Instanzenzug: S 28 AS 218/09
Gründe:
I
1Im Streit stehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 5.9.2006 bis 24.8.2009.
2Der Beklagte lehnte die Leistungsgewährung für den zuvor benannten Zeitraum ab, weil der Kläger über verwertbares Vermögen in Gestalt einer Lebensversicherung verfüge. Für die seit dem 29.5.1990 bestehende Versicherung war ein Verwertungsausschluss nach dem VVG in Höhe der Freibeträge nach § 12 SGB II vereinbart worden. Ab dem 1.9.2005 wurden die Prämien der Versicherung von Frau F gezahlt. Im August 2007 vereinbarte der Kläger mit dieser, dass er verwertbares Vermögen aus dem Lebensversicherungsvertrag abtrete, und zwar in Höhe von 8377,50 Euro und den Wert/Rückkaufswert der Versicherung, soweit der Wertzuwachs, der über den Freibetrag von 23 550 Euro hinausgehe, auf der Prämienzahlung von F beruhe. Am 25.8.2009 wurde die Abtretung gegenüber dem Versicherer angezeigt. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung steigerte sich zwischen September 2005 von rund 32 000 Euro auf rund 46 000 Euro im März 2009. Ab dem 25.8.2009 gewährte der Beklagte Alg II.
3Der Kläger war mit seinem Begehren auf Leistungen im eingangs benannten Zeitraum vor dem SG und dem LSG erfolglos ( und des ). Auch das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger über verwertbares Vermögen in der Gestalt der Lebensversicherung verfügt habe. Dies gelte unabhängig davon, ob das Vermögen dem Kläger durch die Abtretung an F nicht mehr zuzurechnen war, denn der Rückkaufswert der Lebensversicherung habe den Abtretungsbetrag deutlich überstiegen. Nach Berücksichtigung der Vermögensfreibeträge sei dem Kläger ein verwertbares Vermögen von zumindest 4000 Euro verblieben. Die Verwertung der Lebensversicherung sei auch weder unwirtschaftlich gewesen, noch habe sie eine besondere Härte dargestellt. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
4Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde an das BSG. Er rügt Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) als Zulassungsgründe geltend.
II
5Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger hat keinen Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 SGG formgerecht dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
6Zur formgerechten Rüge des von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgrundes einer Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist in der Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, zumindest so zu bezeichnen, dass sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. Ferner ist deutlich zu machen, worin die Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muss darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss einen abstrakten Rechtssatz aus dem vorinstanzlichen Urteil und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht hingegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die berufungsgerichtliche Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54, 67). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
7Der Kläger benennt zwar eine Passage aus der Entscheidung des - SozR 4-4200 § 12 Nr 23 RdNr 30, 31), die er wie folgt zitiert: "Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist (Alt. 1) oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (Alt. 2). Die Prüfung dieses Ausnahmetatbestandes erfordert grundsätzlich zunächst die Feststellung, in welcher Form und in welchem Zeitraum eine Verwertung für die Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person tatsächlich und rechtlich möglich ist. Denn erst auf dieser Grundlage kann sodann geprüft werden, ob die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde ...". Er formuliert jedoch keinen abstrakten Rechtssatz, mit dem das LSG sich dieser Rechtsprechung entgegengestellt haben könnte. Er bemängelt lediglich, dass es dem LSG-Urteil an den vom BSG erwarteten Feststellungen mangele. Der Vortrag des Klägers läuft mithin darauf hinaus, dass er meint, sein Fall sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG anders zu beurteilen. Eine Abweichung liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn das Berufungsurteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat.
8Auch in dem Fall, in dem das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz missversteht und deshalb das Recht fehlerhaft anwendet, kann nicht angenommen werden, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl - juris RdNr 10).
9Auch eine grundsätzliche Bedeutung hat der Kläger nicht formgerecht dargelegt. Eine solche hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
10Der Kläger formuliert zwar die Rechtsfrage: "Ist es rechtens, einem Antragsteller, der für einen längeren Zeitraum Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung beansprucht, die Gewährung dieser Leistungen für den gesamten Zeitraum mit der Begründung zu versagen, dass für einen relativ geringen Zeitraum verwertbares Vermögen zur Bestreitung des gesamten Lebensunterhalts vorhanden ist?" Es fehlt in der Beschwerdebegründung jedoch an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit der Frage. Insoweit hätte es der Auseinandersetzung damit bedurft, warum sich die Antwort nicht bereits aus der einfachrechtlichen Gesetzeslage ergibt. Nach § 9 Abs 1 iVm § 12 SGB II besteht keine Hilfebedürftigkeit und damit kein Anspruch auf passive Leistungen, solange verwertbares Vermögen vorhanden ist, das die Freibetragsgrenzen überschreitet. Warum hieraus nicht folgen soll, dass Vermögen, solange es nicht verwertet wird, dem Leistungsanspruch entgegensteht, unabhängig davon wie lang der Zeitraum ist, in dem der Vermögenswert nicht zur Existenzsicherung genutzt wird, hätte einer näheren Darlegung bedurft.
11Die danach nicht formgerecht begründete und somit unzulässige Beschwerde ist nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
12Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.
Fundstelle(n):
LAAAE-74320