Instanzenzug:
Gründe
1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 21.137,80 € angeordnet. Von dem Vorwurf, in weiteren 31 Fällen ebenfalls mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben, hat es den Angeklagten freigesprochen. Die Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich mit sachlichrechtlichen Beanstandungen nur gegen den Freispruch. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte sich der Angeklagte nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Vollzug einer wegen Betäubungsmittelhandels gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe entschlossen, von dem gesondert verfolgten S. Betäubungsmittel in größeren Mengen zu erwerben, um diese jeweils anschließend gewinnbringend an Konsumenten zu veräußern. Er kaufte deshalb zwischen 10. August 2011 und 7. September 2011 in sechs Fällen insgesamt sechs Kilo Haschisch und knapp zweieinhalb Kilo Marihuana. Diese Betäubungsmittel verkaufte der Angeklagte "jedenfalls zum ganz überwiegenden Teil" mit Gewinn weiter.
3 Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des zur Sache schweigenden Angeklagten überzeugt aufgrund der im Tatzeitraum festgestellten Telekommunikationskontakte zwischen diesem und dem Lieferanten S. , der in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Betäubungsmittel und Betäubungsmittelhandelsutensilien sowie der Eintragungen, die der Lieferant S. in einem Kalender über die mit dem Angeklagten abgewickelten Geschäfte getätigt hatte.
4 2. Zur Begründung des Freispruchs hat das Landgericht die 31 dem Angeklagten zur Last gelegten Ankäufe von Haschisch und Marihuana beim Lieferanten S. mit Tatzeit (beginnend mit dem 5. oder 6. Oktober 2010, endend mit dem 5. August 2011) und Tatgegenstand aus der Anklage aufgeführt und jeweils die dem Anklagevorwurf zugrundeliegenden Eintragungen in den Terminkalendern des S. festgestellt. Im Gegensatz zu den der Verurteilung zugrundeliegenden Fällen fehle es bei diesen 31 Fällen an einer Bestätigung der Eintragung in den Terminkalendern durch Erkenntnisse aus der Überwachung der Telekommunikation. Auch habe die Beweisaufnahme ergeben, dass eine Betäubungsmittellieferung des S. an den gesondert verfolgten D. tatsächlich einen Tag früher stattgefunden habe, als dies in den Notizen des S. notiert worden war. "Zu Gunsten des Angeklagten musste die Kammer in jedem der hier angeklagten Fälle 1 bis 31 der Anklageschrift auch davon ausgehen, dass jede dieser Taten verlegt worden und damit identisch mit einer anderen angeklagten Tat gewesen sein könnte, ohne dass dies aus den Kalendern ersichtlich wäre".
5 3. Die dem Freispruch zugrundeliegende Beweiswürdigung hält der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand, so dass es nicht darauf ankommt, ob - wie die Beschwerdeführerin meint - das angefochtene Urteil bereits die formalen Anforderungen an die Darstellung eines Freispruchs in den Urteilsgründen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 267 Rn. 33) nicht erfüllt.
6 Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkoder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn das Tatgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat. Rechtsfehlerhaft ist auch, wenn der Tatrichter es versäumt, sich im Urteil mit anderen naheliegenden Möglichkeiten auseinanderzusetzen, und dadurch über schwerwiegende Verdachtsmomente ohne Erörterung hinweggeht (vgl. , [...] Rn. 10 mwN). Nach diesen Maßstäben ist die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtsfehlerhaft, denn sie lässt besorgen, dass das Landgericht seiner Beurteilung eine Fallgestaltung zugrunde gelegt hat, für die keine Anhaltspunkte erkennbar sind.
7 Wie die Beschwerdeführerin zu Recht rügt, sind dem Urteil keine konkreten Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Angeklagte verabredete Termine zur Übergabe von Rauschgift verschoben hätte oder nicht hätte wahrnehmen können. Es ist indes weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (, [...] Rn. 9 mwN). Es kommt hinzu, dass durch die Verschiebung von Tatzeiten das Landgericht nicht an einer Aburteilung gehindert wäre, sondern lediglich Hinweispflichten nach § 265 StPO zu berücksichtigen hätte (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 264 Rn. 2 mwN).
8 Das Landgericht lässt darüber hinaus außer acht, dass unter Handeltreiben jedes eigennützige Bemühen zu verstehen ist, das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern, und es für die Annahme vollendeten Handeltreibens ausreicht, dass der Täter bei einem beabsichtigten Ankauf von zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln in ernsthafte Verhandlungen mit dem potentiellen Verkäufer eintritt (st. Rspr.; Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252). Erst recht ist Strafbarkeit wegen des vollendeten Delikts gegeben, wenn die Verhandlungen zu einem Abschluss einer Liefervereinbarung über Betäubungsmittel geführt haben, worauf die Eintragungen in den Unterlagen des Lieferanten S. auch nach der Ansicht der Strafkammer hindeuten. Auf etwaige Verschiebungen in der Auslieferung des Rauschgifts käme es für die Strafbarkeit des Angeklagten danach nicht mehr an.
9 4. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.
10 5. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten (vgl. § 301 StPO) sind im freisprechenden Teil des Urteils - auf den allein sich die Revision der Staatsanwaltschaft bezieht - nicht zutage getreten.
Fundstelle(n):
VAAAE-56125