BFH Beschluss v. - IV R 51/10

Ablehnung eines wegen fehlender Beschwer unzulässigen Antrags auf mündliche Verhandlung

Leitsatz

1. Gegen einen Gerichtsbescheid kann nur derjenige Beteiligte einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 90a Abs. 2 Satz 1 FGO stellen, der durch den Gerichtsbescheid beschwert ist. Ist dem Antrag des Beteiligten durch den Gerichtsbescheid in vollem Umfang entsprochen worden und macht der Beteiligte nicht ein besonderes Rechtsschutzinteresse geltend, ist der Antrag unzulässig. Dass der BFH dem Begehren des Beteiligten aus anderen als von diesem vorgebrachten Gründen entsprochen hat, vermittelt dem Beteiligten kein ausreichendes Rechtsschutzinteresse.
2. Ein wegen fehlender Beschwer unzulässiger Antrag auf mündliche Verhandlung ist in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 1 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss abzulehnen.

Gesetze: FGO § 90a Abs. 2, FGO § 126 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Mit Gerichtsbescheid vom hat der Senat die Revision des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt —FA—) gegen das (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 791) als unbegründet zurückgewiesen und dem FA die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Bevollmächtigten des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) wurde der Gerichtsbescheid am zugestellt. Durch seine Bevollmächtigte stellte der Kläger am einen Antrag auf mündliche Verhandlung, ohne diesen zu begründen. Mit Schreiben vom wurden die Beteiligten des Rechtsstreits zur mündlichen Verhandlung am geladen. Zugleich wurde der Kläger aufgefordert, seine Einwendungen gegen die im Gerichtsbescheid vertretene Rechtsauffassung des Senats bis zum schriftlich mitzuteilen. Bis zum Ablauf der Frist ist eine Stellungnahme des Klägers nicht eingegangen.

2 II. Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist unzulässig und war daher durch Beschluss abzulehnen.

3 1. Gegen einen Gerichtsbescheid kann nur derjenige Beteiligte einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 90a Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stellen, der durch den Gerichtsbescheid beschwert ist. Denn der Antrag setzt wie jeder Rechtsbehelf ein Rechtsschutzinteresse voraus. Ist dem Antrag des Beteiligten durch den Gerichtsbescheid in vollem Umfang entsprochen worden und macht der Beteiligte nicht ein besonderes Rechtsschutzinteresse geltend, ist der Antrag unzulässig (, juris; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 90a FGO Rz 9, m.w.N.; Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 90a Rz 20; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 90a FGO Rz 60). Er ist in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 1 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss abzulehnen (, juris).

4 2. Der Kläger hat trotz ausdrücklicher Aufforderung durch den Senat keine Begründung für den Antrag auf mündliche Verhandlung gegeben. Ein Rechtsschutzinteresse ist nicht ersichtlich, weil dem Begehren des Klägers mit dem Gerichtsbescheid durch die Zurückweisung der Revision als unbegründet in vollem Umfang entsprochen worden ist. Dass der Senat dem Begehren des Klägers aus anderen als von diesem vorgebrachten Gründen entsprochen hat, vermittelt dem Kläger kein ausreichendes Rechtsschutzinteresse. Denn die Beschwer aus einer Entscheidung ergibt sich aus deren Entscheidungssatz (Tenor) und nicht aus der dafür gegebenen Begründung (, BFHE 138, 4, BStBl II 1983, 534). Eine Beschwer des Klägers ergibt sich auch nicht im Hinblick auf eine Bindungswirkung der Entscheidung für spätere Besteuerungszeiträume. Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in jedem Jahr eigenständig zu prüfen. Eine Besonderheit ist nicht in der Bindungsfrist des § 13a Abs. 2 EStG zu sehen. Diese könnte den Kläger nur betreffen, wenn die Ermittlung des Gewinns durch Einnahmen-Überschussrechnung Folge eines Antrags nach § 13a Abs. 2 Satz 1 EStG wäre. Dies ist aber nach dem Gerichtsbescheid nicht der Fall, weil der Senat die Voraussetzungen für einen solchen Antrag als nicht gegeben angesehen hat.

5 3. Der Antrag auf mündliche Verhandlung war danach abzulehnen. Demgemäß wirkt der Gerichtsbescheid nach §§ 121, 90a Abs. 3 FGO als Urteil.

6 4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
AO-StB 2013 S. 218 Nr. 7
BFH/NV 2013 S. 1110 Nr. 7
MAAAE-35703