BGH Beschluss v. - 1 StR 150/14

Strafverfahren wegen gewerbsmäßiger Hehlerei: Hehlerei durch Absetzen vorher angekaufter Waren

Gesetze: § 52 StGB, § 53 StGB, § 259 Abs 1 StGB

Instanzenzug: LG Amberg Az: 11 KLs 105 Js 11087/12

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 31 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass auf Verfall des aus den Taten Erlangten nicht erkannt werden kann, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Im Übrigen hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:

31. Im Zeitraum vom bis zum erwarb der Angeklagte von dem Mitangeklagten F. zehn Elektronikartikel, die dieser aus den Geschäftsräumen der Firma C. entwendet hatte, darunter insbesondere Flachbildfernseher und Laptops. Der Angeklagte bezahlte für die Elektronikartikel, deren „strafbare Herkunft" er billigend in Kauf nahm, ein Drittel bis ein Viertel des üblichen Verkaufspreises und wollte sich dadurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Der reguläre Verkaufspreis dieser Gegenstände betrug 7.770,96 Euro (Fall der Urteilsgründe).

42. Der Angeklagte veräußerte weiterhin zu 30 in den Urteilsgründen näher bestimmten Zeitpunkten zwischen Sommer 2011 und Ende Dezember 2012 Elektronikgegenstände, die der Mitangeklagte F. ebenfalls aus den Geschäftsräumen der Firma C. entwendet hatte, an verschiedene Abnehmer. Der Angeklagte wollte sich auch hierdurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. In einigen Fällen blieb es allerdings bei einem erfolglosen Angebot an potentielle Erwerber.

5Der Angeklagte hatte die Gegenstände, bei denen die Etiketten der Firma C. abgeschnitten bzw. abgekratzt worden waren, zuvor von dem Mitangeklagten F. für ein Drittel bis ein Viertel des Ladenverkaufspreises erworben. Für den Verkauf setzte der Angeklagte jeweils einen gegenüber seinem Erwerb bei F. um einen Aufschlag von mindestens 50 Euro erhöhten Verkaufspreis an, der die Hälfte des Warenwerts nicht überstieg (Fäl- le III.2. Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe).

II.

6Das Landgericht hat die Handlungen des Angeklagten als 31 in Tatmehrheit stehende Fälle der gewerbsmäßigen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB eingestuft. Es hat dabei ersichtlich die Tatbestandsvariante des „Absetzens" in den Blick genommen; denn es führt aus, die Tatvollendung setze einen Absatzerfolg nicht voraus. Nach Auffassung des Landgerichts reichte daher zur Tatvollendung der Hehlerei das bloße Tätigwerden zum Zweck des Absatzes, auch wenn dieser hier in einigen Fällen nicht gelang.

III.

7Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

81. Der Schuldspruch in den Fällen und III.2. Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

9a) Unabhängig davon, dass ein vollendetes Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB nach neuer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Absatzerfolg voraussetzt (, NJW 2014, 951), der hier in einigen Fällen nicht eingetreten ist, begegnet die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei in der Tatbestandsvariante des Absetzens durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn der Angeklagte hatte die Waren zuvor vom Vortäter angekauft.

10Unter Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB ist die im Einvernehmen mit dem Vortäter, im Übrigen aber selbständig vorgenommene wirtschaftliche Verwertung einer bemakelten Sache durch ihre rechtsgeschäftliche Weitergabe an gut- oder bösgläubige Dritte gegen Entgelt zu verstehen (vgl. , NJW 1976, 1698; Stree/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 259 Rn. 28; Walter in LK-StGB, 12. Aufl., § 259 Rn. 51; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 259 Rn. 15 f.). Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Angeklagte hier beim Weiterverkauf der vom Vortäter F. erworbenen Elektronikgegenstände noch im Einvernehmen mit dem Vortäter oder allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hat. Denn eine Bestrafung des Absetzens als Hehlerei kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Hehler zuvor die Sache angekauft und sich bereits dadurch der Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht hat. Das Absetzen ist dann, wenn der Hehler überhaupt noch im Einvernehmen mit dem Vortäter tätig wurde und „in dessen Lager" (vgl. Fischer aaO Rn. 16) stand, als Nachtat mitbestraft (vgl. , NJW 1975, 2109 sowie Walter aaO Rn. 107).

11Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Landgericht rechtsfehlerhaft statt des „Ankaufens" des Diebesgutes allein dessen „Absatz" durch den Angeklagten in den Blick genommen. Denn die Urteilsfeststellungen belegen, dass der Angeklagte die Elektronikgegenstände, die er im Tatkomplex III.2. der Urteilsgründe zur Erzielung eines eigenen Gewinns verkaufte oder zumindest zum Verkauf anbot, zuvor vom Mitangeklagten F. angekauft hatte. Damit war der Ankauf der gestohlenen Elektronikgegenstände die für die Verurteilung des Angeklagten maßgebliche Hehlereihandlung im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB, nicht die spätere Verwertung der angekauften Waren.

12Es ist dem Senat - ungeachtet etwaiger Hinweispflichten aus § 265 StPO - verwehrt, den Schuldspruch als vom Ankauf der Elektronikgegenstände durch den Angeklagten getragen anzusehen. Denn das Urteil enthält keine ausreichenden Feststellungen dazu, wann und aufgrund wie vieler Ankäufe der Angeklagte sich die zum Weiterverkauf bestimmten Elektronikgegenstände verschafft hat. Erwirbt aber ein Hehler einheitlich mehrere aus einer oder verschiedenen Vortaten stammende Sachen, liegt nur eine Hehlerei vor (vgl. , NStZ-RR 2005, 236). Damit kann der Senat nicht entscheiden, in wie vielen Fällen der Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB sich der Angeklagte strafbar gemacht hat. Auch fehlen Feststellungen zum Schuldumfang der jeweiligen Taten.

13b) Auch der Schuldspruch im Fall der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben. Zwar beschwert es den Angeklagten nicht, dass das Landgericht die sich über einen Zeitraum von achtzehn Monaten erstreckenden Ankäufe von zehn aus Diebstählen stammenden Elektronikgeräten lediglich als eine Tat angesehen hat. Die Urteilsfeststellungen lassen jedoch nicht erkennen, durch welche Ankäufe der Angeklagte die zehn Gegenstände erworben hat. Damit bleibt auch offen, ob und gegebenenfalls in wie vielen Fällen vom Angeklagten Gegenstände aus dem Tatkomplex der Urteilsgründe zusammen mit solchen aus dem Tatkomplex III.2. der Urteilsgründe angekauft worden sind. Da sämtliche Elektronikgegenstände aus Diebstählen des Mitangeklagten F. bei der Firma C. stammten, liegt ein solcher gemeinsamer Ankauf mehrerer Gegenstände hier jedenfalls nicht fern. Der Schuldspruch im Fall der Urteilsgründe kann daher nicht isoliert bestehen bleiben. Das neue Tatgericht wird zu den Umständen des Ankaufs Feststellungen zu treffen haben.

142. Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zum Ankauf der aus den Diebstählen des F. stammenden Elektronikgegenstände zu ermöglichen, hebt der Senat die bisherigen, zwar nicht fehlerhaften, aber jedenfalls lückenhaften Urteilsfeststellungen vollständig auf.

153. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bei Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StGB der Umfang des Erlangten im Urteilstenor zu bezeichnen ist (vgl. , Rn. 100 ff., wistra 2014, 57).

Raum                                Jäger                                Cirener

                   Radtke                              Mosbacher

Fundstelle(n):
wistra 2014 S. 391 Nr. 10
OAAAE-68575