Strafbarkeit wegen gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion: Fälschung von Visa- und Mastercards ohne Garantiefunktion bei der konkreten Transaktion
Gesetze: § 152b Abs 1 StGB, § 152b Abs 2 StGB
Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/29 KLs - 3470 Js 205620/12 (13/12)
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in 68 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Betrug, zur Gesamtstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Schuld- und Rechtsfolgenausspruchs.
21. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte - im Auftrag Dritter - in 68 Fällen internationale Flüge der Deutschen Lufthansa buchte und hierbei regelmäßig die Gelegenheit nutzte, Einkäufe aus dem an Bord mitgeführten Warensortiment - Spirituosen, Kosmetika, Schmuck, Uhren - zu tätigen. Hierzu setzte er vier verschiedene Kreditkarten ("Visa- und Mastercard") ein, die er nach den Geschäftsbedingungen der Lufthansa AG jeweils mit 750,-- € belasten konnte.
3Bei den Kreditkarten handelte es sich um von ukrainischen Banken ausgestellte, auf den Namen des Angeklagten lautende und mit seiner Unterschrift versehene Karten, auf deren Magnetstreifen falsche Daten gespeichert waren. Dies waren nicht echte, im Wege des "Scimming" gewonnene Bank- und Kontodaten tatsächlich existierender Personen, sondern nach Plausibilitätsgesichtspunkten ausgewählte Daten, die weder auf einen bestimmten Garantiegeber noch auf ein real existierendes Konto, also einen Zahlungspflichtigen verwiesen.
4Bei dem Einsatz der Karten nutzte der Angeklagte den Umstand aus, dass eine Online-Verbindung zu den Servern des Kreditkarten-Systems aus einem in der Luft befindlichen Flugzeug nicht besteht. Die Daten werden vielmehr während des Flugs nur eingelesen und erst nach der Landung an einem Datenterminal ausgegeben und weiter verarbeitet.
5Auf diese Weise erlangte der Angeklagte Waren im Wert von insgesamt 143.654,-- €. In allen Fällen erfolgte beim Auslesen der Daten nach der Landung eine kurzfristige Gutschrift, dann jedoch eine sofortige automatische Rückbuchung ("Chargeback"), da ein Kreditkartenkonto nicht existierte.
62. Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152 b Abs. 1 und 2 StGB) begegnet im Grundsatz keinen rechtlichen Bedenken. Anders als die Revision meint, wurde das Vorhandensein einer Zahlungskarte (mit Garantiefunktion) bei der vom Angeklagten vorgenommenen Einsatzart nicht nur vorgetäuscht. Die Karten wurden nach den Feststellungen des Landgerichts jeweils in ein Handgerät eingelesen, der von diesem Gerät ausgegebene Beleg wurde vom Angeklagten - mit seinem richtigen Namen, auf welchen auch die Karten ausgegeben waren - unterschrieben. Nach der Landung wurden die Daten des Handgeräts an einem Online-Terminal übertragen. Das Verfahren entsprach also weitgehend dem üblichen Lastschrift-Verfahren. Auf die konkrete Einsatzart der Karte kommt es jedoch nicht an (vgl. Maier in Matt/Renzikowski StGB § 152b Rn. 6; Erb in MünchKomm StGB 2. Aufl. § 152b Rn. 5). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 152a a.F. kommt es darauf, ob die vom Täter nachgemachte oder verwendete Karte einen Einsatz mit Auslösung einer Garantiefunktion tatsächlich ermöglicht oder diese Möglichkeit nur vortäuscht, nicht an (BGHSt 46, 146, 148). Trotz der in der Literatur hiergegen erhobenen Kritik (Erb aaO § 152b Rn. 9; vgl. auch Fischer StGB 61. Aufl. § 152b Rn. 5) hält der Senat an dieser Rechtsprechung fest, weil § 152b den Zahlungsverkehr schon gegen den Anschein schützen will, der von Falsifikaten garantieauslösender Karten ausgeht.
7Auch der Schuldspruch wegen jeweils tateinheitlich begangenem gewerbsmäßigem Betrug begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Schuldspruch war gleichwohl insgesamt aufzuheben, weil das Landgericht der Frage der Konkurrenz nicht hinreichende Aufmerksamkeit gewidmet hat. Nach den - rechtsfehlerfreien - Feststellungen bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte mehrere Karten gleichzeitig einsetzte, so dass die Taten unter Umständen in mehreren jeweils zur Tateinheit verbundenen Gruppen abzuurteilen wären. Ergänzende Feststellungen hierzu sind möglich, denn es liegen sämtliche Einzelabrechnungen der Karteneinsätze vor. Das Revisionsgericht kann die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen.
83. Mit der Aufhebung des Schuldspruchs entfällt auch der Rechtsfolgenausspruch. Die Feststellungen zu den äußeren Tatumständen sind fehlerfrei und können daher aufrechterhalten werden.
Fischer Appl Schmitt
Ott Zeng
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
wistra 2014 S. 2 Nr. 5
wistra 2014 S. 224 Nr. 6
SAAAE-59266