Unzulässige Beschwerde
Gesetze: § 89 Abs 2 S 2 ArbGG, § 520 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO
Instanzenzug: Az: 38 BV 10891/10 Beschlussvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 8 TaBV 656/11 Beschluss
Gründe
1A. Die Beteiligten streiten über die gerichtliche Durchsetzung des Beweisbeschlusses einer Einigungsstelle.
2Die Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen, das bundesweit Dienstleistungen im Bereich des Geld- und Werttransportes erbringt. Antragsteller ist der im B Betrieb gebildete Betriebsrat.
3Im Dezember 2008 errichteten die Betriebsparteien eine Einigungsstelle zum Thema „Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung“. In ihrer achten Sitzung fasste diese mehrheitlich den Beschluss, alle Arbeitsplätze der Geschäftsstelle B und ausgesuchte andere Arbeitsplätze gemeinsam zu begehen. Dabei sollten ua. auch die Arbeitsplätze an Geldausgabeautomaten in Augenschein genommen sowie die Arbeitsplätze der Fahrer beladener Transporte in einer Geldschleuse besichtigt werden. Zu der beschlossenen Besichtigung der Arbeitsplätze ist es bislang nicht gekommen.
4Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe die Begehung der in dem Zwischenbeschluss der Einigungsstelle aufgeführten Arbeitsplätze durch die Mitglieder der Einigungsstelle zu dulden. Ohne die beschlossenen Ortsbesichtigungen könnten die Gefährdungspotenziale der Arbeitsplätze nicht abschließend beurteilt werden.
Der Betriebsrat hat beantragt,
6Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt.
7Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt dieser sein Begehren weiter.
8B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil bereits die Beschwerde des Betriebsrats gegen den erstinstanzlichen Beschluss des Arbeitsgerichts unzulässig war.
9I. Die Zulässigkeit der Beschwerde ist eine vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfende Prozessfortführungsvoraussetzung für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens (vgl. - Rn. 17, NZA 2010, 1446).
10II. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts war unzulässig.
111. Nach § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Beschwerdebegründung muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Beschlusses befassen. Allgemeine, formelhafte Wendungen genügen hierfür nicht. Auch darf sich der Beschwerdeführer nicht darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Beschwerdeführer die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt (vgl. - Rn. 13, NZA 2010, 1446).
122. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Betriebsrats nicht. Der Betriebsrat hat hierin lediglich seine Rechtsauffassung dargelegt, ohne sich mit den Begründungsansätzen des Arbeitsgerichts zur Unzulässigkeit des Antrags auseinanderzusetzen.
13a) Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der Antragsabweisung ausgeführt, der Antrag des Betriebsrats sei schon deshalb unzulässig, weil das Einigungsstellenverfahren noch nicht abgeschlossen sei und der Betriebsrat dessen Fortsetzung verlangen könne. Des Weiteren hat es angenommen, es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, dass der Betriebsrat für die Einigungsstelle mithilfe des Gerichts als Vollstreckungsorgan fungiere. Beschlüsse der Einigungsstelle seien kraft Gesetzes nicht vollstreckungsfähig. Auch für Zwischenbeschlüsse sei von Gesetzes wegen eine Zwangsvollstreckung nicht vorgesehen. Die Durchsetzung solcher Beschlüsse könne mangels gesetzlicher Grundlage auch nicht durch das Arbeitsgericht erzwungen werden.
14b) In der Beschwerdebegründung wendet sich der Kläger zunächst gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts, der Antrag sei unzulässig, weil das Einigungsstellenverfahren nicht abgeschlossen sei. Hierzu macht er geltend, die Fortsetzung des Einigungsstellenverfahrens habe mit dem anhängigen Beschlussverfahren nichts „gemeinsam“. Dies ergebe sich bereits aus dem Regelungsgegenstand der Einigungsstelle, der sich nicht nur auf die Gefährdungsbeurteilung, sondern auch auf die Unterweisung beziehe. Schon wegen der bisher nicht verhandelten Unterweisung sei die Einigungsstelle fortzusetzen, ohne dass sich dies negativ auf das anhängige Beschlussverfahren auswirken dürfe. Im Anschluss daran meint er, es könne nicht sein, dass die Einigungsstelle rechtsschutzlos bleibe, weil sich die Arbeitgeberin weigere, der Durchführung des Zwischenbeschlusses zuzustimmen. Da es sich bei der angestrebten Betriebsvereinbarung um eine „gestaltende Betriebsvereinbarung“ handele und diese Gestaltung durch die Einigungsstelle erst erfolgen könne, wenn diese sich über alle erforderlichen Tatsachen ein eigenes Bild verschafft habe, sei es Aufgabe einer der Betriebsparteien der Einigungsstelle die Durchsetzung eines Zwischenbeschlusses zu ermöglichen. Soweit Beschlüsse der Einigungsstelle kraft Gesetzes nicht selbst vollstreckungsfähig seien, müsse für den Betriebsrat die Möglichkeit gegeben sein, diese Beschlüsse gerichtlich erwirken zu können, um sicherzustellen, dass der gesetzliche Auftrag, die Einigung vollständig abzuschließen, erfüllt werden könne.
c) Damit legt der Betriebsrat lediglich seine Rechtsauffassung dar. Mit der Begründung des Arbeitsgerichts zur fehlenden Anspruchsgrundlage für sein Begehren setzt er sich an keiner Stelle inhaltlich auseinander. Seine Beschwerdebegründung erschöpft sich in der pauschalen Behauptung, es könne nicht sein, dass der Zwischenbeschluss der Einigungsstelle nicht gerichtlich durchgesetzt werden könne. Erst in dem nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist als Replik auf die Beschwerdebeantwortung der Arbeitgeberin eingegangenen Schriftsatz vom hat der Betriebsrat geltend gemacht, ein derartiger „Durchsetzungsanspruch“ müsse sich zumindest aus „§ 76 BetrVG iVm. § 242 BGB“ ergeben. Hierdurch wird jedoch der Mangel der Beschwerdebegründung nicht geheilt.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
DB 2013 S. 588 Nr. 11
NJW 2013 S. 2218 Nr. 30
NJW 2013 S. 8 Nr. 8
OAAAE-29701