BGH Beschluss v. - 2 StR 117/13

Strafzumessung bei Totschlag: Straferschwerende Berücksichtigung der angewandten Gewalt und der Beseitigung der Leiche als Nachtatverhalten

Gesetze: § 46 Abs 3 StGB, § 212 Abs 1 StGB

Instanzenzug: LG Hanau Az: 1 Ks 3315 Js 4247/12

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2Nach den Feststellungen des Landgerichts erdrosselte der Angeklagte im Anschluss an eine lautstarke Auseinandersetzung seine frühere Lebensgefährtin in deren Wohnung, indem er seinem Opfer eine "Baumwolloberbekleidung" mit einem doppelten Knoten um den Hals schlang und heftig zuzog. Anschließend transportierte er die Leiche in seinem PKW zum Mainufer und warf sie in den Fluss. Über einen Monat später wurde der Leichnam in einer Schwemmgrube eines Wasserkraftwerks aufgefunden.

II.

3Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg; Gleiches gilt für die Sachrüge, soweit diese sich gegen den Schuldspruch richtet.

4Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand.

5Das Landgericht hat zu Lasten des Angeklagten, der sich weder zur Person noch zur Sache eingelassen hatte, unter anderem die "von ihm an den Tag gelegte Brutalität bei der Tatausführung" berücksichtigt. Der Angeklagte habe eine solche Gewalt angewandt, dass der Halsumfang der Getöteten auf 6,5 bis 7 cm reduziert gewesen sei. Darüber hinaus sei sein Nachtatverhalten strafschärfend zu werten, da er der Tat völlig emotionslos gegenüberstehe.

6Beide - nicht näher erläuterten - Erwägungen unterliegen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

71. Aus dem Umstand, dass der Angeklagte sein Opfer unter erheblichem Kraftaufwand erwürgt hat, lässt sich der Vorwurf gesteigerter Brutalität nicht ohne weiteres ableiten. Die zur Tötung erforderliche Gewalt darf mit Blick auf den § 46 Abs. 3 StGB grundsätzlich nicht straferschwerend berücksichtigt werden. Es ist damit nicht mehr beschrieben als die Erfüllung des Tatbestands mit direktem Vorsatz. Zudem verlor das Opfer nach den Feststellungen aufgrund der Intensität des Drosselvorgangs bereits spätestens nach 15 Sekunden das Bewusstsein und verstarb nach höchstens drei Minuten.

82. Worin das Landgericht das emotionslose Nachtatverhalten des zum Tatvorwurf schweigenden Angeklagten sieht, wird in den Urteilsgründen nicht näher ausgeführt, so dass dem Revisionsgericht eine Nachprüfung nicht möglich ist. Ein besonders schulderschwerender Gesichtspunkt ergibt sich jedenfalls nicht daraus, dass der Angeklagte die Leiche in den Main warf, um eine Entdeckung zu verhindern. Er ist insoweit nicht über Maßnahmen der Sicherung und Verschleierung hinausgegangen (vgl. BGH NStZ 2009, 260).

93. Im Hinblick auf die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe, die am oberen Rand des zur Verfügung stehenden Strafrahmens liegt, kann der Senat ein Beruhen des Strafausspruchs auf den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht ausschließen. Über den Strafausspruch ist deshalb neu zu entscheiden.

10Die Feststellungen werden von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.

Becker                       Fischer                                Appl

                Berger                        Eschelbach

Fundstelle(n):
VAAAE-41454