BGH Beschluss v. - 5 StR 70/14

Schlusserklärung des Angeklagten: Nochmalige Gewährung des letzten Worts nach Wiedereintritt in die Beweisaufnahme

Gesetze: § 258 Abs 2 Halbs 2 StPO, § 258 Abs 3 StPO, § 337 Abs 1 StPO

Instanzenzug: Az: 617 KLs 30/12

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten S.    wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe und den Angeklagten G.   wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe (nebst isolierter Fahrerlaubnissperre) verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

21. Mit dieser machen sie - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom zutreffend dargelegt hat - in § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügender Weise und zu Recht geltend, das Landgericht habe gegen § 258 Abs. 2 Halbsatz 2 und Abs. 3 StPO verstoßen. Dem liegt folgendes Geschehen zugrunde:

3a) Am 21. Hauptverhandlungstag wurde die Beweisaufnahme geschlossen; der Staatsanwalt hielt seinen Schlussvortrag. Am folgenden Hauptverhandlungstag plädierten die Verteidiger; der Angeklagte S.     gab eine Schlusserklärung ab, der Angeklagte G.   nahm die hierzu eingeräumte Gelegenheit nicht wahr. Nachdem beide Angeklagte das letzte Wort gehabt hatten, wurde die Sitzung unterbrochen. Zu Beginn des letzten Hauptverhandlungstages stellte der Verteidiger des Angeklagten S.    mehrere Beweisanträge, zu denen der Staatsanwalt Stellung nahm, denen sich der Verteidiger des Angeklagten G.   anschloss und die sodann mit gerichtlichen Beschlüssen zurückgewiesen wurden. Im Anschluss wurde das Urteil verkündet, ohne dass die Angeklagten nochmals Gelegenheit zum letzten Wort gehabt hätten.

4b) Diese durch das Sitzungsprotokoll bewiesene (§ 274 Satz 1 StPO) Verfahrensweise hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn das Landgericht war wieder in die Beweisaufnahme eingetreten, indem es Beweisanträge entgegengenommen, hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und die Anträge durch Beschlüsse zurückgewiesen hatte (vgl. , BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 6). Das nahm den vorausgegangenen Schlusserklärungen der Angeklagten (bzw. der Gelegenheit hierzu) die Bedeutung des letzten Wortes und machte dessen nochmalige Gewährung erforderlich (, BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 8; ). Ein Fall, in dem dies ausnahmsweise für entbehrlich erachtet werden könnte, liegt nicht vor.

5c) Der Verfahrensverstoß macht die Aufhebung des Urteils, soweit es die Beschwerdeführer betrifft, notwendig. Die Nichterteilung des letzten Wortes begründet zwar nicht stets und ausnahmslos die Revision, sondern nur dann, wenn und soweit das Urteil auf dem Fehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Dies ist hier indes nicht auszuschließen. Denn die Angeklagten haben zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen geschwiegen; möglicherweise hätten sie sich erstmalig zur Sache geäußert, wenn ihnen die Gelegenheit zum letzten Wort noch einmal eingeräumt worden wäre (vgl. BGH aaO).

62. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin: Sofern nach sachverständiger Einschätzung der aufgefundenen DNA-Spuren die Angeklagten G.   und S.    - dessen Geburtstag in den Gründen (UA S. 13) vom Rubrum abweichend festgestellt worden ist - wiederum lediglich „als Mitverursacher in Frage kommen" sollten (UA S. 23), würde dies allein den Schluss, die beiden Angeklagten seien als Mitverursacher „festgestellt" (UA S. 45), nicht tragen können.

Basdorf                       Sander                       Schneider

                  Berger                      Bellay

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Fundstelle(n):
MAAAE-61208