Voraussetzungen einer Dreieckserpressung bei Nötigung zur Begehung von Ladendiebstählen
Gesetze: § 26 StGB, § 249 StGB, § 250 Abs 2 Nr 1 StGB, § 253 StGB
Instanzenzug: Az: 23 KLs 19/13
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Tat 1), schwerer räuberischer Erpressung (Tat 2), versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Handfeuerwaffe (Tat 3) sowie wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls mit Waffen (Tat 4) zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge im Umfang der Beschlussformel Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen zur Tat 2 wollten der Angeklagte R. und ein gesondert verfolgter Mittäter den Geschädigten P. dazu bringen, 1.000 € an sie zu zahlen, ohne dass ihnen hierauf ein Anspruch zustand. Da der Geschädigte keine finanziellen Mittel besaß, hielt der Angeklagte ihm einen „mit scharfer Munition geladenen Trommelrevolver an den Kopf" und veranlasste ihn so, binnen weniger Stunden in vier Supermärkten und einem Handygeschäft „für sie Diebstähle zu begehen, um die von ihnen geforderten 1.000 € 'abzuzahlen'" (UA S. 9). Nähere Einzelheiten der Diebstähle - insbesondere zum Erlangen der erzielten Beute durch den Angeklagten und seinen Mittäter - werden im Urteil nicht mitgeteilt.
3Am Abend desselben Tages schoss der Angeklagte R. mit der bezeichneten Waffe zweimal vor die Füße des nichtrevidierenden Mitangeklagten S. , ohne diesen jedoch zu treffen (Tat 3); dessen Verletzung hatte er hierbei aber zumindest billigend in Kauf genommen (UA S. 10).
42. Die insoweit ergangenen Schuldsprüche haben keinen Bestand:
5a) Hinsichtlich der Tat 2 hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen einer sogenannten Dreieckserpressung durch die bisherigen Feststellungen nicht belegt sind, weil der zu den Diebstählen Genötigte zum Vermögen der geschädigten Firmen nicht in dem erforderlichen Näheverhältnis stand (vgl. , BGHSt 41, 123, 125 f.), insofern allerdings eine durch Nötigung verwirklichte Anstiftung zu den Diebstählen in Betracht kommt. Jedoch lässt sich dem Urteil schon nicht hinreichend sicher entnehmen, ob das Landgericht bei seiner nicht näher erläuterten rechtlichen Würdigung dieser Tat (UA S. 27) überhaupt an die Begehung der Diebstähle selbst anknüpfen wollte, zumal im Rahmen der Beweiswürdigung P. s Schilderung wiedergegeben wird, „sämtliche von ihm gestohlenen Gegenstände hätten ihm der Angeklagte R. und der gesondert Verfolgte ... abgenommen" (UA S. 18). Wäre es so gewesen, könnte ein schwerer Raub (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) in Betracht kommen (vgl. BGH aaO S. 125).
6b) Die rechtliche Würdigung der Tat 3 ist zwar im Ansatz nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat aber einen Rücktritt vom Versuch der gefährlichen Körperverletzung nicht erörtert, obwohl dies geboten war. Denn den Urteilsgründen lässt sich entnehmen, dass sich nach P. s Angaben am Tattag bis zumindest 17.15 Uhr in der Trommel des Revolvers fünf bis sechs Patronen befunden haben (UA S. 17). Wäre es so auch am Abend gewesen, hätte der Angeklagte im Anschluss an die zwei erfolglos abgegebenen Schüsse weiter auf den ehemaligen Mitangeklagten S. schießen können. Da er dies nicht getan hat, kam ein strafbefreiender Rücktritt in Betracht (§ 24 Abs. 1 StGB). Hierfür waren die Vorstellungen des Angeklagten nach der letzten seiner Ausführungshandlungen maßgeblich. Zu diesem sogenannten Rücktrittshorizont (vgl. , BGHSt 39, 221, 227 f.) verhält sich das Urteil nicht. Die danach erforderliche Aufhebung des Schuldspruchs wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung erfasst auch das - tateinheitlich begangene - Waffendelikt.
7c) Die Aufhebung erfasst auch die den Taten 2 und 3 jeweils zugrundeliegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO).
83. Der Wegfall der Schuldsprüche hinsichtlich der Taten 2 und 3 entzieht den hierfür verhängten Einzelstrafen die Grundlage. Der Senat hebt - neben der Gesamtstrafe - auch die übrigen Einzelstrafen auf, da nicht auszuschließen ist, dass diese in ihrer Höhe durch die aufgehobenen Strafen beeinflusst worden sind (vgl. , BGHSt 57, 123, 129). Die ihnen zugrundeliegenden Feststellungen können jedoch bestehen bleiben.
Sander Schneider Dölp
König Bellay
Fundstelle(n):
ZAAAE-65894