Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer bei Ersatzbeschaffung von privat
Leitsatz
Ist bei der Ersatzbeschaffung von privat keine Umsatzsteuer angefallen, steht dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zu.
Gesetze: § 249 Abs 2 S 2 BGB
Instanzenzug: LG Deggendorf Az: 12 S 48/12vorgehend AG Viechtach Az: 1 C 12/12
Tatbestand
1Die Parteien streiten nach einem Verkehrsunfall vom , für den die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig ist, noch um Erstattung anteiliger Umsatzsteuer nach Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges durch den Kläger von privat.
2Mit schriftlichem Kaufvertrag vom erwarb der Kläger das Fahrzeug zum Preis von 14.700 €. Sein verunfalltes Fahrzeug wies laut Sachverständigengutachten vom einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 22.000 € brutto bzw. 18.487,40 € netto, mithin einen Umsatzsteueranteil in Höhe von 3.512,60 € auf. Die Beklagte rechnete auf Basis des Nettowiederbeschaffungswerts ab und verweigerte eine Regulierung hinsichtlich der vom Kläger begehrten anteiligen Umsatzsteuer prozentual 66,82 % in Höhe von 2.347,13 €.
3Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich der Erstattung der Umsatzsteuer abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Erstattung der anteiligen Umsatzsteuer weiter.
Gründe
I.
4Nach Auffassung des Landgerichts gilt der Grundsatz des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, dass Umsatzsteuer im Rahmen eines Schadensersatzbetrages nur zu berücksichtigen ist, wenn diese tatsächlich angefallen ist, auch im vorliegenden Fall. Dies führe dazu, dass bei einer Ersatzbeschaffung von privat, bei der Umsatzsteuer nicht anfalle, diese auch nicht zu ersetzen sei. Der Kläger habe nur Ausgaben in Höhe von 14.700 € getätigt. Der von ihm geltend gemachten - fiktiven - Umsatzsteuer auf diesen Betrag, der an privat gezahlt worden sei, stünde keine tatsächlich vom Geschädigten getätigte Ausgabe gegenüber. Dies unterscheide den Streitfall von der im Senatsurteil vom (VI ZR 91/04, BGHZ 162, 270) entschiedenen Fallgestaltung, bei der der Geschädigte nicht den Ersatz fiktiver Umsatzsteuer, sondern den Ersatz des tatsächlich für die Ersatzbeschaffung aufgewendeten Betrages begehrt habe.
II.
5Die Revision des Klägers ist unbegründet. Mit Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch auf Ersatz der anteiligen Umsatzsteuer verneint.
61. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom (BGBl. I 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der Gesetzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist. Für den Ersatz der Umsatzsteuer kommt es aber - unabhängig von dem Weg, den der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat - darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist. Sie soll nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 363/11, VersR 2013, 471 Rn. 14 f.).
7Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa beim Kauf von privat - keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. In diesem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt. Dementsprechend hat der erkennende Senat entschieden, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer dann nicht erfolgt, wenn der Geschädigte weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist (vgl. , VersR 2009, 1554 Rn. 11; vom - VI ZR 363/11, aaO Rn. 16). Dies gilt auch im Falle eines - hier vorliegenden - wirtschaftlichen Totalschadens (, BGHZ 158, 388, 389 ff.; vom - VI ZR 267/03, VersR 2004, 927, 928; vom - VI ZR 91/04, aaO, 273 mwN).
82. Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger kein Anspruch auf Ersatz anteiliger Umsatzsteuer zu, denn bei der Ersatzbeschaffung von privat ist keine Umsatzsteuer angefallen.
9Dies steht entgegen der Auffassung der Revision nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom (VI ZR 91/04, aaO). Die damalige Fallgestaltung unterscheidet sich von dem hier vorliegenden Fall dadurch, dass der Kläger ein Ersatzfahrzeug beschafft hatte, dessen Kaufpreis den im Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert überstieg, und er seinen Schaden konkret auf Basis der Ersatzbeschaffung abgerechnet hatte. In diesem Fall hat der Senat entschieden, dass der Geschädigte im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-)Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs - unter Abzug des Restwertes - ersetzt verlangen kann, wenn er ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis erwirbt, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges entspricht oder diesen übersteigt. Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Durch die gesetzliche Neuregelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB wollte der Gesetzgeber nämlich nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes tatsächlich angefallen ist. Lediglich bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen soll sich nach der Absicht des Gesetzgebers deren Umfang mindern, indem die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten entfällt. Umsatzsteuer kann mithin nur noch dann ersetzt verlangt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung auch tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat (Senatsurteil vom - VI ZR 91/04, aaO, 273 ff.). In dieser Entscheidung hat der Senat folgerichtig zugleich ausgeführt, dass eine Umsatzsteuer nicht zu ersetzen ist, wenn sie für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa wie hier beim Kauf von privat - nicht anfällt (aaO, 274).
Galke Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr
Fundstelle(n):
BB 2013 S. 2177 Nr. 37
BFH/NV 2013 S. 1903 Nr. 11
HFR 2014 S. 79 Nr. 1
NJW 2013 S. 3719 Nr. 51
NWB-Eilnachricht Nr. 37/2013 S. 2911
GAAAE-43643