Betriebsveranstaltungen: Änderung der BFH-Rechtsprechung zur 110-Euro-Freigrenze
Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen für die an einer Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil entsteht, mit und ) fortentwickelt.
Zwar hat der BFH in diesen Entscheidungen seine ständige Rechtsprechung teilweise bestätigt. Zuwendungen eines Arbeitgebers anlässlich von Betriebsveranstaltungen seien erst bei Überschreitung der 110-Euro-Freigrenze als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen. Der Wert der den Arbeitnehmern zugewandten Leistungen könne anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber seinerseits aufgewandt habe und die Kosten seien grundsätzlich zu gleichen Teilen sämtlichen teilnehmenden Personen zuzurechnen.
In dem unter dem Az. VI R 94/10 geführten Revisionsverfahren hat der BFH aber abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass nur solche Kosten des Arbeitgebers in die Prüfung der Freigrenze einzubeziehen seien, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Es seien nur solche Leistungen bei der Ermittlung der Gesamtkosten zu berücksichtigen, die die Teilnehmer „konsumieren” könnten, also vor allem Speisen, Getränke, Musik- und ähnliche Darbietungen. Aufwendungen, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung betreffen, sog. Kosten des äußeren Rahmens (z. B. Kosten für Buchhaltung, für den Eventmanager, für die Ausschmückung des Festsaals), bereicherten die Teilnehmer nicht und seien daher auch bei der Ermittlung der maßgeblichen Kosten nicht zu berücksichtigen.
In dem Revisionsverfahren mit dem Az. VI R 7/11 hat der BFH darüber hinaus entschieden, dass der auf Begleitpersonen des Arbeitnehmers entfallende Kostenanteil, bei der Berechnung der Freigrenze von 110,- € dem Arbeitnehmer nicht (mehr) als eigener Vorteil zuzurechnen sei. Die Übernahme der Kosten für diese Personen durch den Arbeitgeber stelle regelmäßig keine Entlohnung des Arbeitnehmers dar.
Folgende Grundsätze bitte ich bei der Bearbeitung von Anträgen/Rechtsbehelfsverfahren, die sich auf die v. g. neue Rechtsprechung des BFH stützen, zu beachten:
Die o. g. BFH-Urteile sollen zunächst nicht im BStBl II veröffentlicht werden. Die Urteilsgrundsätze sind daher derzeit für die Finanzverwaltung nicht anzuwenden. Es gelten weiterhin die Grundsätze von R 19.5 LStR.
Beantragen Arbeitgeber für nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 EStG bereits pauschal versteuerte Zuwendungen die Änderung der Lohnsteueranmeldung nach § 164 Abs. 2 AO und die Erstattung der bereits abgeführten pauschalen Lohnsteuer, so bestehen keine Bedenken, eine Entscheidung über diese Anträge zunächst zurückzustellen (vgl. AEAO zu § 164, Nr. 5).
Sofern Anträge auf Erstattung pauschaler Lohnsteuer unter Hinweis auf R 19.5 LStR bereits abgelehnt wurden und gegen diese Ablehnung Einspruch eingelegt wurde, können entsprechende Rechtsbehelfsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO, unter Hinweis auf die Urteile vom und die noch fehlenden Weisungen, wie diese Urteile umgesetzt werden, mit Zustimmung des Einspruchsführers aus Zweckmäßigkeitsgründen ruhend gestellt werden. Gleiches gilt für Rechtsbehelfsverfahren des Arbeitgebers gegen anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung ergangene Haftungs- und Nachforderungsbescheide.
Es bestehen darüber hinaus keine Bedenken, Rechtsbehelfsverfahren, die nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO aufgrund der genannten BFH-Verfahren kraft Gesetzes ruhten, zunächst nicht aufzugreifen.
Anträgen des Arbeitgebers auf Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung ist grundsätzlich stattzugeben (vgl. AEAO zu § 361, Nr. 2.5.2, 1. Spiegelstrich).
Sofern die Änderung einer Lohnsteueranmeldung nach § 164 Abs. 2 AO abgelehnt und gegen die Ablehnung Einspruch eingelegt wurde, liegt kein vollziehbarer Verwaltungsakt vor (vgl. AEAO zu § 361, Nr. 2.3.2, 3. Spiegelstrich). Eine Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung kommt in diesen Fällen daher nicht in Betracht.
OFD Nordrhein-Westfalen v. - Kurzinfo LSt 5/2014
Fundstelle(n):
IAAAE-71580