BGH Urteil v. - VII ZR 227/12

Handelsvertretervertrag: Umfang und Inhalt des Auskunftsanspruchs des Unternehmers nach Verstößen gegen ein Wettbewerbsverbot durch Vermittlung von Versicherungsverträgen für ein Konkurrenzunternehmen

Leitsatz

1. Hat der Handelsvertreter ein während der Laufzeit des Handelsvertretervertrags bestehendes Wettbewerbsverbot verletzt, kann dem Unternehmer zur Vorbereitung des Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Gewinns ein Anspruch nach § 242 BGB gegen den Handelsvertreter auf Auskunft über die verbotswidrig für Konkurrenzunternehmen vermittelten Geschäfte zustehen, da der verbotswidrig für Konkurrenzunternehmen vermittelte Umsatz als Grundlage einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO dienen kann (Anschluss an , NJW 1996, 2097, 2098).

2. Der Unternehmer hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Nennung von Namen und Anschriften von Versicherungsnehmern, auch nicht mit der Einschränkung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts, denen verbotswidrig Versicherungsverträge mit dem Konkurrenzunternehmen vermittelt worden sind.

3. Auskunft kann über solche Versicherungsverträge zu erteilen sein, die von Außendienstmitarbeitern vermittelt wurden, die der Handelsvertreter bei dem Konkurrenzunternehmen nicht angeworben, aber betreut hat.

Gesetze: § 86 HGB, § 242 BGB, § 252 BGB, § 280 BGB, § 287 ZPO

Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 13 U 118/11 Urteilvorgehend LG Osnabrück Az: 13 O 127/11

Tatbestand

1Die Klägerin befasst sich mit der Vermittlung von Finanzprodukten. Sie schloss mit dem Beklagten im Jahr 2007 einen Handelsvertretervertrag. Am trafen die Parteien eine Zusatzvereinbarung, nach der das Vertragsverhältnis frühestens zum gekündigt werden konnte; das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund sollte davon unberührt bleiben. Mit Schreiben vom kündigte der Beklagte, der bei der Klägerin die Karrierestufe eines Teamleiters erreicht hatte, den Vertrag zum . Seit dem ist er als Vertriebsleiter für die C. Versicherung tätig. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Vertragsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten nicht zum beendet worden ist. Ferner nimmt sie den Beklagten unter Berufung auf das ihm während der Laufzeit des Handelsvertretervertrags obliegende Wettbewerbsverbot auf Unterlassung und - im Wege der Stufenklage - auf Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin hat in erster Instanz unter anderem beantragt,

1. festzustellen, dass das am begründete Handelsvertreterverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigungserklärung des Beklagten vom zum beendet worden ist, sondern bis zum fortbesteht;

4. den Beklagten im Wege der Stufenklage in der ersten Stufe zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die von ihm entweder selbst und/oder über die ihm als Vertriebsleiter der C. Versicherung zugeordneten Außendienstmitarbeiter in der Zeit vom bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung konkurrierend über die C. Versicherung und/oder deren Partnerunternehmen vermittelten Versicherungsprodukte aus den Sparten Sach-/Haftpflicht, Kraftfahrt, Rechtsschutz, Unfall, Leben, Kranken und Bausparen geschäftsbezogen zu erteilen, insbesondere unter Angabe von Name und Anschrift des Kunden, des konkreten Produktes, der Sparte, des Tarifs, des Antrags- und Vertragsdatums, des Netto- und Bruttobeitrags, der Zahlungsweise sowie der Bewertungssumme, wobei die Auskunft auch einem von der Klägerin zu benennenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer erteilt werden kann, sofern der Beklagte diesen ermächtigt, das Ergebnis seiner Feststellungen der Klägerin mitzuteilen.

2Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat unter anderem festgestellt, dass das am begründete Handelsvertreterverhältnis der Parteien durch die Kündigungserklärung des Beklagten vom nicht zum beendet worden ist. Ferner hat es den Beklagten im Wege der Stufenklage verurteilt,

in der ersten Stufe der Klägerin Auskunft über die von ihm in der Zeit vom bis zum für Wettbewerber vermittelte Versicherungsverträge aus den Sparten Sach-/Haftpflicht, Kraftfahrt, Rechtsschutz, Unfall, Leben, Kranken und Bausparen geschäftsbezogen zu erteilen, und zwar unter Angabe des konkreten Vertrages, der Sparte, des Tarifs, des Datums der Antragstellung und des Vertragsschlusses, des Netto- und des Bruttobeitrages, der Zahlungsweise sowie der Bewertungssumme.

3Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise geändert und, soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung, wie folgt entschieden:

1. Es wird festgestellt, dass das am begründete Handelsvertreterverhältnis der Parteien in der Fassung des Handelsvertretervertrages vom 10./, ergänzt durch die Zusatzvereinbarung vom , bis zum fest abgeschlossen und durch die Kündigung des Beklagten vom nicht beendet worden ist.

4. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in der ersten Stufe Auskunft über die in der Zeit vom bis zum von ihm selbst und/oder von Außendienstmitarbeitern, die durch den Beklagten als Vertriebsleiter der C. Versicherung geworben wurden und die ihm in dieser Eigenschaft zugeordnet sind, für die C. Versicherung und/oder deren Partnerunternehmen vermittelten Versicherungsverträge aus den Sparten Sach-/Haftpflicht, Kraftfahrt, Rechtsschutz, Unfall, Leben, Kranken und Bausparen zu erteilen, und zwar unter Angabe der Sparte, des Tarifs, des Datums der Antragstellung und Vertragsschlusses, des Netto- und des Bruttobeitrages, der Zahlungsweise sowie der Bewertungssumme. Der weitergehende Auskunftsantrag wird abgewiesen.

4Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit über den Auskunftsanspruch entschieden worden ist. In den Gründen seines Urteils hat es ausgeführt, die Revision sei wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage des Umfangs der Auskunftspflicht eines Versicherungsvertreters gegenüber dem Unternehmer bei einem Wettbewerbsverstoß zuzulassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Auskunftsbegehren, soweit diesem nicht stattgegeben worden ist, in eingeschränktem Umfang weiter. Sie erstrebt, den Beklagten zu verurteilen,

a) Auskunft auch über die Geschäfte zu erteilen, die die nicht vom Beklagten neu angeworbenen Außendienstmitarbeiter seiner Organisation vermittelt haben,

b) im Rahmen der Auskunft - mit Ausnahme der Versicherungsverträge aus den Sparten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung - den konkret vermittelten Vertrag unter Nennung des Namens und der Anschrift des Versicherungsnehmers zu erteilen,

wobei die Auskunft zu a) und b) auch einem von der Klägerin zu benennenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer erteilt werden kann, sofern der Beklagte diesen ermächtigt, das Ergebnis seiner Feststellungen der Klägerin mitzuteilen.

5Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

6Der Beklagte hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts sowie Revision eingelegt. Der Senat hat diese Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Seine Revision hat der Beklagte vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Gründe

7Die Revision der Klägerin hat Erfolg, soweit sie Auskunft auch über die Geschäfte begehrt, die die nicht vom Beklagten neu angeworbenen, ihm aber zugeordneten Außendienstmitarbeiter vermittelt haben. Hingegen hat die Revision keinen Erfolg, soweit die Klägerin Auskunft über Namen und Anschriften von Versicherungsnehmern verlangt.

I.

8Das Berufungsgericht, dessen Urteil in IHR 2013, 79 veröffentlicht ist, hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt, die Zusatzvereinbarung vom sei wirksam, weshalb das Handelsvertreterverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten vom beendet worden sei.

9Gegen die erstinstanzliche Verurteilung zur Auskunftserteilung erhebe der Beklagte keine konkreten Einwände.

10Der Klägerin sei insoweit Recht zu geben, als der Beklagte Auskunft auch über die Geschäfte schulde, die von den bereits vom Beklagten angeworbenen Handelsvertretern der C. Versicherung vermittelt worden seien. Hätte der Beklagte sich an den fortbestehenden Vertrag mit der Klägerin gehalten, hätte er die neuen Handelsvertreter für diese werben müssen und die Handelsvertreter hätten für die Klägerin vermittelt. Im Hinblick auf den der Klägerin dadurch entgangenen Gewinn sei der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet. Anders verhalte es sich mit dem Geschäft, das die übrigen (nicht vom Beklagten neu angeworbenen) Außendienstmitarbeiter "seiner" Organisation vermittelt hätten. Diese Handelsvertreter wären auch ohne Zutun des Beklagten für die C. Versicherung tätig geworden, wie der Beklagte mit Recht einwende. Insoweit sei der Auskunftsantrag abzuweisen.

11Der Auskunftsanspruch, so meint das Berufungsgericht, erstrecke sich nicht auf die Angabe von Namen und Anschriften der Kunden. Diese Angaben seien zur Berechnung des der Klägerin entgangenen Gewinns auf Grundlage des verbotswidrig vermittelten Geschäfts nicht erforderlich. Dazu genügten die in der Urteilsformel genannten abstrakten Daten zu den jeweiligen Verträgen. Die zusätzliche Angabe der Namen und Anschriften der Kunden würde der Klägerin einen Informationsgewinn allenfalls insoweit bringen, als sie dadurch zur Überprüfung der Richtigkeit der erteilten Auskunft in der Lage wäre. Diesem Zweck diene die Auskunft aber nicht. Denn bei Zweifeln darüber, ob die Auskunft mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden sei, könne die Klägerin vom Beklagten verlangen, die Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides statt zu versichern. Andererseits bestehe auf Seiten des Konkurrenzunternehmens, der C. Versicherung, ein Interesse, dass die Daten der für sie geworbenen Kunden der Klägerin nicht bekannt würden. Dieses Interesse habe der für die C. Versicherung als Vertriebsleiter tätige Beklagte, soweit möglich, zu wahren. Im Hinblick auf Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherungen komme hinzu, dass der Beklagte sich durch die Weitergabe nicht anonymisierter Vertragsdaten gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB strafbar machen würde, wie sich aus dem vom Be-klagten zitierten , NJW 2010, 2509 ergebe.

II.

12Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

131. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen Anspruch auf Auskunft über solche Geschäfte verneint, die die dem Beklagten bei der C. Versicherung zugeordneten, aber nicht von ihm neu angeworbenen Außendienstmitarbeiter vermittelt haben.

14a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebieten es Treu und Glauben, einem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (vgl. , NJW 2007, 1806 Rn. 13 m.w.N. - Meistbegünstigungsvereinbarung). Ein aus § 242 BGB abgeleiteter unselbständiger Anspruch auf Auskunft zur Vorbereitung eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs setzt voraus, dass zumindest der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung besteht und dass ein daraus resultierender Schaden des Anspruchstellers wahrscheinlich ist (vgl. , juris Rn. 20; Beschluss vom - II ZR 277/06, BeckRS 2008, 04552 Rn. 7).

15Verletzt ein Handelsvertreter während der Laufzeit des Handelsvertretervertrags ein Wettbewerbsverbot, macht er sich regelmäßig schadensersatzpflichtig; er schuldet dem Unternehmer Ersatz des Gewinns, der diesem durch die verbotswidrige Tätigkeit des Handelsvertreters entgangen ist (vgl. , NJW 1996, 2097, 2098; Urteil vom - VIII ZR 332/07, NJW-RR 2009, 1404 Rn. 14; Urteil vom - VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 Rn. 26). Hat der Handelsvertreter verbotswidrig Geschäfte für Konkurrenzunternehmen vermittelt, kann dem Unternehmer zur Vorbereitung des Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Gewinns ein Anspruch nach § 242 BGB gegen den Handelsvertreter auf Auskunft über die verbotswidrig für Konkurrenzunternehmen vermittelten Geschäfte zustehen, da der verbotswidrig für Konkurrenzunternehmen vermittelte Umsatz als Grundlage einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO dienen kann (vgl. , NJW 1996, 2097, 2098; Urteil vom - VII ZR 133/62, NJW 1964, 817; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 86 Rn. 32). Ein Auskunftsanspruch, der den Gläubiger in die Lage versetzen soll, die für eine Schadensschätzung erforderlichen Anhaltspunkte für einen entgangenen Gewinn darzulegen, darf grundsätzlich nicht mit der Begründung verneint werden, es sei unwahrscheinlich, dass der Gläubiger mit Hilfe der erhaltenen Angaben entgangene Umsatzgeschäfte konkret darlegen könne (vgl. , NJW 2007, 1806 Rn. 15).

16b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Anspruch auf Auskunft über die Geschäfte, die die dem Beklagten bei der C. Versicherung zugeordneten, aber nicht von ihm neu angeworbenen Außendienstmitarbeiter vermittelt haben, nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden, es fehle am Kausalzusammenhang mit der Verletzung des Wettbewerbsverbots. Denn es ist möglich, dass die Tätigkeit des Beklagten als Vertriebsleiter bei der C. Versicherung jedenfalls für einen Anteil des Geschäftsvermittlungsvolumens bei den vom Beklagten angeleiteten, aber nicht von ihm neu angeworbenen Außendienstmitarbeitern, etwa durch Steigerung dieses Volumens, ursächlich war. Des Weiteren ist ein Gewinnentgang bei der Klägerin in der Weise möglich, dass der Beklagte bei einer Tätigkeit für die Klägerin in dem fraglichen Zeitraum als Teamleiter auf eine entsprechende Weise auf das Geschäftsvermittlungsvolumen Einfluss genommen hätte, wovon die Klägerin profitiert hätte. Die genannte Auskunft kann als Grundlage einer Schätzung des der Klägerin insoweit entgangenen Gewinns dienen. Dem Umstand, dass die Tätigkeit des Beklagten bei der C. Versicherung nur für einen Anteil des Geschäftsvermittlungsvolumens bei den vom Beklagten angeleiteten, aber nicht von ihm neu angeworbenen Außendienstmitarbeitern ursächlich war, kann gegebenenfalls im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO Rechnung getragen werden.

17c) Der Beklagte war deshalb zu der begehrten Auskunft zu verurteilen. Der Senat kann selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Der Beklagte hat weder in der Revisionsinstanz noch in den Tatsacheninstanzen Gründe vorgebracht, die es rechtfertigen würden, den Auskunftsanspruch im Hinblick auf ein Geheimhaltungsinteresse zu verneinen. Der Beklagte hat nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts gegen die erstinstanzliche Verurteilung zur Auskunftserteilung keine Einwände erhoben. Unbegründet ist auch der in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand, der Antrag sei zu unbestimmt. Die gegebene Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft bietet eine hinreichende Grundlage für eine etwaige Vollstreckung.

182. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Nennung der Namen und Anschriften der Versicherungsnehmer bezüglich der außerhalb der Sparten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung vermittelten Versicherungsverträge verneint hat.

19a) Bei der Zubilligung eines Auskunftsanspruchs nach § 242 BGB sind insbesondere die beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen (vgl. , BGHZ 148, 26, 32 - Entfernung der Herstellungsnummer II). Die Auskunftspflicht richtet sich nach Art und Umfang in Anwendung der Grundsätze von § 242 BGB nach den Bedürfnissen des Gläubigers unter schonender Rücksichtnahme auf die Belange des Schuldners (vgl. , NJW-RR 1987, 1521 - Briefentwürfe). Insbesondere ist zu berücksichtigen, ob der Schuldner ein Geheimhaltungsinteresse bezüglich der geforderten Angaben geltend macht und ob dieses Interesse schutzwürdig ist (vgl. , NJW 2007, 1806 Rn. 18). Das Informationsinteresse des Gläubigers und ein etwa geltend gemachtes schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Schuldners sind gegebenenfalls gegeneinander abzuwägen (vgl. , BGHZ 107, 161, 167 - Offenend-Spinnmaschine).

20b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht auch einen Anspruch auf Nennung der Namen und Anschriften der Versicherungsnehmer bezüglich der außerhalb der Sparten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung vermittelten Verträge verneint hat. Eine Abwägung ergibt, dass die Nachteile einer solchen Nennung für den Beklagten deren Vorteile für die Klägerin überwiegen.

21Zur Vorbereitung des Anspruchs auf Ersatz des der Klägerin entgangenen Gewinns sind die Namen und Anschriften der Versicherungsnehmer nicht unmittelbar erforderlich. Diese Angaben ermöglichen für sich genommen keine Schätzung des entgangenen Gewinns auf der Grundlage vermittelter Verträge. Das von der Revision angeführte Interesse der Klägerin, die Richtigkeit einer vom Beklagten erteilten Auskunft zu überprüfen, rechtfertigt die Erstreckung der Auskunft auf die Namen und Anschriften der Versicherungsnehmer im Streitfall nicht. Grundsätzlich kann sich ein Auskunftsanspruch allerdings auch auf Umstände erstrecken, die dem Gläubiger eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit einer Auskunft ermöglichen (vgl. , GRUR 1980, 227, 233 - Monumenta Germaniae Historica; vgl. ferner , BGHZ 148, 26, 37 - Entfernung der Herstellungsnummer II). Im Streitfall überwiegt indes das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse das Informationsinteresse der Klägerin an der Nennung der Namen und Anschriften der Versicherungsnehmer. Zu berücksichtigen ist, dass eine solche Nennung nicht geeignet ist, die Vollständigkeit einer vom Beklagten erteilten Auskunft über vermittelte Verträge verlässlich zu belegen, da aus der Nennung von Namen und Anschriften von Versicherungsnehmern nicht hervorgeht, ob weitere Verträge vermittelt wurden. Zu Gunsten des Beklagten ist als gewichtig zu berücksichtigen, dass es sich bei den Namen und Anschriften der Versicherungsnehmer um Angaben handelt, die wettbewerblich besonders sensibel und die zudem auf natürliche Personen bezogen sind, deren informationelles Selbstbestimmungsrecht durch eine solche Auskunft tangiert würde. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass auf Seiten des Konkurrenzunternehmens, der C. Versicherung, ein Interesse besteht, dass die Namen und Anschriften der für sie geworbenen Kunden der Klägerin nicht bekannt werden, und dass der Beklagte als Vertriebsleiter dieses Interesse, soweit möglich, zu wahren hat.

22Entsprechendes gilt für die Namen und Anschriften der für die Partnerunternehmen der C. Versicherung geworbenen Versicherungsnehmer. Es kann dahinstehen, ob das Geheimhaltungsinteresse des Beklagten an den Namen und Anschriften der Versicherungsnehmer unbeschadet ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung weniger oder gar nicht schutzwürdig wäre, wenn die C. Versicherung oder deren Partnerunternehmen an der Verletzung des Wettbewerbsverbots vorsätzlich mitgewirkt hätten. Das Berufungsgericht hat Derartiges nicht festgestellt. Anhaltspunkte dafür sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Revision konzediert, dass die Parteien zu einer mittelbaren Täterschaft der C. Versicherung bezüglich der Verletzung des Wettbewerbsverbots in den Tatsacheninstanzen keinen Sachvortrag gehalten haben. Angesichts des begrenzten Werts, den eine Nennung der Namen und Anschriften der betreffenden Versicherungsnehmer für die Schätzung des der Klägerin entgangenen Gewinns hat, ist dem vorstehend erörterten Auskunftsbegehren auch nicht mit der von der Klägerin in ihren Antrag aufgenommenen Einschränkung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts stattzugeben.

23c) Schließlich rechtfertigt auch das weiter von der Revision angeführte Interesse der Klägerin, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob Mitarbeiter der C. Versicherung, die der Beklagte führt oder geführt hat, Kunden abgeworben haben, denen die Klägerin ursprünglich Versicherungsverträge vermittelt hatte, den Anspruch auf Nennung der Namen und Anschriften der Versicherungsvernehmer nicht. Die Revision macht insoweit geltend, dass der Klägerin Schadensersatzansprüche im Hinblick auf Folgeprovisionen (Bestandsprovisionen der Versicherer) zustünden, wenn der Beklagte seine bei der Klägerin ehemals über die ihm unterstellten Untervertreter betreuten Kunden auf die C. Versicherung übergeleitet habe. Dabei handelt es sich um eine neue, erstmals in der Revisionsinstanz angeführte Schadensberechnung auf der Grundlage neuen Tatsachenvorbringens. Solches Vorbringen kann, von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden (§ 559 Abs. 1 ZPO; vgl. , juris Rn. 13 m.w.N.). Die Revision zeigt nicht auf, dass die Klägerin in den Tatsacheninstanzen eine Auskunft zur Vorbereitung eines Anspruchs auf Ersatz desjenigen Schadens geltend gemacht hätte, der durch den Verlust von Folgeprovisionen infolge Abwerbung entstanden ist.

24d) Soweit dem , NJW 1996, 2097 bezüglich der Nennung von Kundennamen beim Anspruch des Unternehmers auf Auskunft zur Vorbereitung eines Anspruchs auf Ersatz entgangenen Gewinns etwas Abweichendes entnommen werden könnte, hält der Senat, der nunmehr für die Vertragsverhältnisse der Handelsvertreter zuständig ist, daran nicht fest.

III.

25Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 565, § 516 Abs. 3 ZPO.

Kniffka                       Eick                        Kosziol

               Jurgeleit                   Kartzke

Fundstelle(n):
DB 2013 S. 6 Nr. 44
NJW 2013 S. 8 Nr. 45
NJW 2014 S. 381 Nr. 6
WM 2013 S. 2163 Nr. 46
ZIP 2013 S. 2260 Nr. 47
QAAAE-47487