Absenkung der Altersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern
Leitsatz
Die Absenkung der Altersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern in der Berufsausbildung, einer Übergangs- oder Wartezeit oder einem Freiwilligendienst durch das StÄndG 2007 war ebenso wie die dazu getroffene Übergangsregelung mit dem GG vereinbar (Bestätigung des Senatsurteils vom III R 35/09 nach Nichtannahme der dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 2 BvR 2875/10).
Gesetze: EStG 2008 § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2EStG § 52 Abs. 40 Satz 7
Instanzenzug: (EFG 2009, 359) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
1 Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als Beamtin des gehobenen Dienstes des Landes Niedersachsen tätig. Ihr am geborener Sohn absolvierte vom bis zum eine Ausbildung. Im Anschluss daran erlangte er durch den Besuch einer Fachoberschule Mitte des Jahres 2005 die Fachhochschulreife. Seit dem Wintersemester 2005/2006 studiert er an einer Hochschule.
2 Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob mit Bescheid vom die Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab dem auf. Zur Begründung verwies sie auf die Absenkung der Altersgrenze in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG durch Art. 1 Nr. 11 des Steueränderungsgesetzes 2007 vom (BGBl I 2006, 1652).
3 Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Sohn der Klägerin habe im Januar 2008 das 25. Lebensjahr vollendet; gegen die Absenkung der Altersgrenze bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Urteil ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 359.
4 Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin vor, die Herabsetzung der Altersgrenze enthalte für Kindergeldberechtigte eine unechte Rückwirkung, die verfassungsrechtlich unzulässig sei. Durch die nicht vorhersehbare Absenkung der Altersgrenze werde sie durch den Verlust des Kindergeldes sowie dessen besoldungs- und beihilferechtliche Folgen erheblich belastet.
5 Die Klägerin beantragt sinngemäß, das FG-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom und den Aufhebungsbescheid vom aufzuheben.
6 Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.
7 Das Verfahren war durch Senatsbeschluss vom bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 2875/10 gegen das Urteil des Senats vom III R 35/09 (BFHE 230, 523, BStBl II 2011, 176) ausgesetzt worden. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II.
8 Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
9 1. Der Sohn der Klägerin hat im Januar 2008 das 25. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG 2008 überschritten. Die Übergangsregelung in § 52 Abs. 40 Satz 7 setzt die Vollendung des 24. Lebensjahres im Veranlagungszeitraum 2006 voraus und ist deshalb auf den Sohn der Klägerin nicht anzuwenden. Er kann daher nach § 32 Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG ab Februar 2008 nicht mehr als Kind berücksichtigt werden.
10 2. Gegen die Absenkung der Altersgrenze vom 27. auf das 25. Lebensjahr und die dazu getroffene Übergangsregelung bestehen, wie der Senat mit Urteil in BFHE 230, 523, BStBl II 2011, 176 entschieden hat, keine verfassungsrechtlichen Bedenken; die gegen dieses Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das nicht zur Entscheidung angenommen.
11 Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Herabsetzung der Altersgrenze ist unerheblich, ob die sich daraus ergebenden Folgen für die Beamtenbesoldung und -beihilfe ebenfalls verfassungsgemäß sind (Senatsurteil in BFHE 230, 523, BStBl II 2011, 176, unter II.2.a bb (3)). Denn eine etwaige Verfassungswidrigkeit —z.B. wegen eines Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes— könnte auch anders als durch die (Wieder-)Heraufsetzung der Altersgrenze behoben werden, etwa indem der Gesetzgeber besoldungsrechtlich neben den nach § 32 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Kindern auch ältere Kinder einbezieht, die sich noch in Ausbildung befinden und an die nach § 33a Abs. 1 EStG abziehbarer Unterhalt geleistet wird.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2014 II Seite 1010
BFH/NV 2013 S. 1174 Nr. 7
BFH/PR 2013 S. 276 Nr. 8
BStBl II 2014 S. 1010 Nr. 20
DB 2013 S. 1400 Nr. 25
DB 2013 S. 6 Nr. 23
DStR 2013 S. 8 Nr. 23
DStRE 2013 S. 788 Nr. 13
FR 2013 S. 1044 Nr. 22
GStB 2013 S. 34 Nr. 9
HFR 2013 S. 596 Nr. 7
NJW 2013 S. 2464 Nr. 33
NWB-Eilnachricht Nr. 24/2013 S. 1867
StB 2013 S. 218 Nr. 7
StBW 2013 S. 580 Nr. 13
StBW 2013 S. 734 Nr. 16
SAAAE-36819