Vorlage zur Vorabentscheidung zur Klärung der Frage, ob der Planfeststellungsbeschluss zum Bauvorhaben Waldschlösschenbrücke mit europäischem Naturschutzrecht (EWGRL 43/92) vereinbar ist
Leitsatz
Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:
1. Ist Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43/EWG (juris: EWGRL 43/92) des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL) dahin auszulegen, dass ein vor der Aufnahme eines Gebietes in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung genehmigtes, nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebietes dienendes Brückenbauprojekt vor seiner Ausführung einer Überprüfung auf seine Verträglichkeit zu unterziehen ist, wenn das Gebiet nach Erteilung der Genehmigung, aber vor Beginn der Ausführung in die Liste aufgenommen worden ist und vor Erteilung der Genehmigung nur eine Gefährdungsabschätzung/Vorprüfung erfolgt war?
2. Wenn die Frage zu 1 zu bejahen ist:
Muss die nationale Behörde bei der nachträglichen Überprüfung die Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL (juris: EWGRL 43/92) schon dann einhalten, wenn sie diese bei der der Erteilung der Genehmigung vorangegangenen Gefährdungsabschätzung/Vorprüfung vorsorglich zugrunde legen wollte?
3. Wenn die Frage zu 1 zu bejahen und die Frage zu 2 zu verneinen ist:
Welche Anforderungen sind nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL an eine nachträgliche Überprüfung einer für ein Projekt erteilten Genehmigung zu stellen und auf welchen Zeitpunkt ist die Prüfung zu beziehen?
4. Ist im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens, das der Heilung eines festgestellten Fehlers einer nachträglichen Überprüfung nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL oder einer Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL dient, durch entsprechende Modifikationen der Prüfungsanforderungen zu berücksichtigen, dass das Bauwerk errichtet und in Betrieb genommen werden durfte, weil der Planfeststellungsbeschluss sofort vollziehbar und ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unanfechtbar erfolglos geblieben war? Gilt dies jedenfalls für eine nachträglich notwendige Alternativenprüfung im Rahmen einer Entscheidung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL?
Gesetze: § 39 Abs 10 StrG SN, Art 6 Abs 4 EWGRL 43/92, Art 4 Abs 5 EWGRL 43/92, Art 267 AEUV, § 22a Abs 4 NatSchG SN, § 75 Abs 1 VwVfG, § 75 Abs 1a VwVfG, § 80 VwGO, § 152 VwGO
Instanzenzug: Sächsisches Oberverwaltungsgericht Az: 5 A 195/09 Urteilvorgehend VG Dresden Az: 3 K 923/04 Urteilnachgehend Az: C-399/14 Urteilnachgehend Az: 9 C 3/16 Urteil
Gründe
I.
1Der Kläger ist eine zur Einlegung von Rechtsbehelfen anerkannte Naturschutzvereinigung. Er wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Dresden (jetzt Landesdirektion), einer Behörde des Beklagten, vom für den Neubau des die Elbauen und die Elbe im Innenstadtgebiet der Landeshauptstadt Dresden überquerenden Verkehrszuges "Waldschlößchenbrücke". Die Brücke ist in den Jahren 2007 bis 2013 errichtet und am für den Verkehr freigegeben worden.
2Dem Planfeststellungsbeschluss vom lag eine im Januar 2003 abgeschlossene "FFH-Verträglichkeitsuntersuchung" zugrunde, die zum Ziel hatte, mögliche Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Schutz- und Erhaltungsziele des zu diesem Zeitpunkt nur landesintern, aber noch nicht an die EU-Kommission gemeldeten FFH-Gebietes "Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg" im Wege einer "Gefährdungsabschätzung/Vorprüfung" zu untersuchen. Für den Fall einer Erheblichkeit der Beeinträchtigungen sollten sich "vertiefende Untersuchungen im Sinne einer Erheblichkeitsprüfung nach Art. 6 der FFH-Richtlinie" anschließen. Das Gutachten verneint erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen durch das Bauvorhaben auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes.
3Im Dezember 2004 nahm die Europäische Kommission das im März 2003 an sie gemeldete FFH-Gebiet DE4545-301 "Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg" in die Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung auf. Mit Verordnung vom (Sächs. ABl Sonderdruck Nr. 4/2006 S. 213) bestimmte das Regierungspräsidium Dresden das Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg unter Aussparung eines Teils der Elbwiesen in der Innenstadt von Dresden zum Europäischen Vogelschutzgebiet (EU-Meldenummer DE4545-452).
4Der Planfeststellungsbeschluss ist nach § 39 Abs. 10 des Sächsischen Straßengesetzes sofort vollziehbar. Der Kläger stellte deshalb zur Verhinderung des Beginns der Bauarbeiten zusammen mit seiner Klage einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht Dresden ordnete mit Beschluss vom die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss an. Mit Beschluss vom änderte das Sächsische Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und lehnte die Anträge unter Auflagen für den Fledermausschutz endgültig ab. Mit den Bauarbeiten wurde daraufhin Ende 2007 begonnen.
5Mit Ergänzungs- und Änderungsbeschluss vom , vor dessen Erlass der Kläger angehört wurde, nahm die Landesdirektion Dresden aufgrund der nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ergangenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zu den FFH-rechtlichen Anforderungen an Planungsentscheidungen ( BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299) nach Einholung weiterer naturschutzfachlicher Gutachten eine - thematisch auf den Erhaltungszustand zweier Lebensraumtypen und der Anhang II/IV-Falterart "Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling" (Maculinea nausithous) beschränkte - Neubewertung der mit dem Bauvorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bezogen auf den Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses vor. Für die nunmehr - teilweise vorsorglich - angenommenen erheblichen Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps - LRT - 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) sowie der Falterart Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling wurde eine Abweichungsprüfung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL durchgeführt, die unter Anordnung weiterer Schadensvermeidungs- sowie von Kohärenzsicherungsmaßnahmen die Zulassung des Vorhabens im Ausnahmeweg zum Ergebnis hatte.
6Das Verwaltungsgericht Dresden hat die Klagen mit Urteil vom abgewiesen und die Berufung zugelassen.
7Im Laufe des Berufungsverfahrens wurde der Planfeststellungsbeschluss ergänzt und geändert. Mit Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom erteilte die Landesdirektion Dresden der beigeladenen Stadt Dresden unter anderem die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung zur Ausbaggerung der Fahrrinne der Elbe. Der Beschluss enthält unter Anordnung weiterer Kohärenzsicherungsmaßnahmen gleichzeitig eine habitatschutzrechtliche Ausnahme für erhebliche Eingriffe in den LRT 6510 (Magere Flachland-Mähwiesen) und vorsorglich angenommene erhebliche Eingriffe in den LRT 3270 (Flüsse mit Schlammbänken). Hinsichtlich der Art Maculinea verneint der Beschluss eine erhöhte Inanspruchnahme der Habitatflächen. Ein Vorkommen des LRT 6430 (Feuchte Hochstaudenfluren) verneint der Änderungsbeschluss.
8Auch gegen den Änderungsbeschluss vom stellte der Kläger einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, den das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom endgültig ablehnte.
9Mit Urteil vom hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen und gleichzeitig die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
10Der Kläger rügt in diesem Verfahren neben Verletzungen des Verfahrensrechts durch das Oberverwaltungsgericht Verstöße des angegriffenen Urteils und des zugrundeliegenden Planfeststellungsbeschlusses gegen das Naturschutzrecht, insbesondere das FFH- und das Vogelschutzrecht.
11Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom ist das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss und das angefochtene Urteil an einer Reihe von beachtlichen Fehlern leiden, die zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen werden. Auf diese Fehler ist in einem gesonderten Beschluss vom heutigen Tage hingewiesen worden.
II.
12Der Rechtsstreit ist auszusetzen. Es ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) zu den im Beschlusstenor formulierten Fragen einzuholen (Art. 267 AEUV).
13Die maßgeblichen Vorschriften des Unionsrechts finden sich in der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - FFH-RL -)
Artikel 4 Abs. 5 der FFH-RL lautet:
(5) Sobald ein Gebiet in die Liste des Absatzes 2 Unterabsatz 3 aufgenommen ist, unterliegt es den Bestimmungen des Artikels 6 Absätze 2, 3 und 4.
Artikel 6 der FFH-RL lautet:
(1) Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.
(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.
(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.
(4) Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen.
Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.
14Folgende nationale Vorschriften bilden den rechtlichen Rahmen dieses Rechtsstreits:
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
Rechtswirkungen der Planfeststellung
(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.
(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.
(…)
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
1. (…)
2. (…)
3. in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
4. (…)
(…)
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(…)
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können (…) nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(…)
Straßengesetz für den Freistaat Sachsen
(Sächsisches Straßengesetz - SächsStrG)
Planfeststellung
(1) Staatsstraßen und Kreisstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Dasselbe gilt für Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Absatz 2 erforderlich ist.
(…)
(10) Die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung hat keine aufschiebende Wirkung.
Sächsisches Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege i.d.F. vom
(Sächsisches Naturschutzgesetz - SächsNatSchG)
(…)
(4) Ist ein Gebiet im Bundesanzeiger bekannt gemacht, sind
1. in einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bis zur Unterschutzstellung
2. …
alle Vorhaben, Maßnahmen, Veränderungen oder Störungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinem für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können, unzulässig. (…).
III
15Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich und bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof.
16Zwar hat der Senat unabhängig von der Beantwortung der mit dem Vorlagebeschluss aufgeworfenen Fragen gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in verschiedener Hinsicht Bedenken, die sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht ausräumen lassen. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom heutigen Tage Bezug. Unbeschadet dessen sind aber auch die in den Vorlagefragen angesprochenen Punkte für die abschließende Entscheidung des Rechtsstreits wesentlich, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt:
17Soweit für den Beklagten günstige Feststellungen im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht getroffen werden können, wird jeder der Fehler zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen. All diese beachtlichen Mängel des Planfeststellungsbeschlusses hätten aber nicht, auch nicht in ihrer Summe, die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge; denn die Mängel könnten in einem ergänzenden Verfahren behoben werden (§ 75 Abs. 1a VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfZG). Mit dieser Regelung will der deutsche Gesetzgeber erreichen, dass in solchen Fällen nicht das gesamte, sehr zeitaufwändige Verwaltungsverfahren wiederholt werden muss; er will vielmehr der Planfeststellungsbehörde Gelegenheit geben, die Fehler in einem auf deren Korrektur beschränkten ergänzenden Verfahren zu beheben (vgl. BVerwG 7 A 20.11 - NuR 2013, 662 Rn. 18).
18Diese verfahrensrechtliche Besonderheit des nationalen Planfeststellungsrechts hat zur Folge, dass das Bundesverwaltungsgericht die mit diesem Beschluss dem Gerichtshof vorgelegten Fragen nicht offenlassen darf, sondern die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses umfassend prüfen und in seinem Urteil den Umfang der Rechtswidrigkeit genau feststellen muss. Denn wegen der Rechtskraftwirkung des vom Bundesverwaltungsgericht zu erlassenden Urteils wird der Kläger gegen die behördliche Entscheidung im ergänzenden Verfahren nicht mehr gerichtlich geltend machen können, dass der Planfeststellungsbeschluss über die Beanstandung des Gerichts hinaus an weiteren Fehlern leidet ( BVerwG 9 A 4.13 - juris Rn. 28). Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht im Interesse einer umfassenden Klärung der Streitpunkte auch darzulegen, von welchen rechtlichen Anforderungen die Planfeststellungsbehörde bei der Behebung der festgestellten Fehler in einem ergänzenden Verfahren auszugehen hat (Beschluss vom a.a.O. Rn. 19).
19Zu den einzelnen Vorlagefragen sind folgende Erwägungen von Bedeutung:
20Zur Frage 1:
Von der Beantwortung der Frage 1 hängt ab, ob die im Rahmen des Planänderungsverfahrens im Jahr 2008 durchgeführte nachträgliche Verträglichkeitsprüfung, die die dem Planfeststellungsbeschluss vom zugrunde liegende Verträglichkeitsabschätzung aus dem Jahre 2003 ergänzt hat, nach der Listung des Gebietes durch die Kommission europarechtlich geboten war. Bestand hierzu europarechtlich keine Pflicht, würde sich die Verträglichkeitsabschätzung, die dem Planfeststellungsbeschluss 2004 zugrunde lag, als "geeignete Schutzmaßnahme" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs erweisen (vgl. , Dragaggi u.a. - Slg. 2005, I-167 Rn. 25 und 29, vom - Rs. C-244/05, Bund Naturschutz in Bayern u.a. - Slg. 2006, I-8445 Rn. 38, 46 f., 51 und vom - Rs. C-404/09, Alto Sil - Slg. 2011, I-11853 Rn. 163). Es käme dann nicht mehr darauf an, ob die im Planänderungsverfahren nachgeholte Verträglichkeitsprüfung Mängel aufwies.
21Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts dürfte eine nachträgliche Prüfung der Verträglichkeit europarechtlich erforderlich gewesen sein. Hierfür spricht die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs.
22a) Hiernach unterliegen Projekte, die genehmigt wurden, bevor das Gebiet, in dem sie verwirklicht werden sollen, in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen wurde, nicht den Vorgaben der Habitatrichtlinie über eine Ex-ante-Prüfung auf ihre Auswirkungen auf das betreffende Gebiet. Die Mitgliedstaaten dürfen allerdings in einem gemeldeten FFH-Gebiet, über dessen Aufnahme in die Gemeinschaftsliste die Kommission noch nicht entschieden hat, keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebietes ernsthaft beeinträchtigen können, insbesondere wenn ein Eingriff die Fläche des Gebietes wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in diesem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder die Zerstörung des Gebietes oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte ( a.a.O., vom a.a.O. Rn. 44, 47 und 51 und vom - Rs. C-226/08, Stadt Papenburg - Slg. 2010, I-131 Rn. 49; vgl. auch BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 33).
23Dieser Forderung nach einem "angemessenen Schutz" ist die Planfeststellungsbehörde durch die im Planfeststellungsverfahren erstellte Verträglichkeitsuntersuchung gerecht geworden. Diese genügte zwar trotz ihrer Bezeichnung als "FFH-Verträglichkeitsuntersuchung" nicht den Anforderungen, die nach Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL an eine Verträglichkeitsprüfung zu stellen sind, vielmehr handelte es sich nach eigener Einschätzung des die Untersuchung durchführenden Umweltbüros um eine Vorprüfung bzw. Gefährdungsabschätzung. Auch die dieser Abschätzung zugrunde liegende 5-stufige Bewertungsskala, wonach ein Eingriff erst dann als erheblich angesehen wird, wenn er zum Verlust eines merklichen Teils der Fläche eines Lebensraumes oder zu negativen qualitativen und strukturellen Veränderungen führt, entspricht nicht dem vom Bundesverwaltungsgericht aus Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und der Rechtsprechung des Gerichtshofs (zuletzt Urteil vom - Rs. C-258/11 - NVwZ-RR 2013, 505 Rn. 40 m.w.N.) abgeleiteten Prüfungsmaßstab der "erheblichen Beeinträchtigung", wonach grundsätzlich jede (dauerhafte) Beeinträchtigung von Erhaltungszielen, insbesondere jeder über eine Bagatellgrenze hinausgehende Flächenverlust erheblich ist und als Beeinträchtigung des Gebietes als solches gewertet wird ( BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 41, 50 und vom a.a.O. Rn. 124 f.). Die vorgenommene Untersuchung hat jedoch nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses den Schluss zugelassen, dass es durch das Brückenbauprojekt nicht zu Eingriffen kommen wird, die zu einer ernsthaften Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale des Gebietes als solches führen werden. Die Flächenverluste durch unmittelbare und mittelbare Inanspruchnahmen sind danach angesichts der Ausdehnung des FFH-Gebietes als sehr gering einzuschätzen, und das Projekt wird auch nicht zum Verschwinden dort vorkommender prioritärer Arten führen und die repräsentativen Merkmale des Gebietes nicht beseitigen.
24Eine Verpflichtung zu einer tiefer gehenden Untersuchung bestand im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom auch nach deutschem Recht nicht. Eine solche ergab sich insbesondere nicht aus dem im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses einschlägigen Sächsischen Naturschutzgesetz, da es - wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend bestätigt haben - an der dafür erforderlichen Bekanntmachung des Gebietes im Bundesanzeiger fehlte (§ 22a Abs. 4 SächsNatSchG 1994).
25b) Unterlag das Projekt vor der Genehmigung nur den Anforderungen eines abgeschwächten Überprüfungsmaßstabs, dürfte sich dies jedoch nach der Aufnahme des FFH-Gebietes in die Gemeinschaftsliste der Kommission geändert haben.
26Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs fällt die Ausführung eines Projekts unter Art. 6 Abs. 2 FFH-RL, sofern die nach dieser Richtlinie vorgesehene Schutzregelung zwischenzeitlich aufgrund der Ausweisung als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung anwendbar geworden ist. Danach muss gewährleistet sein, dass die Ausführung des Projekts keine Störung verursacht, die die Ziele der FFH-RL erheblich beeinträchtigen kann. Der Mitgliedstaat ist verpflichtet, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass es durch einen Plan oder ein Projekt zu Verschlechterungen der natürlichen Lebensräume sowie der Habitate der Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, kommt ( a.a.O. Rn. 49 und vom a.a.O. Rn. 126, 128). Als eine solche Maßnahme kommt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch die nachträgliche Überprüfung einer erteilten Baugenehmigung in Betracht ( - Slg. 2005, I-9017 Rn. 57 f.).
27Der Gerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung ferner, dass Art. 6 Abs. 2 und 3 der FFH-RL dasselbe Schutzniveau haben (, Irland - Slg. 2007, I-10947 Rn. 250). Der Gerichtshof hält es daher in seinem Urteil vom (a.a.O. Rn. 156 f.) auch für möglich, dass ein Mitgliedstaat in einem nachträglichen Überprüfungsverfahren nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL entsprechend der in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL vorgesehenen Ausnahmeregelung einen Grund des öffentlichen Interesses geltend macht.
28Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts spricht vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung vieles dafür, dass die Planfeststellungsbehörde verpflichtet war, den Planfeststellungsbeschluss vom nach der Listung des Gebietes im Dezember 2004 (erneut) auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Gebietes zu überprüfen oder andere angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass es durch den Bau und die Verkehrsfreigabe des Brückenbauwerks nicht zu Verschlechterungen der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie erheblichen Störungen der Arten, für die das Gebiet ausgewiesen worden ist, kommt. Gleichwohl lässt sich diese Frage nicht ohne Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union mit der gebotenen Eindeutigkeit beantworten. So bedarf es der Klärung, ob unter den Begriff der "Ausführung" bzw. "Durchführung" eines Projekts auch die Neuerrichtung eines Bauwerks fällt, das im Zeitpunkt seiner Zulassung einer den europarechtlichen Anforderungen genügenden Verträglichkeitsabschätzung unterzogen worden war. Den Entscheidungen vom und (Papenburg und Alto Sil) lässt sich nicht entnehmen, ob in diesen Fällen von den nationalen Behörden vor der Zulassung der Projekte Verträglichkeitsabschätzungen, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Gerichtshofs genügten, durchgeführt worden sind; zudem unterscheiden sich die Fälle dadurch, dass in den beiden entschiedenen Fällen mit der Ausführung bereits im Zeitpunkt der Unterschutzstellung des Gebietes begonnen worden war, während hier die Unterschutzstellung vor Beginn der Bauarbeiten Ende 2007 erfolgt ist.
29Zur Frage 2:
Falls die Frage zu 1 dahin zu beantworten ist, dass vorliegend eine nachträgliche Überprüfung vorzunehmen war, stellt sich die weitere Frage, ob die vor Erlass des Ergänzungs- und Änderungsbeschlusses vom durchgeführte nachträgliche Überprüfung des Ausgangsplanfeststellungsbeschlusses den an sie zu stellenden unionsrechtlichen Anforderungen genügte. In diesem Zusammenhang ist zunächst klärungsbedürftig, ob die Überprüfung der hier erteilten Genehmigung deswegen ausschließlich anhand der Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL erfolgen musste, weil der Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde diesen strengeren Maßstab bereits vor der Aufnahme des Gebietes in die Gemeinschaftsliste der Kommission haben anlegen wollen, wenngleich sie ihn teilweise verfehlt haben.
30Die Planfeststellungsbehörde ist im Beschluss vom davon ausgegangen, dass für die in der 2. Meldetranche des Freistaates Sachsen an das für den Naturschutz zuständige Bundesministerium zur Weiterleitung an die EU-Kommission enthaltenen und von dem Brückenbauprojekt betroffenen Gebiete die gleichen Schutzvorschriften wie für die von der Kommission festgestellten Gebiete gelten, obwohl eine Festlegung der Kommission, ob diese Gebiete in die Gemeinschaftsliste aufzunehmen sind, zum Zeitpunkt der Verträglichkeitsuntersuchung und Planfeststellung noch nicht getroffen worden war. Der Beschluss kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der vom Vorhabenträger durchgeführten Verträglichkeitsuntersuchung 2003, die am Maßstab des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL ausgerichtet sein sollte, keine erheblichen Beeinträchtigungen durch das Projekt, auch nicht im Zusammenwirken mit anderen Projekten, zu erwarten seien. Im gerichtlichen Verfahren hat das Oberverwaltungsgericht die Planfeststellungsbehörde hieran festgehalten. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist es, nachdem einmal der für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung geltende Maßstab herangezogen worden ist, nicht mehr möglich, zu dem abgeschwächten Maßstab zurückzukehren. Entweder wende der Planungsträger zwischen der Meldung und der Listung des Gebietes Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL an oder er lege von vornherein den abgeschwächten Maßstab zugrunde, wie ihn der Gerichtshof in den Entscheidungen Dragaggi (Urteil vom a.a.O.) und Bund Naturschutz in Bayern (Urteil vom a.a.O.) entwickelt habe. Das Oberverwaltungsgericht prüft daher sowohl den Planfeststellungsbeschluss vom als auch den Ergänzungs- und Änderungsbeschluss vom am Maßstab des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL.
31Nach Auffassung des erkennenden Senats ist dem nicht zu folgen. Weder dem nationalen Recht noch dem Unionsrecht lassen sich Gründe entnehmen, die die Behörde und das die Entscheidungen überprüfende Gericht berechtigten könnten, vom Träger des Vorhabens die Einhaltung eines gesetzlich nicht geforderten Schutzmaßstabs zu fordern. Dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einem Infrastrukturvorhaben in einem gemeldeten, aber noch nicht von der Kommission gelisteten Gebiet die Anlegung der materiellrechtlichen Maßstäbe des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zulässig ist und in aller Regel einen "angemessenen" Schutz im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs in den Verfahren Dragaggi und Bund Naturschutz in Bayern darstellt, ( BVerwG 4 B 49.05 - Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 21 Rn. 3, 5), erlaubt eine solche Schlussfolgerung nicht. Zwar mag es aus praktischen Gründen sinnvoll sein, wenn der Vorhabenträger - wie auch hier - bereits vor der Listung des Gebietes eine umfassende, den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL gerecht werdende Verträglichkeitsprüfung durchführt. Daran, dass eine solche Untersuchung vom Unionsrecht nicht gefordert wird, ändert dies aber nichts. Eine Befugnis zur autonomen Bestimmung des Schutzmaßstabs über das unionsrechtlich Gebotene hinaus kann auch nicht aus dem Fehlen nationaler Regelungen abgeleitet werden. Fehlt es an einer Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben in das nationale Recht, kann daraus die Pflicht folgen, das Unionsrecht unmittelbar anzuwenden, es ergibt sich daraus jedoch keine Ermächtigung, ohne eine gesetzliche Grundlage die unionsrechtlichen Vorgaben zu Lasten des Trägers des Vorhabens zu verschärfen.
32Auch aus der Entscheidung des Gerichtshofs vom - Rs. C-57/89, Leybucht - (Slg. 1991, I-883 Rn. 20) dürfte sich entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes ergeben. Die dieser Entscheidung zugrunde liegende Überlegung des Gerichtshofs, dass einem Mitgliedstaat der bei der Auswahl eines Schutzgebietes zukommende Beurteilungsspielraum nicht zustehe, wenn er derartige Gebiete flächenmäßig ändern oder verkleinern wolle, lässt sich auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen. Dies folgt schon daraus, dass die Mitgliedstaaten von dem ihnen bei der Auswahl der geeignetsten Gebiete zugestandenen Beurteilungsspielraum lediglich im Rahmen eines umfänglichen, ausschließlich an naturschutzfachlichen Gesichtspunkten orientierten Auswahlprozesses unter Beteiligung der Fachbehörden und der anerkannten Naturschutzverbände sowie der Kommission Gebrauch machen können, weshalb nach der Entscheidung der EU-Kommission über die Gebietslistung eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung spricht (vgl. BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 33 Rn. 15 ff. und zur Abgrenzung von FFH-Gebieten BVerwG 9 A 17.11 - BVerwGE 145, 40 = Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 52, jeweils Rn. 22). Eine vergleichbare verfahrensrechtliche und inhaltliche Absicherung ist bei der Entscheidung darüber, was einen "angemessenen Schutz" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellt, nicht gegeben. Hinzu kommt, dass es in der Leybucht-Entscheidung - anders als hier - nicht um die Anwendung eines rechtlich nicht gebotenen, überobligatorische Anforderungen stellenden Maßstabs für die Gebietsauswahl ging, sondern um die flächenmäßige Reduzierung eines Gebietes, das zuvor auch in seiner räumlichen Ausdehnung als eines der geeignetsten Gebiete identifiziert worden war.
33Zur Frage 3:
Wenn die Frage zu 1 zu bejahen und die Frage zu 2 zu verneinen ist, stellt sich die Frage, welche Anforderungen das Unionsrecht in einer Konstellation wie der hier vorliegenden an die Überprüfung einer für ein Projekt erteilten Genehmigung im Einzelnen stellt. Auch diese Frage ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht ausreichend geklärt.
34a) Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom (- Rs. C-404/09, Alto Sil - Slg. 2011, I-11853 Rn. 126) und im Urteil vom (- Rs. C-226/08, Stadt Papenburg - Slg. 2010, I-131 Rn. 49) zwar klargestellt, dass ein Projekt nur dann im Einklang mit Art. 6 Abs. 2 FFH-RL steht, wenn gewährleistet ist, dass es keine Verschlechterungen oder Störungen verursacht, die die Ziele dieser Richtlinie, insbesondere deren Erhaltungsziele, erheblich beeinträchtigen können. Damit greift er auf Formulierungen des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL zurück. Gleichzeitig hat er jedoch in diesen Entscheidungen die Unterscheidung zwischen den Vorgaben einer Ex-ante-Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und den Maßnahmen, die auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL nach der Listung eines Gebietes zu ergreifen sind, bekräftigt.
35In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist damit bisher nicht ausreichend geklärt, welche materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Anforderungen bei einem Vorgehen nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gelten. Nach Auffassung des erkennenden Senats legen die zitierten Passagen der Urteile des Gerichtshofs sowie die vom Gerichtshof immer wieder betonte Vergleichbarkeit des Schutzniveaus von Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 FFH-RL zwar nahe, dass es keinen Unterschied in den materiellen Anforderungen des Schutzniveaus geben kann. Allerdings widerspräche es der Aussage des Gerichtshofs, dass die Vorgaben der FFH-RL für eine Ex-ante-Prüfung hinsichtlich eines vor der Unterschutzstellung genehmigten Projekts nicht gelten, wenn gleichzeitig im Rahmen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL die Bewältigung der vollen materiellen und verfahrensmäßigen Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL verlangt würde, sich die Behörde also aufgrund einer lückenlosen, vollständigen, präzisen und jeden wissenschaftlichen Zweifel ausräumenden Prüfung Gewissheit verschaffen müsste, dass von dem bereits genehmigten Projekt keine nachteiligen Wirkungen ausgehen werden. Denn bei einem solchen Verständnis der nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL zu ergreifenden "angemessenen Maßnahmen", bestünde in Wirklichkeit kein Unterschied, ob die Genehmigung erteilt wurde, bevor die Anforderungen der Habitatrichtlinie Geltung erlangt haben oder danach. Es bedarf daher der näheren Klärung durch den Gerichtshof, welche Anforderungen an das nachträgliche Prüfprogramm im Rahmen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL zu stellen sind.
36b) Klärungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang auch, auf welchen Zeitpunkt bei der nachträglichen Prüfung abzustellen ist:
37Der Beklagte hat der in seinem Ergänzungs- und Änderungsbeschluss vom vorgenommenen Verträglichkeitsuntersuchung ausdrücklich die "tatsächlichen und rechtlichen Bedingungen zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (2/2004) zugrunde gelegt" (Beschluss vom S. 4). Die aktuellen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele hat der Beschluss lediglich in Rahmen von Kontrollüberlegungen in die Prüfung einbezogen. Dies begegnet nach Auffassung des Senats Bedenken.
38Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit der Frage, welcher Zeitpunkt für eine nachträgliche Verträglichkeitsprüfung (nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL) zugrunde zu legen ist, für den Fall einer Fehlerheilung in einem ergänzenden Verfahren beschäftigt. Danach hängt der Zeitpunkt maßgeblich von der Zielrichtung des ergänzenden Verfahrens ab. Beschränkt es sich darauf, einen punktuellen Fehler der früheren Entscheidung zu heilen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. Abweichendes gilt dagegen, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung der Verträglichkeitsuntersuchung vornimmt. Dann ist der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich ( BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 31, 131 = Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 30 <Rn. 131 in BVerwGE nicht vollständig abgedruckt> und vom - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 29). Nach diesen Grundsätzen hätte im vorliegenden Fall nicht - wie im Ergänzungs- und Änderungsbeschluss geschehen - auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Genehmigung, also 2004, sondern grundsätzlich auf den der nachgeholten Verträglichkeitsprüfung abgestellt werden müssen. Mit der dem Ergänzungs- und Änderungsbeschluss vom zugrunde liegenden Verträglichkeitsuntersuchung ist nämlich nicht nur eine punktuelle Fehlerkorrektur einer im Übrigen nicht zu beanstandenden Untersuchung erfolgt, sondern gestützt auf zusätzlich eingeholte Untersuchungen eine vertiefte, wenn auch thematisch eingeschränkte Neubewertung der durch das Projekt hervorgerufenen Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes vorgenommen worden.
39Nach Auffassung des Senats dürfte aus unionsrechtlicher Sicht nichts anderes gelten. Das nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL durchzuführende Überprüfungsverfahren dient gerade dazu, sicherzustellen, dass durch die Ausführung des in der Vergangenheit genehmigten und keiner (vollen) Verträglichkeitsprüfung unterzogenen Projekts keine erheblichen Beeinträchtigungen in dem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung hervorgerufen werden. Dieses Ziel würde nur unvollkommen erreicht, wenn nicht der aktuelle, unter Umständen durch die teilweise oder vollständige Verwirklichung des Projekts veränderte Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten der Überprüfung zugrunde gelegt würde, sondern der Zustand im unter Umständen mehrere Jahre zurückliegenden Genehmigungszeitpunkt. Auch der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz spricht daher für eine Überprüfung aufgrund der aktuellsten Erkenntnisse. Dass der Umstand, dass ein Projekt vor der Gebietsausweisung endgültig genehmigt wurde, nicht daran hindert, es einer Überprüfung bezogen auf den aktuellen Zeitpunkt zu unterziehen, folgt aus dem Papenburg-Urteil des Gerichtshofs vom (a.a.O. Rn. 41 ff.).
40Zur Frage 4:
Die Frage 4 stellt sich, falls die nachträgliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses durch den Ergänzungs- und Änderungsbeschluss vom nicht den an sie zu stellenden unionsrechtlichen Vorgaben (Fragen 2 und 3) entspricht. Der Planfeststellungsbeschluss würde dann auch insoweit an einem rechtlich beachtlichen Mangel leiden. Dieser Fehler könnte aber - wie die anderen vom Senat festgestellten Fehler - in einem auf die Fehlerkorrektur beschränkten ergänzenden Verfahren behoben werden (vgl. BVerwG 7 A 20.11 - NuR 2013, 662 Rn. 18). Dasselbe gilt mit Blick auf Fehler des nach Art. 6 Abs. 3, 4 FFH-RL zu beurteilenden Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom .
41Im Interesse einer umfassenden Klärung der Streitpunkte ist es für das Bundesverwaltungsgericht daher geboten, in seiner Entscheidung auch darzulegen, von welchen rechtlichen Anforderungen die Planfeststellungsbehörde bei der Behebung dieses Fehlers in einem ergänzenden Verfahren auszugehen hat.
42a) Wie bereits oben ausgeführt, ist nach Auffassung des Senats bei der in Rede stehenden umfassenden nachträglichen habitatrechtlichen Überprüfung der Verträglichkeit eines Projekts der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich; abzustellen wäre dann auf die bei Durchführung des ergänzenden Verfahrens bestehende Sach- und Rechtslage. Es fragt sich allerdings, ob diese Grundsätze auch dann für das ergänzende Verfahren Anwendung finden, wenn das Bauwerk in diesem Zeitpunkt aufgrund der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses und nach Durchführung eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens begonnen wurde bzw. - wie hier - bereits vollständig errichtet und in Betrieb genommen worden ist.
43Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, also auch gegen einen Planfeststellungsbeschluss, haben nach § 80 Abs. 1 VwGO regelmäßig aufschiebende Wirkung. Der Suspensiveffekt gilt als fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses, der den Betroffenen davor bewahren soll, dass die Verwaltung vor Unanfechtbarkeit eines belastenden Verwaltungsakts vollendete Tatsachen schafft. Die gesetzlich angeordnete aufschiebende Wirkung ist damit adäquate Ausprägung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ( - BVerfGE 69, 315 <372> m.w.N.). Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs und einer Anfechtungsklage ist aber verfassungsrechtlich nicht schlechthin gefordert. Überwiegende öffentliche Belange können es rechtfertigen, den Rechtsschutz des Einzelnen einstweilen zurückzustellen. Die sofortige Vollziehbarkeit kann im Einzelfall oder durch den Gesetzgeber für einen bestimmten Bereich wegen dessen Sachbesonderheiten generell angeordnet werden (BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 1413/83 - BVerfGE 67, 43 <58 f.> und vom - 2 BvL 4/87 - BVerfGE 80, 244 <252>; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 9). Es muss in diesem Fall aber sichergestellt sein, dass dem Betroffenen umgehend eine wirksame Kontrolle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durch ein mit entsprechender Entscheidungsmacht ausgestattetes Gericht offen steht. Diesem Rechtsschutz kommt insbesondere die Aufgabe zu, nicht wieder gutzumachende Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, so weit wie möglich auszuschließen (BVerfG, Beschlüsse vom a.a.O. und vom - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <111>). Diese von der Verfassung geforderte Sicherstellung wird insbesondere durch § 80 Abs. 5 VwGO bewirkt. Danach kann auf Antrag das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen.
44Der sächsische Gesetzgeber hat in § 39 Abs. 10 des Sächsischen Straßengesetzes - eine vergleichbare Bestimmung findet sich für den Bau von Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf in § 17e Abs. 2 FStrG - die sofortige Vollziehbarkeit für planfestgestellte Straßenbauvorhaben angeordnet. Danach war es dem Vorhabenträger möglich, trotz der vom Kläger erhobenen Klage mit der Ausführung des Planfeststellungsbeschlusses zu beginnen. Vor Baubeginn im Jahr 2007 hat auf Antrag des Klägers eine gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO stattgefunden. Eine weitere gerichtliche Prüfung - ebenfalls nach § 80 Abs. 5 VwGO - ist auf Antrag des Klägers vom Oberverwaltungsgericht vorgenommen worden, nachdem sich die Notwendigkeit einer Planänderung herausgestellt und der Vorhabenträger hierauf mit dem Änderungsplanfeststellungsbeschluss vom reagiert hatte. Gegen die den vorläufigen Rechtsschutz ablehnenden Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts war jeweils kein weiteres Rechtsmittel mehr gegeben (§ 152 Abs. 1 VwGO).
45Dass das Bauvorhaben vor seiner Errichtung einer zweimaligen gerichtlichen Prüfung in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf seine Rechtmäßigkeit unterzogen worden ist, kann nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich jeweils um Prüfungen in vorläufigen Verfahren handelte, bei der Frage, auf welchen Zeitpunkt für eine nachträgliche Überprüfung nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL oder eine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL abzustellen ist, nicht ohne Auswirkungen bleiben. Zwar wird man auch im Falle der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit im Grundsatz die Zustände vor der Bauausführung als maßgeblich ansehen müssen. Anderenfalls würde die Prüfung zu einem Teil leer laufen, da mit der Bauausführung regelmäßig nicht mehr rückgängig zu machende Eingriffe in die geschützten Lebensräume verbunden sein werden. So liegt es auch hier. Durch die Errichtung der Brücke ist es zu vorübergehenden und dauerhaften Verlusten von Flächen des LRT 6510 und des LRT 3270 gekommen. Andererseits kann es auch dann, wenn die klagende Naturschutzvereinigung - wie hier - alles ihr Mögliche getan hat, um vorläufigen Rechtsschutz zu erlangen, im Ergebnis wohl nicht zu Lasten des sich rechtmäßig verhaltenden Vorhabenträgers gehen, wenn im gerichtlichen Hauptsacheverfahren und im sich anschließenden ergänzenden behördlichen Verfahren auch bei Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen keine hinreichende Gewissheit über den Ex-ante-Zustand der betroffenen Habitate, Lebensräume und Arten erzielt werden kann. Die Lösung könnte darin bestehen, die nachträgliche Prüfung auf die aus der Zeit vor Baubeginn vorhandenen Unterlagen und Untersuchungen zu beschränken und diese einer Neubewertung zu unterziehen und gegebenenfalls - soweit dies noch sinnvoll erscheint - durch Untersuchungen des gegenwärtigen Zustandes zu ergänzen. Sollten danach immer noch Erkenntnislücken bestehen, dürften diese nicht zu Lasten des Vorhabens gewertet werden können.
46Europarecht dürfte der hier vertretenen Sichtweise nicht entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 6 Abs. 2 FFH-RL lässt sich allerdings nicht entnehmen, auf welchen Zeitpunkt in den Fällen einer Prüfung nach Errichtung eines Bauwerks in einem Schutzgebiet abzustellen ist. In die hier vertretene Richtung weist allerdings das Eigenverwaltungsrecht der Union: Dieses kennt keinen dem deutschen Recht vergleichbaren Schutz der Betroffenen vor einer Vollziehung eines belastenden Verwaltungsakts vor Unanfechtbarkeit. Die im EU-Rechtsschutzsystem vorgesehenen Klagen und Rechtsmittel gegen Rechtsakte der Union entfalten generell keine aufschiebende Wirkung (Art. 278 Satz 1 AEUV, Art. 60 Abs. 1 Satzung des Gerichtshofs). Der Betroffene bleibt daher auch nach Klageerhebung verpflichtet, die sich aus dem angefochtenen Unionsakt ergebenden Gebote und Verbote zu befolgen. Zur Vermeidung nicht wieder ausgleichbarer Schäden stellt das Unionsrecht allerdings in Parallele zu den deutschen Regelungen Rechtsbehelfe des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung (Art. 278 Satz 2, Art. 279 AEUV; vgl. Pechstein, EU-Prozessrecht, 4. Aufl. 2011 Rn. 908, 910 ff.). Auch nach den unionsrechtlichen Bestimmungen kann sich also die Situation ergeben, dass nach einer eine einstweilige Anordnung ablehnenden Entscheidung im Eilverfahren vollendete Tatsachen geschaffen werden, die bei einem Erfolg in der Hauptsache nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können.
47Dass die aufgrund einer vollziehbaren Genehmigung durchgeführten Bauarbeiten (auch im Rahmen einer nachträglich durchzuführenden FFH-Verträglichkeitsprüfung) zu berücksichtigen sind, wird nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts besonders deutlich im Fall einer im Rahmen einer nachträglichen Abweichungsprüfung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL anzustellenden Alternativenprüfung. Hierauf zielt die letzte Frage. Würde bei einer nachträglichen Alternativenprüfung nicht berücksichtigt werden können, dass das Brückenbauwerk im FFH-Gebiet inzwischen zulässigerweise errichtet wurde, würde nicht nur die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zu einem vom Gesetzgeber ersichtlich nicht beabsichtigten unkalkulierbaren Risiko für das Projekt und den Vorhabenträger, sondern auch die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen, die mit der nachträglichen Verwirklichung einer Alternative verbunden wären, fänden keine vollständige Berücksichtigung. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist es daher notwendig, in die Alternativenprüfung auch die Kosten und die ökologischen Auswirkungen - insbesondere auf die nach der FFH-RL geschützten Lebensräume und Arten - sowie die wirtschaftlichen Folgen einzubeziehen, die mit einem Rückbau des zulässigerweise errichteten Bauwerks verbunden sind.
Fundstelle(n):
RAAAE-71457