Eingruppierung einer Kindertagesstättenleiterin - Leitung von zwei Kindertagesstätten
Gesetze: § 22 Abs 2 UAbs 2 S 2 BAT, TVöD BT-V, § 17 Abs 1 S 1 TVÜ-VKA, Anl 3 TVÜ-VKA, TVöD
Instanzenzug: ArbG Braunschweig Az: 1 Ca 411/09 E Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 16 Sa 651/10 E Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
2Die beklagte Samtgemeinde unterhält sieben Kindertagesstätten in eigener Trägerschaft und betreut diese nach einem einheitlichen Konzept. Die Klägerin ist seit 1991 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Leiterin von Kindertagesstätten. Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit galt für das Arbeitsverhältnis zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und gilt nunmehr der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der Fassung für die Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber (TVöD/VKA). Die Klägerin wurde zuletzt nach der Entgeltgruppe 9, Stufe 6 TVöD/VKA vergütet.
3Bis zum leitete die Klägerin die Kindertagesstätte „Zwergenland“ in E, in der 39 Kinder betreut werden. Zusätzlich wurde ihr ab dem die Leitung der Kindertagesstätte „Im Wald“ in V übertragen, in der im Zeitraum vom bis zum durchschnittlich 90 gleichzeitig belegbare Plätze vorhanden und vergeben waren. Für die Leitung der beiden Kindertagesstätten stehen insgesamt 36 der 39 Stunden der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit der Klägerin - proportional aufgeteilt pro Einrichtung - zur Verfügung, da weitere drei Wochenstunden für eine Tagespflege angesetzt sind, die nicht mit der ihr übertragenen Leitungstätigkeit zusammenhängt. Die beiden Kindertagesstätten werden haushaltsrechtlich, organisatorisch und personell - mit Ausnahme der Leitungsposition - getrennt behandelt. Für beide Kindertagesstätten werden gemeinsame Veranstaltungen und in zeitlichen Abständen gemeinsame Dienstbesprechungen durchgeführt. Die Klägerin gibt für beide Kindertagesstätten die Teamführung und die Schwerpunktbildung in der pädagogischen Arbeit einheitlich vor. Für beide Einrichtungen bestehen einheitliche Handlungsleitlinien und Standards für die Eingewöhnung der Kinder.
4Die Klägerin hat für die Zeit ab dem ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA iVm. der VergGr. IVb Fallgr. 4 der Vergütungsordnung (VKA) Anlage 1a zum BAT - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst - verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Leitungstätigkeit für die beiden Kindertagesstätten sei ein einheitlicher Arbeitsvorgang. Die Betreuungsplätze der Einrichtungen „Im Wald“ und „Zwergenland“ seien zusammenzurechnen. Neben dem Wortlaut spreche für die Zusammenrechnung auch der Sinn und Zweck der Tarifvorschriften. Die Tarifvertragsparteien hätten den Grad der Verantwortung nach der Zahl der zu betreuenden Kinder bemessen wollen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
6Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Leitung zweier Kindertagesstätten seien zwei selbstständig zu bewertende Arbeitsvorgänge. Eine Zusammenrechnung von Betreuungsplätzen verschiedener Einrichtungen sei tariflich nicht vorgesehen. Bereits der Wortlaut der VergGr. IVb Fallgr. 4 BAT und die Protokollnotizen sprächen für eine isolierte Erhebung der Durchschnittsbelegung jeder Einrichtung. Abgestellt werde allein auf die Leitung der Einrichtung „Kindertagesstätte“ und nicht etwa auf die Verantwortung im Zusammenhang mit einer bestimmten Anzahl von Kindertagesstättenplätzen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils im Rahmen ihres zuletzt gestellten Antrages. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
8Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsurteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA iVm. der VergGr. IVb Fallgr. 4 der Vergütungsordnung (VKA) Anlage 1a zum BAT - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst - sowie ab dem nach der dann einschlägigen Entgeltgruppe S 15 TVöD - Besonderer Teil Verwaltung - (TVöD-BT-V). Sie erfüllt das tarifliche Tätigkeitsmerkmal der Leitung „von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen“.
9I. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats als sog. Elementenfeststellungsklage (ua. - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165) zulässig. Der Antrag der Klägerin ist - wie sie nach Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat - dahin auszulegen, dass er für die Zeit ab dem auf das gleichlautende Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe S 15 TVöD-BT-V gerichtet ist.
10II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin erfüllt das tarifliche Tätigkeitsmerkmal Leitung „von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen“ jedenfalls aufgrund einer zusammenfassenden Betrachtung (§ 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT) ihrer gesamten Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätten „Im Wald“ und „Zwergenland“.
111. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum folgt der Anspruch der Klägerin aus der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA iVm. der VergGr. IVb Fallgr. 4 der Vergütungsordnung (VKA) Anlage 1a zum BAT - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst -. Diese ist - wie auch § 22 BAT - gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages vom zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) im genannten Zeitraum nach wie vor anzuwenden. Der TVöD/VKA enthält insoweit noch keine eigenen Eingruppierungsregelungen.
a) Deshalb ist zunächst von den Vorgaben der Vergütungsordnung (VKA) Anlage 1a zum BAT - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst - auszugehen, in denen geregelt ist:
13b) Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallg. 4 BAT. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Leitung der beiden Kindertagesstätten „Im Wald“ und „Zwergenland“ um zwei Arbeitsvorgänge iSv. § 22 BAT handelt. Das tarifliche Tätigkeitsmerkmal ist aufgrund der notwendigen zusammenfassenden Betrachtung der beiden Leitungstätigkeiten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT gleichwohl erfüllt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die Durchschnittsbelegungszahlen der beiden Einrichtungen zusammenzurechnen. Damit ist das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVb Fallgr. 4 BAT einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen ohne Weiteres erreicht. Auf die durch das Berufungsgericht nicht plausibel festgestellten Arbeitszeitanteile kommt es nicht an.
14aa) Ob es sich bei den beiden von der Klägerin ausgeübten Leitungstätigkeiten um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt, erscheint nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht gesichert.
15(1) Nach § 22 Abs. 2 BAT ist die Klägerin in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Nach der hierzu vereinbarten Protokollnotiz sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen einschließlich Zusammenhangarbeiten, die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtungsweise abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Entscheidendes Kriterium ist danach das Arbeitsergebnis (st. Rspr., ua. - Rn. 22 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 315; - 4 AZR 20/08 - Rn. 18 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 310). Die Übernahme einer Leitungstätigkeit spricht regelmäßig für die Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorgangs (st. Rspr., ua. - Rn. 22, ZTR 2012, 699; - 4 AZR 170/09 - Rn. 26, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 33; - 4 AZR 736/00 - zu II 5 a der Gründe, BAGE 100, 35; - 4 AZR 117/88 -; - 4 AZR 765/87 - BAGE 58, 283). Allerdings wird bei nebeneinander ausgeübten Leitungstätigkeiten ggf. unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit nicht ohne Weiteres, sondern nur unter bestimmten Umständen, von einem einzigen einheitlichen Arbeitsvorgang auszugehen sein (vgl. - Rn. 71; - 4 AZR 170/09 - Rn. 26, aaO).
16(2) Nach dem Wortlaut des Tätigkeitsmerkmales „Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten“, das die Tarifvertragsparteien mit einer Staffelung von Durchschnittsbelegungsplätzen über mehrere Vergütungsgruppen vorgesehen haben, ist jedenfalls die Funktion der Leitung einer Kindertagesstätte grundsätzlich als einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen.
17Dass sich die Leitung mehrerer Kindertagesstätten ausnahmsweise als ein einheitlicher Arbeitsvorgang iSv. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 iVm. der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT bestimmen lässt, ist dem Wortlaut der Tarifnorm nicht zu entnehmen. Die Art und Weise der Verwendung des Plurals und des Singulars in dem Textteil „Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten“ gibt hierfür keine ausreichenden Anhaltspunkte, sondern ist neutral gefasst.
18(3) Nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen spricht viel dafür, dass die Leitungstätigkeit der Klägerin nicht einheitlich, sondern jeweils auf die Leitung der einzelnen, örtlich, organisatorisch und haushaltsrechtlich getrennten Einrichtungen und damit auf zwei verschiedene Arbeitsergebnisse gerichtet ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die von den Beschäftigten auszuübenden Tätigkeiten einheitlich geplant und für beide Einrichtungen gemeinsam abgestimmt und koordiniert werden (dazu bereits - Rn. 24, ZTR 2012, 699). In Zeitabständen durchgeführte gemeinsame Dienstbesprechungen machen allein noch keine einheitliche Leitung der beiden Einrichtungen aus. Demgegenüber spräche es allerdings gegen die Annahme von zwei getrennten Arbeitsvorgängen, wenn die Leitungstätigkeiten der Klägerin tatsächlich nicht klar voneinander getrennt und während der Anwesenheit und Leitung in einer der Einrichtungen auch jeweils Fragen der anderen Einrichtung zu bearbeiten wären.
19bb) Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Selbst bei der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Voraussetzung von zwei getrennten Arbeitsvorgängen - Leitung der Kindertagesstätte „Im Wald“ und Leitung der Kindertagesstätte „Zwergenland“ - sind diese Leitungstätigkeiten der Klägerin entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT tariflich einheitlich zu bewerten. Damit wird die Durchschnittsbelegungszahl von 100 Plätzen iSd. Tätigkeitsmerkmales der VergGr. IVb Fallgr. 4 iVm. der Protokollerklärung Nr. 10 ohne Weiteres erreicht.
20(1) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT können zur Beurteilung, ob eine tarifliche Anforderung erfüllt ist, unterschiedliche Arbeitsvorgänge zusammenfassend und einheitlich beurteilt werden, wenn die Feststellung erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge erfolgen kann.
21(a) Die Tarifnorm greift damit auf den in § 22 Abs. 2 BAT niedergelegten Grundsatz zurück, wonach der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert ist, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Zwar wird dieser Grundsatz für den Regelfall in § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT insofern wieder eingeschränkt, als danach die auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe bereits dann entspricht, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales der jeweiligen Vergütungsgruppe erfüllen. Dann bedarf es auch nur einer Überprüfung derjenigen Arbeitsvorgänge, die die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Angestellten ausmachen.
22Kann jedoch die Erfüllung einer tariflichen Anforderung erst bei Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT), ist nach dem Willen der Tarifvertragsparteien hierzu erforderlichenfalls die gesamte Tätigkeit des Beschäftigten, also die Summe aller Arbeitsvorgänge, zu überprüfen (vgl. - Rn. 39, ZTR 2012, 699; - 4 AZR 938/79 -; - 4 AZR 707/79 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 62; - 4 AZR 305/79 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 51 = EzA BAT §§ 22 - 23 VergGr. VIb Nr. 5). In Anwendung der Bestimmung ist es begrifflich und rechtlich möglich, dass sich die Erfüllung eines tariflichen Merkmales, welches auch quantitativen und/oder qualitativen Charakter hat, erst aus der Zusammenfassung aller Arbeitsvorgänge eines Angestellten ergibt ( - Rn. 39 mwN, aaO; - 4 AZR 540/76 - BAGE 30, 32, 42). Mit dieser Tarifnorm wird sichergestellt, dass einem Angestellten des öffentlichen Dienstes auch diejenige Qualifizierung seiner Tätigkeit zugutekommt, die sich daraus ergibt, dass nebeneinander mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden, aus deren Summierung sich erst die Erfüllung bestimmter tariflicher Merkmale ergibt ( - aaO; - 4 AZR 305/79 - aaO).
23(b) Dabei lässt sich nicht allgemein festlegen, in welchen Konstellationen die tariflichen Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales erst bei einer Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden können. Wegen der Vielfalt der tatsächlichen Verhältnisse lässt sich dies nicht abstrakt formulieren. Es kann stets nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden, ob ausnahmsweise eine zusammenfassende Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge zur Feststellung einer tariflichen Anforderung erforderlich ist. Die in § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT enthaltene sprachliche Wendung „in der Regel“ ist daher auf den konkreten Fall zu beziehen. Dies bedeutet, dass bei den hierfür in Betracht kommenden Fallgestaltungen die Erfüllung einer bestimmten Anforderung regelmäßig erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden kann (ausf. - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 75; ebenso - 4 AZR 300/10 - Rn. 40, ZTR 2012, 699).
24(2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind die Voraussetzungen für eine zusammenfassende Betrachtung der beiden Leitungstätigkeiten der Klägerin gegeben. Dementsprechend hat hier nach den Vorgaben der Tarifvertragsparteien nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT eine Zusammenrechnung der einzubeziehenden Betreuungsplätze der beiden Einrichtungen zu erfolgen.
25(a) Nach dem Tarifwortlaut knüpft die Entgeltstaffelung bei der Leitung von Kindertagesstätten ausschließlich an die Zahl der vergebenen Plätze an, nämlich an die Durchschnittsbelegung einer Mindestzahl von Plätzen im letzten Quartal des Vorjahres (Referenzzeitraum; vgl. zu diesem näher - BAGE 105, 291, 295 f.). Die Tarifvertragsparteien gehen mit ihrer pauschalierten Betrachtungsweise davon aus, dass die Anforderungen an die Leitung einer Kindertagesstätte und damit die tarifliche Wertigkeit der maßgebenden Tätigkeit steigen, je mehr Plätze vergeben sind, also je mehr Kinder die Einrichtung gleichzeitig betreut ( - BAGE 97, 251, 256 f.). Weitere Kriterien, die sich auf die Eingruppierung der Leitung einer Kindertagesstätte auswirken könnten (etwa die Zahl der unterstellten Mitarbeiter/innen, die Qualifikation, die Schwierigkeit der Tätigkeit, der Umfang der Verantwortung usw.) sind in der Tarifnorm nicht aufgeführt worden (zu dem den Tarifvertragsparteien dabei zustehenden großen Gestaltungsspielraum - aaO S. 261 f.).
26Ist die Durchschnittsbelegung demnach von einer allein entscheidenden Bedeutung für die Eingruppierung, ist es gerechtfertigt, die gleichzeitige Leitung zweier Kindertagesstätten tariflich einheitlich anhand der Gesamtkinderzahl zu bewerten (ähnlich wie bei der Anforderung von „gründlichen Fachkenntnissen“ in mehreren Arbeitsvorgängen - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 78). Die tatsächlichen Anforderungen, die die Tarifvertragsparteien ausschließlich an der Zahl der vergebenen Plätze festgemacht haben, dürften bei der Leitung zweier Kindertagesstätten gegenüber der Leitung einer Kindertagesstätte mit der gleichen Gesamtzahl von betreuten Kindern eher höher sein, da eine Reihe von organisatorischen und erzieherischen Leitungsaufgaben zusätzlich anfallen.
27(b) Damit entspricht die Bedeutung des Aufgaben- und Verantwortungskreises der Klägerin - mindestens - derjenigen der Leitung einer Kindertagesstätte von der Größe bzw. der Kinderanzahl der beiden von ihr geleiteten Einrichtungen. Bei der notwendigen zusammenfassenden Betrachtung der Leitungstätigkeiten der Kindertagesstätten „Im Wald“ und „Zwergenland“ der Beklagten durch die Klägerin liegt die Durchschnittsbelegung im Referenzzeitraum für das Jahr 2009 ( bis ) bei 129 Plätzen (90 plus 39 Plätze) und damit über dem Schwellenwert der VergGr. IVb Fallgr. 4.
282. Seit dem hat die Klägerin einen Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe S 15 TVöD-BT-V.
29a) Die Eingruppierung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst einer Kindereinrichtung als unselbstständiger Teil der Gemeindeverwaltung (vgl. Richter/Gamisch Tarifvertrag Sozial- und Erziehungsdienst S. 17 f.) richtet sich gemäß § 56 TVöD - Besonderer Teil Verwaltung - (TVöD-BT-V) iVm. der dazugehörigen Anlage (Anlage zu Abschnitt VIII, Sonderregelungen, VKA § 56) nach den Merkmalen des Anhangs zur Anlage C (VKA). Diese Beschäftigten erhalten abweichend von § 15 Abs. 2 TVöD Entgelt nach der Anlage C, in die am nach den Vorgaben des § 28a TVÜ-VKA übergeleitet worden ist. Dabei ist, solange der TVöD in den §§ 12 und 13 noch keine eigenen Eingruppierungsregelungen enthält, auch diesbezüglich nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA nach wie vor § 22 BAT anzuwenden (vgl. auch Richter/Gamisch Tarifvertrag Sozial- und Erziehungsdienst S. 52, 112; Lindner Überleitung in die S-Entgelttabelle im Sozial- und Erziehungsdienst PersR 2010, 4).
b) Das von der Klägerin als erfüllt beanspruchte Tätigkeitsmerkmal ist der Entgeltgruppe S 15 zugeordnet:
31c) Diese Vorgaben sind erfüllt. Ausgehend von den noch maßgebenden Vorgaben des § 22 BAT ergibt sich für die im Verhältnis zu dem Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVb Fallgr. 4 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1a zum BAT gleichlautenden Vorgaben bezüglich der Arbeitsvorgänge der Leitung der Kindertagesstätten „Im Wald“ und „Zwergenland“ der Beklagten und deren zusammenfassende Betrachtung nichts anderes als für das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IVb Fallgr. 4 BAT.
323. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.
III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
HAAAE-35936