Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 2 Abs. 3 EStG
Hinweis auf die Information der OFD Münster für den Bereich der Ertragsteuern vom (Nr. 46/2002)
Der BFH hat ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 S. 2 ff EStG geäußert, als aufgrund des begrenzten Verlustausgleichs eine Einkommensteuer auch dann festzusetzen ist, wenn dem Steuerpflichtigen von seinem im Veranlagungszeitraum Erworbenen nicht einmal das Existenzminimum verbleibt (Beschlüsse vom zur Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO: und ). Die ernstlichen Zweifel des BFH beschränken sich auf die Begrenzung des Verlustausgleichs bei Vorliegen „echter”, die positiven Einkünfte übersteigender Verluste, die durch den tatsächlichen Abfluss von Mitteln entstanden sind.
Die Vertreter der obersten Finanzbehörden der Länder haben sich dafür ausgesprochen, die vorgenannten Beschlüsse des BFH anzuwenden. Daher ist in Fällen, in denen echte Verluste vorliegen und die dem Steuerpflichtigen tatsächlich verbleibenden Mittel das Existenzminimum nicht abdecken, Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. In anders gelagerten Fällen kommt eine Aussetzung der Vollziehung derzeit weiter nicht in Betracht.
Zur Frage, ob die Regelung zur Beschränkung der Verlustverrechnung nach § 2 Abs. 3 EStG verfassungsgemäß ist, ist nach meinen derzeitigen Kenntnissen kein Hauptsacheverfahren beim BFH bzw. BVerfG anhängig. Deshalb kann in offenen Rechtsbehelfs-/Klageverfahren, in denen geltend gemacht wird, die genannte Vorschrift sei verfassungswidrig, ein Ruhen der Verfahren nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO zur Zeit nicht erfolgen.
Aktualisierung vom
Da nunmehr ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig ist (Az. XI R 26/04, Vorinstanz ), können entsprechende Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 2 AO ruhen. Ich weise darauf hin, dass eine Aussetzung der Vollziehung im Hinblick auf die Urteilsbegründung des FG Münster weiterhin nur in den oben genannten Fällen in Betracht kommt.
Aktualisierung vom
Ich bitte zu beachten, dass der (nicht veröffentlicht), zur Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO entschieden hat, dass AfA-Beträge, die der Normal-AfA entsprechen, bei der Ermittlung der „echten” Verluste zu berücksichtigen sind.
Aktualisierung vom
Der BFH hat in dem o. g. Verfahren (Az. XI R 26/04) am beschlossen, die Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8, § 10d Abs. 1 Sätze 2 bis 4, Abs. 2 Sätze 2 bis 4, Satz 5 Halbsatz 2 soweit auf Sätze 2 bis 4 verweisend, und Abs. 3 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 wegen Verletzung des Grundsatzes der Normenklarheit (Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 GG) verfassungswidrig sind.
Aktualisierung vom
Im Hinblick auf den Aussetzungsbeschluss vom VIII B 219/06 bestehen keine Bedenken, über die bisherigen Einschränkungen hinaus nunmehr in allen anhängigen Fällen Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.
Das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über den wird unter dem Aktenzeichen geführt.
Aktualisierung vom
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom entschieden, dass die Vorlage des BFH zur „Mindestbesteuerung” nach dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 unzulässig ist. Die Anforderungen an die Begründung einer Richtervorlage gem. Art. 100 Abs. 1 GG wurden im vorgelegten Streitfall nicht erfüllt.
Folglich ist nun die ausstehende Entscheidung des BFH abzuwarten.
Aktualisierung vom
Der BFH befasste sich mit der Auslegung des § 2 Abs. 3 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002. Mit seinen zwei Urteilen vom hat der BFH „verkürzt gesagt” folgendes entschieden:
IX R 56/05: Die Verlustausgleichsbeschränkung nach § 2 Abs. 3 EStG gilt nur für sogenannte „unechte” Verluste. „Echte” Verluste sind auch in den Jahren 1999 bis 2003 bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte voll ausgleichsfähig.
IX R 72/04: Für den Verlustrücktrag aus 1999 nach 1998 gilt die Verlustausgleichsbeschränkung nach § 2 Abs. 3 EStG noch nicht.
Beide Urteile wurden zwischenzeitlich im Bundessteuerblatt II veröffentlicht und sind damit allgemein anzuwenden. Daran anknüpfend erlässt der BFH nunmehr Parallelentscheidungen in den einer Vielzahl weiterer Revisionen zu § 2 Abs. 3, § 10d EStG.
Die Bearbeitung der zum Ruhen gebrachten Einsprüche kann daher wieder aufgenommen werden.
Eine technische Umsetzung erfolgt nicht, da im Programm nicht zwischen „echten” und „unechten” Verlusten unterschieden werden kann.
Aktualisierung vom
Hinsichtlich der technischen/praktischen Umsetzung: Im ersten Schritt muss die Entscheidung getroffen werden, welche Verluste im Streitfall „echt” bzw. „unecht” sind. Die echten Verluste unterliegen nicht mehr der Verlustausgleichsbeschränkung gem. § 2 Abs. 3 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002. Im Anschluss muss die Änderung der betroffenen Steuerfestsetzungen im Rahmen einer personellen Veranlagung erfolgen. Auf Basis der gespeicherten Veranlagungsergebnisse ist dann zur Korrektur und Fortführung des Verlustspeichers eine maschinelle Verlustfeststellung zu erzeugen. Diese Anweisungen können nun aufgrund der neuen Programmversion erfolgen.
OFD
Münster v. - Kurzinfo ESt 28/2003
Fundstelle(n):
PAAAE-23474