BAG Beschluss v. - 1 ABR 51/11

Beschluss des Landesarbeitsgerichts ohne Sachverhaltsdarstellung

Gesetze: § 91 Abs 2 S 2 ArbGG

Instanzenzug: ArbG Rostock Az: 3 BV 50/09 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Az: 2 TaBV 14/10 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung von Arbeitnehmern von Potsdam nach Frankfurt (Oder). Das Arbeitsgericht hat - soweit für das Verfahren noch von Interesse - den Antrag der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung von Arbeitnehmern von Potsdam nach Frankfurt (Oder) zum zu ersetzen, abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat mit Zustimmung der Beteiligten ohne Anhörungstermin „auf die Beratung vom nach § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO“ die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. In der Beschwerdeentscheidung heißt es: „Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Rostock vom - 3 BV 50/09 - Bezug genommen.“ Der Antrag der Arbeitgeberin ist mit einem „Bezug auf die Zustimmungsersetzung nach den Schlussanträgen der Beschwerdeführerin in der 1. Instanz“ wiedergegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin die Zustimmungsersetzungsanträge weiter. In der Rechtsbeschwerdeinstanz hat sie das Verfahren für erledigt erklärt und in diesem Zusammenhang auf eine von den Betriebsparteien unterzeichnete Vereinbarung vom verwiesen. Diese lautet auszugsweise:

2Der Betriebsrat hat der Erledigung nicht zugestimmt.

3B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

4I. Das Verfahren ist nicht erledigt. Eine auf das gesamte Verfahren bezogene übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten liegt nicht vor. Es sind auch nach Anhängigkeit des Beschlussverfahrens keine tatsächlichen Umstände eingetreten, die dazu führen, dass das Begehren des Antragstellers jedenfalls nunmehr als unzulässig oder unbegründet abgewiesen werden müsste. Die Prozessvereinbarung vom erfasst nur Mitarbeiter, die im Rahmen der Umsetzung des Standortkonzepts von Berlin nach Frankfurt (Oder) migriert sind. Dies ergibt sich aus der Überschrift und aus Nrn. (1), (5) und (7) der Vereinbarung. Migrationen von und zu anderen Standorten - und insbesondere Versetzungen der Arbeitnehmer von Potsdam nach Frankfurt (Oder) - sind von ihr nicht erfasst. Der Wortlaut der Prozessvereinbarung lässt auch nicht darauf schließen, dass die Betriebsparteien den Standort Potsdam aufgrund regionaler Nähe den Berliner Standorten zugeordnet haben.

5II. Die angefochtene Entscheidung unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil sie keine Sachverhaltsfeststellungen enthält, die dem Senat eine rechtsbeschwerderechtliche Überprüfung ermöglichen. Die Sache ist deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§§ 559, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

61. Grundlage der rechtsbeschwerderechtlichen Prüfung ist nach § 559 ZPO grundsätzlich nur der Tatsachenstoff, der sich aus dem Beschwerdebeschluss einschließlich der in ihm enthaltenen wirksamen Bezugnahmen und aus dem Sitzungsprotokoll erschließt (vgl.  - zu B I 1 a der Gründe mwN, BAGE 114, 272). Einem Beschwerdebeschluss ohne festgestellten Sachverhalt kann in der Regel nicht entnommen werden, welchen Streitstoff das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Bereits dies zwingt ohne Feststellung eines Rechtsfehlers des Landesarbeitsgerichts und ohne entsprechende Rüge des Rechtsbeschwerdeführers grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (vgl.  - zu B I 1 a der Gründe, BAGE 114, 272). Hiervon kann nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten und deren im Beschwerdeverfahren gestellte Anträge auf andere Weise als durch eine (gesonderte) Sachverhaltsdarstellung in der angefochtenen Entscheidung zuverlässig feststellbar sind (vgl.  - zu B I 1 b der Gründe, BAGE 114, 272).

72. Hiernach sind die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht geboten. Dem Senat ist eine rechtsbeschwerderechtliche Überprüfung der Beschwerdeentscheidung nicht möglich.

8a) Das Beschwerdegericht hat von einer Sachverhaltsdarstellung abgesehen und insoweit auf den arbeitsgerichtlichen Beschluss Bezug genommen. § 69 Abs. 2 ArbGG, wonach im Berufungsurteil von der Darstellung des Tatbestands abgesehen werden kann, findet auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts über die Beschwerde aber ebenso wenig Anwendung wie § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG, wonach bei einem Urteil, gegen das die Revision statthaft ist, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen eine Bezugnahme auf das mit der Berufung angefochtene Urteil zulässig ist. Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 ArbGG gilt für die Beschwerdeentscheidung (nur) § 69 Abs. 1 Satz 2 ArbGG entsprechend.

9b) Von einer Aufhebung und Zurückverweisung ist im vorliegenden Verfahren nicht ausnahmsweise abzusehen. Die - sehr knappen - Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zur Zurückweisung der Beschwerde enthalten keine tatsächlichen Feststellungen. Wegen der Entscheidung des Beschwerdegerichts im „schriftlichen Verfahren“ kann auch auf kein Sitzungsprotokoll über den Anhörungstermin zurückgegriffen werden. Selbst die Anträge der Arbeitgeberin sind nicht zuverlässig feststellbar. Sie können allenfalls nach Maßgabe der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die das Beschwerdegericht wegen § 91 Abs. 2 Satz 2 ArbGG nicht wirksam Bezug nehmen konnte, bestimmt werden.

Fundstelle(n):
SAAAE-70570