BAG Urteil v. - 6 AZR 931/12

Anspruch einer Lehrkraft auf Höhergruppierungsgewinn gemäß § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder

Gesetze: § 8 Abs 5 S 1 TVÜ-L, § 8 Abs 5 S 3 TVÜ-L, § 8 Abs 3 S 1 TVÜ-L, § 8 Abs 3 S 2 TVÜ-L, § 8 Abs 2 S 1 TVÜ-L, Art 3 Abs 1 GG, § 780 BGB, § 781 BGB

Instanzenzug: Az: 29 Ca 8062/11 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 7 Sa 89/12 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über einen Anspruch der klagenden Lehrkraft auf Neuberechnung des Vergleichsentgelts und Auszahlung des daraus folgenden Höhergruppierungsgewinns gemäß § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder.

2Die 1962 geborene Klägerin hat die Prüfung für die Laufbahn des Fachlehrers an Schulen für geistig Behinderte abgelegt. Sie wurde zum als Lehrerin in einem Schulkindergarten von dem beklagten Land eingestellt. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom enthält auszugsweise folgende Regelungen:

3Die in Bezug genommenen Eingruppierungsrichtlinien (ERL) lauten in der bis zum gültigen Fassung vom auszugsweise wie folgt:

4Die Klägerin ist eine sog. Erfüllerin iSd. Nr. 2 ERL, da sie die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfüllt. Ihre Vergütung bestimmte sich nach der Vergütungsgruppe V b BAT.

5Seit dem richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom (TV-L) und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts vom (TVÜ-Länder). Entsprechend der Anlage 2 Teil B zu § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder erfolgte eine Überleitung von der Vergütungsgruppe V b BAT in die Entgeltgruppe 9 TV-L. Ausgehend von dem nach § 5 TVÜ-Länder zu bildenden Vergleichsentgelt wurde eine Zuordnung zu der individuellen Zwischenstufe 3+ vorgenommen. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 TVÜ-Länder erfolgte zum der Aufstieg in die Stufe 4 der Entgeltgruppe 9 TV-L.

6Mit Formularschreiben vom erhielt die Klägerin die Mitteilung, dass sie ab in die Vergütungsgruppe IV b BAT/Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert sei. Als Grund der Änderung wurde „Eingruppierung nach 2.1 (Erfüller)“ sowie „analog Beförderungsprogramm 2011-2“ angegeben. Daraufhin machte die Klägerin mit Schreiben vom einen Anspruch auf Vergütung nach Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 TV-L ab Februar 2011 geltend. Dies wurde vom beklagten Land mit Schreiben vom abgelehnt. Es handle sich nicht um einen Bewährungsaufstieg. Durch die Höhergruppierung im Rahmen des Beförderungsprogramms bestehe für die Klägerin aber erstmals die Möglichkeit eines Aufstiegs in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 TV-L nach Ablauf der Stufenlaufzeit von vier Jahren, dh. zum .

7Mit Schreiben vom verlangte die Klägerin wegen der Höhergruppierung die Neuberechnung des Vergleichsentgelts und die Zahlung der sich daraus ergebenden Vergütungsdifferenz. Der Anspruch wird auf § 8 TVÜ-Länder gestützt. Dieser lautet in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 3 vom auszugsweise:

8Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 4 vom wurde § 8 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder mit Wirkung ab dem eingangs wie folgt neu gefasst:

9Trotz der mit Schreiben vom erklärten Ablehnung erteilte das beklagte Land der Klägerin für August 2011 eine Bezügemitteilung, welche einen Vergütungsanspruch der Klägerin nach einer individuellen Endstufe 5+ der Entgeltgruppe 9 TV-L und eine Nachzahlung vorsieht. Mit Schreiben der Besoldungsstelle vom wurde der Klägerin mitgeteilt, dass es sich hierbei um einen Irrtum gehandelt habe. Seit wird die Klägerin entsprechend der Ankündigung des beklagten Landes nach Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TV-L vergütet.

10Die Klägerin hat mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Ansicht vertreten, ihr stehe bei Neuberechnung des Vergleichsentgelts ab dem Vergütung nach Stufe 5+, hilfsweise Stufe 5, der Entgeltgruppe 9 TV-L zu. Dies ergebe sich bereits aus der Lohnabrechnung für August 2011, welche als Anerkenntnis des beklagten Landes zu werten sei. Bei der zum erfolgten Höhergruppierung in Vergütungsgruppe IV b BAT handle es sich um einen Bewährungsaufstieg iSv. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder. Diese Tarifnorm sei auch auf sog. Erfüller anwendbar. Folglich habe das beklagte Land gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 TVÜ-Länder das Vergleichsentgelt neu zu berechnen und den Höhergruppierungsgewinn auszuzahlen. Dieser stünde ihr nach § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder ab dem zu. Jedenfalls bestehe der Anspruch nach der Protokollerklärung zu § 8 Abs. 3 TVÜ-Länder ab dem .

11Die Klägerin hat beantragt

12Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Die Ein- und Höhergruppierung der Klägerin als sog. Erfüllerin richte sich ausschließlich nach Nr. 2 ERL. Bei der zum erfolgten Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b BAT handle es sich nicht um einen tariflichen Bewährungsaufstieg, sondern um eine Höhergruppierung in Anlehnung an beamtenrechtliche Regelungen. Die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder beschränke sich auf sog. Nichterfüller iSd. Nr. 3 ERL.

13Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Gründe

14Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuberechnung des Vergleichsentgelts und Auszahlung eines Höhergruppierungsgewinns gemäß § 8 Abs. 5 iVm. Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder. Der Anspruch kann auch nicht auf die von dem beklagten Land für den Monat August 2011 erteilte Lohnabrechnung gestützt werden.

15I. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder sind nicht erfüllt.

161. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder ermöglicht in Verbindung mit den Sätzen 3 und 4 des § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder bei Erfüllung seiner Voraussetzungen die Anwendung der Absätze 1 bis 3 des § 8 TVÜ-Länder auch bei Lehrkräften, die bis zum gemäß Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen nicht unter die Anlage 1a zum BAT/BAT-O fielen und ab gemäß Nr. 4 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung nicht unter die Entgeltordnung zum TV-L fallen. Damit wird die sinngleiche Übertragung der Grundsätze zur Sicherung von Bewährungsaufstiegen auf Lehrkräfte erreicht, auch wenn deren Eingruppierung typischerweise nach Arbeitgeberrichtlinien erfolgt (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand September 2012 Teil B 3 § 8 TVÜ-Länder Rn. 69). Die Eingruppierung von Lehrkräften haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes seit langem den Arbeitsvertragsparteien und damit im Ergebnis dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der Arbeitgeberseite überlassen. Mit dieser Gestaltung wollten die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer weitgehenden Gleichstellung von angestellten und verbeamteten Lehrern erreichen. Nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT kamen bei Lehrkräften deshalb weder die Regelungen der §§ 22 bis 24 BAT noch die Anlage 1a zum BAT zur Anwendung. An deren Stelle traten über eine einzelvertragliche Bezugnahme die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (LRL-TdL) oder - wie im vorliegenden Fall - die von einzelnen Bundesländern erlassenen vergütungsrechtlichen Landesregelungen. Die baden-württembergischen Eingruppierungsrichtlinien (ERL) vom unterschieden nach ihrer Nr. 1 ebenso wie die LRL-TdL grundsätzlich zwischen angestellten Lehrern, die die Anforderungen für eine Übernahme in ein Beamtenverhältnis erfüllen (sog. Erfüller), und den Angestellten, bei denen dies nicht der Fall ist (sog. Nichterfüller). Die Regelungen für die Erfüller bestanden in einer tabellenähnlichen Verweisung auf die jeweiligen Besoldungsgruppen nach den Beamtenbesoldungsgesetzen. Die Nichterfüller waren aufgrund bestimmter Tätigkeitsmerkmale Vergütungsgruppen zugeordnet, die sich an den Bezeichnungen der Anlage 1a zum BAT orientierten.Bis zu den Neufassungen im Jahre 2012 sahen sowohl die LRL-TdL als auch die ERL für Nichterfüller entsprechend dem System des BAT die Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs zur Höhergruppierung vor.Auf die allgemeinen tariflichen Regelungen zum Bewährungsaufstieg konnte sich eine Lehrkraft hingegen nicht berufen, da § 23a BAT für sie nach der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT nicht galt.

17Das System der Eingruppierung von Lehrkräften wurde mit dem Inkrafttreten des TV-L und des TVÜ-Länder nicht grundsätzlich modifiziert. Insoweit wollten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes unverändert keine eigenen Regelungen treffen. Dies kommt nunmehr in Nr. 4 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der seit geltenden Entgeltordnung (Anlage A zum TV-L) zum Ausdruck (vgl. zusammenfassend zur Lehrervergütung  - Rn. 19 f. mwN; Zimmerling öAT 2013, 202). Die seit geltenden Richtlinien des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte des Landes (ERL) vom unterscheiden unverändert zwischen Erfüllern und Nichterfüllern. Die Erfüller werden entsprechend den Besoldungsgruppen der Beamten in die Entgeltgruppen des TV-L eingruppiert (Nr. 2 ERL). Die Eingruppierung der Nichterfüller orientiert sich am Entgeltgruppensystem des TV-L (Nr. 3 ERL). Ein Bewährungsaufstieg ist folglich nicht mehr vorgesehen.

182. Lehrkräfte, welche als sog. Erfüller entsprechend beamtenrechtlichen Regelungen eingruppiert sind, werden von § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder nicht erfasst. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm.

19a) Der Wortlaut des § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder differenziert zwar nicht ausdrücklich zwischen Erfüllern und Nichterfüllern. Auch unterfallen beide Lehrergruppen nicht der Vergütungsordnung des BAT und der Entgeltordnung des TV-L. § 8 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder verlangt jedoch, dass eine Höhergruppierung „nur“ vom Ablauf einer Bewährungszeit und von der Bewährung abhängig ist. Dies setzt voraus, dass die Lehrkraft alleine bei Erfüllung dieser beiden Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Höhergruppierung gehabt hätte (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand April 2011/Dezember 2012 Teil IV/3 TVÜ-Länder Rn. 281). Dieses Tatbestandsmerkmal kann nur die in Anlehnung an den BAT eingruppierten Nichterfüller betreffen, denn nur diese hatten die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs entsprechend § 23a BAT. Bei Erfüllern hingegen war und ist die Ein- und Höhergruppierung an beamtenrechtliche Vorgaben geknüpft, wenn dies eine vertraglich in Bezug genommene Eingruppierungsrichtlinie vorsieht. Eine solche Höhergruppierung setzt die Erfüllung laufbahn- und haushaltsrechtlicher Vorgaben voraus und ist damit nicht allein von einer Bewährung der Lehrkraft abhängig (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Dezember 2012 Teil IV/3 TVÜ-Länder Rn. 282). So kann keine Höhergruppierung erfolgen, wenn es an einer zugeordneten und besetzbaren Planstelle mangelt, deren Besoldung der begehrten Entgeltgruppe entspricht (vgl. zum Eingruppierungserlass NW  - Rn. 28). Eine Tarifautomatik ist dem Beamtenrecht fremd ( - Rn. 19, BAGE 126, 149). Statt der Höhergruppierung im Wege des Bewährungsaufstiegs ist beamtenrechtlich das Institut der Beförderung maßgeblich. Die Laufbahnverordnungen bzw. -gesetze des Bundes und der Länder sehen hierfür entsprechende Erprobungszeiten vor (vgl. Conze/Karb Personalbuch Arbeits- und Tarifrecht öffentlicher Dienst 3. Aufl. Bewährungsaufstieg Rn. 1041). Soweit die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in ihrem im Parallelverfahren - 6 AZR 1036/12 - vorgelegten Schreiben vom anführt, dass die Tarifvertragsparteien bei § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder von einer erforderlichen „Bewährung“ auch der Erfüller als Voraussetzung für deren Aufstieg ausgegangen seien, ist dies mit Blick auf solche erforderlichen Erprobungszeiten nachvollziehbar. Dies ändert aber nichts daran, dass für die Beförderung eines Erfüllers auch die weiteren beamtenrechtlichen Kriterien erfüllt sein müssen.

20b) § 8 Abs. 5 Satz 2 TVÜ-Länder spiegelt diese Differenzierung zwischen Erfüllern und Nichterfüllern. Danach bleiben „Höhergruppierungsmöglichkeiten durch entsprechende Anwendung beamtenrechtlicher Regelungen unberührt“. Dies betrifft die Erfüller, für die es unverändert bei diesen bisherigen Regelungen bleiben soll. Ob es dieser Klarstellung bedurft hat, kann dahinstehen. Jedenfalls kann aus § 8 Abs. 5 Satz 2 TVÜ-Länder nicht geschlossen werden, dass auch Erfüller den Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder genügen können. Mit diesen Voraussetzungen befasst sich § 8 Abs. 5 Satz 2 TVÜ-Länder nicht. § 8 Abs. 5 Satz 2 TVÜ-Länder kann auch nicht dahin gehend verstanden werden, dass den Erfüllern sowohl ein (systemwidriger) Höhergruppierungsgewinn als auch die Entwicklungsmöglichkeit durch entsprechende Anwendung beamtenrechtlicher Regelungen zugutekommen soll. Ein Wille der Tarifvertragsparteien zur Schaffung einer solchen Bevorteilung der Erfüller ist nicht erkennbar.

21c) Zudem belegt die Trennung der Erfüller von den Nichterfüllern bei den Überleitungsvorgaben in Anlage 2 Teil B TVÜ-Länder, dass die Tarifvertragsparteien die Unterscheidung dieser beiden Lehrergruppen dem Überleitungsrecht durchgängig zu Grunde gelegt haben. Nur bei den Nichterfüllern waren dabei die Möglichkeiten des Bewährungsaufstiegs zu berücksichtigen.

22d) Diese Unterscheidung zwischen Erfüllern und Nichterfüllern deckt sich mit Sinn und Zweck des § 8 TVÜ-Länder.

23aa) § 8 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder soll den Besitzstand von Beschäftigten wahren, die bei Fortgeltung des BAT aufgrund Bewährungsaufstiegs höhergruppiert worden wären, deren Aufstiegserwartung sich wegen der Einführung des TV-L aber nicht verwirklichte (vgl.  - Rn. 31; - 4 AZR 770/11 - Rn. 23; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand September 2012 Teil B 3 § 8 TVÜ-Länder Rn. 1; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand April 2011 Teil IV/3 TVÜ-Länder Rn. 255). Derjenige, der einen Bewährungsaufstieg wegen der Einführung des TV-L nicht mehr erreichen kann, erhält zum Ausgleich den individuellen Höhergruppierungsgewinn ab dem Zeitpunkt seines fiktiven Bewährungsaufstiegs zusätzlich zum Tabellenentgelt des TV-L. Der Arbeitnehmer wird zum Zweck der Eingliederung in das neue Entgeltsystem mit seinem neuen höheren Entgelt einer individuellen Zwischen- oder Endstufe zugeordnet, wobei die Stufenlaufzeit unberührt bleibt. Auf diese Weise bleibt dem Betroffenen sein individueller Höhergruppierungsgewinn mindestens so lange erhalten, bis er auch nach dem neuen Entgeltsystem das gleiche Vergütungsniveau erreicht ( - Rn. 41).

24bb) Aufgrund des Zusammenhangs mit § 8 Abs. 1 bis 3 TVÜ-Länder handelt es sich auch bei § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder um eine Besitzstandsregelung. Da der TV-L die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs nicht kennt, wollten die Tarifvertragsparteien mit dieser Regelung die Aufstiegserwartung derjenigen Lehrkräfte schützen, denen nach den LRL-TdL und den Richtlinien einzelner Bundesländer bislang ein Bewährungsaufstieg eröffnet war. Dies sind in der Regel nur die Nichterfüller. Den entsprechend beamtenrechtlichen Regelungen eingruppierten Erfüllern wurde durch die Überleitung in den TV-L keine dem BAT entsprechende Aufstiegserwartung genommen. In Bezug auf sie besteht daher auch kein Bedürfnis nach einer Besitzstandswahrung.

25e) Ein Blick in die Tarifgeschichte spricht ebenfalls für dieses Auslegungsergebnis. Die Tarifvertragsparteien erzielten bislang keine Einigkeit über eine Entgeltordnung für Lehrkräfte (zur Problematik der Reichweite der tariflichen Regelungsmacht vgl.  - Rn. 38). Folglich blieb es für die Lehrkräfte bei den bisherigen Regelungen zur Ein- und Höhergruppierung nach Maßgabe der Lehrer-Richtlinien (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand September 2012 Teil B 3 § 8 TVÜ-Länder Rn. 69; Durchführungshinweise der TdL vom zur Entgeltordnung zum TV-L [Anlage A zum TV-L] zu B I 2.4). Diese wurden lediglich ergänzt um die Besitzstandsregelung des § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder. Daraus kann geschlossen werden, dass die Vorschrift die traditionelle Unterscheidung zwischen Erfüllern und Nichterfüllern voraussetzt.

263. Mit dieser Differenzierung haben die Tarifvertragsparteien ihre Regelungsmacht nicht überschritten. Der Begünstigungsausschluss der entsprechend beamtenrechtlichen Regelungen eingruppierten Erfüller im Rahmen der Besitzstandsregelung des § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

27a) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 Abs. 1 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen liegt die Einschätzungsprärogative bei den Tarifvertragsparteien. Sie brauchen nicht die sachgerechteste oder zweckmäßigste Regelung zu finden (vgl.  - Rn. 43; - 6 AZR 23/12 - Rn. 58).

28b) Art. 3 Abs. 1 GG untersagt zwar auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, mit dem ein Personenkreis begünstigt und ein anderer Personenkreis von der Begünstigung ausgenommen wird (vgl. , 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 - Rn. 21, BVerfGE 132, 72; - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 - Rn. 78, BVerfGE 126, 400;  - Rn. 16; - 6 AZR 437/09 - Rn. 19). Verfassungsrechtlich erheblich ist aber nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl.  - Rn. 44; - 6 AZR 23/12 - Rn. 59).

29c) Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. , 1 BvR 2464/07 - Rn. 79, BVerfGE 126, 400;  - Rn. 19). Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl.  - Rn. 45; - 6 AZR 23/12 - Rn. 60).

30d) Nach diesen Grundsätzen steht § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder bezüglich der Differenzierung zwischen Erfüllern und Nichterfüllern im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG.

31aa) Tarifvertragsparteien steht es frei, den Vergütungsanspruch nicht nur von der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, sondern auch von weiteren persönlichen Voraussetzungen wie dem Nachweis bestimmter Kenntnisse oder einer speziellen Ausbildung abhängig zu machen ( - Rn. 39, BAGE 140, 291). Dies gilt auch, wenn ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes vergütungsrechtliche Bestimmungen nach einem generalisierenden Prinzip in einem Erlass regelt (vgl.  - zu B I 2 d cc der Gründe). Als sachlicher Grund, hinsichtlich der Vergütung von Lehrern zu differenzieren, sind ua. Unterschiede in der Ausbildung und in der Lehrbefähigung anerkannt ( - Rn. 24; - 4 AZR 421/04 - zu I 1 c aa der Gründe). Dies rechtfertigt die Unterscheidung zwischen Erfüllern und Nichterfüllern.

32bb) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, die Ein- und Höhergruppierung der Erfüller an beamtenrechtlichen Vorgaben zu orientieren. Die Eingruppierungsrichtlinien des beklagten Landes verfolgen ebenso wie die LRL-TdL damit den Zweck, den im Angestelltenverhältnis beschäftigten und nach ihren fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen mit den Beamten gleichwertigen Lehrkräften ein der Beamtenbesoldung annähernd gleiches Entgelt zu zahlen. Dies ist sachgerecht, weil angestellte und beamtete Lehrkräfte oft nebeneinander an derselben Schule und zumeist unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind (vgl.  - Rn. 26; - 4 AZR 304/10 - Rn. 23).

33cc) Vor diesem Hintergrund ist es ausgehend vom Regelungszweck des § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder gerechtfertigt, diese Besitzstandsregelung nur auf Nichterfüller anzuwenden, wenn maßgebliche Eingruppierungsrichtlinien die dargestellten Unterschiede in der Vergütungsstruktur aufweisen. Nur die Nichterfüller bedürfen dann des Bestandsschutzes, da nur ihnen durch die Überleitung in den TV-L die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs genommen wird. Erfüller hingegen werden zulässigerweise nach Maßgabe beamtenrechtlicher Reglungen ein- und höhergruppiert. Ihre Aufstiegsmöglichkeiten werden durch die Überleitung in den TV-L nicht nachteilig beeinflusst. Die eingruppierungsrechtlichen Unterschiede zwischen Erfüllern und Nichterfüllern sind damit von solchem Gewicht, dass sie eine unterschiedliche Behandlung der beiden Beschäftigtengruppen im Rahmen von § 8 Abs. 5 TVÜ-Länder rechtfertigen.

344. Damit stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Neuberechnung des Vergleichsentgelts sowie Abrechnung und Auszahlung der Differenzbeträge weder bezogen auf den noch auf den zu.

35a) Die Ansprüche hängen sämtlich von den nicht erfüllten Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 Satz 1 TVÜ-Länder ab. Die Klägerin ist unstreitig eine sog. Erfüllerin iSd. Nr. 2 ERL, da sie die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfüllt. Auf ihr Arbeitsverhältnis finden kraft vertraglicher Bezugnahme die jeweils gültigen Vorgaben der Nr. 2 ERL Anwendung. Folglich unterfiel sie nicht dem an den BAT angelehnten Vergütungssystem. Die Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV b BAT zum erfolgte nicht als Bewährungsaufstieg im Rahmen einer dem BAT entsprechenden Tarifautomatik, sondern „analog“ einem beamtenrechtlichen Beförderungsprogramm. Die Eingliederung in ein solches Beförderungsprogramm entspricht der Maßgeblichkeit beamtenrechtlicher Beförderungsregelungen, wie sie in Nr. 2.2 der damals geltenden Richtlinien vom zum Ausdruck kommt.

36b) Die für die Klägerin positive Konsequenz der Höhergruppierung zeigte sich allerdings nicht bereits zum , sondern erst zum . Seitdem wird die Klägerin nach Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TV-L vergütet. Dieser Stufenaufstieg wäre ohne die Höhergruppierung zum nicht möglich gewesen, da nach Ziff. I Buchst. a des bis zum geltenden Anhangs zu § 16 TV-L in der Entgeltgruppe 9 die Stufe 4 die Endstufe bei Tätigkeiten entsprechend Vergütungsgruppe V b BAT ohne Aufstieg nach IV b BAT ist. Eine solche spätere finanzielle Auswirkung ist zulässig, denn es gibt keinen Grundsatz, nach dem Höhergruppierungen stets und sofort einen Vergütungsvorteil mit sich bringen müssen (vgl. zu § 17 TV-L  - Rn. 22; - 6 AZR 578/09 - Rn. 43).

37II. Die Klägerin kann sich zur Anspruchsbegründung nicht auf die von dem beklagten Land für den Monat August 2011 erteilte Lohnabrechnung stützen.

381. Ein konstitutives Schuldversprechen (§ 780 BGB) oder Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) liegt bereits deshalb nicht vor, weil es an der Einhaltung der gesetzlichen Schriftform nach § 126 BGB mangelt.

392. Die Lohnabrechnung ist auch nicht als formlos wirksames deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzusehen.

40a) Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis will eine bestehende Schuld lediglich bestätigen. Sein Zweck besteht darin, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen (vgl.  - Rn. 20). Die Parteien wollen mit einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und fixieren (vgl. zu einem negativen Schuldanerkenntnis  - Rn. 14).

41b) Ob dies für eine Lohnabrechnung zutrifft, ist durch Auslegung zu ermitteln. Grundsätzlich kommt einer Lohnabrechnung nicht die Bedeutung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zu. Eine in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers vorbehaltlos ausgewiesene Lohnforderung ist zwar zunächst streitlos gestellt und muss nicht noch einmal zur Wahrung einer Ausschlussfrist schriftlich geltend gemacht werden ( - Rn. 18, BAGE 135, 197). Die Lohnabrechnung hat aber nicht den Zweck, streitig gewordene Ansprüche endgültig festzulegen. Die Erteilung einer Lohnabrechnung hindert den Arbeitgeber regelmäßig nicht daran, die Lohnabrechnung später zu widerrufen, Gegenansprüche zu erheben oder aus anderen Gründen die Zahlung zu verweigern (vgl.  - zu II 2 der Gründe, BAGE 73, 54; - 8 AZR 610/84 - zu I 4 b bb der Gründe, BAGE 54, 242). Nur wenn besondere Anhaltspunkte vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitgeber mit der Abrechnung auf alle Einwendungen verzichten will ( - zu I 2 b der Gründe, BAGE 96, 344).

42c) Für die der Klägerin für August 2011 erteilte Lohnabrechnung gilt nichts anderes. Das beklagte Land hat Ansprüche der Klägerin auf eine die Entgeltgruppe 9 Stufe 4 TV-L übersteigende Vergütung mit Schreiben vom ausdrücklich abgelehnt. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände durfte die Klägerin daher die Lohnabrechnung für August 2011 nicht als eine von der bisherigen Rechtsauffassung des beklagten Landes abweichende Erklärung mit dem Gehalt eines Schuldanerkenntnisses bewerten. Solche Umstände sind nicht ersichtlich.

43III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
GAAAE-63822