Umsatzsteuersatz für Portrait- und Hochzeitsfotografie; Medizinische Callcenter, Ehrenamtlichkeit einer Tätigkeit i. S. d. § 4 Nr. 26 UStG Kraft gesetzlicher Regelung
Umsatzsteuersatz für Portrait- und Hochzeitsfotografie
3 Es ist gefragt worden, unter welchen Umständen fotografische Leistungen für Endverbraucher im Bereich der Portrait- und Hochzeitsfotografie dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen. Das BMF hat hierzu im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgendermaßen Stellung genommen:
Fotografische Leistungen unterliegen grundsätzlich dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG unterliegen jedoch die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Hierbei handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, bei der der Grundsatz der engen Auslegung zu beachten ist.
Nach Abschn. 12.7 UStAE sind sonstige Leistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG begünstigt, wenn deren wesentlicher Inhalt in der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten nach dem Urheberrecht besteht. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem entsprechend der vertraglichen Vereinbarung erzielten wirtschaftlichen Ergebnis (Abschn. 12.7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStAE). Urheberrechtlich geschützt sind Lichtbildwerke (Abschn. 12.7 Abs. 18 Satz 1 UStAE). Übergibt der Fotograf seinem Auftraggeber nur die bestellten Positive – z. B. Passbilder, Familien- und Gruppenaufnahmen –, liegt keine Rechtsübertragung, sondern eine nicht begünstigte Lieferung vor (Abschn. 12.7 Abs. 18 Satz 4 UStAE). Das gilt auch für Bilddateien.
Einem privaten Endverbraucher, der Hochzeits- oder Portraitaufnahmen bei einem Fotografen in Auftrag gibt, geht es in erster Linie darum, die Fotos oder die Bilddateien zu erhalten. Die zwangsläufig verbundene Übertragung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte ist Bestandteil einer einheitlichen wirtschaftlichen Gesamtleistung, deren Schwerpunkt jedoch nicht in der Übertragung von urheberrechtlichen Schutzrechten, sondern in der Überlassung der Fotografien – auch digital – besteht. An dieser Beurteilung kann weder die Leistungsbezeichnung in der Rechnung, z. B. „Übertragung von Nutzungsrechten”, noch der Hinweis des Fotografen, er sei nicht handwerklich, sondern künstlerisch tätig, etwas ändern.
Der Regelsteuersatz kommt auch dann zur Anwendung, wenn der Fotograf in seiner Rechnung das Aufnahmehonorar und den Preis für den Verkauf der Bilder oder Bilddateien gesondert ausweist. Grundsätzlich ist jede Leistung selbstständig zu beurteilen. Allerdings darf ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang umsatzsteuerrechtlich nicht in mehrere Leistungen aufgeteilt werden (Abschn. 3.10 Abs. 3 Satz 1 UStAE). Das ergibt sich aus der im Umsatzsteuerrecht geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise, so dass es zu keiner künstlichen Aufspaltung kommen darf. Aus Sicht der Auftraggeber steht die Überlassung der Bilder im Vordergrund, so dass diese Leistung das Wesen dieses Umsatzes darstellt.
Auf die Erstellung eines Fotobuchs kann der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 49 der Anlage 2 zum UStG nicht angewendet werden. Im Vordergrund steht die sonstige Leistung der Erstellung/Zusammenstellung eines Fotobuchs und nicht die anschließende Lieferung.
Anders sind die Fälle zu beurteilen, in denen lediglich ein vom Kunden selbst entworfenes Fotobuch gedruckt und ausgeliefert wird. Die Lieferung von Fotobüchern kann nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG i. V. m. Nr. 49 Buchst. a der Anlage 2 zum UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Bestehen Zweifel, ob im konkreten Einzelfall die Lieferung eines Druckwerks unter diese Steuerermäßigung fällt, kann bei der Zollverwaltung eine unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke eingeholt werden (vgl. hierzu BStBl I S. 622).
Hat der Fotograf seinem Auftraggeber statt des Regelsteuersatzes den ermäßigten Umsatzsteuersatz in Rechnung gestellt, schuldet der Unternehmer trotz des zu niedrigen Steuerausweises die gesetzlich vorgeschriebene Steuer. Der Unternehmer hat in diesem Fall die Steuer unter Zugrundelegung des maßgeblichen Steuersatzes aus dem Gesamtrechnungsbetrag herauszurechnen.
Medizinische Callcenter
4 Verschiedene Krankenkassen bieten ihren Versicherten eine telefonische Fernberatung durch sog. medizinische Callcenter an. Die Gesprächsinhalte erstrecken sich u. a. auf
einfache versicherungstechnische Fragen,
medizinische Informationen über Krankheitsprävention, Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten und Arzneimittel,
Beratungen zum Thema Reise- und Tropenmedizin,
themenbezogene Informationskampagnen.
Ferner wird ein Suchdienst für Ärzte, Fachärzte, Physiotherapeuten, Krankenhäuser sowie Fach-, Spezial- und Rehabilitationskliniken zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden sog. Patientenbegleitprogramme/Patientenbetreuungsprogramme mit telemedizinischer Betreuung angeboten.
Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder unterliegen die Leistungen der medizinischen Callcenter grundsätzlich nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Bei Patientenbegleitprogrammen/Patientenbetreuungsprogrammen mit telemedizinischer Betreuung kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG eingreifen, wenn es sich im Einzelfall um ein medizinisch veranlasstes Therapieangebot im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und medizinischem Fachpersonal handelt (vgl. Abschn. 4.14.1 Abs. 1 Satz 2 UStAE).
Ehrenamtlichkeit einer Tätigkeit i. S. d. § 4 Nr. 26 UStG kraft gesetzlicher Regelung
5 Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten i. S. d. § 4 Nr. 26 UStG gehören die in einem Gesetz ausdrücklich als solche genannten Tätigkeiten (Abschn. 4.26. 1 Abs. 1 Satz 2 UStAE). Es ist gefragt worden, ob auch die Satzung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als „Gesetz“ in diesem Sinne anzusehen ist.
Das BMF hat hierzu im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (, BStBl 2010 II S. 88, und —, BStBl II S. 912) die Ehrenamtlichkeit einer Tätigkeit kraft gesetzlicher Regelung nicht anzunehmen ist, wenn es sich bei der Regelung lediglich um eine Bestimmung handelt, die im Bereich der Selbstverwaltung als Satzung erlassen wurde.
Ausdrücklich verweist der BFH in der Entscheidung vom darauf, dass die dort in Frage stehende Tätigkeit im Aufsichtsrat einer Volksbank in keinem Gesetz als ehrenamtlich bezeichnet wird (Rn. 28). In seinem Urteil vom (Rn. 30) bestätigt er unter Hinweis auf das dort maßgebliche Genossenschaftsgesetz seine Ansicht, wonach die bloße Bezeichnung einer Tätigkeit in einer Satzung als ehrenamtlich nicht ausreicht, um die Voraussetzungen des § 4 Nr. 26 UStG zu erfüllen.
FinMin Schleswig-Holstein v. - Kurzinfo USt
4/2013
Fundstelle(n):
LAAAE-40066