BGH Beschluss v. - KZR 60/11

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Die Beklagte, eine Anstalt öffentlichen Rechts, schließt mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes (sogenannten Beteiligten) Beteiligungsvereinbarungen in Form von Gruppenversicherungsverträgen ab. Auf dieser Grundlage gewährt sie den Arbeitnehmern der Beteiligten nach Maßgabe ihrer Satzung (VBLS) eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung.

2 Die Finanzierung der Beklagten erfolgt im Abrechnungsverband West, dem die Klägerin angehörte, seit 1967 über ein Umlageverfahren in Form eines modifizierten Abschnittsdeckungsverfahrens. Der Umlagesatz ist so zu bemessen, dass die für die Dauer des Deckungsabschnitts zu entrichtende Umlage zusammen mit den übrigen zu erwartenden Einnahmen und dem verfügbaren Vermögen ausreicht, die Aufgaben der Beklagten während des Deckungsabschnitts sowie der sechs folgenden Monate zu erfüllen (§ 60 Abs. 1 Satz 1, § 61 Abs. 1 VBLS). § 23 Abs. 2 VBLS verpflichtet ausscheidende Beteiligte, einen Gegenwert zur Deckung der aus dem Anstaltsvermögen nach dem Ausscheiden zu erfüllenden Verpflichtungen zu zahlen.

3 Die Klägerin hat ihre Beteiligung bei der Beklagten zum 31. Dezember 2006 gekündigt. Die Beklagte berechnete den von der Klägerin zu zahlenden Gegenwert anhand eines versicherungsmathematischen Gutachtens vom 14. März 2006, für dessen Erstellung sie 4.756 € in Rechnung stellte, auf 6.485.897,22 €. Die Klägerin beglich diese Forderungen mit Wertstellung zum 7. August 2006. Aufgrund der Ermittlung des endgültigen Gegenwerts in einem weiteren Gutachten vom 27. Juni 2007, für das sie 5.117 € berechnete, forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung weiterer 439.341,91 € auf. Die Klägerin zahlte diesen Betrag mit Wertstellung zum 15. August 2007 und die weiteren Gutachterkosten mit Wertstellung zum 30. Juli 2007. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung des geleisteten Gegenwerts.

4 Soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie

1.

6.925.239,13 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.485.897,22 € seit dem 7. August 2006 und aus 439.341,91 € seit dem 15. August 2007,

2.

9.873 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. August 2007

zu zahlen.

5 Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben, Zinsen aber nur in geringerer Höhe nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zugesprochen. Die Berufung der Beklagten hat lediglich insoweit Erfolg gehabt, als eine Verzinsung der Forderung auf Erstattung der Gutachterkosten erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen worden ist. Die wegen der Abweisung des weitergehenden, auf Kartellrecht gestützten Zinsanspruchs eingelegte Anschlussberufung der Klägerin hat nur insofern Erfolg gehabt, als der Betrag der von der Beklagten nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen geschuldeten Zinsen erhöht worden ist. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin begehrt im Wege der Anschlussrevision weiterhin höhere Zinsen.

6 II. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision der Beklagten liegen nicht vor; diese hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

7 1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Die von der Revision aufgeworfenen Fragen hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (, BGHZ 195, 93; Urteil vom 13. Februar 2013 IV ZR 17/12, [...]). Der Senat hat keinen Anlass, hiervon abzuweichen.

8 2. Die Revision der Beklagten hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte zur Rückzahlung der von der Klägerin beglichenen Gegenwertforderung zuzüglich Zinsen in der zugesprochenen Höhe jedenfalls nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet ist.

9 Ohne Erfolg macht die Revision geltend, § 23 Abs. 2 VBLS sei ausgehandelt worden und unterliege deshalb nicht der Inhaltskontrolle. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, stellt die Beklagte als Verwenderin die Bedingungen gemäß ihrer Satzung. Der einzelne Arbeitgeber als Beteiligter hat keine Wahl, sich ihnen zu unterwerfen oder nicht (vgl. , BGHZ 142, 103, 107).

10 Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die in § 23 Abs. 2 VBLS geregelte volle Berücksichtigung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit bei der Berechnung des Gegenwerts sowie die Ausgestaltung des Gegenwerts als Einmalzahlung eines Barwerts den ausgeschiedenen Beteiligten unangemessen benachteiligen (BGHZ 195, 93 Rn. 37 ff. und 58 ff.). Da § 23 Abs. 2 VBLS schon deshalb unwirksam ist, kommt es auf etwaige weitere Unwirksamkeitsgründe nicht an.

11 Der IV. Zivilsenat hat sich mit den gegen diese Beurteilung gerichteten Argumenten in seinen zitierten Entscheidungen befasst und sie nicht für durchgreifend erachtet (BGHZ 195, 93 Rn. 49 ff.; , [...] Rn. 41 ff.; Urteil vom 13. Februar 2013 IV ZR 17/12, [...] Rn. 19). Die in dieselbe Richtung gehenden Angriffe der Revision der Beklagten geben zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung. Entgegen der Ansicht der Revision stellt auch hier die Einbeziehung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit keinen untergeordneten Teil des Gegenwerts dar. Maßstab der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist eine überindividuelle generalisierende Betrachtung. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber denen der typischerweise beteiligten Kunden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 307 Rn. 8).

12 III. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Fundstelle(n):
XAAAE-54325