Kein Sonderausgabenabzug von Schuldgeldzahlungen für den Besuch einer Schule in den USA
Leitsatz
§ 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG setzt grundlegend voraus, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet (EU-/EWR-Raum). Schulgeldzahlungen für den Besuch einer in einem Drittland belegenen Privatschule sind auch nach der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG durch das JStG 2009 weiterhin nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.
Gesetze: EStG § 10 Abs. 1 Nr. 9, GG Art. 3 Abs. 1, AEUV Art 56, AEUV Art. 63
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt die Berücksichtigung von Schulgeldzahlungen in Höhe von 16.000 € für den Besuch der W-School in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) durch seinen Sohn (S) als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2009 geltenden Fassung (EStG).
2 Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu, da S keine —wie vom Gesetz gefordert— in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum belegene Schule oder eine Deutsche Schule im Ausland besucht habe.
3 Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah in der Beschränkung des Sonderausgabenabzugs durch § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf die in der Vorschrift aufgeführten Schulen insbesondere auch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
4 Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie das Erfordernis der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.
5 II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Weder genügt die Begründung den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO noch liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe vor.
6 1. a) Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. wenn die Beantwortung der Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 38/06, BFH/NV 2007, 757, m.w.N.). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
7 b) Nach diesen Maßstäben ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob Schulgeldzahlungen für eine Schule in den USA, deren Abschluss einem inländischen Schulabschluss an einer öffentlichen Schule (hier der Allgemeinen Hochschulreife) gleichwertig ist, als Sonderausgaben anzuerkennen sind, mangels Klärungsbedürftigkeit nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
8 § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG setzt grundlegend voraus, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet (EU-/EWR-Raum). Schulgeldzahlungen für den Besuch einer in einem Drittland belegenen Privatschule sind somit auch nach der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 vom (BGBl I 2008, 2794) weiterhin nicht als Sonderausgaben abzugsfähig. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht allein auf den erreichten oder beabsichtigten Abschluss an. Diese Sichtweise ergibt sich auch nicht aus dem (BStBl I 2009, 487). Vielmehr setzt auch dieses Schreiben ersichtlich voraus, dass die Schule entweder im EU-/EWR-Raum belegen ist oder es sich bei ihr um eine Deutsche Schule im Ausland handelt.
9 c) Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich zudem nicht daraus, dass der Kläger in der Nichtanerkennung des von ihm gezahlten Schulgeldes eine „Benachteiligung, Diskriminierung und Ungleichbehandlung” sowie eine Verletzung der Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit erblickt.
10 aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt die bloße Behauptung, eine Norm sei verfassungswidrig, nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, sofern diese nicht offenkundig ist. Vielmehr ist für die Darlegung eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom X B 217/10, BFH/NV 2011, 2082, m.w.N.).
11 Der bloße Verweis des Klägers auf die angebliche Verfassungswidrigkeit von § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG reicht zur schlüssigen Darlegung nicht aus. Das BVerfG hat die selektive Förderung durch die Vorgängerregelung als Lenkungsnorm zugunsten (bestimmter) Privatschulen als sachlich gerechtfertigt angesehen und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG verneint (vgl. Beschluss vom 2 BvR 88/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2004, 690). Zudem hat der beschließende Senat in seinen beiden Urteilen vom X R 74/95 (BFHE 183, 436, BStBl II 1997, 617) und X R 144/95 (BFHE 183, 445, BStBl II 1997, 621) dargelegt, dass eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers, den Besuch von Privatschulen jeder Art in gleicher Weise zu fördern, nicht bestehe; dem Gesetzgeber stehe insoweit ein weiter Entscheidungsspielraum zu, da es im freien Ermessen der Eltern liege, ob sie ihre Kinder an einer öffentlichen Schule, einer steuerlich begünstigten oder einer sonstigen Privatschule unterrichten ließen. Inwieweit sich hieran etwas durch die Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG geändert haben soll, legt der Kläger nicht dar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dies in der Literatur diskutiert würde.
12 bb) Auf eine Verletzung seiner Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit kann sich der Kläger von vornherein nicht berufen, da im Hinblick auf die USA als Drittstaat allein die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft —EG—, jetzt Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union —AEUV—) als europarechtlicher Prüfungsmaßstab in Betracht kommt (vgl. Senatsurteil vom X R 3/11, BFHE 237, 223, BStBl II 2012, 585, unter II.2.a). § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist hingegen nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit, sondern an der insoweit vorrangigen Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EG, Art. 56 ff. AEUV) zu messen, auf die sich der Kläger im Verhältnis zu einem Drittstaat nicht berufen kann (vgl. Senatsurteil in BFHE 237, 223, BStBl II 2012, 585, unter II.2.b und c).
13 2. Aus den gleichen Gründen ist die Revision nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen, da es sich bei dem Erfordernis einer Revisionsentscheidung zur Rechtsfortbildung um einen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung handelt (vgl. , BFH/NV 2011, 2043).
14 3. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 1416 Nr. 9
EStB 2013 S. 339 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 33/2013 S. 2611
ZAAAE-41590