Unzulässige Klageerhebung wegen Identität des Streitgegenstandes
Gesetze: § 90 VwGO, § 43 Abs 1 VwGO, § 42 Abs 1 VwGO
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Az: 9 B 48.11 Urteil
Gründe
1Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO liegen nicht vor.
21. Der Rechtssache kommt die ihr von der Klägerin beigelegte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu.
3Die Klägerin hält die Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig,
a) "Entspricht der Anschluss- und Benutzungszwang an eine öffentliche Abwasserentsorgungseinrichtung, wenn die Entsorgung ohne die Gefährdung des Allgemeinwohls bezüglich der Einhaltung von Seuchen- und Hygienevorschriften nicht zu Beanstandungen führt, dem grundgesetzlichen Gebot des Schutzes des Eigentums?".
b) "Entspricht der Anschluss- und Benutzungszwang an eine öffentliche Abwasserentsorgungsanlage dem Gebot des Art. 14 Abs. 3 GG, wenn nicht gleichzeitig gesetzlich die Entschädigungsleistung für die Abgabe des mit Wertstoffen versehenen Trinkwassers bzw. des 'Abwassers' für die Betroffenen geregelt ist?".
4Diese Fragen würden sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Sie nehmen Bezug auf diejenigen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, die den Nichtigkeitsfeststellungsantrag der Klägerin betreffen.
5Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die durch Bescheid vom erfolgte Festsetzung eines zweiten Zwangsgeldes zur Durchsetzung der vom Beklagten mit Verfügung vom gegenüber der Klägerin angeordneten Anschluss- und Benutzungszwang an die zentrale öffentliche Abwasseranlage. Die gegen die Verfügung vom erhobene Anfechtungsklage hatte das Verwaltungsgericht Cottbus mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom ergangenen Urteil abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil wurde mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom zurückgewiesen. Es ist somit rechtskräftig entschieden, dass die Verfügung des Beklagten vom rechtmäßig ist. Der erst in der Berufungsinstanz des vorliegenden Verfahrens gestellte Antrag, die Nichtigkeit der Verfügung festzustellen, ist unzulässig. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt demjenigen, der einen Verwaltungsakt für nichtig hält, mehrere Möglichkeiten des gerichtlichen Rechtsschutzes zur Verfügung. Er kann entweder Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO auf Aufhebung des Verwaltungsakts erheben, oder er kann die Feststellung der Nichtigkeit des Verwaltungsakts nach § 43 Abs. 1 VwGO beantragen. Dabei ist es möglich, die beiden Klagebegehren als Haupt- und Hilfsantrag zu verbinden. Wegen der Identität des Streitgegenstandes (§ 90 VwGO) ist es jedoch unzulässig, eine Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zu erheben, wenn bereits eine Anfechtungsklage erhoben bzw. rechtskräftig zum Abschluss gebracht worden ist ( 23 B 89.00099 - BayVBl 1990, 370; Beschluss vom - 23 ZB 99.2766 - juris Rn. 4; OVG Magdeburg, Beschluss vom - 1 L 3/12 - juris Rn. 5; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 43 Rn. 26). Der Nichtigkeitsfeststellung steht daher gemäß § 121 VwGO die materielle Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom in dem diesem Verfahren vorangegangenen Verfahren - Az.: 6 K 821/01 - entgegen, weil darin die Rechtmäßigkeit der Verfügung des Beklagten vom festgestellt wurde.
62. Auch die Zulassung der Revision wegen der von der Klägerin behaupteten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) scheidet aus, da die gerügte Abweichung für die Entscheidung im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Die diesbezüglichen Darlegungen der Klägerin setzen sich ebenfalls mit den Ausführungen des angefochtenen Urteils zu dem Nichtigkeitsfeststellungsantrag der Klägerin auseinander. Wie oben (unter 1). ausgeführt wurde, würden sich die damit im Zusammenhang stehenden Fragen in dem Revisionsverfahren nicht stellen.
73. Schließlich liegt auch der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor.
8Die Klägerin rügt insoweit, das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom sei entgegen § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht von dem erkennenden Einzelrichter unterschrieben worden. Die Urteilsurschrift sei nicht mit dem vollständigen Familiennamen, sondern lediglich mit einer Paraphe unterzeichnet worden, die dem Erfordernis persönlicher Unterzeichnung durch den Richter nicht genüge.
9Diese Rüge greift nicht durch. Dem Erfordernis der richterlichen Urteilsunterzeichnung wird zwar durch die Beifügung eines den Namen abkürzenden Handzeichens (Paraphe) nicht genügt ( BVerwG 8 B 186.92 - Buchholz 310 § 87b VwGO Nr. 1 = NJW 1994, 746; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 117 Rn. 2). Eine Urteilsunterschrift verlangt, dass ein die Identität des Unterzeichners kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug vorliegt; er muss nicht lesbar sein, darf sich aber andererseits nicht auf eine Paraphe beschränken ( BVerwG 7 B 11.04 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 29). Ein Buchstabengebilde genügt den Anforderungen an eine eigenhändige Unterschrift, wenn es den Urheber des Schriftstücks und seinen Willen, das Schriftstück als endgültig und nicht lediglich als Entwurf zu betrachten, erkennen lässt ( -ZSteu 2008, R 641-R 643 - juris Rn. 10; - juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der unter der Urschrift des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom vorhandene Namenszug des Einzelrichters lässt die Absicht erkennen, den Urteilstext mit einer vollständigen Unterschrift zu versehen und das Urteil als endgültig zu betrachten. Die individuelle Form der Unterschrift erfüllt die an eine eigenhändige Unterschrift gestellten Anforderungen. Gegen die Annahme einer Unterzeichnung mit Paraphe spricht bereits, dass der Beschluss bezüglich der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter von dem betreffenden Einzelrichter in gleicher Weise unterschrieben wurde wie das Urteil. Insbesondere war für die Geschäftsstelle des Gerichts als Adressaten der Urschrift des Urteils erkennbar, wer der Urheber des unterschriebenen Urteils ist. Auch die Klägerin bestreitet nicht, dass der Schriftzug von dem Einzelrichter herrührt, der die Sache mündlich verhandelt hat.
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Fundstelle(n):
EAAAE-27944