Universitäre Schwerpunktbereichsprüfung; prüfungsrechtliche Bestehensregelungen; Teilprüfungen; prüfungsrechtliche Gewichtungsregelung
Leitsatz
1. Eine Regelung, nach der das Nichtbestehen einer Teilprüfung zum Nichtbestehen der Gesamtprüfung führen soll, genügt den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG, wenn die Teilprüfung schon für sich genommen eine zuverlässige Grundlage für die Beurteilung der Eignung des Prüflings bietet. Ob dies der Fall ist, obliegt regelmäßig in weitem Umfang der eigenen Einschätzung des Normgebers, die gerichtlich nur beanstandet werden darf, wenn sie offenkundig sachlich unvertretbar ist. Im Falle der universitären Schwerpunktbereichsprüfung nach § 5 Abs. 1 Halbs. 2 DRiG unterliegt der Normgeber wegen der Verklammerung dieser Prüfung mit der staatlichen Pflichtfachprüfung zur ersten juristischen Prüfung allerdings engeren grundrechtlichen Bindungen. Soweit die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung die staatliche Pflichtfachprüfung lediglich fächerbezogen ergänzt und dieser damit in ihrer grundsätzlichen Anlage gleicht, hat sich der Normgeber an der Höhe derjenigen Eignungsanforderungen zu orientieren, die in der Ausgestaltung der Bestehensregelung für die staatliche Pflichtfachprüfung zum Ausdruck kommen.
2. Es ist Sache der Beurteilung durch den prüfungsrechtlichen Normgeber, welches Gewicht Einzelleistungen im Rahmen der Gesamtwertung zugewiesen wird. Solange die entsprechende Regelung von sachlichen Erwägungen getragen wird, ist sie gerichtlich nicht zu beanstanden, auch wenn sich eine andere Gewichtung denken ließe.
Gesetze: Art 12 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 5a Abs 2 S 4 DRiG, § 5 Abs 1 Halbs 2 DRiG, § 5d Abs 1 S 2 DRiG, MannhJuSPO BW 2003
Instanzenzug: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Az: 9 S 2003/11 Urteilvorgehend Az: 7 K 3369/09 Urteilnachgehend Az: 1 BvR 2218/13 Stattgebender Kammerbeschluss
Tatbestand
1Das Revisionsverfahren betrifft die Frage, ob Bestimmungen der Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten für den Studiengang Rechtswissenschaft vom (Juristen-Studien- und Prüfungsordnung - JuSPO) in der auf den Fall des Klägers anzuwendenden Fassung der 3. Änderungssatzung vom über die Ausgestaltung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung im Sinne von § 5 Abs. 1 Halbs. 2 DRiG - im Folgenden "Universitätsprüfung" - mit bundesrechtlichen Maßgaben im Einklang stehen. Der Kläger bestreitet dies insbesondere im Hinblick auf die Regelung in §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO, wonach die Universitätsprüfung nur besteht, wer sämtliche ihrer drei Teilprüfungen - Studienarbeit, Aufsichtsarbeit, mündliche Prüfung (vgl. § 10 Abs. 2 JuSPO) - bestanden hat.
2Der Kläger studierte seit 2007 bei der Beklagten im Studiengang Rechtswissenschaft. Im Wintersemester 2008/2009 nahm er an der Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich "Wirtschaftsrecht" teil. Seine Studienarbeit wurde mit fünf Punkten bewertet, seine Aufsichtsarbeit zunächst mit zwei Punkten und sodann in der Wiederholungsprüfung mit einem Punkt.
3Anschließend exmatrikulierte sich der Kläger und schrieb sich an einer anderen Universität ein.
4Das vom Kläger angerufene Verwaltungsgericht hat antragsgemäß festgestellt, der Kläger sei zur Fortsetzung der Universitätsprüfung bei der Beklagten berechtigt. Die Bestehensregelung in §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO sei wegen Verstoßes gegen höherrangiges Landesrecht unwirksam. Aufgrund von § 32 Abs. 1 der Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen (Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung - JAPrO BW) dürfe es ausschließlich darauf ankommen, dass die Gesamtnote mindestens im Bereich der Notenstufe "ausreichend" liege. Dem universitären Normgeber sei es danach verwehrt, die weitergehende Bestehensanforderung aufzustellen, dass sämtliche Teilprüfungen bestanden sein müssten. Die Exmatrikulation des Klägers habe nicht zum Erlöschen seines Prüfungsanspruchs geführt.
5Der Kläger legte in der Folgezeit bei der Beklagten die mündliche Prüfung ab und erzielte hierbei eine Benotung mit fünf Punkten.
6Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem angefochtenen Urteil der Berufung der Beklagten stattgegeben. § 32 Abs. 1 JAPrO BW belasse den Universitäten die Befugnis, das Bestehen der Universitätsprüfung von der weiteren Voraussetzung abhängig zu machen, dass sämtliche ihrer Teilprüfungen bestanden sein müssen. Diese Maßgabe verstoße nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Zumindest im Fall des von der Beklagten eingerichteten Schwerpunktbereichs Wirtschaftsrecht rechtfertige das Versagen in einer der Teilprüfungen bereits den Schluss, der Prüfling sei nicht hinreichend qualifiziert, um das Gesamtziel des Studiums und den damit verbundenen berufsqualifizierenden Abschluss zu erreichen. Sämtliche Teilprüfungen würden große Teile des Stoffes abdecken. Jede der hierbei abgeprüften Fähigkeiten könne als für das Berufsbild des umfassend ausgebildeten Juristen auf der Stufe der Ersten Prüfung wesentlich angesehen werden. Der Kläger habe, nachdem er die im ersten Anlauf nichtbestandene Aufsichtsarbeit auch im zweiten Anlauf nicht bestanden habe, die Universitätsprüfung endgültig nicht bestanden, so dass sein Prüfungsanspruch erloschen sei. Für eine Wiederholung der Gesamtprüfung lasse die JuSPO keinen Raum.
7Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Feststellungsbegehren weiter. §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO verstoßen nach seiner Auffassung gegen § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG, gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowie gegen Art. 12 Abs. 1 GG.
8Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und hält §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO für bundesrechtskonform, insbesondere auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG: Sämtliche Teilprüfungen würden Kenntnisse und Fähigkeiten abfordern, die im Lichte des Studienziels des Schwerpunktstudiums als unabdingbar anzusehen seien und daher als für die Beurteilung der Qualifikation der Kandidaten ausschlaggebend behandelt werden dürften.
9Der Beigeladene hat sich in der mündlichen Verhandlung der Auffassung der Beklagten im Wesentlichen angeschlossen.
Gründe
10Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und erweist sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die durch die Vorinstanz getroffenen Tatsachenfeststellungen bieten für den Senat eine ausreichende Grundlage, um in der Sache selbst zu entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils des Verwaltungsgerichts.
111. Die entscheidungstragende Annahme im angefochtenen Urteil, der Prüfungsanspruch des Klägers sei bereits infolge seines Scheiterns in der Aufsichtsarbeit erloschen, verletzt Bundesrecht. Denn die Bestehensregelung aus §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO, auf die der Verwaltungsgerichtshof diese Annahme gestützt hat, verstößt - legt man die durch §§ 5 f. DRiG mitgeprägte Zweckrichtung der Universitätsprüfung zugrunde - gegen Art. 12 Abs. 1 GG (unten c.). Hingegen verstößt sie weder gegen § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG (unten a.) noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG (unten b.).
12a. § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG, der gebietet, die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung zu gewährleisten, steht §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO nicht entgegen.
13Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger sich auf diese Bestimmung berufen kann. Ausweislich ihrer Entstehungsgeschichte zielt sie aus im Wesentlichen prüfungs- bzw. berufspolitischen Gründen darauf ab, die inhaltliche Gleichwertigkeit der Abschlüsse im Bundesgebiet zu sichern ( BVerwG 6 C 19.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 412 Rn. 29 m.w.N.). Dies lässt die Deutung zu, der Bundesgesetzgeber habe mit ihr rein objektiv-rechtliche Bindungen der Normgeber in den Ländern schaffen wollen, zumal zur Wahrung der subjektiven Belange der Prüfungsteilnehmer in Gestalt der insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden allgemeinen Grundsätze des Prüfungsrechts bereits ein ebenso umfangreiches wie inhaltlich ausdifferenziertes Bündel an Vorgaben existiert, in dessen Licht für den Bundesgesetzgeber Bedarf am Erlass zusätzlicher einfachgesetzlicher Schutznormen kaum ersichtlich sein konnte. Reglementierungsbedarf dürfte der Bundesgesetzgeber ohnehin weniger im Hinblick auf vereinzelte Überhöhungen prüfungsrechtlicher Anforderungen gesehen haben, denen Betroffene regelmäßig schon durch Verlegung des Ausbildungs- und Prüfungsorts ausweichen können, als vielmehr im Hinblick auf die Gefahr regionaler Niveauabflachungen, welche die Wertigkeit andernorts erworbener Abschlüsse auszuhöhlen drohen und nicht hinreichend qualifizierten Personen den Zugang zum Richteramt (vgl. § 5 Abs. 1 Halbs. 1 DRiG) ebnen könnten. Dieser Gefahr kann bezeichnenderweise mit Mitteln subjektiven Rechtsschutzes nicht begegnet werden.
14Zweifelhaft ist des Weiteren, ob eine prüfungsrechtliche Bestehensregelung der hier in Rede stehenden Art als "Prüfungsanforderung" im Sinne von § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG anzusehen ist. Der Wortsinn dieses Begriffs wie auch die prüfungs- bzw. berufspolitische Zweckrichtung der Vorschrift legen nahe, hierunter nur solche Vorgaben zu fassen, die den Prüfungsinhalt betreffen, d.h. Gegen-stand und Umfang der abgeforderten Prüfungsleistungen festlegen und so unmittelbar die inhaltliche Aussagekraft des Abschlusses prägen.
15Beide Fragen können jedoch auf sich beruhen, da ein Verstoß gegen § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG jedenfalls aus anderen Gründen ausscheidet. § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG gebietet nach der Rechtsprechung des Senats keine strikte Uniformität. Die Vorschrift steht begrenzten Abweichungen zwischen verschiedenen Prüfungsordnungen nicht entgegen (Urteil vom a.a.O. Rn. 30; BVerwG 6 B 100.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 350 S. 80). Im Lichte der mit Einführung der Universitätsprüfung verfolgten Absichten gewinnt dies erhöhte Bedeutung. Dem Gesetzgeber stand hier vor Augen, die Variationsbreite im juristischen Ausbildungs- und Prüfungswesen zu erhöhen und den Fakultäten Spielräume zu eröffnen, um unter ihnen den "Qualitätswettbewerb" zu stärken (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom , BTDrucks 14/7176 S. 1, 9; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 14/8629 S. 2, 11 f.). § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG bedarf daher gerade in Bezug auf Universitätsprüfungen einer zurückhaltenden Auslegung, zumal der Gesetzgeber eigens für diese eine Reihe prüfungsrechtlicher Vorgaben (§§ 5d Abs. 2 Satz 2 DRiG, § 5d Abs. 2 Satz 4 DRiG, § 5d Abs. 1 Satz 3 DRiG) geschaffen hat, welche die Spielräume der zuständigen Normgeber bereits zielgerichtet begrenzen. Die Vorschrift könnte daher, wäre sie überhaupt anzuwenden, allenfalls solchen universitären Bestehensregelungen entgegenstehen, die sich in gravierender Weise vom bundesüblichen Standard abheben, so dass sich in ihnen ein regelrechter Systembruch manifestiert. Diese Voraussetzung wird durch §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO nicht erfüllt. Im juristischen Prüfungswesen - auch auf universitärer Ebene - sind Bestimmungen, die für das Bestehen einer Prüfung nicht nur einen ausreichenden Gesamtdurchschnitt der erzielten Einzelnoten fordern, sondern darüber hinausgehende, auf das Bestehen einzelner Teilprüfungen bezogene Anforderungen aufstellen, vielfach verbreitet. Mögen §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO insoweit auch eine besonders weitreichende Gestaltung vornehmen, so manifestiert sich in ihnen zwar eine Abweichung vom bundesüblichen Standard, jedoch kein Systembruch.
16b. §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO verstoßen entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie von den an anderen Universitäten in Baden-Württemberg für rechtswissenschaftliche Studiengänge geltenden Bestehensregelungen abweichen. Der Kläger verkennt, dass die Ausgestaltung der Prüfung durch andere Universitäten keinen im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG relevanten Vergleichsmaßstab abgibt. Der in Art. 3 Abs. 1 GG wurzelnde Gleichheitsanspruch richtet sich nur gegen den nach der Kompetenzverteilung zuständigen Träger öffentlicher Gewalt. Regeln verschiedene Hoheitsträger vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich, so liegt hierin keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung der jeweiligen Normadressaten im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <241>, vom - 2 BvR 413/88, 1300/93 - BVerfGE 93, 319 <351> und vom - 2 BvR 1619, 1628/83 - BVerfGE 79, 127 <158>; Kischel, in: Epping/Hillgruber, Beck-OK GG, Stand , Art. 3 Rn. 95 f.).
17c. §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO verstoßen jedoch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Sie sind nicht hinreichend geeignet, den Zweck der Universitätsprüfung zu verwirklichen, und erweisen sich insofern als unverhältnismäßig. Der Zweck der Universitätsprüfung wird maßgeblich mit durch die in §§ 5 ff. DRiG vorgenommene Verklammerung von Universitätsprüfung und staatlicher Pflichtfachprüfung zur ersten juristischen Prüfung bestimmt. Danach dient auch die Universitätsprüfung der Feststellung, ob der Prüfling für den juristischen Vorbereitungsdienst (§ 5b DRiG) geeignet ist. Der universitäre Normgeber darf die Universitätsprüfung nicht an Qualifikationsmaßstäben ausrichten, die strukturell von den für die staatliche Pflichtfachprüfung geltenden Qualifikationsmaßstäben abweichen und denen insofern eine andere Vorstellung von der Eignung zugrunde liegt, die für den Eintritt in den Vorbereitungsdienst erforderlich sein soll. Tut er dies - wie hier durch Erlass der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO - dennoch, wird die mit einer negativen Prüfungsentscheidung verbundene Aussage, der Prüfling weise nicht die mit der Prüfung nachzuweisende Befähigung auf, nicht auf einer durch den Prüfungszweck gedeckten Grundlage getroffen. Im Einzelnen:
18aa. Regelungen, die für die Aufnahme eines Berufs den Nachweis erworbener Fähigkeiten durch Bestehen einer Prüfung verlangen, greifen in die Freiheit der Berufswahl ein und bedürfen daher einer den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügenden Rechtfertigung (vgl. , 138/87 - BVerfGE 84, 59 <72>; a.a.O. Rn. 21, stRspr). Dies gilt auch für Bestimmungen, welche im Detail diejenigen Anforderungen festlegen, die erfüllt sein müssen, um eine solche Prüfung mit Erfolg abzulegen. Einzuschließen ist der Fall, dass eine Prüfung - so wie hier die Universitätsprüfung - zwar selbst noch nicht unmittelbar den Zugang zu einem reglementierten Beruf eröffnet, ihr Bestehen aber Voraussetzung für den Eintritt in weitere Ausbildungs- und Prüfungsetappen auf dem Weg dorthin bildet (vgl. etwa für studienbegleitende Leistungskontrollen: BVerwG 7 B 108.86 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 233 S. 297).
19bb. Die Anforderung, dass Eingriffe in die Berufsfreiheit einer gesetzlichen Grundlage bedürfen (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG), ist im vorliegenden Fall erfüllt.
20(1) Die für die Universitätsprüfung geltenden Bestehensregelungen musste der parlamentarische Gesetzgeber nicht selbst festlegen. Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes verpflichten ihn zwar, in dem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrechtsbereich die wesentlichen Entscheidungen über die Ausbildung und Prüfung selbst zu treffen (stRspr; vgl. nur BVerwG 7 B 160.87 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 244 S. 28 m.w.N.; vgl. allgemein , 4/07 - BVerfGE 123, 39 <78>). Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch geklärt, dass neben Vorschriften über den Prüfungsstoff, das Prüfungssystem und die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens auch die Festlegung der Bestehensvoraussetzungen in aller Regel nicht zu diesen dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehaltenen Leitentscheidungen gehören (Beschluss vom a.a.O. m.w.N.). Insoweit wird den Anforderungen von Rechtsstaats- und Demokratieprinzip bereits dadurch hinreichend Genüge getan, dass der parlamentarische Gesetzgeber durch die Vorgabe von Ziel und Inhalt der Ausbildung - wie hier insbesondere in §§ 5 Abs. 1 Halbs. 2, 5a Abs. 2 Satz 4 DRiG geschehen - die Regelungen auf untergesetzlicher Ebene nach Tendenz und Programm begrenzt und berechenbar macht (vgl. BVerwG 7 C 54.82 - BVerwGE 68, 69 <72> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 186 S. 153), zumal die prüfungsrechtliche Rechtsetzung auch auf untergesetzlicher Ebene in weitreichendem Maße bereits durch Grundsätze gesteuert wird, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben (vgl. Urteil vom a.a.O. S. 74 bzw. 154).
21(2) Auch Satzungsvorschriften weisen den von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geforderten Rechtssatzcharakter auf (, 308/64 - BVerfGE 33, 125 <155>; BVerwG 6 B 80.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 341). Ebenso gilt dies für Verordnungsvorschriften. Die vom Verwaltungsgerichtshof offen gelassene Frage, ob der Erlass der Prüfungsordnung dem Bereich der akademischen Selbstverwaltung zuzurechnen ist oder es sich um einen Fall der Rechtssetzung im staatlichen Aufgabenbereich auf der Grundlage einer entsprechenden Delegation staatlicher Befugnisse handelt - was dann dafür sprechen könnte, der JuSPO ungeachtet ihrer Bezeichnung Verordnungscharakter zuzusprechen - bedarf daher auch an dieser Stelle keiner Vertiefung.
22(3) Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, die Regelung der Bestehensvoraussetzungen für die Universitätsprüfung hätte abschließend auf Ebene der JAPrO BW erfolgen und nicht der Beklagten überlassen werden dürfen.
23Das Bundesrecht enthält keine Vorgaben, die dem Gesetz- oder Verordnungsgeber im Land generell verwehren würden, die nähere Ausgestaltung der Universitätsprüfung - wie hier durch § 26 Abs. 2 JAPrO BW ausdrücklich vorgesehen - der Regelung auf Universitätsebene zu überlassen. Der Verweis auf das Landesrecht in § 5d Abs. 6 DRiG enthält kein Verbot der Weiterdelegation. Dem Bundesgesetzgeber ging es - wie bereits angesprochen - bei Einführung der Universitätsprüfung gerade darum, den Universitäten eigene Gestaltungsräume zu eröffnen.
24Bundesrechtlich gefordert ist - als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips - alleine, dass die universitäre Regelungsbefugnis hinreichend bestimmt sachlich umrissen wird (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, S. 9 Fn. 12). Hieran kann im vorliegenden Fall in Ansehung der zahlreichen Vorgaben der JAPrO BW zu Prüfungsziel (§ 1 Abs. 2 Satz 2), Prüfungsgegenstand und Umfang des Prüfungsstoffs (§§ 27 Abs. 1 und 2, 28, 29) sowie zur Zahl und Bewertung von Prüfungsleistungen (§ 33) kein Zweifel bestehen. Mit diesen Vorgaben hat der Verordnungsgeber entsprechend der - ihrerseits offenkundig den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen genügenden - Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz - JAG BW) "Rahmenvorgaben für die Prüfung" erlassen, welche die Rechtssetzung auf Ebene der Universität eingrenzen und inhaltlich anleiten. Soweit der Universität noch Regelungsspielräume verbleiben, ergeben die engmaschigen prüfungsrechtlichen Grundsätze, die aus der Verfassung abzuleiten und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Verwaltungsgerichte näher ausgeformt sind, zusätzliche Orientierungspunkte; dies gilt namentlich auch - wie sich im Weiteren erweisen wird - in Bezug auf den Erlass von Bestehensregelungen der hier in Rede stehenden Art.
25cc. Grundrechtseingriffe müssen, um verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu sein, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dieser verlangt, dass der Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient und als Mittel zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. , 595/07 - BVerfGE 120, 274 <318 f.>; stRspr). Diesen Anforderungen genügen §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO nicht in jeder Hinsicht.
26(1) Ist die Durchführung einer Prüfung in mehreren Teilprüfungen vorgesehen, wird hierdurch die Beurteilungsgrundlage verbreitert und so die Treffsicherheit des Befähigungsurteils erhöht, das mit der Prüfungsentscheidung über den Prüfling ausgesprochen wird. Bestehensregelungen, die an den Misserfolg in einer Teilprüfung bereits das Nichtbestehen der Gesamtprüfung knüpfen, laufen Gefahr, die Treffsicherheit dieses Befähigungsurteils zu verringern. Denn danach reduziert sich unter Umständen - nämlich bei Nichtbestehen der Teilprüfung - seine empirische Basis auf eine bloße Teilmenge der im Prüfungsverfahren erbrachten Leistungen, während die übrigen erbrachten Leistungen im Rahmen der Prüfungsentscheidung gänzlich außer Betracht bleiben. Wie der Senat bereits früher entschieden hat, genügen solche Regeln den verfassungsrechtlichen Anforderungen nur, wenn die Teilprüfung, deren Nichtbestehen zum Nichtbestehen der Gesamtprüfung führen soll, schon für sich genommen eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bietet (Beschlüsse vom - BVerwG 6 B 3.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 347 S. 62 f. und vom - BVerwG 6 B 73.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 338 S. 46 f.; vgl. auch , 174/84 - BVerfGE 80, 1 <35>). Tut sie dies nicht, nimmt der Zufallsfaktor im Rahmen der Prüfungsentscheidung überhand und ist eine solche Regel daher schon nicht geeignet, den ihr zugedachten Zweck in rationaler Weise zu erfüllen, diejenigen Prüflinge zu ermitteln, die nicht die Tauglichkeit aufweisen, welche mit der Prüfung nachgewiesen werden sollen.
27Eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage kann eine Teilprüfung dann bieten, wenn gerade durch sie eine Fähigkeit nachgewiesen wird, die als unerlässlicher, nicht ausgleichsfähiger Bestandteil derjenigen Qualifikation anzusehen ist, die mit der Prüfung insgesamt nachgewiesen werden soll. Eine solche Fähigkeit mag beispielsweise in der Beherrschung einer bestimmten Fachmaterie oder, gegebenenfalls hiermit kombiniert, einer bestimmten Bearbeitungs- oder Darstellungsmethode bestehen, die nur in der betroffenen Teilprüfung abgeprüft werden. Der Normgeber mag aber auch die Auffassung verfolgen, ein positives Befähigungsurteil sei überhaupt nur bei durchgängiger Erzielung mindestens ausreichender Einzelleistungen gerechtfertigt; dann soll jede Teilprüfung mittelbar auch dem Nachweis der Fähigkeit zur fachbezogenen Leistungskonstanz dienen.
28Ob einer dieser Begründungsansätze im konkreten Fall sachlich verfängt, obliegt in erster Linie der Beurteilung durch den Normgeber, dem Art. 12 Abs. 1 GG insoweit beträchtliche Einschätzungsspielräume eröffnet. Mit der Entscheidung, die Beherrschung einer bestimmten Fachmaterie, einer bestimmten methodischen Fertigkeit oder die Fähigkeit zur Leistungskonstanz seien für den Prüfungserfolg unverzichtbar, wird zugleich über Zuschnitt und Niveau der Befähigung entschieden, die mit der Ausbildung erworben und mit der Prüfung belegt werden soll, d.h. es werden hiermit berufliche oder akademische Qualifikationsanforderungen festgelegt. Diesbezüglich beschränkt sich aber die grundrechtliche Bindung des Normgebers auf das Gebot der Wahrung eines sachlichen Zusammenhangs mit den Anforderungen des betreffenden Berufs (vgl. BVerwG 7 C 118.86 - BVerwGE 78, 55 <57> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 242 S. 15). Sogar ein gewisser "Überschuss" an Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als zulässig zu erachten (vgl. - BVerfGE 73, 301 <320> m.w.N.; aufgegriffen durch a.a.O. S. 57 bzw. 15). In dieser zurückhaltenden Linie kommt zum Ausdruck, dass die Definition beruflicher und akademischer Qualifikationsstandards vorwiegend Sache politisch wertender Gestaltung und durch die Verfassung im Kern nicht vorentschieden ist.
29Zu verneinen ist die Frage, ob eine Teilprüfung eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bietet und insofern den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG standhält, im Allgemeinen daher nur dann, wenn die Einschätzung, gerade durch sie werde eine als unerlässlich einzustufende Fähigkeit abgeprüft, sachlich nicht vertretbar erscheint, d.h. wenn offenkundig ist, dass keiner der vorgenannten Begründungsansätze und auch kein nachvollziehbarer sonstiger Begründungsansatz sich im konkreten Fall als tragfähig erweist. Diese Maßgabe, mit der die Einstufung einer Bestehensregelung nach dem Muster von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO als ungeeignet im Ergebnis auf besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt bleiben wird, steht im Einklang mit dem in der Grundrechtsjudikatur des Bundesverfassungsgerichts allgemein anerkannten Befund, dass die Verfassung dem Gesetzgeber für die Beurteilung der Eignung der von ihm für die Durchsetzung der gesetzgeberischen Regelungsziele gewählten Mittel einen Einschätzungsspielraum zubilligt (vgl. etwa - BVerfGE 104, 337 <347 f.>). Sie fügt sich in die prüfungsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insofern wertungssystematisch stimmig ein, als dort etwa im Hinblick auf die Zahl zugelassener Wiederholungsversuche, auf die Ausgestaltung von Gewichtungsregeln oder auf die Auswahl und Verteilung des Prüfungsstoffs - also im Hinblick auf Rahmenbedingungen, von denen die praktische Wirkungsschärfe einer Regel nach dem Muster von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO entscheidend mitbestimmt wird - gleichfalls durchgängig die Gestaltungsfreiheit des Normgebers bzw. der Prüfungsverwaltung betont worden ist (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 7 B 178.90 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 285 S. 167, vom - BVerwG 7 B 51, 58 u. 59.85 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 218 S. 256 und vom - BVerwG 7 B 25.82 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 173 S. 121).
30(2) Speziell im hier betroffenen Fall der juristischen Universitätsprüfung unterliegt der universitäre Normgeber allerdings engeren Bindungen als ein prüfungsrechtlicher Normgeber im Normalfall. Die Eignungsziele, an denen das Schwerpunktbereichsstudium und die Universitätsprüfung auszurichten sind, stehen in bestimmten Eckdaten nicht zu seiner Disposition. § 5 Abs. 1 Halbs. 2 DRiG legt fest, dass die Universitätsprüfung zusammen mit der staatlichen Pflichtfachprüfung die erste juristische Prüfung bildet. Die Bestimmung richtet hiermit beide gemeinsam in erster Linie auf den Zweck aus, die Befähigung für den anschließenden juristischen Vorbereitungsdienst festzustellen (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 JAPrO BW). Hierdurch wird der Gestaltungsspielraum des universitären Normgebers im Ergebnis eingeengt. Er darf keine Bestehensregelung für die Universitätsprüfung erlassen, in der Eignungsanforderungen zum Ausdruck kommen, die nicht hinreichend auf diesen bundesrechtlich vorgegebenen Prüfungszweck der Universitätsprüfung abgestimmt sind.
31(a) Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 DRiG dienen die Schwerpunktbereiche der Ergänzung des Studiums, der Vertiefung der mit ihnen zusammenhängenden - den Gegenstand der staatlichen Pflichtfachprüfung bildenden - Pflichtfächer sowie der Vermittlung interdisziplinärer und internationaler Bezüge des Rechts. Die Ergänzungsfunktion des Schwerpunktbereichs setzen die universitären Studien- und Prüfungsordnungen durch die Anreicherung des Ausbildungs- und Prüfungsstoffs der Pflichtfächer um zusätzliche Ausbildungs- und Prüfungsinhalte um. Die in § 5a Abs. 2 Satz 4 DRiG weiter angelegte Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zielt ausweislich des Gesetzeswortlauts sowie auch der Gesetzesmaterialien demgegenüber insbesondere auf die Erweiterung und Verfeinerung des allgemeinen wissenschaftlich-methodischen Rüstzeugs der Studierenden (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom , BTDrucks 14/8629 S. 12, sowie die dortigen Bezugnahmen auf die Reformforderungen des sog. Ladenburger Manifests, NJW 1997, 2935 ff., und die Vorschläge von Ernst-Wolfgang Böckenförde im Rahmen eines erweiterten Berichterstattergesprächs; vgl. insoweit auch die Stellungnahme Böckenfördes im Rahmen einer Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses im Jahr 2001, Anhang zum Protokoll der 83. Sitzung des Rechtsausschusses vom , S. 64 f.).
32(b) Soweit der Schwerpunktbereich, im Rahmen seiner Ergänzungsfunktion, den Pflichtfachbereich lediglich fächerbezogen um weitere Inhalte des Ausbildungs- und Prüfungsstoffs ergänzt und diesem damit in seiner grundsätzlichen Anlage gleicht, hat sich der universitäre Normgeber bei Ausgestaltung der Bestehensregelungen an der Höhe derjenigen Eignungsanforderungen zu orientieren, die in der Ausgestaltung der Bestehensregelung der staatlichen Pflichtfachprüfung zum Ausdruck kommen. Wäre er dieser Pflicht ledig, würde in beiden Abschnitten der ersten juristischen Prüfung - und zwar dort, wo sie strukturell vergleichbar sind - ein jeweils unterschiedliches Maß an juristischer Qualifikation über den Prüfungserfolg entscheiden. Dies wäre mit ihrer prüfungsrechtlichen Verklammerung und ihrer gemeinsamen Ausrichtung auf die Feststellung der Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst nicht in Einklang zu bringen. Dass gerade dem staatlichen Normgeber im Hinblick auf die Definition der Eignungsstandards das Primat gegenüber dem universitären Normgeber zukommt, ist in der Ergänzungsfunktion des Schwerpunktbereichs bereits logisch angelegt. Dementsprechend verweist § 5d Abs. 6 DRiG hinsichtlich der prüfungsrechtlichen Ausgestaltung beider Prüfungsabschnitte auf das "Landesrecht". Hieraus folgt - wie oben bereits ausgeführt - zwar kein prinzipielles Verbot der Weiterdelegation an den universitären Normgeber, wohl aber die Maßgabe, dass es dem Landesgesetzgeber zukommt, diesem wesentliche prüfungsrechtliche Eckdaten verbindlich vorzugeben.
33(c) Soweit der Schwerpunktbereich den Pflichtfachbereich nicht lediglich um zusätzliche Fachmaterien ergänzt, sondern in ihm - im Rahmen der Vertiefungsfunktion - qualitativ eigenständige bzw. weitergehende Qualifikationsziele verfolgt werden, eröffnen sich dem Normgeber konsequenterweise breitere prüfungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. Den Regelungen der Pflichtfachprüfung sind insoweit keine bindenden Eignungsstandards zu entnehmen.
34(3) Gemessen an den vorstehenden Maßstäben hat die Beklagte mit dem Erlass der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO ihren prüfungsrechtlichen Gestaltungsspielraum überschritten und eine Bestehensregelung erlassen, die nicht hinreichend geeignet ist, den der Universitätsprüfung im Lichte von §§ 5, 5a Abs. 2 DRiG zugedachten Zweck zu erfüllen, (nur) die für den juristischen Vorbereitungsdienst ungeeigneten Kandidaten zu ermitteln.
35(a) Im Rahmen der staatlichen Pflichtfachprüfung lässt die JAPrO BW - nur leicht modifiziert durch die Regelung in ihrem § 16 - eine Kompensation nicht bestandener Teilprüfungen durch die in anderen Teilprüfungen erzielten Ergebnisse - auch fächerübergreifend - zu. Der staatliche Normgeber bringt hiermit zum Ausdruck, dass den in einzelnen Teilprüfungen jeweils abgeprüften fachlichen Kenntnissen bzw. Fertigkeiten nicht bereits für sich genommen, sondern nur in ihrer Summe Ausschlag gebendes Gewicht für die Beurteilung der Befähigung der Prüflinge zukommen darf. Hieraus tritt als Maßstab zutage, dass die Eignung für den Vorbereitungsdienst nicht entfällt, wenn der Prüfling nur partielle Leistungsschwächen in einzelnen Fachmaterien offenbart.
36(b) Hingegen ist bei Zugrundelegung von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO einem Prüfling bereits wegen mangelhafter Beherrschung des Stoffs der obligatorischen Lehrveranstaltungen ("Allgemeiner Teil" - vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 JuSPO zur Aufsichtsarbeit) oder des Stoffs des Wahlbereichs ("Besonderer Teil" - vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 JuSPO zur mündlichen Prüfung) oder wegen des Nichtbestehens der Studienarbeit (vgl. § 13 JuSPO) der Erfolg in der Universitätsprüfung und hiermit - da das Bestehen der ersten juristischen Prüfung das Bestehen sowohl der Universitätsprüfung als auch der staatlichen Pflichtfachprüfung voraussetzt (§ 5d Abs. 2 Satz 4 DRiG) - der Eintritt in den Vorbereitungsdienst versagt. Einzelne Abschnitte des Prüfungsstoffs der Universitätsprüfung werden auf diese Weise hinsichtlich der ihnen vom universitären Normgeber beigemessenen Aussagekraft verabsolutiert. Von dem Ansatz der JAPrO BW, wonach zutage tretende partielle Leistungsschwächen die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst noch nicht entfallen lassen, weicht dieser Ansatz ersichtlich ab.
37(c) Im Lichte des oben Gesagten überschreitet der universitäre Normgeber mit diesem verabsolutierenden Ansatz seinen Gestaltungsspielraum nicht, soweit eine Teilprüfung in besonderer Weise auf die Ermittlung der wissenschaftlich-methodischen Fertigkeiten der Prüflinge ausgerichtet ist und sich mithin eindeutig der Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zuordnen lässt. Dies ist hier im Hinblick auf die Studienarbeit der Fall, mit der nach § 13 Abs. 1 Satz 2 JuSPO der Prüfling zeigen soll, "dass er in der Lage ist, innerhalb der vorgesehenen Frist ein Thema (...) selbständig nach wissenschaftlichen Methoden zu bearbeiten". Hingegen tritt im Hinblick auf die Aufsichtsarbeit sowie im Hinblick auf die mündliche Prüfung schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der §§ 11 f. JuSPO hervor, dass in ihnen vorwiegend - in einer den entsprechenden Teilprüfungen der staatlichen Pflichtfachprüfung strukturell vergleichbaren Weise - der Grad an fachlicher Stoffbeherrschung abgeprüft wird ("Gegenstand ... ist der Stoff der ..."). Sie sind daher stärker der Ergänzungsfunktion als der Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zuzuordnen. Folglich greift hier das Erfordernis einer Kongruenz der Eignungsstandards zwischen Pflichtfach- und Universitätsprüfung - mit der Folge für den universitären Normgeber, dass er partielle Leistungsschwächen, die zum Nichtbestehen dieser Teilprüfungen führen, nicht dafür heranziehen darf, dem Prüfling insgesamt die Eignung für den Eintritt in den juristischen Vorbereitungsdienst abzusprechen. Insofern bilden weder die Aufsichtsarbeit noch die mündliche Prüfung für sich genommen bereits eine zuverlässige Grundlage für das Urteil, dass derjenige, der sie nicht besteht, deshalb nicht die mit der Universitätsprüfung nachzuweisende Eignung aufweist.
38(d) Nichts anderes darf daraus hergeleitet werden, dass in Aufsichtsarbeit und mündlicher Prüfung unterschiedliche Arbeits- und Präsentationstechniken gefordert sind. Denn auch diesem Gesichtspunkt wird in den Bestimmungen der JAPrO BW über die staatliche Pflichtfachprüfung kein absoluter Stellenwert beigemessen. Die in ihnen eröffneten Kompensationsmöglichkeiten schließen ein, unzureichende Leistungen im einen Segment durch zureichende Leistungen im anderen Segment ausgleichen zu können.
39(4) Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass § 5d Abs. 2 Satz 2 DRiG vorschreibt, in der Universitätsprüfung sei "mindestens eine schriftliche Leistung zu erbringen". Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich hieraus für den vorliegenden Fall nichts herleiten. Der Regelungsgehalt der Vorschrift besteht darin, die Durchführung der Universitätsprüfung rein auf mündlicher Basis zu verwehren. Im Übrigen wollte der Bundesgesetzgeber den Regelungsspielraum der Länder bzw. Universitäten nicht einschränken, ging aber gleichwohl von der Annahme aus, dass von ihnen eine Aufteilung der Prüfung in mehrere Teilprüfungen vorgenommen werden würde (vgl. BTDrucks 14/7176 S. 13: "... hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen ..."). Eine Aussage im Hinblick auf die Zulässigkeit prüfungsrechtlicher Ausschlussklauseln nach Art von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO ist der Vorschrift vor diesem Hintergrund nicht zu entnehmen.
40(5) Nichts anderes ergibt sich ferner aufgrund des Hinweises der Beklagten auf die grundrechtliche Lehrfreiheit, die nach ihrer Auffassung im vorliegenden Fall einen "zurückhaltenden Umgang mit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes" gebietet. Verlagert der staatliche Normgeber die Regelung von Bestehensanforderungen bei Prüfungen, die in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG fallen, auf die Universitäten, verändert sich hierdurch grundsätzlich nichts am Umfang des grundrechtlichen Abwehrrechts der Prüfungsteilnehmer. Die oben aufgezeigten Anforderungen an die Zulässigkeit prüfungsrechtlicher Bestehensregeln könnten die Lehrfreiheit allenfalls dann beeinträchtigen - und so ausnahmsweise eine ausgleichsbedürftige grundrechtliche Kollisionslage herbeiführen -, wenn von ihnen Rückwirkungen auf die inhaltliche und methodische Gestaltung der Lehrveranstaltungen ausgingen (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 7 NB 5.90 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 134 S. 40 und vom - BVerwG 6 BN 1.05 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 263 S. 25). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dies hier der Fall sein könnte. Der Hinweis der Beklagten, Bestehensregeln könnten den Studierenden mittelbar den Bedeutungsgrad von Fachmaterien signalisieren, mag sachlich zutreffen, macht aber nicht deutlich, inwiefern sich hieraus eine Einschränkung der inhaltlichen und methodischen Gestaltungsfreiheit von Hochschullehrern in Bezug auf die von ihnen angebotenen Lehrveranstaltungen ergeben könnte.
41(6) Unerheblich ist schließlich, dass nach der Darstellung der Beklagten in der Vergangenheit nur eine geringe Zahl von Prüflingen in der Universitätsprüfung gescheitert sein soll. Die Maßgabe, wonach eine Teilprüfung, deren Nichtbestehen zum Misserfolg der gesamten Prüfung führen soll, eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bieten muss, soll gewährleisten, dass die der Prüfung zugedachte Filterungsfunktion in rationaler, den Zufallsfaktor minimierender Weise erfüllt werden kann. Hierauf besteht - unter dem Aspekt der Eingriffsgeeignetheit - ein grundrechtlicher Anspruch auch im Falle einer niedrigen Durchfallquote.
42dd. Nach den in § 139 BGB und § 44 Abs. 4 VwVfG niedergelegten Rechtsgrundsätzen ist ein Rechtsakt insgesamt unwirksam, wenn die Unwirksamkeitsgründe einen nicht abgrenzbaren Teil erfassen oder, sofern sie einen abgrenzbaren Teil erfassen, wenn nicht feststeht, dass der übrige Rechtsakt gegebenenfalls auch ohne diesen Teil erlassen worden wäre (vgl. BVerwG 3 B 84.02 - juris Rn. 3). Hieraus ergeben sich im vorliegenden Fall folgende Konsequenzen:
43(1) §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO sind insgesamt unwirksam. Es steht nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass die Beklagte die - nach dem oben Gesagten zulässige - Regelung, wonach ein Misserfolg in der Studienarbeit zum Misserfolg der Universitätsprüfung insgesamt führt, auch unter der Prämisse getroffen hätte, dass ihr entsprechende Regelungen in Bezug auf die Aufsichtsarbeit sowie in Bezug auf die mündliche Prüfung verwehrt sind.
44(2) Die Unwirksamkeit der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO zieht die Unwirksamkeit der Regelung zur Prüfungswiederholung in § 17 Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 3 JuSPO nach sich, die nach der Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof die Wiederholungsmöglichkeit abschließend auf die im ersten Anlauf nichtbestandenen Teilprüfungen beschränkt. Diese Regelung hängt gesetzessystematisch untrennbar mit der in §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO getroffenen Anordnung zusammen, dass die Universitätsprüfung bereits bei endgültigem Nichtbestehen einer Teilprüfung nicht bestanden ist.
45(3) Nicht von der Unwirksamkeit der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO betroffen ist die in § 14 Abs. 2 JuSPO niedergelegte Gewichtungsregelung.
46§ 14 Abs. 2 JuSPO ist von der Regelung der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO logisch abgrenzbar. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Beklagte diese Bestimmung nicht getroffen hätte, wenn ihr die Unzulässigkeit von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO bewusst gewesen wäre.
47§ 14 Abs. 2 JuSPO verstößt nicht gegen Bundesrecht. In der prüfungsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wiederholt betont worden, dass es Sache der Beurteilung durch den Normgeber ist, welches Gewicht Einzelleistungen im Rahmen der Gesamtwertung zugewiesen wird. Solange die entsprechende Regelung von sachlichen Erwägungen getragen wird, ist sie gerichtlich nicht zu beanstanden, auch wenn sich eine andere Gewichtung denken ließe (vgl. etwa Beschlüsse vom a.a.O. S. 256 und vom - BVerwG 7 CB 81.79 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 130 S. 216). Ausgehend hiervon erheben sich dagegen, dass nach § 14 Abs. 2 JuSPO die Studienarbeit zu 30 %, die mündliche Prüfung zu 20 % und die Aufsichtsarbeit zu 50 % über die Gesamtnote der Universitätsprüfung bestimmen sollen, keine durchgreifenden Bedenken. Im Lichte dessen, dass der Schwerpunktbereich neben der fächerbezogenen Ergänzung des Pflichtfachstudiums insbesondere auch der vertieften Ausbildung wissenschaftlich-methodischer Kompetenz dient, hätte es zwar nicht ferngelegen, den Gewichtungsanteil der in besonderer Weise hierauf bezogenen Studienarbeit höher anzusetzen. Die Entscheidung der Beklagten bewegt sich aber noch innerhalb der Spannbreite vertretbarer Gestaltungen und beruht nicht auf offenkundig unsachlichen Erwägungen.
482. Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Beklagte darf dem Kläger nicht entgegenhalten, sein Prüfungsanspruch sei infolge der Exmatrikulation erloschen. Der Kläger hat sich zur Exmatrikulation vor dem Hintergrund der Rechtsauffassung der Beklagten veranlasst gesehen, sein Prüfungsanspruch sei durch den zweimaligen Misserfolg in der Aufsichtsarbeit erloschen. Er hat durch seine Klageerhebung zu verstehen gegeben, das Prüfungsverfahren bei der Beklagten fortsetzen und dieser Rechtsauffassung entgegentreten zu wollen. Die Beklagte hat sich hierauf insofern eingelassen, als sie den Kläger unter dem Vorbehalt des Ausgangs des gerichtlichen Verfahrens zur mündlichen Prüfung zugelassen hat. Unter diesen Gesamtumständen würde die Beklagte treuwidrig handeln, wenn sie sich nunmehr - nachdem sich im gerichtlichen Verfahren die Richtigkeit der Rechtsauffassung des Klägers erwiesen hat - darauf berufen würde, das Prüfungsrechtsverhältnis sei infolge der Exmatrikulation erloschen.
493. Die Beklagte hat den danach nicht erloschenen Prüfungsanspruch des Klägers dadurch zu erfüllen, dass sie auf Grundlage einer rechtmäßigen, an die Stelle der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO tretenden Bestehensregelung ermittelt, ob der Kläger mit den von ihm erzielten Einzelnoten die Universitätsregelung mit Erfolg abgelegt hat. In Bezug auf den Kläger wie in Bezug auf andere Prüflinge ist die Beklagte im Interesse der Aufrechterhaltung des Prüfungsbetriebs übergangsweise berechtigt, hierfür auf die Regelung in § 32 Abs. 1 Satz 3 JAPrO BW zurückzugreifen, d.h. darauf abzustellen, ob in der Summe der Teilprüfungsergebnisse - unter Berücksichtigung der Gewichtungsregelung in § 14 Abs. 2 JuSPO - ein mindestens "ausreichendes" Ergebnis erzielt worden ist.
50Sofern die Beklagte von dieser Möglichkeit in Bezug auf den Kläger Gebrauch machen sollte, würde sich erweisen, dass dieser die Universitätsprüfung im ersten Anlauf nicht bestanden hat. Denn ausgehend von der Gewichtungsregelung in § 14 Abs. 2 JuSPO hat der Kläger in den bereits abgelegten Teilprüfungen einen für die Note "ausreichend" nicht hinreichenden Punktedurchschnitt von 3,50 erzielt (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 JuSPO, §§ 19 Abs. 3 Satz 1, 32 Abs. 1 JAPrO BW). Demnach bliebe der Kläger auf eine Wiederholungsmöglichkeit verwiesen, die er durch die bereits erfolgte, jedoch auf unwirksamer Rechtsgrundlage vorgenommene Wiederholung der Aufsichtsarbeit nicht ausgeschöpft hat. Die Beklagte wäre in seinem Fall - wie in den Fällen anderer Prüflinge - übergangsweise berechtigt, zur Durchführung von Wiederholungsprüfungen auf die Regelung in § 33 Abs. 3 JAPrO BW zurückzugreifen. Danach hätten der Kläger bzw. im gegebenen Fall andere Betroffene die Möglichkeit, in einem zweiten Anlauf sämtliche Einzelprüfungen - unter Einschluss der Aufsichtsarbeit - ein weiteres Mal abzulegen.
Fundstelle(n):
XAAAE-41517