BGH Beschluss v. - 5 StR 168/14

Anforderungen an die Begründung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Gesetze: § 261 StPO, § 20 StGB, § 21 StGB, § 63 StGB

Instanzenzug: Az: 23 KLs 3/13

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Nach den Feststellungen suchte der zum Tatzeitpunkt 39 Jahre alte, vielfach auch wegen Körperverletzungsdelikten vorbestrafte Angeklagte am die Wohnung seiner Eltern auf und forderte von seiner Mutter u.a. die sofortige Herausgabe von 50 Euro. Als seine Mutter ihm daraufhin mitteilte, dass sie den geforderten Betrag nicht im Hause habe, schlug er unvermittelt mit der Faust auf sie ein und trieb sie unter weiteren heftigen Faustschlägen durch die Wohnung. Dabei wiederholte er mehrfach seine Geldforderung. Als der schwerbehinderte Vater des Angeklagten versuchte, seiner Ehefrau zu helfen, schlug der Angeklagte ihm mehrfach auf den Kopf. Die Mutter des Angeklagten erlitt durch die Gewaltanwendungen erhebliche Verletzungen, u.a. ein subdurales Hämatom, eine Nasenbein- und eine Rippenfraktur, während sein Vater keine behandlungsbedürftigen Verletzungen davontrug.

3Das sachverständig beratene Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte an einer „kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen narzisstischen Anteilen (ICD-10: F 61) sowie multiplem Substanzgebrauch (ICD-10: F 19.1)" leidet und zum Zeitpunkt der Taten in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Es hat die Prognose gestellt, dass der Angeklagte ohne Therapie aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung auch künftig „gewalttätige Straftaten von erheblichem Umfang" (UA S. 13) begehen werde, und ihn deshalb nach § 63 StGB untergebracht.

42. Der Rechtsfolgenausspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.

5a) Die Voraussetzungen des § 63 StGB werden durch die Urteilsfeststellungen nicht hinreichend belegt. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bedarf einer besonders sorgfältigen Begründung, weil sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Betroffenen eingreifende Maßnahme darstellt. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.

6Die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung leide, findet in den Urteilsgründen keine Stütze. Das Urteil teilt schon nicht mit, ob es damit der Diagnose des eher beiläufig erwähnten Sachverständigen folgt. Es werden auch keinerlei Anknüpfungs- und Befundtatsachen des Sachverständigen wiedergegeben, die es dem Senat ermöglichen würden, die gestellte Diagnose nachzuvollziehen (vgl. , NStZ-RR 2009, 45; Urteil vom - 5 StR 599/07). Daran ändert der Umstand nichts, dass der Angeklagte mit ähnlichen Diagnosen bereits mehrfach stationär psychiatrisch behandelt wurde. Schließlich ist auch zu besorgen, dass das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise davon ausgegangen ist, bereits die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung gemäß ICD-10: F 61 führe ohne weiteres zur Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB. Denn das Urteil nimmt insoweit keinerlei wertende Betrachtung des Schweregrads der Störung und ihrer Tatrelevanz vor (vgl. , BGHR StGB § 20 seelische Abartigkeit 6 Rn. 9 mwN).

7b) Der Senat hebt auch die Strafen einschließlich der diesen und der Maßregelentscheidung zugrundeliegenden Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht eine in sich stimmige Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen. Eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten vermag der Senat auszuschließen.

83. Der Senat weist darauf hin, dass das neue Tatgericht auch zu prüfen haben wird, ob mit der am durch das Amtsgericht Burg verhängten Geldstrafe nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist; hierbei kommt es gegebenenfalls auf den Vollstreckungsstand zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils an. Bei der Strafrahmenwahl wird die gebotene Prüfungsreihenfolge (vgl. , NStZ-RR 2013, 168; Beschluss vom - 2 StR 449/07, NStZ-RR 2008, 105) einzuhalten sein.

Sander                       Schneider                         Dölp

                König                            Bellay

Fundstelle(n):
PAAAE-65893