BAG Urteil v. - 7 AZR 662/11

Befristung eines Arbeitsverhältnisses - Abordnungsvertretung - "gedankliche Zuordnung"

Leitsatz

Die Abordnung einer Stammkraft kann die befristete Einstellung eines Arbeitnehmers nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nur rechtfertigen, wenn dieser die Stammkraft unmittelbar oder mittelbar vertritt. Für die Rechtsfigur der "gedanklichen Zuordnung" ist in diesem Fall kein Raum.

Gesetze: § 14 Abs 1 S 2 Nr 3 TzBfG

Instanzenzug: Az: 18 Ca 5199/10 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Köln Az: 2 Sa 209/11 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten vor allem über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

2Der Kläger war bei der Beklagten aufgrund mehrerer schriftlich abgeschlossener befristeter Arbeitsverträge in B tätig. Zunächst war das Arbeitsverhältnis vertraglich vom bis zum , vom bis zum und vom bis zum befristet. Aufgrund dieser Verträge war der Kläger als Assistent im regionalen IT-Service tätig. Er wurde der Tätigkeitsebene VI des bei der Beklagten geltenden Haustarifvertrages zugeordnet und entsprechend vergütet. Schließlich schlossen die Parteien am den streitbefangenen Arbeitsvertrag für die Zeit vom bis zum . Danach war der Kläger mit veränderten Aufgaben als Fachassistent tätig und in die Tätigkeitsebene V des Haustarifvertrages eingruppiert.

Ebenfalls am unterzeichnete der Kläger einen zur Personalakte genommenen „Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag“. Darin heißt es ua.:

4Dem im Vermerk genannten Herrn S war durch Schreiben vom „ab “ „vorübergehend“ eine Tätigkeit als IT-Techniker im regionalen IT-Service übertragen. Diese Tätigkeit war der Tätigkeitsebene IV zugeordnet. In seiner regulären Tätigkeit war Herr S, ebenso wie der Kläger im Rahmen seines zuletzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrages, mit Arbeiten der Tätigkeitsebene V betraut. Sowohl hinsichtlich seiner regulären Tätigkeit als auch für die Dauer seiner vorübergehenden Abordnung war Herr S in A tätig. Die „vorübergehende“ Zuweisung dieser Tätigkeit an Herrn S beruhte darauf, dass der an sich mit Aufgaben der Tätigkeitsebene IV „IT-Techniker“ beschäftigte Mitarbeiter P ab dem mit Tätigkeiten der Tätigkeitsebene III „IT-Ingenieur“ anderweitig beauftragt wurde. Diese Beauftragung erfolgte bis zur Nachbesetzung der Stelle von Herrn B bzw. alternativ bis zu dessen Rückkehr. Herr B wiederum wurde im Rahmen einer Personalentwicklungsmaßnahme ab dem von der Tätigkeitsebene III „IT-Ingenieur“ auf die Tätigkeitsebene II „IT-Ingenieur mit Leitungsaufgaben“ anderweitig beauftragt.

5Der Kläger hat die Befristung seines Arbeitsvertrages für unwirksam erachtet und eingehend beim Arbeitsgericht am eine Befristungskontrollklage erhoben. Diese war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich. Daraufhin schlossen die Parteien am einen „Prozessarbeitsvertrag“, aufgrund dessen der Kläger „für die Zeit ab bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsrechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Köln - AZ 18 Ca 5199/10 - als Vollzeitbeschäftigter vorübergehend zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt“ wurde.

6Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Befristung im Arbeitsvertrag vom sei unwirksam. Der Befristungsgrund der Vertretung liege nicht vor. Zudem sei eine rechtsmissbräuchliche Kettenbefristung gegeben. Jedenfalls sei die zeitliche Begrenzung des Prozessarbeitsverhältnisses unwirksam.

Der Kläger hat - zweitinstanzlich - beantragt

8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Befristungskontrollklage hinsichtlich der Befristung zum stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat im Wege der Anschlussberufung den Hilfsantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beendigung des Prozessarbeitsverhältnisses angebracht. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage abgewiesen und die Anschlussberufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

10A. Die Revision ist hinsichtlich des als Hauptantrag gestellten Befristungskontrollantrages erfolgreich. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Damit fällt der Hilfsantrag nicht mehr zu Entscheidung an.

11I. Gegenstand des Hauptantrages ist die Wirksamkeit der durch Arbeitsvertrag vom vereinbarten Befristung zum . Der Kläger hat innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG Befristungskontrollklage erhoben. Das ist auch bereits vor Ablauf eines kalendermäßig befristeten Arbeitsverhältnisses fristwahrend möglich (vgl. etwa  - Rn. 8 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 86 = EzA TzBfG § 14 Nr. 81).

12II. Der gerichtlichen Überprüfung der im Arbeitsvertrag vom zum vereinbarten Befristung steht nicht entgegen, dass die Parteien später, nämlich am mit dem Prozessarbeitsvertrag einen weiteren Arbeitsvertrag geschlossen haben. Das schließt die gerichtliche Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung in früheren Arbeitsverträgen nicht aus, da allein der Kläger einer Befristungskontrollklage deren Streitgegenstand bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Allerdings kann die Auslegung eines weiteren Arbeitsvertrages ergeben, dass die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss des Folgevertrages den vorherigen Vertrag aufheben wollten und es deshalb auf die Wirksamkeit der Befristung im vorhergegangenen Vertrag nicht ankommt (vgl.  - Rn. 50 f., EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9). In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist hier jedoch das Landesarbeitsgericht ohne Weiteres davon ausgegangen, dass mit dem Prozessarbeitsvertrag der frühere Arbeitsvertrag nicht aufgehoben werden sollte. Prozessarbeitsverhältnisse dienen gerade dazu, während der Unsicherheit über das rechtliche Bestehen eines Beendigungstatbestandes vorübergehend eine Grundlage für Beschäftigungsansprüche zu schaffen, nicht jedoch diese Unklarheit zu beseitigen (vgl.  - zu II 1 c bb der Gründe, BAGE 108, 191).

13III. Die Befristungsabrede vom zum bedurfte der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund. Eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG scheidet schon deshalb aus, weil die letzte Befristung keine Verlängerung des vorherigen befristeten Arbeitsvertrages war. Eine Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TzBfG setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrages schriftlich vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen ( - Rn. 11 mwN, BAGE 119, 212; - 7 AZR 603/06 - Rn. 8, BAGE 125, 248). Hier änderten sich mit dem letzten Vertrag nicht nur die Laufzeit, sondern auch andere Vertragsbedingungen.

14IV. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der - hier allein in Betracht kommende - Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vorliegt. Zu Recht ist es zwar davon ausgegangen, dass auch durch die vorübergehende Abordnung einer Stammkraft ein Vertretungsbedarf iSd. Befristungsrechts entstehen kann. Es hat jedoch zu Unrecht die Voraussetzungen dieses Vertretungsgrundes im vorliegenden Fall als gegeben erachtet.

151. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnet. Für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben durch einen Vertreter besteht von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Der Sachgrund der Vertretung setzt daher einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des Vertreters muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers entsteht. Nimmt der Arbeitgeber den Vertretungsfall zum Anlass für eine befristete Beschäftigung, ist aufgrund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausfallenden Arbeitnehmers zurückzuführen ist ( - Rn. 19 bis 21 mwN, BAGE 136, 17).

162. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass auch durch die vorübergehende Abordnung der Stammkraft ein Vertretungsbedarf iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG entstehen kann (ebenso  - Rn. 40, LAGE § 14 TzBfG Nr. 71; Hunold DB 2012, 288; aA  - Rn. 12;  - Rn. 29, nicht rkr.;  - Rn. 31, LAGE § 14 TzBfG Nr. 66, nicht rkr.; wohl auch Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 33). Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages kann auch dann vorliegen, wenn eine Stammkraft vorübergehend höherwertige Aufgaben wahrzunehmen hat und der Arbeitgeber deren eigentliche Tätigkeit dem Vertreter zuweist. In den Fällen der unmittelbaren und der mittelbaren Vertretung erfordert es der Sachgrund der Vertretung nicht, dass der zu vertretende Arbeitnehmer an der Erbringung der Arbeitsleistung insgesamt verhindert ist. Dies ergibt die Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG.

17a) Bereits der Wortsinn des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG spricht dafür, dass der Sachgrund der Vertretung nicht notwendig die vollständige Abwesenheit des „anderen Arbeitnehmers“ vom Betrieb oder Unternehmen voraussetzt, sondern es genügt, wenn dieser - gleich aus welchem Grund - an der Erbringung der „eigentlich“ geschuldeten Arbeitsleistung verhindert ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Arbeitsleistung im Wege der unmittelbaren Vertretung dem Vertreter übertragen wird. Dieser wird dann „zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers“ beschäftigt. Insbesondere kommt es nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht darauf an, ob der Vertretungsbedarf seinen Grund in der Sphäre des zu vertretenden Arbeitnehmers oder in der Sphäre des Arbeitgebers hat.

18b) Die Gesetzesgeschichte bestätigt diese Auslegung. In der amtlichen Begründung zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG heißt es, ein Vertretungsfall liege vor, wenn durch den zeitweiligen Ausfall eines Arbeitnehmers, zB aufgrund „Krankheit, Beurlaubung, Einberufung zum Wehrdienst, Abordnung ins Ausland“, ein vorübergehender Bedarf zur Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers entsteht (BT-Drucks. 14/4374 S. 19). Das letzte Beispiel zeigt, dass der Sachgrund der Vertretung nicht nur in Fällen der vom Arbeitgeber nicht beeinflussbaren Abwesenheit der Stammkraft, sondern auch dann in Betracht kommt, wenn die Abwesenheit der Stammkraft von „ihrem“ Stammarbeitsplatz auf einer Entscheidung des Arbeitgebers beruht. Da die genannten Beispielfälle nicht abschließend sind, kann auch nicht angenommen werden, dass nach dem Willen des Gesetzgebers ein Vertretungsfall nur bei einer Abordnung ins Ausland vorliegen könne. Vielmehr besteht der Bedarf, die Arbeitsleistung des abgeordneten Arbeitnehmers zu ersetzen, auch bei einer Abordnung im Inland.

19c) Das Ergebnis wird durch die Systematik des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG gestützt. Die Vertretungsbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist ein Unterfall des vorübergehenden „betrieblichen“ Bedarfs an Arbeitsleistung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG. Die Sachgründe unterscheiden sich nur darin, dass bei der Vertretung der Bedarf an Arbeitskräften unverändert besteht und nur der Ausfall eines oder mehrerer Mitarbeiter kompensiert werden soll, während im Fall des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ein vorübergehender Arbeitskräftemehrbedarf besteht (vgl. Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 298; ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 34; KR-Lipke 10. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 136). Der systematische Zusammenhang dieser Sachgründe lässt daher den Schluss zu, dass die den vorübergehenden Vertretungsbedarf begründenden „betrieblichen“ Umstände nicht notwendig aus der Sphäre der Stammkraft stammen müssen.

203. Der Sachgrund der Vertretung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Bei einem anderweitigen Einsatz eines Stammarbeitnehmers im Unternehmen kommt er nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber die damit verbundene Umorganisation unmittelbar oder mittelbar mit einer befristeten Neueinstellung verknüpft, der befristet beschäftigte Arbeitnehmer also unmittelbar für die anderweitig eingesetzte Stammkraft beschäftigt wird oder sich die Verbindung zu diesem anderweitigen Einsatz durch eine Vertretungskette vermittelt (dazu das Urteil des Senats vom selben Tage - 7 AZR 661/11 -). Es reicht hingegen nicht aus, wenn die Einstellung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers lediglich wegen der „gedanklichen Zuordnung“ dem vorübergehend im Unternehmen anderweitig eingesetzten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Allein dies ist hier der Fall.

21a) Im Rahmen einer Umorganisation innerhalb des Unternehmens und einer dadurch bedingten vorübergehenden Abordnung eines Arbeitnehmers kommt eine Befristung aufgrund Vertretung lediglich dann in Betracht, wenn der Vertretungsbedarf entweder durch eine unmittelbare Vertretung der vorübergehend von ihrem Arbeitsplatz abwesenden Stammkraft oder durch eine an diese vorübergehende Abwesenheit anknüpfende Vertretungskette gedeckt wird. Es reicht jedoch nicht aus, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer dessen Aufgaben einem oder mehreren abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet:

22aa) Allerdings hat der Senat für den Fall der Vertretung einer aus dem Unternehmen - etwa aufgrund Elternzeit oder Krankheit - abwesenden Stammkraft angenommen, dass die für den Befristungsgrund der Vertretung notwendige Kausalität zwischen der Abwesenheit dieser Stammkraft und dem Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers auch dann gegeben ist, wenn weder eine unmittelbare Vertretung noch eine Vertretungskette vorliegt, der Arbeitnehmer jedoch der abwesenden Stammkraft gedanklich zugeordnet werden kann. Dies setzt voraus, dass die Stammkraft auch auf der Position des befristet beschäftigten Arbeitnehmers eingesetzt werden könnte und sich die gedankliche Zuordnung aufgrund einer Dokumentation - zB im Arbeitsvertrag - hinreichend feststellen lässt ( - Rn. 19 mwN). Der Senat hat dies damit begründet, dass die Abwesenheit eines Stammarbeitnehmers aus dem Unternehmen die Organisationsbefugnis des Arbeitgebers unberührt lässt und deshalb auch in diesen Fällen eine Kausalität zwischen der Abwesenheit der vertretenen Stammkraft und der Befristung des Arbeitsvertrages des befristet eingestellten Arbeitnehmers besteht. Denn letztlich lässt die Abwesenheit der vorübergehend ausfallenden Stammkraft die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt (vgl.  - Rn. 14 f., EzA TzBfG § 14 Nr. 57).

23bb) Diese Überlegungen sind jedoch auf Vertretungsfälle, die durch die vorübergehende Abwesenheit der Stammkraft aufgrund eines anderweitigen Einsatzes im Unternehmen ausgelöst werden, nicht übertragbar. In diesem Fall hat der Arbeitgeber von seinen Versetzungs- und Umsetzungsbefugnissen bereits dadurch Gebrauch gemacht, dass er die von ihrem Arbeitsplatz vorübergehend abwesende Stammkraft anderweitig eingesetzt hat. Aufgrund derselben organisatorischen Entscheidung kann eine Kausalität zur befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers daher nicht dadurch begründet werden, dass der Arbeitgeber die Stammkraft auch mit der Tätigkeit des befristet eingestellten Arbeitnehmers hätte betrauen können. Der Arbeitgeber kann von seinen Versetzungs- und Umsetzungsbefugnissen - bei identischem Anlass - nur einmal Gebrauch machen. Er kann sich nicht darauf berufen, er hätte sie, wenn er sie nicht so wie geschehen ausgeübt hätte, in anderer Weise ausüben können. Von den Fällen der vollständigen Abwesenheit der Stammkraft - etwa wegen Urlaubs oder Krankheit - unterscheiden sich die Fälle der Abordnung entscheidend dadurch, dass der Arbeitgeber an der Ausübung dieser Rechte nicht gehindert ist, sondern sie wahrnimmt. Würde es auch in einem solchen Fall zur Befristung des Arbeitsvertrages mit der „Vertretungskraft“ genügen, dass der Arbeitgeber seine Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse auch in anderer Weise als von ihm tatsächlich praktiziert hätte ausüben können, so würde dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, sich ohne sachliche Rechtfertigung Befristungsmöglichkeiten selbst zu schaffen. Das wäre mit dem aus dem TzBfG folgenden Gebot einer wirksamen Befristungskontrolle unvereinbar (vgl. zur Haushaltsbefristung  - Rn. 31, BAGE 137, 178).

24b) Im Streitfall liegen die danach notwendigen Voraussetzungen für eine Vertretung vorübergehend im Unternehmen anderweitig eingesetzter Stammkräfte nicht vor. Es käme allenfalls eine gedankliche Zuordnung in Betracht. Denn die Vertretungssituation zwischen dem Kläger und dem anderweitig eingesetzten Arbeitnehmer wird lediglich dadurch vermittelt, dass der in A tätige Herr S, auf den sich die Dokumentation durch den „Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag“ vom bezieht, statt in A auch in B mit den Aufgaben hätte befasst werden können, die der Kläger ausgeübt hat. Das reicht nicht aus.

25B. Der mit der Anschlussberufung in das Verfahren eingebrachte Hilfsantrag fällt, da die Klage bereits mit dem Hauptantrag Erfolg hat, nicht zur Entscheidung an.

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Fundstelle(n):
BB 2013 S. 1139 Nr. 19
DB 2013 S. 8 Nr. 15
DStR 2013 S. 2779 Nr. 51
NJW 2013 S. 1755 Nr. 24
NJW 2013 S. 8 Nr. 18
ZIP 2013 S. 1352 Nr. 28
LAAAE-33113