BGH Beschluss v. - IX ZB 259/11

Restschuldbefreiungsverfahren: Nichtaufnahme eines Gläubigers in das Forderungsverzeichnis als Versagungsgrund

Gesetze: § 290 Abs 1 Nr 6 InsO

Instanzenzug: Az: 3 T 834/10vorgehend AG Fritzlar Az: 12 IK 262/08

Gründe

1Am wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Treuhänder) zum Treuhänder bestellt. Mit Beschluss vom ordnete das Insolvenzgericht Schlusstermin im schriftlichen Verfahren an und setzte eine Frist zur Einreichung von Schriftsätzen bis zum . Mit Schreiben vom beantragte die Gläubigerin Versagung der Restschuldbefreiung, weil der Schuldner ihre Forderung aus einem Ehe- und Erbvertrag nicht angegeben habe.

2Mit Beschluss vom hat das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung versagt. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hin hat das Beschwerdegericht den Versagungsantrag aufgehoben und den Versagungsantrag zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Gläubigerin die Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts und die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde des Schuldners erreichen.

II.

3Die Rechtsbeschwerde ist nach § 289 Abs. 2 Satz 1, §§ 6, 7 InsO aF, Art. 103f EGInsO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

41. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist dem Antrag der Gläubigerin nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, welches Fehlverhalten diese dem Schuldner vorwerfe. Die Bezeichnung der nicht im Gläubigerverzeichnis aufgeführten Forderung sei nicht hinreichend konkret. Es fehle an der gebotenen Glaubhaftmachung. Da der Schuldner erst nach Ablauf der im schriftlichen Verfahren gesetzten Frist erwidert habe, könne das Vorbringen der Gläubigerin auch nicht als unstreitig behandelt werden.

52. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

6a) Nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO ist die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn der Schuldner in den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. Die Versagung muss im Schlusstermin von einem Insolvenzgläubiger beantragt werden (§ 290 Abs. 1 InsO); der Antrag ist zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird (§ 290 Abs. 2 InsO).

7b) Der Antrag der Gläubigerin vom war zulässig.

8aa) Dass der Gläubigerin die nicht im Gläubigerverzeichnis aufgeführte Forderung zusteht, hat der Schuldner zugestanden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts war die Stellungnahme des Schuldners zu berücksichtigen. Diese war zwar erst nach Ablauf der anstelle des Schlusstermins im schriftlichen Verfahren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 InsO) gesetzten Frist beim Insolvenzgericht eingegangen. Aus Gründen, die im Verantwortungsbereich des Insolvenzgerichts lagen, war der Versagungsantrag dem Schuldner jedoch erst nach Ablauf dieser Frist überhaupt zugestellt worden. Das Insolvenzgericht musste daher eine weitere Frist zur Stellungnahme einräumen (Art. 103 Abs. 1 GG); innerhalb dieser Frist hat der Schuldner Stellung genommen und das Bestehen der auch im Verfahren nicht bestrittenen Forderung eingeräumt.

9bb) Hinsichtlich des Verschuldens hatte die anwaltlich nicht vertretene Gläubigerin nur Senatsrechtsprechung zu den Voraussetzungen für das Vorliegen grober Fahrlässigkeit zitiert. Weiterer Vortrag ist einem Fall wie dem vorliegenden nicht erforderlich. Der Gläubiger kann nur vortragen, dass ihm eine Forderung zusteht, welche der Schuldner kannte. Bei einer Forderung aus Vertrag wird dies regelmäßig zutreffen. Es ist dann Sache des Schuldners darzulegen, warum das Verschweigen ausnahmsweise weder vorsätzlich noch grob fahrlässig war.

10cc) Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO setzt nicht voraus, dass die falschen oder unvollständigen Angaben zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt haben. Es reicht vielmehr aus, dass die Pflichtverletzung ihrer Art nach geeignet ist, die Befriedigung der Gläubiger zu gefährden (, NZI 2004, 633, 634; vom - IX ZB 63/08, NZI 2009, 562 Rn. 16; vom - IX ZB 80/09, ZInsO 2011, 835 Rn. 3). Das ist immer dann der Fall, wenn der Gläubiger einer Insolvenzforderung nicht im Verzeichnis aufgeführt ist, weil dadurch seine Teilnahme am Verfahren in Frage gestellt wird. Ob es dem Gläubiger gelungen ist, seine Forderung noch rechtzeitig anzumelden, ist unerheblich ( aaO; vom , aaO).

III.

11Der angefochtene Beschluss kann damit keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO), welches nunmehr die Begründetheit des Versagungsantrags der Gläubigerin unter Berücksichtigung des Vorbringens beider Parteien zu prüfen haben wird. Hinsichtlich des Verschuldens könnte zu berücksichtigen sein, dass es sich bei dem nicht angegebenen Anspruch um einen Freistellungsanspruch handelte, der zwar anzugeben gewesen wäre (§ 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO), der aber erst mit der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens zu einem Zahlungsanspruch wurde (vgl. , ZIP 1993, 1656, 1658).

Vill                         Raebel                                 Lohmann

             Pape                             Möhring

Fundstelle(n):
JAAAE-24743