Liebhaberei: private Motive bei länger anhaltenden Verlusten
Gesetze: EStG § 15 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde in den Streitjahren 1994 bis 1999 gemäß §§ 26, 26b des Einkommensteuergesetzes zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er begehrt die Anerkennung gewerblicher Verluste aus dem Betrieb einer Pension.
2 Der Kläger war als Arzt selbständig tätig. Bereits im Jahr 1993 hatte der Kläger ein Mehrfamilienhaus erworben, in dem er nach Umbaumaßnahmen mit seiner Familie das Obergeschoss bewohnte. Im Untergeschoss wurde eine Pension eingerichtet, die im Jahr 1996 fertiggestellt wurde. In den Streitjahren erzielte der Kläger jeweils negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die sich bis zum Ende des Streitjahres 1999 auf insgesamt 254.302 DM summierten. Die Steuerfestsetzungen erfolgten insoweit gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung vorläufig. Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 2004 wurden diese Verluste nicht mehr anerkannt und der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide, wobei die geänderte Einkommensteuer für das Streitjahr 1995 auf 0 DM festgesetzt wurden.
3 Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage und führte zur Begründung aus, dass er Gewinnerzielungsabsicht gehabt habe, was seine Werbemaßnahmen zeigten. Deshalb habe er in manchen Jahren hohe Umsätze erzielt. Private Probleme hätten zu Einbußen geführt.
4 Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch Urteil vom hinsichtlich des Streitjahres 1995 als unzulässig, ansonsten als unbegründet ab. In Bezug auf das Streitjahr 1995 fehle es bereits an der gemäß § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtordnung (FGO) notwendigen Beschwer, in den übrigen Jahren an der Gewinnerzielungsabsicht. Bis in das Jahr 2005 —mit Ausnahme der Jahre 2001 und 2002— seien mit dem Betrieb der Pension jährlich Verluste erwirtschaftet worden. Die Jahre 2001 und 2002, die geringe Gewinne auswiesen, änderten an der Feststellung mehrjähriger und über eine Anlaufphase hinausgehender Verluste und einer negativen Totalgewinnprognose nichts. Als privates Indiz sei die Ermöglichung einer wohnungs- und haushaltsnahen Beschäftigung der Ehefrau zu werten. Auch habe der Kläger weder ein schlüssiges Betriebskonzept vorgelegt noch dargelegt, wie er auf die andauernde Verlustsituation des Betriebs angemessen reagiert habe. Die Art und Weise des Betriebs mache es bei rückschauender Beurteilung auch nicht möglich, die in der Anlaufphase von fünf Jahren erzielten Anlaufverluste einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung stehe schließlich die beabsichtigte Steuerersparnis durch Verrechnung von Verlusten aus dem Betrieb der Pension einer von Anfang an bestehenden Gewinnerzielungsabsicht entgegen.
5 Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
6 Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
7 II. Unzulässig ist die Beschwerde in Bezug auf das das Streitjahr 1995 betreffende Prozessurteil, da es insoweit bereits an einer Begründung gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO fehlt.
8 Im Übrigen hat die Beschwerde des Klägers keinen Erfolg. Dem Kläger ist es nicht gelungen, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) wie auch die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darzulegen.
9 1. Dies gilt zunächst für die Gründe, mit denen der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung begehrt.
10 Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend, so hat er zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert; nicht ausreichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 171). Des Weiteren muss die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit der zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung darlegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, 35, m.w.N.). Insbesondere muss sich der Beschwerdeführer auch mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzen und substantiiert darlegen, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. nur Senatsbeschluss vom X B 10/10, BFH/NV 2012, 953, m.w.N.).
11 Ein solches Vorbringen ist auch im Ansatz nicht erkennbar, so dass die Beschwerde insoweit unzulässig ist.
12 2. Auch soweit der Kläger eine die einheitliche Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gefährdende Divergenz geltend macht, besteht kein Grund, die Revision zuzulassen. Soweit der Kläger überhaupt eine solche Abweichung entsprechend den Darlegungsanforderungen aus § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO schlüssig rügt, liegt eine solche Abweichung jedenfalls nicht vor.
13 a) Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, die abweichend beantwortete Rechtsfrage geklärt werden kann und eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (vgl. Senatsbeschluss vom X B 57/11, BFH/NV 2012, 1307).
14 b) Soweit der Kläger auf die Entscheidung des (BFHE 186, 206, BStBl II 1998, 663) verweist und dabei ausgehend von den umfangreichen Investitionen des Inhabers einer Rechtsanwaltskanzlei darauf abstellt, dass Liebhaberei nicht lediglich aufgrund des Vorhandenseins längerer Verlustperioden anzunehmen sei, macht er sinngemäß geltend, das FG habe bei seiner Entscheidung abweichend hiervon den Rechtssatz angewandt, dass schon das objektive Vorhandensein von Verlusten über viele Jahre ausreiche, um Liebhaberei anzunehmen. Ein solcher Rechtssatz ist der Entscheidung des FG aber gerade nicht zu entnehmen. Vielmehr hat das FG ausdrücklich auf die zweistufige Prüfung hingewiesen (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 31. Aufl., § 15 Rz 28, m.w.N.) und darauf abgestellt, dass neben einer negativen Ergebnisprognose die Tätigkeit auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruhe und sich der Steuerpflichtige damit nicht wie ein Gewerbetreibender verhalten habe. Das FG geht davon aus, dass diese Prüfung im Rahmen einer Gesamtschau zu erfolgen habe. Eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Betätigung liege vor, wenn diese nur dazu diene, Angehörige zu beschäftigen (, BFH/NV 2001, 160). Für Liebhaberei spreche auch, wenn nicht in geeigneter Art und Weise auf das Scheitern des bisherigen Betriebskonzepts reagiert werde oder ein schlüssiges Betriebskonzept nicht vorgelegt werden könne. Die vom Kläger angenommene Abweichung von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nicht erkennbar.
15 c) Es liegt auch keine Divergenz zur Entscheidung des Großen Senats des (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) vor.
16 aa) Wie der vom Kläger zitierte Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 geht auch das FG von der Berücksichtigung der Motive des Steuerpflichtigen bei länger anhaltenden Verlusten aus und stellt insbesondere auf die Art und Weise der Betriebsführung ab.
17 bb) Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, das FG habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass er die Verluste aus persönlichen Gründen und Neigungen hingenommen habe, trifft dies nicht zu. Das FG hat zum einen die wohnungsnahe Beschäftigung der Ehefrau und ergänzend die Möglichkeit der Steuerersparnis durch die Verlustverrechnung erwähnt.
18 d) Eine Divergenz scheidet auch in Bezug auf die Entscheidung des (BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289) aus, da das FG wie der BFH in dieser Entscheidung gerade auf die Wesensart und die Art der Bewirtschaftung auf Dauer abstellt.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 370 Nr. 3
EStB 2013 S. 58 Nr. 2
QAAAE-26232