Instanzenzug: BVerwG
Gründe
1Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung bleiben ohne Erfolg.
2I. Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Senat hat den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Sie hat daher keinen Anspruch auf Fortführung des Verfahrens nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO.
3Im gerichtlichen Verfahren gewährleisten Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO den Beteiligten das Recht, sich vor der Entscheidung zu allen dafür erheblichen Fragen zu äußern. Das Gericht ist verpflichtet, rechtlich erhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Darüber hinaus muss es den Beteiligten Gelegenheit geben, zu allen aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Fragen Stellung zu nehmen. Es darf seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt stützen, mit dessen Erheblichkeit ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem Prozessverlauf nicht rechnen musste (stRspr, zusammenfassend BVerwG 8 C 8.13 - Rn. 3 m.w.N.).
41. Die Beigeladene meint, der Senat hätte sie darauf hinweisen müssen, dass nach seiner Rechtsauffassung auch "Sachverhaltsentwicklungen zeitlich nach einer erfolgten Vorprüfung eine UVP-Pflicht auslösen können"; da er dies nicht getan habe, habe er eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen. Von dieser Rechtsauffassung ist der Senat indes nicht ausgegangen. Er hat als maßgeblich den Zeitpunkt der erneuten UVP-Vorprüfung im Dezember 2010 angesehen (UA Rn. 39; vgl. auch den Schriftsatz der Beigeladenen vom im Verfahren BVerwG 4 A 1.13, S. 23, die von einer "erneute[n] Überprüfung" spricht). Zu diesem Zeitpunkt waren die Berechnungen der Beigeladenen zur voraussichtlichen Immissionsbelastung aus dem Mai 2010 bereits erstellt. Der weitere Einwand, die Rechtsauffassung des Senats widerspreche dem Urteil des 9. Senats vom (BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 29), führt nicht auf einen Gehörsverstoß.
52. Die Beigeladene sieht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör ferner als verletzt an, weil sie zu Sachverhaltsfragen nicht angehört worden sei. Dabei mag offen bleiben, ob ihre Kritik an der Tatsachenwürdigung des Senats überhaupt geeignet sein kann, einen Gehörsverstoß nach § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO darzulegen. Jedenfalls liegt ein solcher Verstoß nicht vor.
6a) Der Vortrag, dass entgegen Randnummer 4 des angegriffenen Urteils die am zugeleiteten Unterlagen Gegenstand der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gewesen seien, betrifft keinen entscheidungserheblichen Umstand.
7Dass darüber hinausgehend die Berechnung zu den zu erwartenden Immissionen vom der Beklagten erstmals mit den Planfeststellungsunterlagen vom vorgelegt sein könnte, liegt nach der Aktenlage fern: Ausweislich einer E-Mail der Beigeladenen vom führte diese schon Anfang des Jahres 2008 eine Berechnung zur erwarteten Immissionsbelastung eines Grundstücks in B. durch und setzte die Beklagte hiervon in Kenntnis. Ende Mai 2010 erstellte die Beigeladene die in Randnummer 39 des Urteils angeführte Berechnung und legte kurz darauf - Ende Juli 2010 - der Beklagten Unterlagen zu einer Vorab-Prüfung vor. Der vorgelegte Ordner befindet sich nicht bei den Akten, folgte aber - soweit aus einer Aufstellung der Beklagten vom ersichtlich - der Struktur der endgültig eingereichten Unterlagen. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Berechnung aus Ende Mai 2010 diesen Unterlagen nicht beigefügt gewesen sein könnte und die Beigeladene stattdessen andere oder gar keine Unterlagen zu den zu erwartenden elektromagnetischen Feldern vorgelegt haben könnte. Auch die Beigeladene macht dies im Schriftsatz vom nicht geltend, in dem sie sich zu den "Unterlagen vom " äußert.
8Es hätte der Beigeladenen offen gestanden, zu den der zeitlichen Abläufe in der mündlichen Verhandlung weiter vorzutragen. Hierzu hatte sie ausreichend Anlass. Denn in der mündlichen Verhandlung stand die Frage einer UVP-Pflicht des Vorhabens nach dem Ergebnis der UVP-Vorprüfung mit Blick auf die zu erwartenden Immissionen durch elektromagnetische Felder im Zentrum. Auch das Urteil des 9. Senats vom (a.a.O.), auf das sich die Beigeladenen glaubt stützen zu können, war zu diesem Zeitpunkt bekannt. Die Beigeladene hat indes zu diesem Punkt nicht vorgetragen. Die Anhörungsrüge dient aber nicht dem Schutz eines Beteiligten, der sich selbst rechtliches Gehör nicht verschafft hat.
9b) Die Beigeladene wendet ein, im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung am seien konkrete elektrische Feldstärken nicht bekannt gewesen und hätten auch nicht bekannt sein können. Dieser Vortrag verkennt den vom Senat für maßgeblich gehaltenen Zeitpunkt. Er steht auch im Widerspruch zur Aktenlage. Danach hat die Beigeladene im Januar 2008 eine solche Berechnung für ein Wohngrundstück durchgeführt. Der - zutreffende - Hinweis der Beigeladenen, diese Berechnung sei mit einer E-Mail vom und damit nach Abschluss der ersten UVP-Vorprüfung am versandt worden, macht nicht im Ansatz plausibel, dass eine solche Berechnung nicht auch zehn Tage zuvor hätte durchgeführt werden können.
10c) Die Beigeladene weist schließlich zutreffend darauf hin, dass es sich bei dem Immissionsort mit einer Feldstärke von 3,8 kV/m nicht um eine Fläche handelt. Etwas Anderes lässt sich aber dem angegriffenen Urteil nicht entnehmen. Der Senat hat aus dem prognostizierten Messwert der Sache nach geschlossen ("damit"), dass sich die elektrische Feldstärke dem Grenzwert von 5,0 kV/m nähere und eine deutlich dem Grenzwert angenäherte Feldstärke absehbar auf einer nicht unerheblichen Länge der Trasse Wohnbebauung betreffen werde (Rn. 39). Die Beigeladenen hätte sich in der mündlichen Verhandlung rechtliches Gehör verschaffen können, um geltend zu machen, dass die Immissionsbelastung auf den Wohngrundstücken von dem Ergebnis der vorliegenden Berechnung wesentlich abweiche. Dies hat sie unterlassen. Auch mit ihrer Anhörungsrüge macht sie dies nicht geltend; vielmehr beziffert sie selbst die elektrische Feldstärke für ein Wohngrundstück in B. auf 3,3 kV/m.
11II. Die Gegenvorstellung ist unzulässig, wäre aber auch unbegründet.
121. Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft und damit unzulässig. Die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung erfordert jedenfalls, dass das Gericht nach der maßgebenden gesetzlichen Regelung zu einer Abänderung seiner vorangegangenen Entscheidung befugt ist ( - BVerfGE 122, 190 <203>; BVerwG 6 KSt 1.11 - Buchholz 310 § 158 VwGO Nr. 13 Rn. 3). Daran fehlt es hier: Das Urteil des Senats ist formell und materiell rechtskräftig. Mit der Rechtskraft ist zwischen den Beteiligten eine Bindungswirkung eingetreten. Sie schützt aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens davor, dass die ergangene Entscheidung ohne Weiteres wieder in Frage gestellt werden kann (Beschluss vom a.a.O.; vgl. auch BVerwG 2 C 30.10 - [...] Rn. 8). Die Rechtskraft verhindert ferner im öffentlichen Interesse, dass ein bereits entschiedener Streit immer wieder den Gerichten unterbreitet wird ( a.a.O.). Der Senat ist daher gehindert, auf die Gegenvorstellung der Beigeladenen hin die Rechtskraft des Urteils ohne gesetzliche Grundlage zu überwinden.
132. Abgesehen davon liegen auch nicht die Voraussetzungen vor, unter denen in der Rechtsprechung die Zulässigkeit einer Gegenvorstellung gegen rechtskräftige Entscheidungen erwogen wird. Dies soll in Betracht kommen, wenn eine Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widerspricht, grobes prozessuales Unrecht enthält, wenn sie auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen beruht oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (zusammenfassend Beschluss vom a.a.O. Rn. 5 m.w.N.). Hieran fehlt es.
14a) Soweit die Beigeladene wegen einer behaupteten Abweichung von einer Rechtsauffassung des 7. Senats in dem Beschluss vom (BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 16) ein Vorgehen nach § 11 Abs. 2 und 3 VwGO für erforderlich hält, hätte es ihr oblegen, ein solches Vorgehen in der mündlichen Verhandlung anzuregen und so den nunmehr behaupteten Verfahrensfehler zu verhindern (vgl. BVerwG 4 A 1075.04 - m.w.N.). Dies hat sie nicht getan, obwohl die zum damaligen Zeitpunkt noch vorläufige Rechtsauffassung des Senats zum Begriff der erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen im Sinne von § 3c Satz 1 UVPG in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist. Für ein Vorgehen nach § 11 Abs. 2 und 3 VwGO bestand aber auch kein Anlass. Denn mit Wirkung zum war das Recht des Ausbaus von Energieleitungen mit Ausnahme des durch Urteil vom abgeschlossenen Verfahrens BVerwG 7 A 4.12 (BVerwGE 147, 184) in die Zuständigkeit des 4. Senats übergegangen. Der 7. Senat war damit nicht mehr mit der Frage befasst, welche Bedeutung die Grenzwerte der 26. BImSchV für den Begriff der erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen nach § 3c Satz 1 UVPG bei planfeststellungspflichtigen Niederfrequenzanlagen haben (vgl. BVerwG 3 C 14.85 -BVerwGE 74, 251 <254>).
15b) Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist der Senat bei seiner Entscheidung nicht von einer Rechtsauffassung des 9. Senats in dessen Urteil vom (BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282) abgewichen. Die von der Beigeladenen als Beleg angeführten Darlegungen in Randnummer 38 tragen das angegriffene Urteil nicht (vgl. Rn. 39). Der Senat hat sich auch in Randnummer 39 nicht in Widerspruch zur Rechtsauffassung des 9. Senats gesetzt, wonach nachträglich gewonnene Erkenntnisse für die Tragfähigkeit des Ergebnisses der Vorprüfung nicht maßgeblich sein können (Urteil vom a.a.O. Rn. 29). Denn die Prognose zu den erwartenden Immissionen aus Mai 2010 lag im Zeitpunkt der erneuten UVP-Vorprüfung bereits vor. Es handelte sich nicht um nachträglich gewonnene Erkenntnisse.
16c) Für eine Verletzung der Berufsfreiheit der Beigeladenen aus Art. 12 Abs. 1 GG ist nichts ersichtlich.
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Fundstelle(n):
PAAAE-67354