetzung der Vollziehung

a) § 8c KStG in der für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 geltenden Fassung

In der für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 geltenden Fassung ist Aussetzung der Vollziehung sowohl in Fällen des § 8c Satz 1 bzw. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG (schädlicher Beteiligungserwerb bis zu 50 %) als auch in Fällen des § 8c Satz 2 bzw. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG (schädlicher Beteiligungserwerb von mehr als 50 %) zu gewähren, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse im Sinne der BFH-Beschlüsse vom (BStBl 1988 II S. 134) und vom (BStBl 2010 II S. 558) darlegt und glaubhaft macht. Ein berechtigtes Interesse liegt insbesondere vor, soweit die Vollziehung des ange-

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Fundstelle(n):
JAAAE-79675