Leitsatz
1. Die angefochtene Prüfungsentscheidung der Steuerberaterprüfung kann gerichtlich nur begrenzt überprüft werden. Während
Fachfragen nach den Beurteilungskriterien „richtig”, „falsch” oder „vertretbar” überprüfbar und damit justiziabel sind, beruhen
prüfungsspezifische Wertungen auf der eigenen Prüfungserfahrung des jeweiligen Prüfers und der unwiederholbaren Prüfungssituation,
sind Ausdruck des prüferischen Bewertungsspielraums, im gerichtlichen Verfahren nicht rekonstruierbar und entziehen sich somit
einer justiziellen Nachprüfung.
2. Die Wiederholung von Einzelheiten des Sachverhalts der Aufgabenstellung in der Ausarbeitung der Lösung stellt keine gesondert
zu würdigende Prüfungsleistung dar.
3. Unklare oder missverständliche Aufgaben dürfen nicht zu Lasten des Prüflings ausgelegt werden.
4. In der Sache zutreffende und lösungsorientierte Ausführungen eines Prüflings können nicht ohne Weiteres völlig unberücksichtigt
bleiben und müssen in der Abwägung der Prüferbewertung jedenfalls ihren Niederschlag finden. In diesem fachlichen Zusammenhang
aus dem vorgeschlagenen Korrekturrahmen überhaupt keine Wertungspunkte bzw. lediglich einen halben Wertungspunkt zu vergeben,
deutet auf eine Unterschreitung des prüfungsspezifischen Wertungsspielraums hin.
5. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass im Fall der Korrektur einer Prüfungsaufgabe sachlich zusammenhängende
Themen durch rechnerische Addition mehrerer Einzelwertungspunkte beurteilt werden. Die zusammenfassende Bewertung einzelner
Unterpunkte kann sich insbesondere dann anbieten, wenn der Prüfling einen anderen Lösungsaufbau wählt, als es der unverbindliche
Korrekturvorschlag vorsieht.
6. Werden rechtliche Tatbestände nicht behandelt, die bereits aufgrund der Sachverhaltsangabe ersichtlich nicht lösungsrelevant
sind, kann deren Nichterwähnung diesem auch nicht angelastet werden.
7. Bei der Beurteilung schriftlicher Prüfungsleistungen gilt, dass die Prüfer die maßgeblichen Gründe ihrer abschließenden
Bewertung zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten darlegen müssen, damit
das Recht des Prüflings, Einwendungen gegen eine Prüfungsentscheidung wirksam vorzubringen, ebenso gewährleistet ist, wie
auch die gerichtliche Kontrolle über das Einhalten der Grenzen des den Prüfern eingeräumten Beurteilungsspielraumes.
8. Die Bewertung schriftlicher Prüfungsarbeiten, deren Misslingen den beruflichen Werdegang des Prüflings beeinträchtigen
kann, ist stets schriftlich zu begründen. Hat der Prüfer seine Beurteilung der Leistung des Prüflings im Zeitpunkt der Vornahme
der Korrektur nicht ausreichend begründet, so kann er seine Begründung im Überdenkungsverfahren und darüber hinaus noch bis
zum Abschluss des finanzgerichtlichen Rechtsschutzverfahrens ergänzen oder nachholen.