Gesetzliche Unfallversicherung - Höhe des Übergangsgelds - Berechnungsgrundlage - Regelentgelt - Vorbezug von Krankengeld - Arbeitslosengeld und Verletztengeld - Regel- und Sonderberechnung nach SGB 9 - Leistungskontinuität - Analogie - planwidrige Regelungslücke
Leitsatz
1. Einem Versicherten, der Verletztengeld in Höhe zuvor bezogenen Arbeitslosengelds erhalten hat, ist für die Teilnahme an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld in derselben Höhe zu zahlen.
2. Diesem Verletztengeld liegt kein Arbeitsentgelt iS des § 49 SGB 9 zugrunde.
Gesetze: § 47 Abs 2 S 1 SGB 7 vom , § 47b Abs 1 S 1 SGB 5 vom , § 49 SGB 7, § 50 Halbs 1 SGB 7, § 50 Halbs 2 SGB 7, § 46 Abs 1 S 1 SGB 9 vom , § 47 Abs 1 SGB 9 vom , § 48 S 1 SGB 9, § 49 SGB 9, § 16 RehaAnglG vom
Instanzenzug: Az: S 2 U 124/04 Urteilvorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 3 U 296/08 Urteil
Tatbestand
1Die Beteiligten streiten über den Wert eines Rechts auf Übergangsgeld.
2Der Kläger erlitt am einen Arbeitsunfall und war bis zum arbeitsunfähig erkrankt. Nach einer entgeltlichen Beschäftigung wurde er arbeitslos. Ihm wurde auf der Grundlage eines vom bis zum erzielten Arbeitsentgelts von insgesamt 19.827,15 € Arbeitslosengeld vom bis zum nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 384,25 € in Höhe von täglich 21,85 € ab und von 21,72 € ab bindend zuerkannt. Wegen einer erneut eingetretenen Arbeitsunfähigkeit wurde dem Kläger jeweils bindend ab Krankengeld und, seitdem diese unfallbedingt war, ab Verletztengeld jeweils in Höhe des zuvor geleisteten Arbeitslosengeldes bewilligt.
3Mit Bescheiden vom bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie "Übergangsgeld in Höhe von z. Zt. kalendertäglich 14,77 Euro". Hierzu teilte sie mit, dass das Übergangsgeld wegen noch erforderlicher Ermittlungen zur Berechnung der Leistung zunächst "vorschussweise" und "unter dem Vorbehalt späterer Rückforderung" erbracht werde, sofern sich herausstellen sollte, dass die Leistungspflicht nicht oder nur in geringerer Höhe bestehe. Mit Bescheid vom stellte die Beklagte fest, dass das vorläufig gezahlte Übergangsgeld in Höhe von 68 vH des Verletztengeldes richtig berechnet worden sei und sich ab ein Zahlbetrag von kalendertäglich 14,77 € ergebe. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom zurück.
4Das SG Potsdam hat den Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom "dahingehend abgeändert, dass der Berechnung des Übergangsgeldes nicht das zuvor gezahlte Verletztengeld oder das Arbeitsentgelt auf der Basis des ursprünglichen Bemessungsentgeltes für das Arbeitslosengeld zugrunde gelegt wird" (Nr 1) und die Beklagte "verpflichtet, an den Kläger weiteres Übergangsgeld ab dem in Höhe des zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes entsprechend zu Ziffer 1) zu zahlen" (Urteil vom ). Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung der Beklagten "mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom dahingehend geändert wird, dass bei der Berechnung des Übergangsgeldes nicht vom zuvor gezahlten Verletztengeld, sondern vom Arbeitsentgelt ausgegangen wird, welches dem Arbeitslosengeldbezug vom bis zum (in Höhe von 19.827,15 €) zugrunde lag" (Urteil vom ). Gegenstand des Verfahrens sei allein der Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom , der die Höhe des Übergangsgeldes abschließend regele. Das Schreiben vom enthalte lediglich die Mitteilung oder wiederholende Verfügung, dass an der bisherigen Entscheidung vom festgehalten werde. Die Höhe des Übergangsgeldes bestimme sich nach § 50 Halbs 1 SGB VII iVm § 49 Halbs 1 SGB IX. Der Kläger habe unmittelbar vor Beginn der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Verletztengeld bezogen. Da das Verletztengeld über § 47 Abs 2 Satz 1 SGB VII an das Krankengeld und dieses über § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V an das Arbeitslosengeld anknüpfe, sei auch bei der Berechnung des Übergangsgeldes auf das dem Arbeitslosengeld zugrunde liegende Arbeitsentgelt zurückzugreifen. Selbst wenn § 49 Halbs 1 SGB IX nicht anwendbar wäre, hätte die Beklagte das Übergangsgeld nach § 50 Halbs 2 iVm § 47 Abs 2 SGB VII in Höhe des Arbeitslosen- und Krankengeldes weiterzahlen müssen.
5Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 50 Halbs 1 SGB VII. Der Festsetzung des Verletztengeldes habe kein Arbeitsentgelt zugrunde gelegen, so dass § 49 SGB IX ausscheide. Das Arbeitslosengeld, das anders als die in § 49 SGB IX abschließend genannten Entgeltersatzleistungen zu bemessen sei, habe der Gesetzgeber bewusst von der Kontinuitätsregelung ausgenommen. Bemessungsgrundlage des Übergangsgeldes sei nach § 50 Halbs 2 SGB VII iVm § 47 Abs 2 SGB VII das Verletztengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes. Da aber für die Berechnung des Übergangsgeldes eine gesetzliche Regelung fehle, müsse § 46 SGB IX analog gelten. Nach dem Willen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung des Senats sei das Übergangsgeld niedriger anzusetzen als das Verletztengeld.
6Die Beklagte beantragt,die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom und des Sozialgerichts Potsdam vom aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
7Der Kläger beantragt,die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
8Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie trage der vom Gesetzgeber gewünschten Besitzstandswahrung Rechnung.
Gründe
9Die zulässige Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das LSG hat sie zu Unrecht verurteilt, für die Zeit ab Übergangsgeld in Höhe von mehr als 21,72 € kalendertäglich zu zahlen. Allerdings ist ihre um 6,95 € zu niedrige Höchstwertfestsetzung des Rechts auf Übergangsgeld im Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom auf 14,77 € kalendertäglich rechtswidrig. Insoweit hat die Revision keinen Erfolg.
10Gegenstand des Rechtsstreits sind die zulässig kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG), mit denen der Kläger begehrt, unter Aufhebung der Festsetzung des Höchstwerts des bindend bewilligten Rechts auf Übergangsgeld im Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom die Beklagte zur Zahlung höheren Übergangsgeldes für die Zeit ab zu verurteilen. Nicht angegriffen ist hingegen der auf andere Weise erledigte (§ 39 Abs 2 SGB X) einstweilige Verwaltungsakt vom , mit dem die Beklagte einen Vorschuss nach § 42 Abs 1 Satz 1 SGB I auf das voraussichtlich zu zahlende Übergangsgeld bewilligt hat.
11Nach dieser Vorschrift kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, wenn ein Anspruch auf eine Geldleistung dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist. Die Regelung einer Vorschussleistung liegt dann vor, wenn der zuständige Leistungsträger hinreichend deutlich macht, dass er wegen eines von seinem Standpunkt aus dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Geldleistungen, dessen genaue Höhe noch nicht zeitnah festgestellt werden kann, zwar ein Recht auf Zahlungen bewilligt, das aber noch keinen dauerhaften Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Gezahlten bilden soll und daher wirtschaftlich mit dem Risiko einer möglichen Rückzahlungspflicht behaftet ist. Ob die Beklagte eine einstweilige Regelung in diesem Sinne getroffen hat, ist durch Auslegung des Verwaltungsakts aus der Sicht eines an Treu und Glauben orientierten, mit den Umständen des Falles vertrauten Erklärungsempfängers zu ermitteln ( - BSGE 106, 244 = SozR 4-1200 § 42 Nr 2 mwN, RdNr 14; vom - 4 RA 46/96 - SozR 3-1200 § 42 Nr 9).
12Nach dem Erklärungsgehalt der Bescheide vom musste der Kläger von einer nur einstweiligen, vorschussweisen Bewilligung des Rechts auf Übergangsgeld ausgehen. Im Zusammenhang mit der Gewährung von Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist ihm Übergangsgeld von "z. Zt." 14,77 € kalendertäglich bewilligt worden. Diese Regelung hat die Beklagte dahingehend konkretisiert, dass das Recht auf Übergangsgeld wegen noch erforderlicher Ermittlungen zur "Berechnung" der Leistung zunächst "vorschussweise" und "unter dem Vorbehalt späterer Rückforderung" gezahlt werde. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie nur ein einstweiliges, mit dem Risiko einer möglichen Rückzahlungspflicht belastetes Recht auf Übergangsgeld zuerkennen wollte.
13Einstweilige Regelungen über Vorschüsse entfalten nur bis zur Beendigung des die Leistungshöhe betreffenden Verwaltungsverfahrens Rechtswirkungen und erledigen sich mit dem Erlass des abschließenden Verwaltungsakts auf andere Weise iS des § 39 Abs 2 SGB X ( - SozR 3-1200 § 42 Nr 8 S 25 mwN). Der einstweilige Verwaltungsakt vom wurde durch den endgültigen Verwaltungsakt im Bescheid vom ersetzt. Dieser verlautbart zwei endgültige Regelungen iS des § 31 Satz 1 SGB X über die Bewilligung des Rechts auf Übergangsgeld sowie über dessen Wert. Mit der Erklärung, dass das vorläufig festgestellte kalendertägliche Übergangsgeld richtig berechnet worden sei und sich ab ein Zahlbetrag von 14,77 € ergebe ist der Wert des Rechts auf Übergangsgeld ab dem auch der Höhe nach endgültig festgesetzt worden.
14Dass das LSG den "Bescheid der Beklagten vom " als angefochten angesehen und geändert hat, hindert den Senat nicht an einer Entscheidung über das Revisionsbegehren. Auch das Berufungsgericht hat nicht über die Rechtmäßigkeit der Vorschussbewilligung, sondern der endgültigen Festsetzung des Übergangsgeldes der Höhe nach befunden.
15In der Sache haben die Vorinstanzen die allein angefochtene Höchstwertfestsetzung des Rechts auf Übergangsgeld zutreffend aufgehoben. Dem Kläger steht nach § 50 Halbs 2 SGB VII iVm § 47 Abs 2 SGB VII Übergangsgeld in Höhe von 21,72 € kalendertäglich zu (dazu 1.). Für die Festsetzung eines niedrigeren oder höheren Übergangsgeldes fehlt es an einer Rechtsgrundlage (dazu 2.).
161. Übergangsgeld wird nach § 49 SGB VII erbracht, wenn Versicherte infolge eines Versicherungsfalls Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten. Das Recht auf ein solches Übergangsgeld ist hier dem Kläger bindend zuerkannt worden. Gemäß § 50 SGB VII bestimmen sich "Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes", also der Wert des Rechts auf diese Leistung nach den §§ 46 bis 51 SGB IX, soweit das SGB VII nichts Abweichendes bestimmt (Halbs 1); im Übrigen gelten die Vorschriften für das Verletztengeld entsprechend (Halbs 2). Da die hier zu beurteilende Fallgestaltung nicht einem der in §§ 46 ff SGB IX geregelten sachlichen Anwendungsbereiche unterfällt (vgl hierzu unter 2.), ist über § 50 Halbs 2 SGB VII die Bestimmung des § 47 Abs 2 Satz 1 SGB VII maßgebend. Danach erhalten Versicherte, die Arbeitslosengeld bezogen haben, Verletztengeld in Höhe des Krankengeldes nach § 47b SGB V. Gemäß § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V wird das Krankengeld in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes gewährt. Der Kläger erhielt zuletzt ab Arbeitslosengeld von kalendertäglich 21,72 €. In dieser Höhe ist ihm damit auch Übergangsgeld zu zahlen.
172. Ein anderer Wert des unfallversicherungsrechtlichen Rechts auf Übergangsgeld ist im SGB VII aufgrund der in dieses Gesetzbuch inkorporierten Vorschriften der §§ 46 bis 51 SGB IX nicht vorgesehen. Vorliegend kommt weder die Regel- noch die Sonderberechnung nach den §§ 46 bis 48 SGB IX in Betracht (dazu a). Auch die Voraussetzungen der Kontinuitätsbestimmung des § 49 SGB IX sind nicht erfüllt (dazu b). Schließlich ist für eine analoge Anwendung der inkorporierten Vorschriften mangels planwidriger Regelungslücke kein Raum (dazu c).
18a) Der Wert des Rechts auf Übergangsgeld ergibt sich nicht aus § 46 Abs 1 SGB IX in der Fassung des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 4621), da der Kläger vor der Entstehung dieses Rechts Verletztengeld als Entgeltersatzleistung bezogen hat.
19Nach Satz 3 der Vorschrift beträgt das Übergangsgeld 75 oder 68 vH des nach Satz 1 oder § 48 SGB IX maßgebenden Betrages. § 46 Abs 1 Satz 1 SGB IX legt als Berechnungsgrundlage 80 vH des Regelentgelts in Gestalt des regelmäßig erzielten Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt, begrenzt durch das Nettoarbeitsentgelt und die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze, fest. Regelentgelt ist nach § 47 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB IX in der Fassung des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze vom (BGBl I 1467) das zuletzt vor Beginn der Leistung oder einer vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit erzielte und um Einmalzahlungen verminderte Arbeitsentgelt. Neben dieser Regelberechnung sieht der Sondertatbestand des § 48 SGB IX als Berechnungsgrundlage 65 vH des auf ein Jahr bezogenen tariflichen oder, wenn es an einer tariflichen Regelung fehlt, des ortsüblichen Arbeitsentgelts für den Fall vor, dass die Berechnung nach den §§ 46 und 47 SGB IX zu einem geringeren Betrag führt (Nr 1), Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist (Nr 2) oder der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt (Nr 3).
20Die Regelberechnung nach den §§ 46 und 47 SGB IX knüpft damit ausschließlich an einen Arbeitsverdienst und nicht an den Bezug einer Entgeltersatzleistung an. Nur wenn Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und auch eine Entgeltersatzleistung nicht bezogen wurden oder wenn die Berücksichtigung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse aus den in § 48 Satz 1 Nr 1 oder 3 SGB IX genannten Gründen ausscheidet, ist ein fiktives Arbeitsentgelt festzustellen. Der Kläger hat indes vor Beginn des Übergangsgeldes Verletztengeld bezogen und damit weder Arbeitsentgelt noch Arbeitseinkommen erzielt. Ein Sonderfall iS des § 48 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB IX ist ebenfalls nicht gegeben. Der Tatbestand einer ungünstigeren Regelberechnung (Nr 1) ist schon mangels Anwendbarkeit der §§ 46 und 47 SGB IX nicht einschlägig. Da der Kläger zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bis zum Arbeitsentgelt erhalten hat, sind auch ungeachtet des Bezuges des Verletztengeldes die Tatbestände des fehlenden Arbeitsverdienstes (Nr 2) und des länger als drei Jahre zurückliegen Bemessungszeitraums (Nr 3) nicht erfüllt.
21b) Der Wert des Rechts auf Übergangsgeld bestimmt sich auch nicht nach der in § 50 Halbs 1 SGB VII in Bezug genommenen Kontinuitätsregel des § 49 SGB IX. Denn das dem Kläger vor Beginn der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gezahlte Verletztengeld war nicht nach erzieltem Arbeitsentgelt bemessen worden.
22Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird nach § 49 SGB IX bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen, wobei die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze zu beachten ist. Die Vorschrift setzt auf der Tatbestandsseite sowohl den Bezug einer der aufgeführten Sozialleistungen als auch eine sich daran anschließende Teilnahme an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben voraus. Als Rechtsfolge ordnet die Bestimmung die Berücksichtigung des "bisher zugrunde gelegten" Arbeitsentgelts an. Bereits diese Formulierung bringt zum Ausdruck, dass das bislang für die Bemessung der vor Beginn der Teilhabemaßnahme bezogenen Leistung herangezogene Arbeitsentgelt auch weiterhin die maßgebende Berechnungsgrundlage bleiben soll. § 49 SGB IX ist daher nur dann einschlägig, wenn bei der Bemessung der in der Vorschrift genannten Entgeltersatzleistungen an ein Arbeitsentgelt angeknüpft wurde (vgl - juris RdNr 24; Schlette in jurisPK-SGB IX, Online-Ausgabe, § 49 RdNr 5 <Stand: >; Löschau in GK-SGB IX, § 49 RdNr 29 und 33 <Stand: Februar 2011>; Dalichau in Wiegand, SGB IX, § 49 RdNr 13 und 17 <Stand: Juni 2010>; von der Heide in Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Aufl 2009, § 49 RdNr 3; Knittel, SGB IX, 6. Aufl 2012, § 49 RdNr 8; - BSGE 60, 114, 117 = SozR 2200 § 1241 Nr 31 S 103 und vom - 11 RA 72/78 - BSGE 49, 41, 42 = SozR 2200 § 1241b Nr 2 S 2, jeweils zu § 18b AVG).
23Diese Wortlautinterpretation wird durch den mit § 49 SGB IX verfolgten Zweck gestützt. Die Vorschrift geht auf § 16 des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG) in der bis zum geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom (BGBl I 2477) zurück. Danach ist, wenn der Behinderte Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld bezogen hat und im Anschluss daran eine Maßnahme zur Rehabilitation durchgeführt wird, bei der Berechnung der Geldleistungen iS von § 12 Nr 1 RehaAnglG von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt auszugehen. Ergänzend hierzu enthielten die für die einzelnen Rehabilitationsträger jeweils geltenden Leistungsgesetze bis zum vergleichbare Kontinuitätsregelungen zur Berechnung des Übergangsgeldes (für die Arbeitslosenversicherung § 166 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes <AFRG> vom <BGBl I 594> sowie die Vorgängervorschrift des § 59c AFG; für die Rentenversicherung § 23 SGB VI idF des Rentenreformgesetzes 1992 vom <BGBl I 2261> sowie die Vorgängervorschriften der §§ 1241 Abs 4 RVO, 18 Abs 4 AVG, 40 Abs 4 RKG idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes <AFKG> vom <BGBl I 1497> und der §§ 1241b RVO, 18b AVG, 40b RKG idF des RehaAnglG vom <BGBl I 1881>; für die Unfallversicherung § 51 Abs 5 iVm § 47 Abs 4 SGB VII idF des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom <BGBl I 1254> sowie die Vorgängervorschriften des § 568 Abs 5 iVm § 561 Abs 4 RVO idF des AFKG aaO). Ebenso wie § 16 RehaAnglG und die ihm entsprechenden, für die verschiedenen Sozialversicherungszweige maßgebenden Spezialnormen soll auch der die früheren Regelungen zusammenfassende (BT-Drucks 14/5074 S 110 zu §§ 50-52) § 49 SGB IX einerseits die Kontinuität der Leistungen gewährleisten und andererseits der Verwaltungsvereinfachung dienen ( - SozR 4-3250 § 49 Nr 1 RdNr 20). Diese Kontinuität erstreckt sich aber nicht auf die Höhe des zu zahlenden Übergangsgeldes, sondern auf die Bemessungsgrundlage der vor Beginn der Teilhabemaßnahme bezogenen Entgeltersatzleistung. § 49 SGB IX regelt einen Sonderfall der Bemessung von im Zusammenhang mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stehenden Unterhaltsersatzleistungen, indem er einen Verzicht auf erneute Ermittlungen und Feststellungen des Bemessungsentgelts vorsieht. Dadurch wird zum einen sichergestellt, dass, soweit der bisherigen Leistung ein Arbeitsentgelt zugrunde lag, die jeweils nachfolgende Leistung nicht nach einem anderen Entgelt bemessen wird. Zum anderen wird eine mehrfache Feststellung des Arbeitsentgelts vermieden. Diese zur Aufrechterhaltung der bisherigen Einkommensverhältnisse bezweckte Besitzstandswahrung gilt partiell in Bezug auf das zuvor berücksichtigte Arbeitsentgelt und greift daher nur bei nach einem Arbeitsentgelt gewährten Leistungen iS des § 49 SGB IX (vgl 9b/7 RAr 96/88 - SozR 3-4100 § 59c Nr 2 S 6 mwN zu § 16 RehaAnglG).
24Dem ab gezahlten Verletztengeld lag hingegen kein Arbeitsentgelt zugrunde, das für die Bemessung des Übergangsgeldes hätte übernommen werden können. Das Verletztengeld war zutreffend nicht nach § 47 Abs 1 SGB VII aus einem Arbeitsverdienst als Regelentgelt berechnet worden. Versicherte, die Arbeitslosengeld bezogen haben, erhalten vielmehr gemäß § 47 Abs 2 SGB VII (hier idF des AFRG vom <BGBl I 594>) Verletztengeld in Höhe des Krankengeldes nach § 47b SGB V. Da nach § 47b Abs 1 Satz 1 SGB V idF des AFRG (aaO) das Krankengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes zu leisten ist, war auch das Verletztengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes zu zahlen. Allein diese Entgeltersatzleistung bildete die Grundlage für die Bemessung des Verletztengeldes.
25c) Durch die Verweisung in § 50 Halbs 1 SGB VII sind die Vorschriften der §§ 46 bis 51 SGB IX in das SGB VII inkorporiert. Sie gilt demnach nur für Sachverhalte, die durch die in Bezug genommenen Bestimmungen geregelt werden, soweit das SGB VII nichts Abweichendes bestimmt. Eine Erstreckung auf nicht erfasste Fallgestaltungen im Wege der Analogie kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht (zu den Voraussetzungen der Analogie vgl - SozR 3-2600 § 34 Nr 1; vom - B 2 U 11/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
26Das hier gefundene Ergebnis entspricht gerade dem Entschädigungskonzept der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem SGB VII. Nach § 1 Nr 2 SGB VII gehört es ua zu den Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung, nach Eintritt von Arbeitsunfällen die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und sie durch Geldleistungen zu entschädigen. Zu diesem Zweck haben Versicherte im Falle einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit oder einer Heilbehandlungsmaßnahme Anspruch auf Verletztengeld (§ 45 Abs 1 SGB VII) und bei der Teilnahme an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben Anspruch auf Übergangsgeld (§ 49 SGB VII). Übergangs- und Verletztengeld sind wirtschaftliche Hilfen des Unfallversicherungsträgers iS des § 22 Abs 1 Nr 2 SGB I, die als Entschädigung für unfallbedingte wirtschaftliche Nachteile erbracht werden. Gleichen diese Leistungen - wie hier - dieselbe Einbuße an Einkünften aus, ist für eine unterschiedliche Bemessung kein Raum. Infolge der am erneut eingetretenen unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit hatte der Kläger seine subjektive Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt und damit sein Recht auf Arbeitslosengeld verloren. Ab setzte sich dieser Verlust durch den unfallbedingten Bedarf nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben fort. Der Wegfall des Arbeitslosengeldes wurde zunächst durch Krankengeld und dann durch das Verletztengeld voll ausgeglichen. Da dieselbe Einbuße während der Teilhabeleistung fortdauerte, ist sie durch ein gleichwertiges Recht auf Übergangsgeld zu kompensieren. Dadurch wird zugleich vermieden, dass das Übergangsgeld - wie hier im Falle des nach Ansicht des LSG gebotenen Rückgriffs auf das dem Arbeitslosengeld zugrunde liegende Bemessungsentgelt - das Verletztengeld übersteigt.
27Eine richterliche Rechtsfortbildung verbietet sich auch deshalb, weil § 49 SGB IX allein auf den Vorbezug von Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld abstellt, das Arbeitslosengeld aber nicht erwähnt. Die Rechtsansicht des LSG, das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt schlage auf das Verletztengeld durch, hat eine Berechnung des Übergangsgeldes zur Folge, als wäre die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld ausgeführt worden. Eine solche Fallgestaltung wird vom Wortlaut des § 49 SGB IX aber gerade nicht erfasst. Auch die bereits genannten Vorgängervorschriften knüpften nicht an den Bezug von Arbeitslosengeld an. Dass der Gesetzgeber hiervon mit der Einführung des SGB IX hätte abweichen wollen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr steht jede der in § 49 SGB IX aufgeführten Sozialleistungen, nicht aber das Arbeitslosengeld in einem funktionalen Zusammenhang mit den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben werden durch die in § 49 SGB IX bezeichneten Geldleistungen ergänzt (§ 44 Abs 1 Nr 1, § 45 Abs 1 und 2 SGB IX). Demgegenüber wird das Arbeitslosengeld als Entgeltersatzleistung bei Arbeitslosigkeit und beruflicher Weiterbildung erbracht (§ 3 Abs 4 Nr 1, § 136 Abs 1 SGB III; § 3 Abs 1 Nr 8, § 117 Abs 1 SGB III aF).
28Auch unterscheiden sich die in § 49 SGB IX genannten Sozialleistungen auf der einen und das Arbeitslosengeld auf der anderen Seite in der Bemessung. Der Berechnung des Kranken-, Verletzten-, Versorgungskranken- und Übergangsgeldes ist grundsätzlich das vom Leistungsempfänger im letzten vor Beginn der Leistung oder einer vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens aber das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt, als Regelentgelt zugrunde zu legen (vgl § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB V; § 47 Abs 1 Satz 1 SGB VII iVm § 47 Abs 2 Satz 1 SGB V; § 46 Abs 1 Satz 1 iVm § 47 Abs 1 Satz 1 SGB IX; § 16a Abs 1 Satz 1 und 2 und Abs 2 Satz 1 BVG). Hingegen umfasst der Bemessungszeitraum für das dem Arbeitslosengeld als Bemessungsentgelt zugrunde zu legende beitragspflichtige Arbeitsentgelt die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten letzten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen von einem Jahr, der mit dem letzten Tag des letzten Versicherungsverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs endet (vgl §§ 149, 150 Abs 1 SGB III; §§ 130 Abs 1, 131 Abs 1 SGB III aF).
29Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der Senat nicht von seiner früheren Rechtsprechung ab. Soweit sich die Beklagte auf das Urteil vom (B 2 U 15/01 R) beruft, kann dahinstehen, ob an dieser Entscheidung festzuhalten ist. Sie betraf nicht den Anspruch auf Übergangsgeld im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld und ist zu der bis gültigen Rechtslage vor Einführung des SGB IX und der Verweisung des § 50 SGB VII auf §§ 46 ff SGB IX ergangen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2012:131112UB2U2611R0
Fundstelle(n):
DB 2013 S. 6 Nr. 21
UAAAE-27904