BFH Beschluss v. - VII B 188/12

Rückforderung von Zahlungen, die auf ein von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingerichtetes Anderkonto eingehen

Leitsatz

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH können Zahlungen, die auf ein von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingerichtetes Anderkonto eingehen, weder in das Schuldnervermögen noch in die Masse fallen, sondern ausschließlich dem Anwalt zustehen und von diesem nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückgefordert werden (, ZIP 2009, 531; vom IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220; vom IX ZR 118/11, ZIP 2012, 333).
Diese Rechtsprechung ist auf den abgabenrechtlichen Rückzahlungsanspruch aus § 37 Abs. 2 AO übertragbar.

Gesetze: AO § 37 Abs. 2, ZPO § 771, InsO § 35

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vorgetragenen Gründe rechtfertigen die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht.

2 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen, „ob Zahlungen auf ein oder Guthaben auf einem Rechtsanwaltsanderkonto in die Insolvenzmasse fallen und Insolvenzmasse nach § 35 InsO sind oder ob Gelder auf für die Insolvenzschuldnerin geführten Rechtsanwaltsanderkonten persönlich und unter Ausschluss der Insolvenzmasse dem Rechtsanwalt zustehen bzw. seinem Privatvermögen zuzuordnen sind”, sind höchstrichterlich geklärt bzw. stellen sich im Streitfall nicht.

3 Wie das Finanzgericht (FG) bereits zutreffend ausgeführt hat, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), dass Zahlungen, die auf ein von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingerichtetes Anderkonto eingehen, weder in das Schuldnervermögen noch in die Masse fallen, sondern ausschließlich dem Anwalt zustehen und von diesem nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückgefordert werden können (, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis —ZIP— 2009, 531; vom IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220; vom IX ZR 118/11, ZIP 2012, 333).

4 Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb diese Rechtsprechung auf den abgabenrechtlichen Rückzahlungsanspruch aus § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung nicht übertragbar sein sollte, zumal der Bundesfinanzhof im Falle von Fehlüberweisungen grundsätzlich denjenigen als rückzahlungspflichtig ansieht, der den Betrag tatsächlich erhalten hat (vgl. Klein/ Ratschow, AO, 11. Aufl., § 37 Rz 78, m.w.N.).

5 Die Frage, ob die auf dem Anderkonto eingehenden Gelder dem Privatvermögen des Anwalts zuzuordnen sind mit der Folge, dass dessen Gläubiger darauf zugreifen können, stellt sich im Streitfall nicht. Sie beantwortet sich im Übrigen aus der rechtlichen Ausgestaltung der Anderkonten als offene Vollrechtstreuhandkonten, aus denen ausschließlich der das Konto eröffnende Rechtsanwalt persönlich berechtigt und verpflichtet ist, während wirtschaftlich die auf dem Konto verwalteten Gelder dem Schuldnervermögen bzw. der Masse zugehören. Daraus folgt, dass der Kläger gegen eine Vollstreckung seiner eigenen Gläubiger in das Anderkonto Widerspruchsklage nach § 771 der Zivilprozessordnung erheben kann (so schon , BGHZ 11, 37).

6 2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

7 a) Die vermeintliche Divergenz des FG-Urteils zu den Senatsentscheidungen vom VII R 88/94 (BFHE 181, 202, BStBl II 1996, 511) und vom VII B 304/00 (BFHE 194, 338, BStBl II 2001, 525) besteht nicht. Zwar hat der Senat dort die Vollstreckung in ein „Konkurs-Anderkonto” für unzulässig erklärt, weil sich die Masseunzulänglichkeit herausgestellt hatte. Der Kläger schließt daraus zwar zutreffend, dass der Senat dieses Konto der Konkursmasse zugeordnet hat. Allerdings ist weder dem Urteil noch dem Beschluss zu entnehmen, dass jene „Konkurs-Anderkonten” dem Rechtsanwalts-Anderkonto des Streitfalls vergleichbar sind und nicht vielmehr als Sonderkonto für die Masse eingerichtet waren, für welche der Verwalter nicht als Vollrechtstreuhänder, sondern als Ermächtigungstreuhänder berechtigt war (vgl. , ZIP 1995, 225). Mangels vergleichbarer Sachverhalte ist eine Divergenz somit nicht gegeben.

8 b) Zur Notwendigkeit der Rechtsfortbildung hat der Kläger nichts vorgetragen. Sie ist auch angesichts der geklärten Rechtsfrage (s.o. 1.) nicht ersichtlich.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 1907 Nr. 12
ZIP 2013 S. 2370 Nr. 49
KAAAE-46614