Zwangsversteigerungsverfahren: Auslegung der in einem Bauträgervertrag von Grundstücksverkäufer und -käufer gemeinsam mit der Vorbelastungsvollmacht abgegebenen Unterwerfungserklärung; Überprüfung im Erinnerungsverfahren
Gesetze: § 83 Nr 6 ZVG, § 732 ZPO, § 133 BGB, § 157 BGB, § 1191 BGB
Instanzenzug: LG Mannheim Az: 4 T 40/12vorgehend AG Mannheim Az: 1 K 153/11
Gründe
I.
1Mit notariellem Bauträgervertrag vom kauften die Beteiligten zu 1 und 2 (Schuldner) den im Rubrum genannten Grundbesitz. Der Vertrag enthält unter anderem eine Regelung über die Finanzierungsmitwirkung des Verkäufers. Dieser verpflichtete sich, bei der Bestellung von Grundpfandrechten vor Eigentumsübergang mitzuwirken und deren Eintragung im Grundbuch samt dinglicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung zu bewilligen.
2Ferner enthielt der Vertrag folgende Vorbelastungsvollmacht:
„Sämtliche Beteiligten erteilen hiermit unwiderruflich den Angestellten des Notars (…) Vollmacht, unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (…). Die Bevollmächtigten sind auch zur Bestellung von Grundpfandrechten einschließlich Zinsen und Nebenleistungen mit dinglicher (Verkäuferseite) und persönlicher (Käuferseite) Vollstreckungsunterwerfung befugt (…)“.
3Mit notarieller Urkunde vom bestellten die Schuldner zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 3 (Gläubigerin) eine Grundschuld und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in das mit der Grundschuld belastete Eigentum. Dabei wurden beide Vertragsparteien durch eine Kanzleiangestellte des Notars vertreten. Die Grundschuld wurde mit einem Vermerk gemäß § 800 Abs. 1 ZPO in das Grundbuch eingetragen.
4Aus der Grundschuld gingen durch Teilung unter anderem eine erstrangige (Nr. 8a über 122.710,05 €) und eine drittrangige (Nr. 8c über 78.997,13 €) Grundschuld hervor. Hinsichtlich beider Rechte wurde die vollstreckbare Ausfertigung erteilt und den Schuldnern zugestellt; die Zustellung hinsichtlich des Rechts Nr. 8c am erfolgte ohne, die Zustellung hinsichtlich des Rechts Nr. 8a am mit dem Bauträgervertrag nebst Vollmacht. Aus beiden Rechten betreibt die Beteiligte zu 3 die Zwangsversteigerung, die am angeordnet wurde. Gegen die Erteilung des Zuschlags mit Beschluss vom hat der Beteiligte zu 1 erfolglos Beschwerde eingelegt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will er weiterhin die Versagung des Zuschlags erreichen.
II.
5Das Beschwerdegericht verneint einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 6 ZVG aufgrund der behaupteten Mängel der Vollmacht hinsichtlich der Unterwerfungserklärung. Das Vollstreckungsgericht habe zwar die Zustellung, nicht aber etwaige Mängel der Vollmacht zu prüfen. Denn durch die Vollstreckungsklausel werde die Vollstreckbarkeit des Titels in formalisierter Form vorgegeben, sofern der Titel nicht offensichtlich unwirksam sei; daran fehle es hier wegen verschiedener Möglichkeiten, die Vollmacht auszulegen. Dass die vollstreckbare Teilausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde Nr. 8c den Schuldnern ohne den Bauträgervertrag zugestellt worden sei, sei unerheblich, weil die Zwangsversteigerung allein auf das vorrangige Recht Nr. 8a gestützt werden könne.
III.
6Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Ein Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 6 ZVG liegt nicht vor.
71. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Vollstreckbarkeit des Titels dem Vollstreckungsgericht durch die Vollstreckungsklausel in formalisierter Form vorgegeben (Senat, Beschluss vom - V ZB 76/06, WM 2006, 2266 Rn. 8 mwN). Ob die Unterwerfungserklärung ordnungsgemäß abgegeben worden ist, muss der Schuldner im Wege der Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel klären lassen (§ 732 ZPO; , BGHZ 185, 133 Rn. 18); dazu gehört auch die Frage der Wirksamkeit und der Reichweite der von einem Vertreter in einer notariellen Urkunde abgegebenen Unterwerfungserklärung (, NJW 2012, 3518 Rn. 9). Macht der Schuldner von diesem Rechtsbehelf keinen Gebrauch, kann die Erteilung der Vollstreckungsklausel allenfalls bei grundlegenden, schweren Mängeln nichtig und deshalb von vorneherein unwirksam sein (vgl. , NJW-RR 2012, 1146 Rn. 16 mwN).
82. Ob - wie die Rechtsbeschwerde meint - offenkundige und schwere Mängel der Vollmacht zur Nichtigkeit der Vollstreckungsklausel führen können, kann offenbleiben (offen gelassen auch von , NJW 2012, 3518 Rn. 10). Denn von einem offenkundigen Mangel der Vollmacht kann keine Rede sein; zu Recht hat das Beschwerdegericht auf verschiedene denkbare Auslegungsmöglichkeiten verwiesen. Zwar könnte eine streng an dem Wortlaut ausgerichtete Auslegung der Bevollmächtigung zur Bestellung von Grundpfandrechten „mit dinglicher (Verkäuferseite) und persönlicher (Käuferseite) Vollstreckungsunterwerfung“ zu dem von dem Beteiligten zu 1 gewünschten Ergebnis führen, dass nämlich auf Seiten der Schuldner eine Vollmacht nur für die persönliche, nicht aber für die dingliche Vollstreckungsunterwerfung erteilt wurde. Im Hinblick auf Sinn und Zweck der allein im Interesse der Käufer erteilten Vorbelastungsvollmacht liegt es aber erheblich näher, dass der Klammerzusatz „Verkäuferseite“ hinter dem Wort „dinglich“ nur sicherstellen sollte, dass die Verkäufer keine persönliche Haftung übernehmen mussten. Nach diesem Verständnis durften die Verkäufer lediglich wegen des dinglichen Anspruchs (§ 1191 BGB) der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen werden, die Käufer dagegen auch wegen persönlicher Ansprüche.
93. Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet hat es das Beschwerdegericht auch als unerheblich angesehen, dass hinsichtlich der Grundschuld Nr. 8c am nur die vollstreckbare Ausfertigung, nicht aber die Vollmacht zugestellt worden ist. Zwar muss auch die Vollmacht zugestellt werden, wenn ein Vertreter die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erklärt hat, damit der Schuldner Gelegenheit erhält, Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung zu erheben (§ 800 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 5, § 795 Satz 1, § 750 ZPO; Senat, Beschlüsse vom - V ZB 76/06, WM 2006, 2266 Rn. 10 f. und vom - V ZB 114/07, ZfIR 2008, 468 Rn. 5 ff.). Die danach erforderliche Zustellung der Vollmacht ist aber noch vor der Anordnung der Zwangsversteigerung am nachgeholt worden. Denn am ist die Vollmacht mit der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuld Nr. 8 a zugestellt worden. Dies war ausreichend, weil beide Grundschulden aus einem einheitlichen Recht hervorgegangen sind.
IV.
10Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung des Beteiligten zu 1, die Kosten eines erfolglosen Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt, da sich die Beteiligten im Zwangsversteigerungsverfahren grundsätzlich nicht als Parteien eines kontradiktorischen Streitverhältnisses gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 7).
11Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten bestimmt sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags. Die Wertfestsetzung für die Vertretung der Beteiligten beruht auf § 26 Nr. 1 RVG (Gläubigerin) bzw. auf § 26 Nr. 2 RVG (Beteiligter zu 1).
Stresemann Czub Brückner
Weinland Kazele
Fundstelle(n):
UAAAE-39860