BAG Urteil v. - 10 AZR 625/13

Lehrervergütung - Funktionsstelle - Änderung der Schülerzahl

Gesetze: § 2 Anl 1 BesG ST, § 20 Anl 1 BesG ST 2011, § 1 TVG

Instanzenzug: ArbG Magdeburg Az: 11 Ca 3733/10 E Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Az: 6 Sa 426/11 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Gewährung einer Zulage für die Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter.

2Der im Jahre 1953 geborene Kläger ist Diplomlehrer für Mathematik und Physik. Er ist seit dem als Lehrkraft im Schuldienst angestellt. Mit Schreiben vom wurde er vom beklagten Land zum stellvertretenden Schulleiter der Sekundarschule „W“ in M bestellt.

3Nach dem Arbeitsvertrag vom finden auf das Arbeitsverhältnis die Regelungen des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und die diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge sowie die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1a zum BAT-O erfassten Angestellten in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. In dem am geschlossenen Änderungsvertrag ist Folgendes vereinbart:

4Die Richtlinien des Landes Sachsen-Anhalt über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA) vom enthalten folgende Regelungen:

5In der Anlage 1 Besoldungsordnung A zum Landesbesoldungsgesetz des beklagten Landes (LBG LSA) ist für die Besoldungsgruppe A 14 auszugsweise Folgendes bestimmt:

6Der Kläger erhielt nach seiner Bestellung zum stellvertretenden Schulleiter zunächst eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe I b BAT-O, seit dem Inkrafttreten des TV-L bemisst sich diese nach der Entgeltgruppe 14 Stufe 5. Bis zum Schuljahr 2002/2003 bezog er zusätzlich eine Zulage für seine Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter an einer Sekundarschule mit mehr als 360 Schülern. Nachdem zu Beginn des Schuljahres 2003/2004 die Schülerzahl an der Sekundarschule „W“ unter 361 sank, stellte das beklagte Land die Zahlung der Zulage zum ein. Im Anschluss daran hat der Kläger mehrfach vergeblich außergerichtlich die Zahlung der Zulage verlangt.

7Der Kläger hat geltend gemacht, er habe trotz des Absinkens der Schülerzahl unter 361 Anspruch auf die Zulage, weil einem beamteten Lehrer die Zulage nicht entzogen werden könne und nach den Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA beamtete und angestellte Lehrer gleich besoldet werden sollen. Es komme deshalb nicht darauf an, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Amtszulage dauerhaft vorliegen. Zudem habe das beklagte Land vor dem Entzug der Zulage nicht die Zustimmung des Personalrats eingeholt, so dass die Maßnahme auch aus diesem Grunde unwirksam sei. Für die Zeit vom bis zum habe ihm das beklagte Land rückständige Zulagen in Höhe von 7.453,32 Euro nachzuzahlen.

8Der Kläger hat beantragt,

9Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

10Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Gründe

11Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zulage.

12I. Der zu 1. gestellte zulässige Zahlungsantrag ist unbegründet.

131. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich nach den Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA. Dies folgt aus § 2 des Arbeitsvertrags vom iVm. § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O iVm. § 17 Abs. 1 TVÜ-Länder sowie aus § 1 des Änderungsvertrags vom iVm. den in Bezug genommenen Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA. Nach Abschnitt IV Unterabschnitt A Nr. 1 Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA ist der Kläger als sog. „Erfüller“ in die Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher er eingestuft wäre, wenn er in einem Beamtenverhältnis stünde.

142. Nach der Anlage 1 zu § 2 LBG LSA idF der Bekanntmachung vom wird ein stellvertretender Schulleiter einer Sekundarschule (Sekundarschulkonrektor), der sich in einem Beamtenverhältnis befindet, nach der Besoldungsgruppe A 14 besoldet. Dementsprechend erhielt der Kläger zunächst eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe I b BAT-O und nach dem Inkrafttreten des TV-L nach der Entgeltgruppe 14 Stufe 5.

153. Nach Abschnitt IV Unterabschnitt A Nr. 3 Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA kann dem Kläger als ständigen Vertreter des Schulleiters eine Zulage in der Höhe gezahlt werden, wie sie vergleichbaren beamteten Lehrkräften als Amtszulage nach der Landesbesoldungsordnung A zusteht. Dementsprechend hat der Kläger in der Zeit, als an der Sekundarschule „W“ mehr als 360 Schüler waren, eine Zulage erhalten. Nachdem die Schülerzahl zum Schuljahr 2003/2004 unter 361 abgesunken war, konnte das beklagte Land die Zahlung einstellen.

16a) Die Auslegung der für die Eingruppierung und Vergütung angestellter Lehrkräfte maßgeblichen Bestimmungen ergibt, dass dem Kläger die begehrte Zulage nur dann zusteht, wenn er an einer Schule mit mehr als 360 Schülern als stellvertretender Schulleiter tätig ist. Soweit nach Nr. 3 des Abschnitts IV Unterabschnitt A der Lehrereingruppierungsrichtlinien LSA eine Zulage in der Höhe gezahlt werden kann, wie sie vergleichbaren beamteten Lehrkräften als Schulleitern bzw. ständigen Vertretern von Schulleitern als Amtszulage zusteht, ist damit auf die schulbezogenen tatbestandlichen Voraussetzungen für den Zulagenanspruch bei den vergleichbaren beamteten Lehrkräften Bezug genommen. Die Gewährung der Zulage durch Ermessensentscheidung kommt nur dann in Betracht, wenn diese vergleichbaren beamteten Lehrkräften nach dem Besoldungsgesetz zusteht. Die hiermit eröffnete Ermessensentscheidung ist tatbestandlich gebunden. Sind die in der Richtlinie in Bezug genommenen schulbezogenen besoldungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf die Amtszulage nicht erfüllt, kann hiernach auch einer vergleichbaren angestellten Lehrkraft nicht durch eine Ermessensentscheidung eine Zulage gewährt werden ( - zu I 2 b bb der Gründe, BAGE 116, 1). Durch die Lehrereingruppierungsrichtlinien ist somit in Bezug auf Amtszulagen der ansonsten bestehende Gleichlauf von Beamten- und Tarifrecht außer Kraft gesetzt worden ( - Rn. 27, BAGE 126, 149).

17b) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine solche Regelung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ein Gleichlauf von Beamtenbesoldung und Angestelltenvergütung ist rechtlich nicht zwingend geboten. Hiergegen spricht bereits der unterschiedliche Rechtsstatus beider Personengruppen.

18c) Aus den von der Revision angezogenen Urteilen des - 2 AZR 451/10 -) und vom (- 4 AZR 93/07 - BAGE 126, 149) folgt nichts anderes. In jenen Fällen wurde den angestellten Schulleitern ein Amt übertragen, mit dem eine Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe verbunden war, die wiederum von der Schulgröße abhing. Soweit die Vergütungsgruppe tatbestandlich eine bestimmte Mindestschülerzahl voraussetzte, änderte sich nach dem Absinken der Schülerzahlen nicht automatisch die Vergütungsgruppe. Nur insoweit schließt die nach den Lehrerrichtlinien gebotene Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrern die Anwendung einer Tarifautomatik auf die angestellten Lehrer aus. Eine Änderung der Vergütung ist in diesen Fällen nur im Wege einer Änderungskündigung möglich ( -). Im vorliegenden Fall ist dem Kläger zwar auch ein Amt übertragen worden - nämlich das des stellvertretenden Schulleiters. Darauf beruht die Eingruppierung des Klägers. Diese hat sich allerdings - anders als in den Fällen, die den Urteilen vom (- 2 AZR 451/10 -) und vom (- 4 AZR 93/07 - BAGE 126, 149) zugrunde lagen - nach dem Rückgang der Schülerzahl nicht geändert. Der Kläger ist weiterhin in die Entgeltgruppe 14 eingruppiert.

19d) Aus dem Senatsurteil vom (- 10 AZR 203/11 -) ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision gleichfalls nichts anderes. Ein Anspruch auf eine Zulage nach § 14 TV-L setzt voraus, dass sich die Eingruppierung des Beschäftigten nach den Eingruppierungsvorschriften des TV-L richtet. Dies hat der Senat in der angezogenen Entscheidung verneint und hierbei darauf abgestellt, dass sich die Vergütung angestellter Lehrkräfte nach den Lehrereingruppierungsrichtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) richtet. Diese fordern eine „annähernd gleiche“ Vergütung angestellter und beamteter Lehrer. Das besagt aber nichts für die hier in Streit stehende Frage, ob der Kläger Anspruch auf eine Zulage hat, die an eine bestimmte Schulgröße anknüpft.

204. Die Zulage ist nicht Teil der Eingruppierung, sondern nur eine in das Ermessen des Dienstherrn gestellte weitere Leistung, die darauf gerichtet ist, die mit der größeren Schülerzahl verbundenen Belastungen auszugleichen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Zwischenstufe des geltenden Vergütungssystems. Der Personalrat war daher vor der Zahlungseinstellung nicht zu beteiligen.

21II. Der Feststellungsantrag ist in der gebotenen Auslegung zulässig. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung klargestellt, dass sich der Feststellungsantrag für die Zeit ab dem nach Anlage 1 zu § 20 Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom (GVBl. LSA S. 68) richten soll. Als sog. Elementenfeststellungsklage kann sie sich auf einzelne Ansprüche beschränken ( - Rn. 15). Der Antrag ist jedoch aus den oben im Einzelnen dargestellten Gründen unbegründet.

22III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
BB 2014 S. 2356 Nr. 39
NAAAE-72828