BGH Beschluss v. - 5 StR 467/12

Verfallsanordnung: Voraussetzungen des Wertersatzverfalls gegen einen drittbeteiligten Finanzdienstleister in einem Betrugsverfahren

Gesetze: § 111i Abs 2 StPO, § 73 Abs 1 S 2 StGB, § 73 Abs 3 StGB, § 73a StGB

Instanzenzug: Az: (519) 251 Js 3803/11 KLs (9/11)

Gründe

1Das Landgericht hat gegen die Angeklagten O.   und Ö.    jeweils wegen versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges - zur Bewährung ausgesetzte - Freiheitsstrafen verhängt sowie Verfallsentscheidungen getroffen. Gegen die Verfallsbeteiligte P.   GmbH und gegen die weitere Verfallsbeteiligte W.     Service GmbH (W.  ) hat das Landgericht festgestellt, dass Ansprüche Verletzter der Anordnung des Verfalls - einschließlich des Verfalls von Wertersatz und erweiterten Verfalls - entgegenstehen; insoweit hat es den Wert des Erlangten mit 7.400.000 € beziffert (§ 111i Abs. 2 StPO). Das Verfahren gegen den früheren Mitangeklagten L.   , der Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten P.   GmbH war, hat die Wirtschaftsstrafkammer abgetrennt. Gegen die Angeklagten und die W.   ist das Urteil rechtskräftig.

2Die Revision der Verfallsbeteiligten P.   GmbH hat mit der Sachrüge Erfolg. Das Landgericht hat - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt -keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen für eine Entscheidung nach § 111 i Abs. 2 StPO getroffen.

3Für die Anordnung einer Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO ist vorliegend erforderlich, dass gegen die Beschwerdeführerin als Drittbeteiligte im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB der Verfall oder der Verfall von Wertersatz nach §§ 73, 73a StGB angeordnet werden könnte, wenn nicht Ansprüche von Verletzten entgegenstünden (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB). Hierzu hätte das Landgericht jedoch Feststellungen treffen müssen, dass der frühere Mitangeklagte L.    als Geschäftsführer (§ 14 Abs. 1 StGB) der Verfallsbeteiligten, die als Finanzdienstleisterin für die Angeklagten O.   , Ö.    und weitere Mittäter im Wege des Lastschriftverfahrens Geldbeträge von über ihre vertragliche Beteiligung an Gewinnspielen getäuschten Geschädigten eingezogen hat (vgl. hierzu Urteil des Senats vom heutigen Tag - 5 StR 468/12), sich als Täter oder Teilnehmer an deren betrügerischen Handlungen strafrechtlich relevant beteiligt hat. Solche Feststellungen fehlen.

4Das neue Tatgericht wird - nach Verbindung mit dem Verfahren gegen den früheren Mitangeklagten L.   - im Falle einer erneuten Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO im Einzelnen darzulegen haben, inwieweit die Beschwerdeführerin als Finanzdienstleisterin durch die Einziehung der Lastschriften (vgl. hierzu auch , BGHSt 58, 119) etwas aus der Tat erlangt hat (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, vgl. hierzu , zur Veröffentlichung bestimmt). Hierzu müssten nähere Feststellungen zur Ausgestaltung der Vertragsbeziehung zwischen der Verfallsbeteiligten und der von den Angeklagten O.   , Ö.    und deren Mittätern beherrschten WCS, insbesondere zu den Verfügungsbefugnissen der Verfallsbeteiligten gegenüber den von ihr für die W.   geführten Konten getroffen werden.

5Des Weiteren müsste die Höhe des Erlangten (§ 111i Abs. 2 Satz 2 StPO) nachvollziehbar dargestellt werden, was bislang nicht der Fall ist. Die Verfallsbeteiligte erbrachte ihre Finanzdienstleistungen für die W.   erst seit dem , eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ihres Geschäftsführers lag womöglich erst zu einem späteren Zeitpunkt vor. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum gegen die Beschwerdeführerin der gleiche Betrag wie bei der W.   in Höhe von 7.400.000 € beziffert wurde, deren Verantwortliche ihre betrügerischen Handlungen bereits im Dezember 2009 unter Einschaltung eines anderen Finanzdienstleisters begonnen hatten. Schließlich wird das neue Tatgericht bei einer etwaigen Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StP0 die Voraussetzungen des § 73c StGB sowie eine etwaige Gesamtschuld mit der weiteren Verfallsbeteiligten in den Blick zu nehmen haben (vgl. nur Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § Rn. 9a mwN).

Basdorf                     Sander                       Schneider

                  Dölp                      Bellay

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
wistra 2014 S. 192 Nr. 5
GAAAE-56117