Oberfinanzdirektion Münster - S 2230 - 129 - St 23 - 33

Einkommensteuerveranlagung der Land- und Forstwirte für den Veranlagungszeitraum 2011

I. Grundsatzverfügung, EStG-Kartei NRW §§ 13, 13a EStG Fach 1 Nr. 800

Die Grundsatzverfügung ist unter der EStG-Kartei NRW §§ 13, 13a EStG Fach 1 Nr. 800 eingestellt. Dieses Dokument enthält die zeitraumunabhängigen allgemein gültigen Anweisungen. Die im Hauptdokument dargestellten Grundsätze sind für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden.

Die zu den einzelnen Veranlagungszeiträumen ergehenden gesonderten Verfügungen weisen auf die Besonderheiten des jeweiligen Veranlagungsjahres hin.

II. Gesetzliche Änderungen

Gesetzliche Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen ab dem Veranlagungszeitraum 2011 – Gesetz zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz – SteuBAG, BGBl 2008 I, 2850) sowie das Jahressteuergesetz 2010 ( BGBl 2010 I, 1768)

Ab dem Veranlagungszeitraum 2011 sind Steuerpflichtige, die Einkünfte aus

  • Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 13a, 14, 14a des EStG),

  • Gewerbebetrieb (§§ 15, 16, 17 EStG) oder

  • selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) erzielen,

verpflichtet, die Einkommensteuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln, wenn es sich nicht um einen der Veranlagungsfälle gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 EStG handelt.

Besteuerung der Forstwirtschaft; Änderungen infolge des Steuervereinfachungsgesetzes vom ( BGBl. 2011 I, 2131)

Durch das Steuervereinfachungsgesetz vom wurden die § 34b EStG sowie §§ 51 und 68 EStDV für den VZ 2012 neu geregelt. Allerdings ergeben sich durch die Einräumung eines Wahlrechtes bereits Auswirkungen auf den VZ 2011.

Änderung des § 34b EStG

  • Holznutzungen aus privatwirtschaftlichen Gründen sind nicht mehr nach § 34b EStG begünstigt.

  • Die bisherige Aufteilung der Betriebsausgaben in feste und variable Kosten nach § 34b Absatz 2 Nr. 1 und 2 EStG entfällt.

  • Steuersätze:

    • halber Steuersatz für die Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen unabhängig vom Vorliegen eines Nutzungssatzes;

    • viertel Steuersatz für die Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen, soweit sie den Nutzungssatz übersteigen.

Die Gewährung der Tarifvergünstigung ist von zwei Voraussetzungen abhängig. Zum einen müssen die verschiedenen veräußerten oder entnommenen Holzmengen nachgewiesen werden, um die Ermittlung der begünstigten Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen zu gewährleisten, zum anderen müssen die Kalamitätsnutzungen unverzüglich gemeldet werden, um eine forstfachliche Begutachtung der Schäden durch einen Forstsachverständigen der Finanzverwaltung sicherzustellen. Nach Aufarbeitung des Schadens ist die tatsächlich angefallene Holzmenge der Finanzbehörde schriftlich anzuzeigen.


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Es wird darauf hingewiesen, dass zu den Einnahmen aus Holznutzungen auch Entschädigungen aus Versicherungen gehören, soweit diese Entschädigungen auf den forstwirtschaftlichen Aufwuchs entfallen. Dies gilt auch für Entschädigungsleistungen für den künftig entgehenden Holzzuwachs (vgl.   BStBl 1954 III, 229).

III. Aktuelle BMF-Schreiben

Mit dem gleichlautenden Ländererlass vom wurde die Abgrenzung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens vom Betriebsvermögen für Zwecke der Bewertung neu geregelt.

Das verweist hinsichtlich ertragsteuerlicher Abgrenzungsfragen auf den o. g. gleichlautenden Ländererlass. Sofern sich für den Steuerpflichtigen Verschlechterungen gegenüber der Richtlinienregelung in R 15.5 EStR 2008 ergeben, kann die Richtlinienregelung für diejenigen Wirtschaftsjahre angewandt werden, die vor der Veröffentlichung einer geänderten Richtlinienfassung beginnen. Die sowie vom mit Wirkung vom wurden aufgehoben.

Das Verzeichnis der Wirtschaftszweige/GKZ nach dem Stand vom wurde hiermit bekannt gegeben. Im Bereich der LuF haben sich Änderungen bei den GKZ 01610.2, 01620.2 sowie 01700.0 und 01700.2 ergeben.

  • Besteuerung der Forstwirtschaft Auswirkungen der Rechtsprechung des BStBl 2008 II, 960, 968) und Anpassung an die Änderungen infolge des Steuervereinfachungsgesetzes vom  –  ( BStBl 2012 I, 595)

Der BFH hat mit seinen Urteilen vom ( BStBl 2008 II, 960 und 968) zur ertragsteuerlichen Behandlung des forstwirtschaftlichen Aufwuchses umfassend Stellung genommen. Danach ist als Wirtschaftsgut beim stehenden Holz der in einem selbständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehende Baumbestand anzusehen, der sich durch geographische Faktoren, die Zusammensetzung der Holzarten oder der Altersklassen deutlich von den übrigen Baumbeständen abgrenzt und regelmäßig eine Mindestgröße von einem Hektar umfasst. Der Baumbestand zählt zum nicht abnutzbaren Anlagevermögen eines Forstbetriebs.

Durch die Rechtsprechung des BFH wurde eine umfassende Überarbeitung des erforderlich. Das BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung des Wirtschaftsguts „Baumbestand” regelt daher folgende Problemkreise:

  1. Definition und Abgrenzung des Wirtschaftsgutes „stehendes Holz”

  2. Zuordnung zum nicht abnutzbaren Anlagevermögen und Ausweis im Anlageverzeichnis

  3. Buchwertminderung

  4. Einschlagsformen

  5. Besonderheiten bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG

  6. Umsetzung in die Verwaltungspraxis

  7. Übergangsregelung

Außerordentliche Holznutzungen im abweichenden Wirtschaftsjahr 2011/2012

Grundsätzlich unterliegen die sich aus dem Wirtschaftsjahr 2011/2012 ergebenden tarifbegünstigten Einkünfte der Vorschrift des § 34b EStG a. F. als auch der Vorschrift des § 34 EStG n. F.. Bei der Anwendung ist demnach zu berücksichtigen, dass bei abweichenden Wirtschaftsjahren die Gewinne zeitanteilig dem jeweiligen Veranlagungszeitraum zuzuordnen sind.

Aus Vereinfachungsgründen können Steuerpflichtige im Wirtschaftsjahr 2011/2012 jedoch zwischen der Anwendung des § 34b EStG a. F. und des § 34b EStG n. F. wählen.

Während für die Anwendung des § 34b a. F. für 2011 letztmalig die jahresneutrale Anlage Forstwirtschaft verwendet werden kann, steht für die Anwendung des § 34b EStG n. F. das Ergänzungsblatt zur Anlage Forstwirtschaft 2011 zur Verfügung.

  • Ertragsteuerliche Erfassung der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeuges zu Privatfahrten nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 1 bis 3 EStG, Glaubhaftmachung der Nutzung bestimmter Kraftfahrzeuge – BStBl 2012 I, 1099

Gehören gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, so ist der pauschale Nutzungswert grundsätzlich für jedes Kraftfahrzeug anzusetzen, das vom Steuerpflichtigen oder zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen für Privatfahrten genutzt wird. Kann der Steuerpflichtige dagegen glaubhaft machen, dass bestimmte betriebliche Kraftfahrzeuge ausschließlich betrieblich genutzt werden, weil sie für eine private Nutzung nicht geeignet sind (z. B. bei sog. Werkstattwagen, vgl. BStBl 2008 II, 381) oder diese ausschließlich eigenen Arbeitnehmern zur Nutzung überlassen werden, ist für diese Kraftfahrzeuge kein pauschaler Nutzungswert zu ermitteln.

IV. Aktuelle Rechtsprechung

Bei Landwirten und Forstwirten, die ihren Gewinn gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG abweichend vom Kalenderjahr ermitteln, ist nach der Rechtslage vor dem JStG 2007 ein fehlerhafter Bilanzansatz selbst dann in der ersten noch offenen Bilanz richtig zu stellen, wenn dadurch die auf den vorausgegangenen, aber bestandskräftig abgeschlossenen Veranlagungszeitraum entfallende Gewinnerhöhung nicht mehr berücksichtigt werden kann.

Die wesentliche Bedeutung des Urteils steckt im 3. Leitsatz des Urteils:

Eine im Gewinnermittlungszeitraum dem Grunde nach rechtlich entstandene Verbindlichkeit ist auch wirtschaftlich vor dem Bilanzstichtag verursacht, wenn sie unabhängig davon zu erfüllen ist, ob der Unternehmer seine Tätigkeit in Zukunft fortführt oder den Betrieb zum jeweiligen Bilanzstichtag beendet. In diesem Fall darf keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden.

  • Zuständigkeit eines Finanzamtes für Konzernbetriebsprüfung für landwirtschaftliche Betriebe aller Größenordnungen –  (BFH/NV 2012, 164)

Der BFH hat sich mit der sachlichen Zuständigkeit des Finanzamtes für Konzernbetriebsprüfung beschäftigt. Sofern sich aus der Verordnung über die Zuständigkeiten der Finanzämter eines Landes die Neuordnung der Aufbauorganisation ergibt, unterbleibt eine weitergehende richterliche Überprüfung.

  • Mitunternehmerschaft bei Landwirtsehegatten mit Gütergemeinschaft, Beendigung der Mitunternehmerschaft nicht bereits durch Scheidung –  (BFH/NV 2012, 411)

Wie der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, bilden Landwirtsehegatten, die den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben, auch ohne ausdrücklich vereinbarten Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft. Die zwischen den Ehegatten bestehende Gütergemeinschaft stellt ein den in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des EStG genannten Gesellschaftsverhältnissen vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis und damit eine taugliche Grundlage für die Begründung einer Mitunternehmerschaft i. S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 13 Abs. 7 EStG dar.

Wenn zwischen Landwirtsehegatten eine Mitunternehmerschaft bestanden hat, werden dementsprechend deren Rechtsfolgen nur ausgeschlossen, wenn die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft aufgegeben oder die Gesellschaft aufgelöst und abgewickelt wird.

Der BFH hat ausführlich dazu Stellung genommen, dass § 60 Abs. 4 EStDV eine wirksame Rechtsgrundlage für die Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR darstellt und dadurch keine neue Form der Gewinnermittlung eingeführt wird. Die in § 60 Abs. 4 EStDV enthaltende Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR ist nach Auffassung des BFH verhältnismäßig und dient insbesondere dem Zweck der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens.

  • Rücklage für Ersatzbeschaffung –  (BFH/NV 2012, 1035)

Der BFH hat mit o. g. Urteil die von der Rechtsprechung entwickelten und von der Finanzverwaltung übernommenen Grundsätze zur Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung weiter entwickelt.

Durch Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung wird eine Gewinnrealisierung durch die Aufdeckung stiller Reserven vermieden, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und in naher Zukunft ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut angeschafft wird. Die Rücklage kann grundsätzlich – anders als die Rücklage nach § 6b EStG – für jedes Wirtschaftsgut gebildet werden. Wesentliche Voraussetzung für die Bildung einer Rücklage ist jedoch die Absicht, eine Ersatzbeschaffung zu tätigen. Ein bilanzierender Steuerpflichtiger dokumentiert diese Absicht durch Bildung der Rücklage.

Der BFH hatte über die Frage zu entscheiden, wann die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden muss.

Grundsätzlich erfolgt eine gewinnerhöhende Auflösung, wenn

  • die Absicht der Ersatzbeschaffung aufgegeben wurde oder

  • die Reinvestition nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt wurde.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung beträgt eine angemessene Reinvestitionsfrist bei Ausscheiden eines Grundstücks oder Gebäudes aus dem Betriebsvermögen zwei Jahre. Diese Frist kann angemessen verlängert werden. Der BFH ist jedoch der Auffassung, dass die Reinvestitionsfristen – gerade aufgrund des unerwarteten Ausscheidens eines Wirtschaftsgutes – an die in § 6b Abs. 3 EStG genannten Fristen anzuknüpfen sind (vier bzw. bei Herstellung sechs Jahre).. Eine über die Fristen hinausgehende Möglichkeit der Fristverlängerung besteht auch im Einzelfall nicht.

Während der Reinvestitionsfristen bedarf es keiner ständigen Überprüfung, ob die Investitionsabsicht noch fortbesteht. Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für eine Aufgabe der Investitionsabsicht, muss das Finanzamt diese fehlende Absicht darlegen und ggf. nachweisen.

Hinweis

Die Reaktion der Finanzverwaltung auf dieses Urteil bleibt abzuwarten.

  • Wechsel von der Liebhaberei zum Betrieb mit Eintritt der Gewinnerzielungsabsicht –  (BFH/NV 2012, 950)

Ebenso wie ein zunächst mit Gewinnerzielungsabsicht unterhaltener Betrieb bei Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht in eine Liebhaberei hineinwächst, kann im umgekehrten Fall das spätere Entstehen einer Gewinnerzielungsabsicht den Wechsel von einer Liebhaberei in einen der Besteuerung unterliegenden Betrieb bewirken. Hat das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht zu einem bestimmten Zeitpunkt festgestanden, steht deshalb nicht zugleich fest, dass der nämliche Betrieb auf Dauer als Liebhaberei zu behandeln sein muss. Entsteht die Gewinnerzielungsabsicht später, verliert der Betrieb von dem betreffenden Zeitpunkt an seine Eigenschaft als Liebhaberei. Die anschließend erzielten Einkünfte unterliegen dann der Einkommen- und ggf. der Gewerbesteuer.

Die Absicht zur Erzielung eines Totalgewinns kann als subjektives Tatbestandsmerkmal nur anhand von Indizien festgestellt werden. Die tatsächliche Erzielung eines solchen Gewinns lässt dabei grundsätzlich die Vermutung zu, dass die Erzielung des Gewinns auch beabsichtigt war. Hat die Gewinnerzielungsabsicht zunächst nachweislich gefehlt, bedarf es allerdings weiterer Indizien, dass sich an den Absichten des Steuerpflichtigen etwas geändert hat. Diese können insbesondere in einer veränderten Führung des Betriebs zu sehen sein.

  • Verlustausgleichsverbot mit EU-Recht vereinbar –  (BFH/NV 2012, 1313)

Die Regelung des § 15 Abs. 4 EStG, wonach Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden dürfen, ist sowohl mit der Verfassung als auch mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften bzw. der heutigen Europäischen Union vereinbar.

  • Abzugsfähigkeit der Kosten für die Erneuerung einer Heizungsanlage als Versorgungsleistungen –  (BFH/NV 2012, 1594)

Wird im Rahmen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen vom Vermögensübergeber ein Wohnungsrecht vorbehalten, dann können vom neuen Eigentümer getragene Aufwendungen für diese Wohnung nur dann als Versorgungsleistungen abziehbar sein, wenn er sich zur Tragung dieser Kosten verpflichtet hat.

  • Unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils bei gleichzeitiger Ausgliederung des Sonderbetriebsvermögens –  (BFH/NV 2012, 2053)

Entgegen der Auffassung der Verwaltung hat der BFH entschieden, dass es der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegensteht, wenn zeitgleich mit der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils ein funktional wesentliches Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert übertragen wird. Beide Privilegierungen (§§ 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG) stehen gleichberechtigt nebeneinander und führen auch bei gleichzeitiger Anwendung nicht zu einer Kumulation von Steuerbegünstigungen. Vielmehr führt die Anwendung in beiden Fällen dazu, dass die stillen Reserven steuerverhaftet bleiben.

Ebenfalls läuft nach Auffassung des BFH der gleichzeitige Eintritt der Rechtsfolgen beider Normen auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht zu wider. § 6 Abs. 3 EStG begünstigt grundsätzlich die Generationennachfolge, § 6 Abs. 5 EStG die Unternehmensumstrukturierung. In beiden Fällen werden aufgrund der Unentgeltlichkeit der Vorgänge dem Unternehmen keine liquiden Mittel entzogen. Aufgrund dieser anderen Zweckbestimmung können die den §§ 16, 34 EStG zugrundliegenden Wertungen des Gesetzgebers (Rechtsfolgen innerhalb eines Gesamtplans) nicht ohne weiteres auf die §§ 6 Abs. 3, und 5 EStG angewendet werden.

Hinweis

Das Urteil ist noch nicht im BStBl veröffentlicht worden. Inwieweit es anzuwenden ist, bleibt abzuwarten.

  • Reinvestition aus einem gewerblichen Veräußerungsgewinn auf ein Wirtschaftsgut eines luf Betriebes –  BStBl 2012 II, 877)

Grundsätzlich können Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern i. S. d. § 6b EStG eines Gewerbebetriebes nicht auf Wirtschaftsgüter eines luf Betriebes übertragen werden, da diese Veräußerungsgewinne der Gewerbesteuer unterliegen und somit die darauf entfallende Gewerbesteuer bei einer steuerbegünstigten Reinvestition im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb für die Kommune verloren ginge (§ 6b Abs. 4 Satz 2 EStG).

Anders verhält es sich aber bei Gewinnen aus der Veräußerung eines gesamten Gewerbebetriebes. Dieser steuerbegünstigte Veräußerungsgewinn unterliegt bei natürlichen Personen nicht der Gewerbesteuer, so dass in diesem Fall, Gewinne, soweit sie auf begünstigte Wirtschaftsgüter i. S. d. § 6b Abs. 1 EStG entfallen, nicht vom Übertragungsverbot i. S. d. § 6b Abs. 4 Satz 2 EStG erfasst werden.

  • Teilentgeltliche Übertragungen von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen –  (BFH/NV 2012,1536) und (BFH/NV 2012, 1880)

Die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern ist nach Auffassung der Verwaltung – anders als bei Anwendung der Einheitstheorie für die Übertragung von Sachgesamtheiten – nach den Grundsätzen der Trennungstheorie zu beurteilen. Dabei ist die erbrachte Gegenleistung im Verhältnis zum Teilwert des übertragenen Wirtschaftsgutes zu prüfen. Liegt die Gegenleistung unter dem Teilwert, handelt es sich hierbei um eine teilentgeltliche Übertragung, bei der der unentgeltliche Teil nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert zu übertragen ist. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Übertragung liegt eine Veräußerung des Wirtschaftsgutes vor, die zur anteiligen Aufdeckung der stillen Reserven führt.

Der BFH hat in den beiden o. g. Urteilen abweichend von der Verwaltungsauffassung entschieden, dass die Trennungstheorie auch bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern nicht mehr anzuwenden ist. Vielmehr ist auch in diesen Übertragungsfällen die Einheitstheorie anzuwenden. Erfolgt eine Gegenleistung für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes bis zur Höhe des Buchwertes, handelt es sich um einen unentgeltlichen Vorgang. Überschreitet das Entgelt den Buchwert, handelt es sich um ein vollentgeltliches Rechtsgeschäft.

Gleichfalls hat der BFH in seinem Urteil vom ausgeführt, dass die Übernahme von Verbindlichkeiten Entgelt darstellt.

Hinweis

Die Urteile sind noch nicht im BStBl veröffentlicht worden. Inwieweit sie anzuwenden sind, bleibt abzuwarten.

V. anhängige Verfahren

Entgegen der Auffassung der Verwaltung hat das FG Münster entschieden, dass es sich bei den Zahlungsansprüchen um ein abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handelt. Die Zahlungsansprüche seien als Rechte von begrenzter Dauer anzusehen, bei denen – bereits bei ihrer erstmaligen Zuweisung im Jahr 2005 – Gewissheit über ihr Ende, aber nicht über dessen Zeitpunkt bestanden habe.

Hinweis

Die Revision war zugelassen. Sofern sich Steuerpflichtige auf dieses anhängige BFH-Verfahren berufen, können die Fälle nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhen. Eine Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO ist nicht zu gewähren.

  • Ertragsteuerliche Behandlung von Dachsanierungen im Zusammenhang mit der Errichtung einer Fotovoltaikanlage –  Revision anhängig Az. BFH: X R 32/12

Das FG München vertritt in o. g. Urteil die Auffassung, dass die Sanierungskosten eines Daches (Erneuerung der Dacheindeckung mit Dachlatten, Dachrinnen und Fallrohren), auf dem Steuerpflichtige nach der Sanierung eine Fotovoltaikanlage installieren, teilweise als Betriebsausgaben des gewerblichen Betriebes abzugsfähig sind. Eine Aufteilung der Aufwendungen könne in Anlehnung an die zur Umsatzsteuer ergangene Rechtsprechung des  BFH/NV 2012, 1192) erfolgen.

Hinweis

Die Revision war zugelassen. Sofern sich Steuerpflichtige auf dieses anhängige BFH-Verfahren berufen, können die Fälle nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhen. Eine Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO ist nicht zu gewähren.

VI. Erlasse des FM NRW

Unterrichtung der Oberfinanzdirektionen und des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalens über Rechtsbehelfsverfahren von grundsätzlicher oder besonderer wirtschaftlicher Bedeutung – Erlass vom (AO-Kartei NW vor § 1 FGO Karte 802)

Das FM nimmt in diesem Erlass Stellung dazu, in welchen Fällen die Oberfinanzdirektionen und das Finanzministerium im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung Rechtsbehelfe von grundsätzlicher oder besonderer wirtschaftlicher Bedeutung rechtzeitig zu unterrichten sind.

VII. Sonstige Hinweise

Informationsveranstaltung für die Sachgebietsleiter/innen und Prüfer/innen der Groß- und Konzernbetriebsprüfung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe

Die Niederschrift zu den im September 2012 durchgeführten Informationsveranstaltungen wurde in ISYS unter Startseite/Steuer/ESt/Niederschriften eingestellt.

Ertragsteuerliche Beurteilung von Energieholz-, Biomass- und Kurzumtriebsplantagen

Im letzten Jahr war die steuerrechtliche Behandlung von Kurzumtriebsplantagen im Rahmen landwirtschaftlicher Anbaumethoden, die der Energieholzerzeugung oder der Holzerzeugung zur stofflichen Verwertung dienen, Gegenstand der Erörterung auf Bund-Länder-Ebene.

Übereinstimmend wird nunmehr die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Pflanzenbeständen zur Erzeugung von Energieholz um Dauerkulturen handelt, deren Fertigstellungszeitpunkt typisierend mit dem dritten Jahr nach der Pflanzung und deren Nutzungsdauer einheitlich mit 20 Jahren anzunehmen ist.

Soweit keine Erzeugung von Energieholz erfolgt, wird auf Kurzumtriebsplantagen regelmäßig Holz erzeugt, das stofflich genutzt wird. Dies bedeutet, dass das Holz in Sägewerken, Papierfabriken und in anderen produzierenden Betrieben der Holzwirtschaft verarbeitet wird. Die Art der Bewirtschaftung solcher Anlagen (zumeist Dauergrünland, geringere Pflanzdichte, Pflanzung in Reihen, Verwendung von Setzstangen, landwirtschaftliche Unter- oder Zwischennutzung der Reihen und das Ertrags-Aufwand-Gefüge) sowie die rechtliche Einordnung als Landwirtschaftsfläche sprechen gegen eine steuerrechtliche Zuordnung zur Forstwirtschaft. In diesen Fällen ist daher von Pflanzenbeständen auszugehen, die als mehrjährige Kulturen einzuordnen sind.

Daraus ergeben sich entsprechend dem ( BStBl 1981 I S. 878) die ertragsteuerlichen Folgen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Bilanzänderung bei Mitunternehmerschaften

Hinsichtlich der Frage, ob der für eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG geforderte enge, sachliche Zusammenhang von Bilanzberichtigung und Bilanzänderung auch im Verhältnis der verschiedenen Bilanzen einer Mitunternehmerschaft zueinander bestehen kann, bitte ich nach Abstimmung auf Bund/Länderebene folgende Auffassung zu vertreten:

Ein enger sachlicher Zusammenhang als Voraussetzung für eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG kann auch zwischen Gesamthandsbilanz und Ergänzungs- oder Sonderbilanz sowie zwischen den Ergänzungs- und Sonderbilanzen der einzelnen Mitunternehmer bestehen. Es ist vorgesehen, die EStR im Rahmen der EStÄR 2012 um eine entsprechende Aussage zu ergänzen.

Subjekt der Gewinnermittlung ist nach der so genannten Einheitsbetrachtung nicht der einzelne Mitunternehmer, sondern die Mitunternehmerschaft selbst. Bei der Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist daher auf die Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft abzustellen und hierbei auf eine gesellschafterbezogene Betrachtungsweise (die nur in eng begrenzten Einzelfällen, z. B. bei der Anwendung des § 6b EStG stattfindet) zu verzichten. Hierdurch eintretende Gewinnverschiebungen zwischen den Mitunternehmern stehen dem nicht entgegen (vgl. EStG-Kartei zu § 4 Abs. 1 bis 3 EStG Nr. 808).

Feldinventar/stehende Ernte

Der BFH hat mit seinem Urteil vom ( BStBl 2011 II, 654) zur ertragsteuerlichen Behandlung des Feldinventars und der stehenden Ernte umfassend Stellung genommen. Dabei geht der BFH von folgenden Grundsätzen aus:

  • Das Feldinventar/die stehende Ernte einer abgrenzbaren Fläche ist – wie der Baumbestand eines Forstbetriebs – jeweils als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen, das einzeln zu bewerten ist.

  • Dem Verzicht auf die Aktivierung des Feldinventars/der stehenden Ernte liegen landwirtschaftliche Besonderheiten zu Grunde.

  • Die Regelung in R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR ist als zulässige, abweichende Steuerfestsetzung im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Abgabenordnung anzusehen. Sie ist grundsätzlich Gegenstand eines besonderen Verwaltungsverfahrens bzw. -akts.

  • Bei der Anwendung der Billigkeitsmaßnahme ist vom Grundsatz der Bewertungsstetigkeit auszugehen.

  • Ein Übergang von der Aktivierung des Feldinventars/der stehenden Ernte zur Nichtaktivierung ist generell unzulässig.

Verzicht auf Aktivierung des Feldinventars; §§ 163, 164 AO –  (BFH/NV 2012, 1853)

Nach R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR 2008 kann bei landwirtschaftlichen Betrieben mit jährlicher Fruchtfolge von einer Aktivierung des Feldinventars und der stehenden Ernte aus Billigkeitsgründen abgesehen werden. Dies gilt auch für Körperschaften, wenn sich der Betrieb auf die Land- und Forstwirtschaft beschränkt oder der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als organisatorisch verselbständigter Betriebsteil (Teilbetrieb) geführt wird (vgl. R 34 Satz 2 und 3 KStR). Der Verzicht auf die Aktivierung des Feldinventars ist ein steuerliches Wahlrecht, das nach den Grundsätzen der Rechtsprechung eine Billigkeitsentscheidung darstellt und auf § 163 AO beruht (z. B. BStBl 2000 II S. 422). Dieses Wahlrecht kann der Steuerpflichtige nach Auffassung der Verwaltung nur einheitlich, bezogen auf das gesamte Feldinventar seines Betriebes, ausüben. Dies lässt sich aus dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) ableiten, wonach grundsätzlich die gleichen Bewertungsmethoden und die gleichen Wertermittlungsverfahren von Jahr zu Jahr beizubehalten sind.

Trifft das Finanzamt aufgrund eines Antrages die Billigkeitsentscheidung gemäß § 163 AO, so liegt darin ein Grundlagenbescheid hinsichtlich der Steuerfestsetzung (  BStBl 2004 II, 927). Grundsätzlich handelt es sich bei der Steuerfestsetzung und der Entscheidung über die Billigkeit um zwei getrennte Verfahren, diese können aber äußerlich miteinander verbunden werden.

Hinweis

Werden im Steuerbescheid keine konkreten Entscheidungen zum Billigkeitsantrag getroffen und der Steuerbescheid lediglich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestellt, ist dadurch der Steuerbescheid dahingehend zu verstehen, dass das Finanzamt über den Billigkeitsantrag positiv entschieden hat.

Im o. g. Revisionsverfahren gegen das Urteil des Sächsischen (EFG 2011, 1758) hat der die Auffassung des Sächsischen Finanzgerichts bestätigt, wonach eine Billigkeitsentscheidung im Sinne der R 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 EStR getroffen worden ist, wenn das Finanzamt einen Steuerbescheid unter Zugrundelegung einer eingereichten Bilanz erlassen hat, in der Feldinventar unter Berufung auf die vorgenannte Vorschrift in den EStR nicht aktiviert wurde, selbst wenn der Bescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist und keinen Hinweis auf eine getroffene Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO enthält.

Hinweis

Der BFH-Beschluss hat zur Folge, dass der Veranlagungsbezirk die Klärung der Frage, ob auf eine Aktivierung des Feldinventars verzichtet werden kann, nicht einer nachfolgenden Betriebsprüfung überlassen kann. Eine erforderliche Aktivierung des Feldinventars muss vielmehr vor der erstmaligen Veranlagung im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens durchgeführt werden.

Oberfinanzdirektion Münster v. - S 2230 - 129 - St 23 - 33

Fundstelle(n):
DB 2013 S. 788 Nr. 15
WAAAE-31683