BAG Urteil v. - 3 AZR 527/11

Betriebliche Altersversorgung - Auslegung eines Versorgungstarifvertrags - arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel

Gesetze: § 1 BetrAVG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 256 Abs 1 ZPO, § 559 Abs 1 S 1 ZPO

Instanzenzug: ArbG Offenbach Az: 3 Ca 581/09 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 8 Sa 1158/10 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe der jährlichen Anpassung des betrieblichen Altersruhegelds des Klägers.

2Der im April 1948 geborene Kläger war bei der Bundesanstalt für Flugsicherung (im Folgenden: BFS) beschäftigt. Mit Wirkung zum wurden die Aufgaben der BFS auf die Beklagte übertragen. Die Dienstverhältnisse der Beamten und Angestellten der BFS wurden auf die Beklagte übergeleitet. Im Vorfeld hatten die Bundesrepublik Deutschland und die Beklagte am eine Rahmenvereinbarung geschlossen. Darin verpflichtete sich die Beklagte, jedem Beschäftigten der BFS ein Übernahmeangebot einschließlich einer Versorgungszusage zu unterbreiten. Die Rahmenvereinbarung bestimmt dazu in § 5 Abs. 11 auszugsweise:

3Die Beklagte schloss mit den Gewerkschaften DAG und ÖTV den Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom (im Folgenden: MTV 1993). § 42 MTV 1993 lautet:

4Hierzu schlossen dieselben Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom (im Folgenden: VersTV 1993). Dieser Tarifvertrag bestimmt ua.:

5In einer Mitarbeiterbroschüre aus Juni 1993 heißt es ua.:

6Am 30. August/ schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der ua. bestimmt:

7Ab dem Jahr 1996 ergänzte die Beklagte die von ihr verwendeten Arbeitsvertragsformulare hinsichtlich des Verweises auf den Versorgungstarifvertrag vom um die Wendung „in der jeweils gültigen Fassung“.

8Mit Wirkung ab dem vereinbarte die Beklagte erstmals einen Vergütungstarifvertrag mit der Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (im Folgenden: GdF). Seither wurden zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di keine Tarifverträge mehr geschlossen. Den VersTV 1993 hatte die Beklagte zum gekündigt.

9Am vereinbarte die Beklagte mit der GdF den am in Kraft getretenen Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV 2005). Dieser Tarifvertrag trat nach seiner Präambel an die Stelle der Versorgungszusage nach dem Tarifvertrag vom und ist im Wesentlichen wortgleich mit dem VersTV 1993.

10Vom bis zum wurde der Kläger in Altersteilzeit beschäftigt. In dieser Zeit wurde seine Vergütung entsprechend den für die aktiven Arbeitnehmer der Beklagten vereinbarten Tarifsteigerungen erhöht und das ruhegeldfähige Einkommen entsprechend den Tarifsteigerungen dynamisiert. Seit dem bezieht der Kläger Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und betriebliches Altersruhegeld von der Beklagten. Dieses belief sich zunächst auf 1.995,58 Euro.

11Am schlossen die Beklagte und die GdF den Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV 2009). Dieser bestimmt ua.:

12Die Beklagte passte das Altersruhegeld des Klägers nach § 16 VersTV 2009 zum und zum um jeweils 1,25 vH an.

13Mit seiner Klage hat der Kläger eine fehlerhafte Berechnung seines Altersruhegelds gerügt und deshalb ab dem ein höheres Altersruhegeld begehrt. Desweiteren hat er die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Anpassung seines Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach § 16 VersTV 1993 zur Anpassung des Altersruhegelds um 2 vH jährlich verpflichtet. § 5 des Arbeitsvertrags enthalte keine dynamische Bezugnahme auf den Versorgungstarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung, sondern eine statische Bezugnahme auf den VersTV 1993. Dies ergebe sich bereits aus den unterschiedlichen Formulierungen in § 1 Abs. 2 und § 5 des Arbeitsvertrags. Hierfür sprächen auch die später von der Beklagten vorgenommene Ergänzung des Verweises in den Arbeitsvertragsformularen auf den VersTV 1993 um die Worte „in der jeweils gültigen Fassung“ sowie die Mitarbeiterbroschüre aus Juni 1993.

14Der Kläger hat beantragt,

15Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag des Klägers verweise dynamisch auf den in ihrem Unternehmen jeweils geltenden Versorgungstarifvertrag. Sollte sie zur Anpassung des Altersruhegelds des Klägers nach § 16 VersTV 1993 verpflichtet sein, müsse das Altersruhegeld unter Zugrundelegung der letzten mit der Gewerkschaft ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen DAG und ÖTV geschlossenen Vergütungs- und Zulagentarifverträge berechnet werden.

16Die Beklagte hat hilfsweise - für den Fall des Obsiegens des Klägers mit dem Klageantrag zu 2. oder dem Hilfsantrag - widerklagend beantragt,

17Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

18Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision hat der Kläger zunächst seine Klageanträge weiterverfolgt. Nach einer teilweisen Rücknahme der Revision begehrt er nur noch die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, seine Betriebsrente gemäß § 16 VersTV 1993 zu dynamisieren. Hierzu stützt er sich zusätzlich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision und verfolgt ihre Hilfswiderklage weiter.

Gründe

19Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage hinsichtlich des allein noch rechtshängigen Feststellungsantrags im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Über die Hilfswiderklage hat der Senat nicht zu entscheiden.

20I. Die Feststellungsklage ist - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - zulässig. Sie ist aber unbegründet.

211. Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie - wie vorliegend - auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ( - Rn. 20 mwN). Für den Klageantrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Parteien streiten ausschließlich noch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, das Altersruhegeld des Klägers nach § 16 VersTV 1993 oder nach § 16 VersTV 2009 anzupassen. Mit einer Entscheidung hierüber ist der Streit der Parteien endgültig beigelegt. Da die Beklagte ihre Pflicht zur Anpassung des Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 leugnet, besteht das erforderliche Feststellungsinteresse.

222. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nach den im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen nicht verpflichtet, das Altersruhegeld des Klägers nach § 16 VersTV 1993 anzupassen. Der Arbeitsvertrag der Parteien verweist dynamisch auf den jeweils bei der Beklagten geltenden Versorgungstarifvertrag und damit derzeit auf den VersTV 2009. Der Kläger unterfällt dem Geltungsbereich des VersTV 2009.

23a) Der VersTV 2009 wird von der Bezugnahme im Arbeitsvertrag der Parteien erfasst. Dies ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.

24aa) Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Vertragstext wurde von der Beklagten für eine Vielzahl von gleichgelagerten Fällen vorformuliert. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht ( - Rn. 18 mwN).

25bb) Danach nimmt § 5 des Arbeitsvertrags der Parteien - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht statisch den VersTV 1993 in Bezug. Der Arbeitsvertrag verweist vielmehr auf den jeweils bei der Beklagten geltenden Versorgungstarifvertrag.

26(1) Ein arbeitsvertraglicher Verweis auf einen mit Datum unverwechselbar gekennzeichneten Tarifvertrag ohne Jeweiligkeitsklausel kann zwar als statische Bezugnahme verstanden werden. Allerdings werden Bezugnahmen auf außerhalb des Arbeitsvertrags liegende Versorgungsvorschriften in der Regel als dynamisch angesehen (vgl.  - Rn. 22). Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Versorgungsregelungen ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Nur so wird eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf alle Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Dies ist bei der Auslegung dahingehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Deshalb ist für den Regelfall eine dynamische Verweisung anzunehmen ( - Rn. 22 mwN). Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von der jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsordnung zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen ( - Rn. 22 mwN; - 3 AZR 415/10 - Rn. 25, BAGE 143, 90).

27(2) Aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ergibt sich nicht, dass sich die Versorgung des Klägers unabhängig von den bei der Beklagten jeweils geltenden Versorgungsbestimmungen nach dem VersTV 1993 richten soll. Die unterschiedlichen Formulierungen in § 1 Abs. 2 und § 5 des Arbeitsvertrags sprechen nicht für eine statische Verweisung auf den VersTV 1993. Nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom und den den Manteltarifvertrag ergänzenden, ändernden und an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Der VersTV 1993 ist ein von der dynamischen Verweisung in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erfasster ergänzender Tarifvertrag. In § 42 MTV ist ausdrücklich bestimmt, dass die betriebliche Altersversorgung in einem separaten, mithin den Manteltarifvertrag iSd. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ergänzenden Tarifvertrag geregelt wird. § 5 des Arbeitsvertrags stellt lediglich deklaratorisch klar, dass sich die Versorgung im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags des Klägers nach dem VersTV 1993 richtet ( - Rn. 23). Insoweit ist es auch unerheblich, dass der VersTV 2009 ebenso wie der zu diesem Zeitpunkt geltende Manteltarifvertrag von der GdF und damit von einer anderen Gewerkschaft abgeschlossen wurde als der MTV 1993 und der VersTV 1993. § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags nimmt die bei der Beklagten jeweils geltenden Tarifverträge in Bezug, ohne nach den Tarifvertragsparteien zu differenzieren.

28(3) Eine andere Auslegung von § 5 des Arbeitsvertrags der Parteien ist nicht deshalb geboten, weil die Beklagte ab dem Jahr 1996 in anderen Arbeitsverträgen die Bestimmung um eine Jeweiligkeitsklausel ergänzt hat. Formulierungen in später abgeschlossenen Arbeitsverträgen mit anderen Arbeitnehmern haben auf die Auslegung des im Jahr 1993 abgeschlossenen Arbeitsvertrags der Parteien keinen Einfluss. Die Ergänzung hat zudem nur klarstellenden Charakter. Die Dynamik ergibt sich bereits aus § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags.

29(4) Aus der Mitarbeiterbroschüre ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine andere Auslegung. Dieses Schriftstück enthält keine die Auslegung der arbeitsvertraglichen Regelungen betreffenden Erklärungen, sondern lediglich Informationen über das erzielte Tarifergebnis.

30b) Der Kläger unterfällt dem persönlichen Geltungsbereich des in Bezug genommenen VersTV 2009. Dies ergibt sich aus der Präambel und Teil C § 24 VersTV 2009. Nach Satz 2 der Präambel zum VersTV 2009 gilt Teil A VersTV 2009 für alle Empfänger von Versorgungsleistungen aus dem VersTV 1993 oder dem VersTV 2005. Der Kläger bezog bei Inkrafttreten des VersTV 2009 am seit dem Versorgungsleistungen nach dem VersTV 1993 oder dem VersTV 2005. Aus Teil A § 1 Abs. 1 und Abs. 2 VersTV 2009 ergibt sich nichts anderes.

31aa) Die Tarifvertragsparteien haben nicht nur in Teil A § 1 VersTV 2009 und in Teil B § 1 VersTV 2009, sondern auch in der Präambel und in Teil C § 24 VersTV 2009 Regelungen zum Geltungsbereich des VersTV 2009 getroffen.

32Nach Satz 1 der Präambel gilt für alle vor dem eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das bisherige Versorgungssystem auf der Grundlage des VersTV 2005 nach Maßgabe des VersTV 2009 (Teil A) weiter. Nach Satz 2 der Präambel gilt Teil A des VersTV 2009 auch für Empfänger von Versorgungsleistungen nach dem VersTV 1993 und dem VersTV 2005 sowie für ehemalige Beschäftigte der Beklagten, die mit einer unverfallbaren Anwartschaft vor dem Jahr 2009 ausgeschieden sind. Nach Satz 3 und Satz 4 der Präambel wird im Teil B des VersTV 2009 für die betriebliche Altersversorgung der Beklagten ein neues, am Einkommen über die gesamte Beschäftigungszeit ausgerichtetes System geschaffen, das für Neueintritte ab dem Jahr 2005 gilt und für diese Personengruppe an die Stelle des VersTV 2005 tritt. Mit dem VersTV 2009 wollten die Tarifvertragsparteien daher erkennbar die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten umfassend und für alle Mitarbeiter, auch für bereits ausgeschiedene Mitarbeiter sowie für Versorgungsempfänger, einheitlich regeln. Für diejenigen Mitarbeiter, die vor dem in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingetreten sind, soll das endgehaltsbezogene Versorgungssystem des Teil A VersTV 2009 zur Anwendung kommen, das die Vorgängerregelungen im VersTV 1993 und VersTV 2005 abgelöst hat. Für die ab dem in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingetretenen Arbeitnehmer gilt Teil B VersTV 2009. Für diese Mitarbeiter war das ursprüngliche Versorgungswerk nach dem VersTV 1993 durch die Kündigung des VersTV 1993 zum geschlossen worden und es wurde durch Teil B VersTV 2009 ein am Verdienst während des gesamten Arbeitsverhältnisses ausgerichtetes Bausteinsystem neu eingeführt. Dieses Verständnis vom Geltungsbereich des VersTV 2009 wird durch Teil C § 24 VersTV 2009 bestätigt. Danach trat Teil B des VersTV 2009 rückwirkend zum in Kraft und schafft für die ab dem eingetretenen Mitarbeiter die Grundlage für die betriebliche Altersversorgung. Die Teile A und C VersTV 2009 traten hingegen erst mit Wirkung zum in Kraft. Nach Teil C § 24 Abs. 3 VersTV 2009 gilt mit Wirkung vom der VersTV 2009 auch für alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Beschäftigten sowie für alle Bezieher laufender Versorgungsleistungen. Damit werden alle bei der Beklagten aktuell beschäftigten Arbeitnehmer und alle mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen ehemaligen Arbeitnehmer sowie die Bezieher laufender Leistungen von dem VersTV 2009 erfasst.

33bb) Dem steht Teil A § 1 VersTV 2009 nicht entgegen. Zwar gelten die §§ 1 bis 17 (Teil A) nach Teil A § 1 Abs. 2 VersTV 2009 nicht für Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen und für Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder Soldat beziehen. Die den Geltungsbereich regelnden Bestimmungen in Teil A § 1 VersTV 2009 betreffen jedoch nur die bei Inkrafttreten des Tarifvertrags noch aktiv beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten, nicht jedoch die Versorgungsempfänger.

34Nach Teil A § 1 Abs. 1 VersTV 2009 erfasst Teil A VersTV 2009 nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor dem ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aufgenommen haben, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags in seiner jeweils gültigen Fassung fallen und am noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen oder die sich am in einer Übergangsversorgung für Lotsen oder FDB befanden. Nach Teil A § 1 Abs. 2 VersTV 2009 gelten die §§ 1 bis 17 (Teil A) nicht für Beschäftigte, die gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Leistungen beziehen, Beschäftigte, die eine Alterspension als Beamter oder als Soldat beziehen und zur DFS beurlaubte Soldatinnen und Soldaten. Entsprechendes regelt Teil B § 1 Abs. 2 VersTV 2009. In Teil A § 1 VersTV 2009 und in Teil B § 1 VersTV 2009 ist nur von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Beschäftigten die Rede. Bezogen auf diese wird in zeitlicher Hinsicht unterschieden, ob sie vor dem oder nach dem eingetreten sind. Davon hängt ab, ob Teil A oder Teil B des VersTV 2009 gilt. Die Regelung im jeweiligen § 1 Abs. 1 VersTV 2009 betrifft folglich nur aktiv Beschäftigte. Das setzt sich im jeweiligen § 1 Abs. 2 VersTV 2009 fort.

35Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch die Tarifgeschichte. Nach dem Wortlaut von § 1 VersTV 2005 war unklar, ob bei der Beklagten beschäftigte ehemalige Soldaten, die nicht beurlaubt waren, aber eine Altersversorgung erhielten, vom Geltungsbereich erfasst waren oder nicht. Im Hinblick darauf wurde in § 1 Abs. 2 Buchst. b VersTV 2009 klargestellt, dass aktiv Beschäftigte keine betriebliche Altersversorgung erhalten, wenn sie bereits eine Alterspension erhalten (vgl. ausführlich  - Rn. 30 ff.). Dies zeigt auch für § 1 Abs. 2 Buchst. a VersTV 2009, dass nur aktiv Beschäftigte, die bereits eine gesetzliche Altersrente erhalten, aus dem Geltungsbereich des VersTV 2009 ausgeschlossen werden.

36Die Geltung des VersTV 2009 für die ehemaligen, vor dem bei der Beklagten eingetretenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei Inkrafttreten des VersTV 2009 entweder mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren oder bereits laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bezogen, wird nicht durch Teil A § 1 VersTV 2009, sondern durch die Präambel und Teil C § 24 Abs. 3 VersTV 2009 bestimmt. Sie unterfallen Teil A VersTV 2009 aufgrund dieser besonderen Bestimmungen unabhängig von den Voraussetzungen des § 1 VersTV 2009.

37II. Auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Kläger die geltend gemachte Anpassung des Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 in der Revision nicht stützen. Hierbei handelt es sich um eine in der Revision unzulässige Klageerweiterung.

381. Im Revisionsverfahren können neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden (st. Rspr., vgl.  - Rn. 52 mwN). Das Revisionsgericht prüft, ob die Vorinstanz über die Klage rechtsfehlerfrei entschieden hat. Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt dabei nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Mit dem Ende der Berufungsverhandlung wird die Urteilsgrundlage abgeschlossen ( - zu 7 a der Gründe, BGHZ 104, 215). Eine Klageerweiterung, mit der anstelle des rechtshängigen Anspruchs oder daneben ein neuer Anspruch erhoben oder ein neuer Streitgegenstand eingeführt wird, ist deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht möglich. Der Streitgegenstand wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den zugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet ( - zu II 1 der Gründe mwN; - 1 ABR 21/99 - zu B II 3 der Gründe mwN, BAGE 95, 47). Der Lebenssachverhalt umfasst das ganze dem Klageantrag zugrunde liegende tatsächliche Geschehen, das bei natürlicher, vom Standpunkt der Parteien ausgehender Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehört oder gehört hätte ( - zu I 4 a der Gründe mwN, BAGE 114, 332). Die Entscheidung über einen anderen oder zusätzlichen Streitgegenstand erfordert in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen. Solche können von einem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden (vgl.  - Rn. 14).

392. Der Kläger hat die begehrte Anpassung seines Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 erstmals in der Revisionsbegründung auch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt. Damit hat er einen neuen Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt. Die mögliche Verpflichtung der Beklagten, das Altersruhegeld des Klägers nach § 16 VersTV 1993 anzupassen, weil sie das Altersruhegeld anderer Versorgungsempfänger auch ab dem weiter nach § 16 VersTV 1993 anpasst, stützt sich auf einen anderen Lebenssachverhalt als die in den Vorinstanzen vom Kläger verlangte Verpflichtung der Beklagten zur Anpassung des Altersruhegelds nach § 16 VersTV 1993 aufgrund der im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen und stellt damit einen anderen Streitgegenstand dar.

40III. Die Hilfswiderklage ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen, da die Klage unbegründet ist.

41IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1, § 565 Satz 1 ZPO.

Fundstelle(n):
JAAAE-72462