Instanzenzug:
Gründe
1 I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen eines Brandschadens geltend. Auf eine durch einen Makler erfolgte Anfrage bezüglich der Gewährung von Versicherungsschutz, unter anderem gegen Feuer, erklärte die "B.
" mit Faxschreiben vom :
"Bestätigen frei von bekannten Schäden und vorbehaltlich Prämie und Bedingungen".
2 Am kam es zu einem Brand mit erheblichem Sachschaden. Die B. GmbH erklärte mit Schreiben vom vorsorglich den Rücktritt vom Vertrag. In einem weiteren Schreiben vom machte sie geltend, eine vorläufige Deckung sei nicht wirksam zustande gekommen. Ferner trat sie erneut hilfsweise vom Vertrag zurück und focht diesen an.
3 Der Kläger hat mit seiner Klage die "...
" u.a. auf Zahlung von 500.000 € in Anspruch genommen. Auf die Rüge der Beklagten hinsichtlich ihrer fehlenden Passivlegitimation hat der Kläger hilfsweise beantragt, das Passivrubrum dahingehend zu berichtigen, dass es auf "...
" lautet. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung als unbegründet abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Klägervertreter auf die Frage des Gerichts, wer Beklagter sein solle, erklärt, dass dies weiter der Versicherer L . sein solle.
4 Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts geändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Nach der eindeutigen Erklärung des Klägervertreters sei Beklagte entsprechend den Angaben in der Klageschrift "L. ". Eine Auslegung zum Zwecke der "Heilung" komme daher nicht in Betracht. Tatsächlich existiere L. als Partei aber nicht. Es handele
sich nicht um einen Versicherer und insbesondere nicht um eine juristische Person. Vielmehr ergebe sich aus § 110b VAG, dass der Anspruch allein gegen den Hauptbevollmächtigten als gesetzlichen Prozessstandschafter geltend zu machen sei. Das Gericht sei auch nicht zu einer Belehrung des anwaltlich vertretenen Klägers verpflichtet gewesen. Die Frage, wer in dem Rechtsstreit Beklagter sei, hätten die Parteien bereits zuvor mehrfach angesprochen.
5 II.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde ist die Revision zuzulassen, das angefochtene Urteil aufzuheben und de r Rechtsstreit gemäß § 544 Abs. 7 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
6 1.
Die Zulassung der Revision folgt aus einem entscheidungserheblichen Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG. Das Berufungsgericht hätte den Kläger darauf hinweise müssen, dass es die Klage für unzulässig hielt.
7 a)
Gemäß § 139 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO hat das Gericht auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen hat, vor einer Entscheidung hinzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach Absatz 3 hat das Gericht ferner auf Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen. Diese gerichtlichen Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (Senatsbeschluss vom IV ZR 32/05, VersR 2007, 225 unter 1). Das Berufungsgericht hat den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass es Be denken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Existenz der Beklagten hat. Es hat den Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung lediglich gefragt, wer in dem Rechtsstreit Beklagter sein solle. Ein Hinweis des Beruf ungsgerichts auf § 110b Abs. 2 VAG ist nicht erfolgt. Hiernach können Ansprüche aus dem im Inland über eine Niederlassung betriebenen Versicherungsgeschäft der bei L. vereinigten Einzelversicherer nur durch und gegen den Hauptbevollmächtigten gerichtlich geltend gemacht werden. Eine Klage gegen L . als Versicherer ist mangels Existenz dieser Partei unzulässig.
8 b)
Der erforderliche Hinweis an den Kläger auf die fehlende Existenz der von ihm bisher in Anspruch genommenen Beklagten sowie auf die gesetzliche Prozessstandschaft des Hauptbevollmächtigten entfiel auch nicht deshalb, weil der Kläger anwaltlich vertreten war. Die Hinweispflicht besteht auch gegenüber der anwaltlich vertretenen Partei, wenn der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage ersi chtlich falsch beurteilt (, BGHZ 127, 254, 260; vom XI ZR 45/88, BGHR ZPO § 139 Abs. 1 Anwaltsprozess 3). Ein derartiger Fall lag hier für das Berufungsgericht erkennbar vor. Die für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze sind auf die Auslegung von Prozesserklärungen entsprechend anwendbar. Es ist daher analog § 133 BGB nicht an dem buchstäblichen Sinn des in der Parteierklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern der in der Erklärung verkörperte Wille anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln (, FamRZ 2001, 1703 unter II 1). Bei der Auslegung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (, NJW 1994, 1537 unter II 2 b; Beschluss vom XI ZB 6/91, NJW 1992, 243 unter 1). Bei unrichtiger oder mehrdeutiger Parteibezeichnung ist grundsätzlich derjenige als Partei anzusehen, der erkennbar durch die Parteibezeichnung getroffen werden soll (Zöller/Vollkommer, ZPO 29. Aufl. vor § 50 Rn. 7). Auf dieser Grundlage lag es fern, dass der Kläger mit dem "L. " eine nicht existente Partei verklagen wollte. Entsprechend hat der Klägervertreter auch in seinem Schriftsatz vom vorsorglich und hilfsweise beantragt, das Passivrubrum dahin zu berichtigen, dass es auf ...
lautet.
9 Das Berufungsgericht wäre angesichts dieser erkennbaren Unsicherheit des Klägervertreters bezüglich der zu verklagenden Partei im Rahmen seiner Hinweispflicht verpflichtet gewesen, unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass die Weiterverfolgung einer Klage gegen den "... " mangels Existenz einer derartigen Partei unzulässig ist. Bloß allgemeine und pauschale Hinweise sind demgege n-über nicht ausreichend (, BGHZ 127, 254, 260). Das Berufungsgericht durfte sich daher nicht mit der schlichten Frage an den Klägervertreter zufrieden geben, wer Beklagter des Rechtsstreits sei, ohne klarzustellen, welche Rech tsfolgen sich aus der Angabe des Klägervertreters ergeben.
10 c)
Der Hinweispflicht des Berufungsgerichts stand auch nicht entgegen, dass die Beklagte bereits erstinstanzlich auf ihre fehlende Passivlegitimation und die Regelung des § 110b Abs. 2 VAG hingewiesen hat. Der Kläger hatte hierauf reagiert und vorsorglich den Antrag auf Berichtigung des Passivrubrums gestellt. Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung allerdings keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage in der bisher erhobenen Form erhoben. Auch im Urteil des Landgerichts ist die Frage der Zulässigkeit der Klage nicht weiter problematisiert worden, sondern diese als unbegründet abgewiesen worden. Der Kläger durfte daher davon ausgehen, dass seine gegen "L . " gerichtete Klage zulässig ist.
11 Beurteilt das Berufungsgericht demgegenüber abweichend vom erstinstanzlichen Urteil eine entscheidungserhebliche Frage anders, so muss es die Partei hierauf hinweisen (Senatsbeschluss vom IV ZR 32/05, VersR 2007, 225 unter 1; , NJW -RR 2010, 70 Rn. 5 f.). Das gilt auch für von Amts wegen zu berücksichtigende Punkte, für die § 139 Abs. 3 ZPO ausdrücklich eine Hinweispflicht vorsieht (Senatsbeschluss aaO). Auch auf eine abweichend von der Vorinstanz vorgenommene Beurteilung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage muss mithin hingewiesen werden ( aaO Rn. 5). An einem derart unmissverständlichen Hinweis fehlt es hier. Solange das Berufungsgericht den Kläger nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es abweichend von der Vorinstanz die gegen den ... gerichtete Klage als unzulässig erachtet, weil der Hauptbevollmächtigte als gesetzlicher Prozessstandschafter gemäß § 110b Abs. 2 Satz 1 VAG verklagt werden müsse, durfte der Kläger darauf vertrauen, dass seine Klage in der bisher erhobenen Form zulässig ist.
12 2.
Der Gehörsverstoß ist auch entscheidungserheblich. Der Kläger hat vorgetragen, dass sein Prozessbevollmächtigter bei einem entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts darauf, dass die Klag e ausdrücklich gegen den Hauptbevollmächtigten als Prozessstandschafter für die bei L. vereinigten Einzelversicherer gerichtet werden müsse, eine entsprechende Prozesserklärung abgegeben hätte. Auf dieser Grundlage wird das Berufungsgericht sodann nach einer entsprechenden Prozesserklärung zu beurteilen haben, ob lediglich von einer Parteiberichtigung auszugehen ist, weil sich bereits d urch Auslegung bzw. Umdeutung ergibt, dass die gegen den L. gerichtete Klage tatsächlich gegen ... gemäß § 110b Abs. 2 Satz 1 VAG gerichtet war (zur Auslegung vgl. , FamRZ 2001, 1703 unter II 1; Urteil vom IX ZR 152/93, NJW 1994, 1537 unter II 2 b; zur Umdeutung , NJW 2011, 1292 unter II 2 a; Urteil vom XII ZR 219/98, NJW 2001, 1217 unter 4), oder ob ein Fall der Parteiänderung vorliegt (zur Abgrenzung vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 29. Aufl. vor § 50 Rn. 13).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAE-27038