Berufsrecht der Notare: Genehmigungsvorbehalt für Urkundstätigkeiten im Ausland; Ausnahmefälle für die Erteilung einer Genehmigung
Leitsatz
1. Der Genehmigungsvorbehalt des § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO erfasst auch Urkundstätigkeiten von Notaren im Ausland.
2. Sofern die Genehmigungsfähigkeit einer notariellen Urkundstätigkeit im EU-Ausland nicht bereits am Territorialitätsprinzip scheitert, was der Senat offen gelassen hat, kommt eine Genehmigung nur ausnahmsweise in Betracht, sofern objektiv gewichtige Interessen der Urkundsbeteiligten gefährdet sind, wenn nicht ein Notar ihres Vertrauens tätig werden kann. Maßgeblich sind nicht die Interessen des Notars oder die Wünsche seiner Auftraggeber, sondern allein in der beabsichtigten vorsorgenden Rechtspflege, das heißt in der Sache selbst liegende zwingende Gründe.
Gesetze: § 11 Abs 2 Alt 2 BNotO, Art 51 AEUV, Art 62 AEUV
Instanzenzug: Az: Not 27/11
Tatbestand
1Der Kläger ist Notar in B. . Mit Schriftsatz vom unterrichtete er die Beklagte davon, dass er beabsichtige, Mitte Oktober 2011 in Rotterdam eine Beurkundung nach deutschem Recht und in deutscher Sprache vorzunehmen. Beigefügt war ein Schreiben des niederländischen Ministeriums für Sicherheit und Justiz, mit dem ihm mitgeteilt wurde, es gebe für die Tätigkeit eines deutschen Notars nach deutschem Recht in den Niederlanden kein gesetzliches Hindernis, sofern das deutsche Notarrecht eine Tätigkeit im Ausland erlaube. Er beantragte "rein vorsorglich", ihm für diese und für alle weiteren künftigen Beurkundungen in Ländern der Europäischen Union in seiner Eigenschaft als deutscher Notar eine Genehmigung zu erteilen. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte, nachdem sie zuvor eine Stellungnahme der Notarkammer B. eingeholt hatte, dem Kläger mit, sie lehne die Erteilung der beantragten Genehmigung ab. § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO regele lediglich die Genehmigung der inländischen Urkundstätigkeit außerhalb des Amtsbezirks des Notars. Sie weise jedoch darauf hin, dass die Auslandstätigkeit eines deutschen Notars unzulässig sei, weil dessen Hoheitsbefugnisse auf das deutsche Staatsgebiet beschränkt seien. Das Tätigwerden eines Notars im Ausland stelle ein Dienstvergehen dar. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (C-54/08), da hiernach Beschränkungen von Art. 43 EG (Art. 49 AEUV) im Allgemeininteresse auch hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit zulässig seien. Angesichts der Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung bedürfe es keines Verwaltungsakts.
2Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten zur Genehmigung der beabsichtigten Beurkundung unter Verzicht auf disziplinarische Maßnahmen, hilfsweise zur Duldung, beantragt hat. Weiter hilfsweise hat er die Feststellung begehrt, dass die beabsichtigte Beurkundung in den Niederlanden deutsche Rechtsvorschriften nicht verletze. Nachdem sich die vom Kläger in Aussicht genommene Beurkundung in Rotterdam durch Zeitablauf zerschlagen hatte, hat er nur noch beantragt, die Rechtswidrigkeit des Bescheids der Beklagten vom festzustellen.
3Mit Schreiben vom teilte der Kläger der Beklagten seine Absicht mit, in Den Haag die Generalvollmacht eines dort wohnhaften deutschen Staatsangehörigen zu beurkunden. Er bat um Genehmigung dieser Beurkundung und aller weiteren künftigen entsprechenden Beurkundungen im EU-Ausland. Die Beklagte beschied den Kläger unter dem entsprechend ihrem Schreiben vom , auf das sie Bezug nahm. Auch hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, mit der er beantragt hat, die Verfügung vom aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Beurkundungen nach deutschem Recht und in deutscher Sprache sowie unter Beachtung der europäischen Berufsqualifikationsanerkennungsrichtlinie in ihrer jeweiligen Fassung in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten außerhalb Deutschlands zu genehmigen, hilfsweise zu dulden. Hilfsweise hat er weiter beantragt festzustellen, dass die in den Niederlanden beabsichtigte Beurkundung der Generalvollmacht eines in Den Haag wohnenden deutschen Staatsangehörigen Regelungen der Bundesnotarordnung oder einer aufgrund der Bundesnotarordnung erlassenen Rechtsverordnung nicht verletze.
4Das Kammergericht hat die Klage abgewiesen (NJW-RR 2012, 1143). Der in Bezug auf die beabsichtigte Beurkundung in Rotterdam gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag sei zwar statthaft, jedoch im Übrigen unzulässig. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung. Zwar bestehe Wiederholungsgefahr, da die Beklagte auch künftig nicht bereit sei, entsprechende Genehmigungen zu erteilen, wie sich ihrem Schreiben vom entnehmen lasse. Dies rechtfertige die beantragte Feststellung jedoch nicht. Vorliegend gehe es in erster Linie um Rechtsfragen, deren Klärung der Kläger in vollem Umfang im Rahmen des auf die Beurkundung in Den Haag gerichteten Verpflichtungsantrags zu erreichen vermöge. Soweit der Kläger Amtshaftungsansprüche wegen der entgangenen Gebühren aus der Beurkundung in Rotterdam geltend machen wolle, sei im Hinblick auf deren begrenzte Höhe schon der Eintritt eines Schadens nicht ersichtlich. Daneben fehlten auch Anhaltspunkte, die auf ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten hindeuten könnten.
5Die in Bezug auf die beabsichtigte Beurkundung in Den Haag erhobene Verpflichtungsklage sei unbegründet.
6Nach § 11 Abs. 2 BNotO dürfe ein Notar außerhalb seines Amtsbezirks Urkundstätigkeiten nur vornehmen, wenn Gefahr im Verzug sei oder die Aufsichtsbehörde es genehmigt habe. Die Genehmigung sei nur zu erteilen, wenn gewichtige Interessen der Urkundsbeteiligten gefährdet seien, sollte kein Notar ihres Vertrauens tätig werden. Allein die Wünsche und Interessen des Notars oder der Auftraggeber genügten insoweit nicht. Entsprechend sei in Nummer 21 Absatz 1 AVNot geregelt, dass die Genehmigung nur in besonderen Ausnahmefällen erteilt werden solle. Ein solcher liege hier nicht vor. Die Tätigkeit der Notare sei öffentlich-rechtlich geregelt. Hoheitliche Befugnisse seien regelmäßig auf das eigene Staatsgebiet beschränkt. Dieser Grundsatz gelte auch zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Danach könne sich der Kläger nicht auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 AEUV) berufen. Die Zuständigkeit der Europäischen Union erstrecke sich nicht auf die Rechtspflege, die im föderalen Verbund grundsätzlich den Mitgliedstaaten zugeordnet sei. Rechtspflege und Freiwillige Gerichtsbarkeit seien originäre Staatsaufgaben. Daran habe die Übertragung von Aufgaben aus diesen Bereichen, namentlich der Urkundstätigkeit auf die Notare, nichts geändert. Damit beschränkten sich aber auch die mit der Aufgabenübertragung verbundenen Befugnisse der Notare auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Dem könne die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (C-54/08) nicht entgegengehalten werden. Soweit der Gerichtshof im dortigen Verfahren, das die Niederlassungsfreiheit allein vor dem Hintergrund des für den Zugang zum Notariat bestehenden Staatsangehörigkeitserfordernisses betroffen habe, festgestellt habe, die den deutschen Notaren übertragenen Aufgaben seien nicht unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden, ändere dies nichts daran, dass der Staat die vorsorgende Rechtspflege als staatliche Aufgabe übernommen habe, mit der Folge der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Notariats.
7Schließlich folge selbst bei grundsätzlicher Anwendbarkeit der Regelungen über die Dienstleistungsfreiheit im Ergebnis nichts anderes. Auch dann lägen die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO nicht vor. Nationale Maßnahmen, die die Ausübung der Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen könnten, seien gerechtfertigt, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt würden, aus zwingenden Gründen des allgemeinen Interesses gerechtfertigt und geeignet seien, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, sowie nicht über das hinausgingen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich sei. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Die Funktionsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspflege sei ein im allgemeinen Interesse liegendes Ziel, sogar ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Zur Verwirklichung dieses Zieles seien die Regelungen zum örtlichen Amtsbereich geeignet. Insoweit stehe den Mitgliedstaaten ein weiter Beurteilungsspielraum zu, den der Bundesgesetzgeber nicht überschritten habe. Sinn der Bestimmung zum Amtsbereich (§ 10a Abs. 2 BNotO) sei die Sicherung einer gleichmäßigen Versorgung der rechtsuchenden Bevölkerung mit leistungsfähigen Notariaten und die Verhinderung eines unerwünschten überörtlichen Wettbewerbs zwischen Notaren. Diese Belange könnten durch die Regelungen zum örtlichen Amtsbereich gewahrt werden. Sie seien auch erforderlich, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Mildere Mittel zur Verwirklichung der im allgemeinen Interesse verfolgten Ziele seien nicht gegeben.
8Der Hilfsantrag, mit dem die Beklagte zur Duldung der vom Kläger beabsichtigten Urkundstätigkeit in den EU-Mitgliedstaaten verpflichtet werden solle, sei als allgemeine Leistungsklage zwar statthaft, jedoch im Übrigen unzulässig. Selbst wenn Art. 56 AEUV dem Kläger das Recht zur Urkundstätigkeit in den EU-Mitgliedstaaten gäbe, bedeutete dies keine Entlassung aus der Aufsicht der Beklagten. Die Aufsicht als solche verletzte den Kläger jedoch nicht in seinen subjektiven Rechten.
9Der hilfsweise erhobene Antrag festzustellen, dass die in den Niederlanden beabsichtigte Beurkundung der Generalvollmacht eines in Den Haag wohnenden deutschen Staatsangehörigen mit den maßgeblichen Regelungen in Einklang stehe, sei zulässig, jedoch unbegründet. Die Urkundstätigkeit des Klägers sei grundsätzlich auf B. beschränkt. Diese Beschränkungen seien aus den vorgenannten Gründen rechtmäßig.
10Mit seiner von der Vorinstanz zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.
Gründe
11Die Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
121. Zutreffend hat die Vorinstanz angenommen, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage, die auf Rechtwidrigkeitsfeststellung der Ablehnung der mit Schriftsatz des Klägers vom angekündigten Beurkundung in Rotterdam gerichtet ist, unzulässig ist. Es fehlt das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. Senatsbeschluss vom - NotZ(Brfg) 10/10, NJW-RR 2012, 57 Rn. 16 mwN).
13Mit Recht hat das Kammergericht ein solches Interesse verneint, das der Kläger damit begründet hat, die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom sei präjudiziell für Amtshaftungsansprüche wegen der entgangenen Gebühren für die beabsichtigte Beurkundung. Zwar ist die Präjudizialität der etwaigen Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts für Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche grundsätzlich geeignet, das Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen (Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 136 mwN; Schippel/Bracker/Herrmann, BNotO, 9. Aufl., § 111b Rn. 43). Jedoch scheidet dies aus, wenn ein Prozess, mit dem solche Ansprüche verfolgt werden, offenbar aussichtslos ist (Kopp/Schenke aaO, mwN). Dies ist hier der Fall. Eine etwaige Amtshaftungsklage (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG) gegen das Land B. würde offensichtlich am fehlenden Verschulden der Beklagten scheitern. Mit Recht hat das Kammergericht darauf hingewiesen, dass die Rechtsauffassung der Beklagten zumindest vertretbar ist. Dessen ungeachtet würde ein Verschulden nunmehr jedenfalls an der so genannten Kollegialgerichtsrichtlinie scheitern. In ständiger Rechtsprechung haben der Bundesgerichtshof und vor ihm bereits das Reichsgericht in Anwendung dieser Richtlinie entschieden, dass einen Beamten in der Regel ein Verschulden nicht trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (siehe hierzu z.B. , BGHZ 150, 172, 184; vom - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 250 und vom - III ZR 109/84, BGHZ 97, 97, 107). Dies ist hier der Fall, weil das Kammergericht durch Senatsentscheid die Rechtsansicht der Beklagten gebilligt hat, deutsche Notare dürften im Ausland, einschließlich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Urkundstätigkeiten nicht ausüben.
142. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Kammergericht die Klage auch insoweit abgewiesen, als der Kläger beantragt, die sich unter anderem auf die beabsichtigte Beurkundung in Den Haag beziehende Verfügung vom aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Beurkundungen des Klägers nach deutschem Recht und in deutscher Sprache sowie unter Beachtung der europäischen Berufsqualifikationsrichtlinie im EU-Ausland zu genehmigen, hilfsweise zu dulden. Dieser Antrag ist zwar zulässig, jedoch unbegründet, da der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung nicht hat.
15a) Zutreffend hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass sich der Genehmigungsvorbehalt des § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO entgegen der Auffassung der Beklagten auch auf Urkundstätigkeiten außerhalb Deutschlands bezieht. Der Wortlaut der Bestimmung enthält eine Einschränkung auf inländische auswärtige Beurkundungen nicht, und auch der Zweck der Vorschrift gebietet eine solche Begrenzung ihres Anwendungsbereichs nicht. Mag auch dem Gesetzgeber vor Augen gestanden haben, dass Beurkundungen deutscher Notare im Ausland wegen des hoheitlichen Charakters und des Territorialitätsprinzips von vornherein ausgeschlossen sind (vgl. Begründung des Entwurfs des Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze, BR-Drucks. 890/05 S. 23), so ist dies doch eine Frage der Genehmigungsfähigkeit einer solchen Tätigkeit, nicht aber eine solche der Reichweite des Genehmigungsvorbehalts. Dieser Vorbehalt ist auch in Fällen einer beabsichtigten Auslandstätigkeit der Notare notwendig, um die gebotene Aufsicht der Justizverwaltung (§ 93 Abs. 1 BNotO) sicherzustellen. Diese ist gerade auch bei Tätigkeiten mit Auslandsbezug erforderlich, nicht zuletzt um völkerrechtliche und außenpolitische Komplikationen zu vermeiden.
16Entgegen der Ansicht des Klägers genügt § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Bestimmtheitsgebot, obgleich die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung für Auswärtsbeurkundungen in der Bestimmung nicht näher definiert sind. Die konkreten Anforderungen an die Bestimmtheit einer Norm richten sich nach Art und Schwere des mit ihr verbundenen Eingriffs in die Grundrechte der Betroffenen (BVerfGE 110, 33, 55). Dass die Vorschrift auslegungsbedürftig ist, steht dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, solange die Auslegung unter Nutzung der juristischen Methodik zu bewältigen ist und die im konkreten Anwendungsfall verbleibenden Ungewissheiten nicht so weit gehen, dass Vorhersehbarkeit und Justiziabilität des Verwaltungshandelns gefährdet sind (z.B. BVerfG aaO S. 56 f sowie BVerfGE 118, 168, 188). Diesen Maßstäben entspricht § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO. Durch das dort normierte Genehmigungserfordernis wird der betroffene Notar lediglich in seiner Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG), nicht aber in seiner Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) betroffen. Die Einschränkung ist zudem von geringerem Gewicht, da die Notare im Hinblick darauf, dass ihre Stellen nach den Bedürfnissen einer geordneten Rechtspflege einzurichten sind (§ 4 BNotO), in aller Regel auch ohne Auswärtsbeurkundungen ausgelastet sind und wirtschaftlich bestehen können. Die Kriterien für die Erteilung der Genehmigungen von Auswärtsbeurkundungen ergeben sich aus der die Bundesnotarordnung insgesamt bestimmenden Leitlinie, dass die Erfordernisse einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege zu wahren sind (vgl. § 4, § 9 Abs. 1 Satz 2, § 10a Abs. 1 Satz 2, § 25 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 1 Satz 2 BNotO). Aus dem Sinn des § 11 Abs. 2 BNotO, die Beschränkungen des § 11 Abs. 1 BNotO und damit die einer den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entsprechende Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen zu sichern (§ 4 BNotO), sowie aus der Regelung, dass bei Gefahr im Verzug eine berechtigte auswärtige Urkundstätigkeit (§ 11 Abs. 2, 1. Alt. BNotO) vorliegen kann, lassen sich die - restriktiven - Anforderungen für die Genehmigung (siehe dazu näher Buchstaben b bb) mit der notwendigen Klarheit ableiten.
17b) Zumindest im Ergebnis zutreffend hat das Kammergericht angenommen, dass der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung für die in Aussicht genommene Beurkundung einer Generalvollmacht in Den Haag und für alle weiteren Beurkundungen in anderen EU-Staaten nicht hat.
18aa) Der Senat hat hierbei im Blick, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom (C-54/08, NJW 2011, 2941) die Urkundstätigkeit der deutschen Notare nicht als die Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne des Art. 45 Abs. 1 EG (= Art. 51 Abs. 1 AEUV) qualifiziert hat, die von der Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG (= Art. 49 AEUV) ausgenommen ist.
19Hieraus ist in der Literatur verschiedentlich der Schluss gezogen worden, auch für die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 AEUV) greife hinsichtlich der notariellen Urkundstätigkeit die Bereichsausnahme zugunsten der "Ausübung öffentlicher Gewalt" (Art. 51 Abs. 1 i.V.m. Art. 62 AEUV) nicht mehr ein, so dass deutsche Notare grundsätzlich auch im EU-Ausland beurkunden dürften (Hamacher, AnwBl 2011, 913, 914, 916 f; Pohl, EWS 2011, 353, 354, 358; Ritter, EuZW 2011, 707, 708, 710; Schmidt/Pinkel, NJW 2011, 2928, 2930). Demgegenüber vertritt ein anderer Teil des Schrifttums (Fuchs, EuZW 2011, 475 f; Henssler/Kilian, NJW 2012, 481, 484 f; Pelikan, notar 2011, 259, 260; Preuß, ZNotP 2011, 322, 325 f) die Auffassung, dass die Erwägungen in der Entscheidung des Gerichtshofs (aaO Rn. 83 ff) zur Bereichsausnahme des Art. 45 Abs. 1 EG (= Art. 51 Abs. 1 AEUV) in Bezug auf den Staatsangehörigkeitsvorbehalt für Notare (§ 5 BNotO a.F.) nicht auf die hier in Rede stehende Frage übertragbar sind, ob der nach deutschem Bundesrecht (schlicht) hoheitliche Charakter der notariellen Beurkundungstätigkeit und das Territorialitätsprinzip eine Beschränkung des - möglicherweise betroffenen - Rechts aus Art. 56 AEUV rechtfertigen, die in der Versagung einer Urkundstätigkeit im EU-Ausland liegen könnte. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom ausdrücklich hervorgehoben hat, dass die von ihm zu behandelnde Rüge der Kommission weder den Status noch die Organisation des Notariats in der deutschen Rechtsordnung (aaO Rn. 75) oder die Anwendung der Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr betreffe (aaO Rn. 76). Auch das (NJW 2012, 2639 Rn. 46 ff) ausgeführt, die Entscheidung des Gerichtshofs stehe der Qualifizierung der notariellen Tätigkeit als hoheitlich und den daraus folgenden Beschränkungen der Berufsausübung nicht entgegen.
20Eine Entscheidung des Senats hierzu ist allerdings nicht veranlasst, so dass es einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV nicht bedarf. Denn der Kläger kann die beantragte Genehmigung auch dann nicht beanspruchen, wenn zu seinen Gunsten unterstellt wird, dass er die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit für sich in Anspruch nehmen kann, weil die Bereichsausnahme des Art. 51 Abs. 1 i.V.m. Art. 62 AEUV (Ausübung öffentlicher Gewalt) für die notarielle Urkundstätigkeit nicht gilt.
21bb) Die Genehmigung einer Beurkundung außerhalb des Amtsbezirks gemäß § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO setzt, wie sich aus der - parallelen - gesetzlichen Gestattung der amtsbezirksüberschreitenden Urkundstätigkeiten bei Gefahr im Verzug (§ 11 Abs. 2, 1. Alt. BNotO) ergibt, voraus, dass ein besonderer Ausnahmefall vorliegt (z.B. OLG Celle, Beschluss vom - Not 7/01, juris Rn. 16; Lerch in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 11 Rn. 9; Schippel/Bracker/Püls, BNotO, 9. Aufl., § 11 Rn. 3). Dies ist gesetzesinterpretierend auch in Nummer VII 21 Abs. 1 der Allgemeinen Verfügung der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin über die Angelegenheiten der Notarinnen und Notare vom (AVNot - ABl. S. 2007, zuletzt geändert am , ABl. S. 2155) - entsprechend den Allgemeinen Verfügungen fast aller anderen Länder (vgl. OLG Celle aaO; Lerch aaO) - so bestimmt (siehe auch Nummer IX 1 RLE/BNotK [abgedruckt bei Schippel/Bracker/Görk, BNotO, 9. Aufl., S. 968]). Ein solcher Ausnahmefall kann etwa vorliegen, wenn es sich um objektiv gewichtige Interessen der Urkundsbeteiligten handelt, die gefährdet sind, wenn nicht ein Notar ihres Vertrauens tätig werden kann (Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 11 Rn. 4; Schippel/Bracker/Püls aaO). Maßgeblich sind nicht die Interessen des Notars oder die Wünsche seiner Auftraggeber, sondern allein in der beabsichtigten vorsorgenden Rechtspflege, das heißt in der Sache selbst liegende zwingende Gründe (vgl. Schippel/Bracker/Püls aaO). Solche mögen etwa vorliegen, wenn ein Notar ein schwieriges Vertragswerk in langen Beratungen vorbereitet hat, bei der Beurkundung die Kenntnis der Verhältnisse bedeutsam ist und die Beurkundung aus unvorhersehbaren Gründen außerhalb des Amtsbezirks erfolgen muss (vgl. Schippel/Bracker/Püls aaO; Nummer IX 1 Buchst. b RLE/BNotK; siehe ferner auch Nummer IX 1 Buchst. d RLE/BNotK).
22An diesen Kriterien gemessen, scheidet die Erteilung der vom Kläger begehrten Genehmigung für die Beurkundung einer Generalvollmacht in Den Haag aus. Im gesamten Verfahren hat der Kläger weder besondere Interessen seines Auftraggebers geltend gemacht, die einer Beurkundung der Generalvollmacht durch einen niederländischen Notar oder in der Geschäftsstelle des Klägers entgegenstehen, noch sind solche anderweitig ersichtlich. Erst recht sind für den weitergehenden Antrag des Klägers, ihm generell die Genehmigung zu Beurkundungen im EU-Ausland zu erteilen, besondere, nach dem vorstehenden Maßstab beachtliche Interessen der - unbestimmten - Urkundsbeteiligten nicht erkennbar. Diese zunächst der Verwaltung zustehende Würdigung kann der Senat selbst abschließend vornehmen, da angesichts der Klarheit der Umstände ein Beurteilungsspielraum nicht mehr besteht.
23(1) Entgegen der Ansicht des Klägers greift der auf Auswärtsbeurkundungen im Inland bezogene Schutzzweck des § 11 Abs. 2 BNotO auch hinsichtlich der beabsichtigten Beurkundungen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein. Die aus § 11 BNotO folgenden Beschränkungen der Berufsausübung der Notare dienen in gleicher Weise wie die in § 10a BNotO enthaltenen örtlichen Restriktionen der Sicherung der Lebensfähigkeit und gleichbleibenden Leistungsfähigkeit der Notarstellen und der insgesamt bedarfsgerechten und flächendeckenden Organisation des Notariats (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der BNotO, BT-Drucks. 11/8307, S. 18; BVerfG, NJW 2000, 3486, 3487; DNotZ 1993, 748, 749). Es soll ein "Reisenotariat" verhindert werden, das die Fundamente des Zulassungswesens unterminieren würde (Lerch in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl., § 10a Rn. 7). Es soll dabei nicht nur verhindert werden, dass durch die Tätigkeit auswärtiger Notare in lukrativen Bezirken eine Überversorgung entsteht. Vielmehr geht der Schutzzweck auch dahin, zu vermeiden, dass Notare, die für einen bestimmten Amtsbereich wegen des dort bestehenden Bedürfnisses bestellt wurden, ihre Tätigkeit in erheblichem Maße an einen anderen, ihnen günstiger erscheinenden Ort verlagern und so die bedarfsgerechte Versorgung mit notariellen Dienstleistungen in dem ihnen zugewiesenen Bereich gefährden (Schippel/Bracker/Püls, BNotO, 9. Aufl., § 10a Rn. 2). Zwar mag, wie der Kläger unter Hinweis auf den Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des (NJW 2000, 3486, 3487) hervorhebt, eine gelegentliche Abwesenheit des Notars, der eine Auswärtsbeurkundung vornimmt, von seinem Amtssitz unbedenklich sein. Die vom Kläger angestrebte generelle Genehmigung von Beurkundungen im Ausland würde jedoch auch eine längere Abwesenheit von seiner Geschäftsstelle ermöglichen, die die ordnungsgemäße Versorgung mit notariellen Dienstleistungen in seinem Amtsbereich beeinträchtigen kann. Deshalb kann die Genehmigung für Auslandstätigkeiten nach § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO - deren grundsätzliche Zulässigkeit unterstellt - nicht anders als bei auswärtigen Urkundstätigkeiten im Inland nur in Einzelfällen, nicht aber, wie vom Kläger angestrebt, generell erteilt werden. Aber auch die vom Kläger konkret beabsichtigte Beurkundung der Generalvollmacht in Den Haag ist nach dem vorgenannten Schutzzweck nicht genehmigungsfähig. Um die angemessene Versorgung mit notariellen Dienstleistungen in dem Amtsbereich, für den der Notar bestellt ist, zu gewährleisten, muss die Auswärtsbeurkundung - gleichgültig, ob sie im In- oder Ausland erfolgen soll - entsprechend den für die inländische Beurkundung außerhalb des Amtsbezirks entwickelten Kriterien zu § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Der vorzitierte (aaO) steht dem nicht entgegen. Er betrifft lediglich Beurkundungen außerhalb der Geschäftsstelle, aber innerhalb des Amtsbereichs. Es geht mithin darum, dass der Notar seiner Urkundstätigkeit in unmittelbarer geografischer Nähe zu seiner Geschäftsstelle nachgeht. Demgegenüber ist bei Beurkundungen außerhalb des Amtsbezirks typischerweise - und auch hier (Entfernung B. -Den Haag) - die im Interesse der Rechtsuchenden notwendige Präsenz in seiner Geschäftsstelle erheblich gefährdet.
24(2) Aber auch unabhängig hiervon sind die vom Kläger beabsichtigten Urkundstätigkeiten in den EU-Mitgliedstaaten außerhalb Deutschlands nicht genehmigungsfähig, und zwar sowohl hinsichtlich der Beurkundung der Generalvollmacht in Den Haag als auch - und erst recht - soweit er eine allgemeine Genehmigung begehrt.
25Zu den aus § 17 Abs. 1 BeurkG folgenden Pflichten des Notars gehört, nach der Erforschung des Willens der Beteiligten, diesem im Rahmen des rechtlich Zulässigen in der Urkunde vollumfängliche Wirkung zu verschaffen (vgl. z.B. , WM 2011, 571 Rn. 16; vom - III ZR 293/09, BGHZ 186, 335 Rn. 16 und vom - IX ZR 161/93, NJW 1994, 2283). Dies ist bei einer Beurkundung durch einen deutschen Notar im Ausland regelmäßig nicht möglich, selbst wenn man unterstellt, dass das Territorialitätsprinzip nicht eingreift und die Urkunden als notarielle entgegen der bisherigen Rechtsprechung des , BGHZ 138, 359, 361 f) nicht bereits wegen Verstoßes gegen dieses Prinzip schlechthin unwirksam sind.
26Eine Vollmacht, welche der Kläger in Den Haag zu beurkunden beabsichtigt, richtet sich nach dem deutschen Internationalen Privatrecht grundsätzlich nach dem Recht des Landes, in dem von ihr Gebrauch gemacht wird (sog. Wirkungsstatut; hM, z.B. , NJW 2004, 1315, 1316 und vom - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 47; OLG München, NJW-RR 1989, 663, 664; OLG Stuttgart, DNotZ 1981, 746, jew. mwN; Erman/Hohloch, BGB, 12. Aufl., Anh I Art. 37 EGBGB Rn. 12; Palandt/Thorn, BGB, 72. Aufl., Anhang zu Art. 10 EGBGB Rn. 1). Für die Form gilt allerdings Art. 11 EGBGB (OLG München aaO; OLG Stuttgart aaO, S. 747 jew. zu Art. 11 EGBGB a.F.; Erman/Hohloch aaO Rn. 20; Palandt/Thorn aaO Rn. 2). Nach Absatz 1 dieser Bestimmung tritt für die Formgültigkeit alternativ zum Wirkungsstatut grundsätzlich die Ortsform hinzu. Das bedeutet, dass eine Vollmacht auch dann formgültig ist, wenn sie zwar nicht den Formerfordernissen des Rechts des Staates genügt, in dem von ihr Gebrauch gemacht wird, jedoch die Form nach dem Recht des Staates gewahrt ist, in dem die entsprechende Urkunde errichtet wurde. Diese zusätzliche Möglichkeit, einer Vollmachtsurkunde Wirksamkeit in notarieller Form zu verschaffen, fehlt zumindest in der Regel, wenn ein deutscher Notar die Beurkundung im Ausland vornimmt. Er kann, wie der Kläger selbst nicht verkennt, ein Urkundsgeschäft (allenfalls) nach deutschem Recht vornehmen, nicht aber eine notarielle Urkunde nach dem jeweiligen Ortsrecht errichten, sofern nicht das ausländische Recht dies zulässt. Letzteres ist aber vorliegend nicht der Fall. Das niederländische Sicherheits- und Justizministerium hat in seinem Schreiben vom den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er notarielle Amtshandlungen nach niederländischem Recht, dessen Art. 12 Abs. 1, Titel 1, 10. Buch des Burgerlijk Wetboek im Übrigen inhaltlich mit Art. 11 Abs. 1 EGBGB übereinstimmt, nicht vornehmen könne.
27Die in Aussicht genommene, vom Kläger zu beurkundende Vollmacht soll eine Generalvollmacht sein, die nicht auf bestimmte Geschäfte beschränkt ist, bei denen sich die fehlende Wahrung der Ortsform möglicherweise faktisch nicht auswirken kann. Damit wäre die vom Kläger zu errichtende Urkunde mit einem Wirksamkeitsdefizit behaftet, das bei einer Beurkundung im Inland nicht bestünde. Dass der Kläger aus diesem Grunde seine Pflichten als Notar bei einer Auslandsbeurkundung nicht vollumfänglich einhalten kann, steht mithin nach § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO der Erteilung der beantragten Genehmigung für das Rechtsgeschäft in Den Haag ebenfalls entgegen.
28Das zumindest potentielle Wirksamkeitsdefizit von Urkunden, die vom Kläger im Ausland errichtet würden, schließt auch die von ihm beantragte allgemeine Genehmigung einer Urkundstätigkeit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union außerhalb Deutschlands aus.
29(3) Die aus den vorstehenden Erwägungen folgende Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit des Klägers ist - sofern nicht ohnehin die Bereichsausnahme des Art. 51 Abs. 1 i.V.m. Art. 62 AEUV eingreift (vgl. hierzu , NJW 2011, 2941 Rn. 75 f; BVerfG NJW 2012, 2639 Rn. 46 ff) - unionsrechtlich unbedenklich.
30(a) Dass nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union notarielle Tätigkeiten nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne des Art. 45 Abs. 1 EG (jetzt: des Art. 51 Abs. 1 AEUV) verbunden sind (aaO Rn. 93), macht die einschlägigen Bestimmungen des deutschen Rechts nicht unanwendbar. Der Gerichtshof hat im Gegenteil ausdrücklich in Betracht gezogen, dass der Zweck notarieller Amtstätigkeit, die Rechtmäßigkeit und die Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen zu gewährleisten, als zwingender Grund des Allgemeininteresses Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit aufgrund der Besonderheiten der notariellen Tätigkeit rechtfertigen könne (BVerfG aaO Rn. 46 unter Bezugnahme auf EuGH aaO, Rn. 98). Der Gerichtshof hat hierbei ausdrücklich auch Beschränkungen der örtlichen Zuständigkeit von Notaren für zulässig gehalten, soweit diese zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich sind (aaO). Nichts anderes kann für die hier in Rede stehende Dienstleistungsfreiheit gelten.
31Die Beschränkungen für Auswärtsbeurkundungen durch den Genehmigungsvorbehalt des § 11 Abs. 2, 2. Alt. BNotO und die restriktiven Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung erfüllen diese Bedingungen. Sowohl die ausreichende Versorgung mit notariellen Dienstleistungen in den Bereichen, für die die Notare bestellt sind, als auch die Gewährleistung der möglichst umfassenden rechtlichen Wirksamkeit der Beurkundungen dienen dazu, die Rechtmäßigkeit und die Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen zu gewährleisten und stellen daher gewichtige Allgemeininteressen dar, die Einschränkungen der notariellen Berufsausübung rechtfertigen. Sie sind auch geeignet, diese Zwecke zu erreichen. Mildere Mittel, die die Ziele in gleicher Weise verwirklichen können, stehen nicht zu Gebote. Schließlich sind die Beschränkungen auch verhältnismäßig. Die betroffenen Notare werden nur geringfügig in der Ausübung ihres Berufs beeinträchtigt, da sie im Hinblick darauf, dass Notarstellen nach den Bedürfnissen einer geordneten Rechtspflege einzurichten sind (§ 4 Satz 1 BNotO), in aller Regel auch ohne Auswärtsbeurkundungen ausgelastet sind und wirtschaftlich bestehen können. Die Interessen der Rechtsuchenden werden gleichfalls höchstens geringfügig betroffen, da es ihnen fast immer zuzumuten ist, sich eines örtlich ansässigen Notars zu bedienen oder sich in die Geschäftsstelle des auswärtigen Notars zu begeben.
32(b) Die Richtlinie 2055/36/EG vom über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. Nr. L 255, S. 22) ist, wie sich aus ihrem Art. 1 ergibt, für die vorliegend inmitten stehende Frage der Genehmigung der Auslandstätigkeit eines Notars durch dessen heimatliche Aufsichtsbehörde nicht einschlägig, so dass der Kläger aus ihr nichts für seine Rechtsauffassung herzuleiten vermag.
33(c) Die vorstehende Würdigung steht dem Senat zu, ohne dass er den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV um eine Vorabentscheidung ersuchen müsste. Die Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte der Mitgliedstaaten entfällt, wenn die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt. Das innerstaatliche Gericht darf davon ausgehen, dass ein solcher Fall vorliegt, wenn es davon überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (acte clair, siehe z.B. Senatsbeschluss vom - NotZ 16/09, BGHZ 185, 30 Rn. 33 mwN aus der Rechtsprechung des EuGH).
34Dass im Allgemeininteresse, insbesondere zur Gewährleistung der Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen, die örtliche Zuständigkeit von Notaren beschränkt werden kann, hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom (NJW 2011, 2941) ausdrücklich hervorgehoben (aaO Rn. 98). Die Verhältnismäßigkeit der in Rede stehenden Beschränkungen ist angesichts des Gewichts der zu schützenden Rechtsgüter einerseits und der Geringfügigkeit der Beeinträchtigungen der objektiven Interessen der Notare und der Rechtsuchenden andererseits offenkundig.
35c) Der auf Duldung der Beurkundungen im EU-Ausland gerichtete, hilfsweise gestellte Verpflichtungsantrag des Klägers ist zwar als Form der allgemeinen Leistungsklage zulässig, da die Beklagte zu erkennen gegeben hat, gegen die vom Kläger beabsichtigte Tätigkeit disziplinarisch vorzugehen, und somit dessen Rechte (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG) betroffen sind. Der Antrag ist jedoch unbegründet, da die angestrebte Urkundstätigkeit im EU-Ausland aus den vorstehenden Gründen genehmigungsbedürftig und nicht genehmigungsfähig ist.
363. Der auf Feststellung der Konformität der beabsichtigten Beurkundung einer Generalvollmacht in Den Haag mit den Bestimmungen der Bundesnotarordnung und den auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gerichtete Hilfsantrag des Klägers ist unzulässig. Er hat nicht die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zum Gegenstand. Der Kläger begehrt die Feststellung der rechtlichen Qualifikation einer bestimmten Handlung. Dies stellt eine bloße Vorfrage zu den Rechten und Pflichten des Klägers dar, die nicht nach § 43 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 BNotO feststellungsfähig ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 43 Rn. 13; Posser/Wolff/Möstl, VwGO, § 43 Rn. 3; siehe auch BVerwGE 90, 220, 228). Zudem wäre die Klage aus den oben ausgeführten Erwägungen auch unbegründet.
Galke Appl Herrmann
Strzyz Brose-Preuß
Fundstelle(n):
DB 2013 S. 1233 Nr. 22
DNotZ 2013 S. 630 Nr. 8
NJW 2013 S. 1605 Nr. 22
NJW 2013 S. 8 Nr. 18
ZIP 2013 S. 5 Nr. 17
ZIP 2013 S. 886 Nr. 18
PAAAE-34542