BGH Beschluss v. - IX ZR 267/12

Rechtsanwalts- und Steuerberaterhaftung: Beweiserleichterung für den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden

Leitsatz

In Fällen der Rechts- und Steuerberaterhaftung bestimmen sich Beweiserleichterungen für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises (Bestätigung von BGH, , IX ZR 73/93, BGHZ 123, 311).

Gesetze: § 249 Abs 1 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 287 ZPO

Instanzenzug: Az: 4 U 177/11vorgehend LG Offenburg Az: 3 O 240/08

Gründe

1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

21. Unter welchen Voraussetzungen in Fällen der Rechtsberaterhaftung für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden zugunsten des Mandanten Beweiserleichterungen in Betracht kommen, lässt sich der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entnehmen, die bereits durch das Grundsatzurteil vom (IX ZR 73/93, BGHZ 123, 311) begründet worden ist. Es handelt sich um einen Anwendungsfall des Anscheinsbeweises. Vorausgesetzt ist demnach ein Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung aufgrund objektiv deutlich für eine bestimmte Reaktion sprechender Umstände einer typisierenden Betrachtungsweise zugänglich ist. Dies ist anzunehmen, wenn bei zutreffender rechtlicher Beratung vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus allein eine Entscheidung nahe gelegen hätte ( aaO S. 314 ff; vom - IX ZR 53/99, WM 2000, 1351, 1352; vom - IX ZR 104/05, WM 2008, 1042 Rn. 12; vom - IX ZR 6/06, WM 2009, 715 Rn. 8 ff; st.Rspr.).

3Demgegenüber vermag auf anderem Gebiet ergangene Rechtsprechung zum aufklärungsrichtigen Verhalten weder Klärungs- noch Rechtsfortbildungsbedarf zu begründen. Dies gilt auch für die neueren Entscheidungen zur Anlageberatungshaftung (, BGHZ 193, 159; vom - XI ZR 318/10, BKR 2013, 212; vgl. auch Schwab, NJW 2012, 3274). Danach besteht zu Lasten des Anlageberaters eine zur Beweislastumkehr führende widerlegbare tatsächliche Vermutung, dass der Schaden bei pflichtgemäßer Aufklärung nicht eingetreten wäre. Sie wird mit dem besonderen Schutzzweck der Aufklärungspflicht gerechtfertigt und greift auch dann ein, wenn der pflichtgemäß aufgeklärte Anleger verschiedene Handlungsalternativen gehabt hätte ( aaO Rn. 28 ff; vom , aaO Rn. 19 f). Auf Umstände, die nach der Lebenserfahrung typischerweise die Annahme eines bestimmten Geschehensablaufs rechtfertigen, ist diese Rechtsprechung wegen ihrer Begründung aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht angewiesen.

4Mit dem Ansatz einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung hat sich der Senat schon in seinem Grundsatzurteil vom (aaO S. 313 ff) auseinandergesetzt und entschieden, dass nur die Grundsätze des Anscheinsbeweises zu einer angemessenen Risikoverteilung zwischen rechtlichem Berater und Mandanten führen. Daran wird festgehalten.

52. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Gehörsverstöße hat der Senat geprüft. Sie liegen nicht vor. Auch die dem Berufungsgericht vorgeworfene Willkür ist nicht anzunehmen. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Kayser                     Gehrlein                         Pape

              Grupp                         Möhring

Fundstelle(n):
BB 2014 S. 1730 Nr. 30
BFH/NV 2014 S. 1710 Nr. 10
DB 2014 S. 1687 Nr. 30
DB 2014 S. 7 Nr. 29
DStR 2014 S. 1734 Nr. 35
DStRE 2015 S. 63 Nr. 1
NJW 2014 S. 2795 Nr. 38
NJW 2014 S. 6 Nr. 34
PStR 2014 S. 224 Nr. 9
StuB-Bilanzreport Nr. 19/2014 S. 748
WM 2014 S. 1379 Nr. 29
ZIP 2014 S. 1490 Nr. 31
PAAAE-69739